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Die Ahnen
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Die Ahnen

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»Dennoch erachte ich in meinem Sinn,« versetzte Berthar hartn?ckig, »auch den R?mern kommt der Tag, wo sie trotz ihrer gemauerten St?dte und trotz ihrer neuen G?tter und trotz ihrer Kunst in steinernen Enten erkennen, da? anderswo st?rkere M?nner leben, welche ihr Holzdach frei in den Wind stellen.«

»Auch uns ist die Kunst der R?mer n?tzlich«, entschied der K?nig. »Es ist einem K?nig Ehre, was die anderen klug erdenken, f?r sich zu gebrauchen. Doch freue ich mich deiner Worte, Held Berthar, denn verst?ndig ist der Mann, der h?her vom eigenen Volke denkt als von dem fremden.«

Und als das Mahl beendet war und der K?nig mit Ingo allein beim Becher sa?, da begann er redselig: »Ich sehe, Held, die Schicksalsfrauen haben dir bei deiner Geburt manches Leid angebunden, aber auch manche gute Gabe, denn sie haben gef?gt, da? die Herzen der Menschen sich dir freundlich ?ffnen. Auch ich, wenn ich deine Rede h?re und wenn ich beachte, wie du unter meinen Mannen dahergehst, m?chte dir wohlgeneigt sein. Nur eines beschwert mir den Mut, da? du dich unter meine Bauern in den Waldh?tten gelagert hast, denn ihr Sinn war von je aufs?ssig, und ich f?rchte, da? du mir dort zum Schaden hausest.«

»Mein K?nig sorgt ohne Grund,« versetzte Ingo ernst, »schwerlich werde ich je wieder am Herde des Herrn Answald ruhen.«

»So schnelles Ende nahmen Eide und Genossenschaft?« fragte der K?nig vergn?gt. »Soll ich dir glauben, da du mir Seltsames k?ndest, so berichte mir, wenn es dir gef?llt, was dich von ihm geschieden hat.«

»Ungern ertr?gt der Wirt fremde Einlieger auf seinem Hofe«, sprach Ingo ausweichend. »Vertraulichkeit der Herren zwingt auch die Mannen, Frieden zu halten,« antwortete der K?nig, »du sagst mir nicht alles, und darum vermag ich nicht, dir zu trauen.«

»Will der K?nig mir huldvoll geloben bei seinem Schwert, da? geheim bleibe zwischen uns beiden der Grund meines Zwistes mit Herrn Answald, so will ich dir ihn wahrhaft k?nden, denn sch?dlich w?re mir dein Argwohn, und Heil hoffe ich von deinem guten Willen.« Der K?nig hob schnell das Schwert, hielt die Schwurfinger darauf und gelobte.

»Wohlan denn, so wisse, o K?nig, da? mir Irmgard, die Jungfrau, lieb ist und da? der Vater mir darum z?rnt, weil er dem Geschlecht des Helden Sintram die Verm?hlung gelobt hat.«

Vergn?gt lachte der K?nig: »Unrecht hattest du, Ingo, wenn du auch ein schlachtenkundiger Mann bist, von dem H?uptling die Tochter zu begehren. Wie darf der Vater dem erbelosen Fremdling seine Erbtochter in die Hand geben? Unsinnig w?rde ihn das ganze Volk schelten, unleidlich w?re es, da? ein Landfremder auf dem Herrenstuhl der Waldlauben s??e. Ja, wenn der Vater selbst dir die Tochter im Ringe der Zeugen angeloben wollte, ich, der K?nig, d?rfte das nimmer leiden, und ich m??te meine Knaben reiten lassen und ein Volksheer aufbieten, um euch zu hindern.«

Ingo sah wild auf den K?nig, so da? dieser die Waffe an sich zog. »Feindliche Worte sagst du dem Gebannten. Vieles Leid habe ich erduldet als Gast auf den B?nken, aber schwer gew?hnt sich der Mut des Mannes, mi?achtende Rede zu ertragen, und ich meine, der edle Sinn des K?nigs sollte dem Stolz eines Ungl?cklichen nicht wehe tun.«

»Besser bin ich dir jetzt gesinnt als je zuvor«, versetzte der K?nig lustig. »Doch bleibt dir wohl noch die Hoffnung, den Groll des Vaters zu ?berwinden.«

»Gebunden ist der F?rst durch seinen Eid, und m?chtig ist das Geschlecht des Sintram am Walde, auch die Hausfrau des F?rsten ist aus seiner Freundschaft.«

Der K?nig schlug auf seinen Weinkrug, wie er pflegte, wenn ihm etwas nach Wunsche war. »Am liebsten w?re mir, die Jungfrau einem meiner Mannen zu verm?hlen, gar nicht willkommen ist mir, wenn das Geschlecht des Sintram einst die H?fe und den Schutz des F?rsten in seine Gewalt bekommt, denn ich kenne ihren t?ckischen Sinn. Aber am allerwiderw?rtigsten w?re mir, wenn du mit gutem Willen des Vaters sein Eidam w?rdest. Denn wie der Geruch des Honigs die B?ren zum Waldbaum lockt, so w?rde das Lob der S?nger alle streitlustigen F?uste in deinen H?fen sammeln, Vandalen und andere schweifende M?nner, und du w?rdest als ein Landherr der Th?ringe mir schnell feindlich werden, auch wenn du nicht wolltest. Das bedenke«, schlo? der K?nig ?berredend und f?llte mit eigener Hand seinem Gaste den Becher. »Trinke, Held Ingo, und begn?ge dich. Wenn die W?lfe auf der Walstatt schmausen, dann r?hmen sie die Gastfreundschaft deines Schwertes, welches ihnen reiches Mahl bereitete, aber denke nicht mehr darauf, meine Th?ringe in den Waldlauben durch Gastgelage zu bet?ren.«

»So h?re auch du, K?nig, den Rat des Fremdlings,« rief Ingo zornig, »denke auch du nicht daran, die Jungfrau einem anderen Manne zu verm?hlen, denn solange ich lebend die Arme rege, soll kein anderer sie heimf?hren. Schon einmal hat den Theodulf mein Schwert auf die Aue gestreckt, ein Zufall war‘s, da? er dem Tode entrann, ihm hemme ich den Brautlauf und ebenso jedem anderen aus deinem Volke.«

Jetzt lachte der K?nig so laut, da? er sch?tterte. »Je l?nger du sprichst, desto lieber h?re ich dich, wenn du auch trotzig gegen mich redest. Du denkst nach eines fahrenden Helden Weise und ich vertraue, du wirst dich auch bei der Tat so erweisen. Bezwinge den Vater, lege den Theodulf, den stelzbeinigen Narren, auf die blutige Heide und hebe dir das Weib in dein Brautlager. Von ganzem Herzen will ich helfen, da? dir dies alles gelinge.«

Ingo pr?fte mi?trauisch die Geb?rde des K?nigs, der so fr?hlich vor ihm sa?, ob ihm vielleicht der Wein die Gedanken verst?re, und er sprach: »Der Sinn deiner Worte, Herr, ist mir verborgen, du r?hmst und schiltst mich um dieselbe Sache. Wie magst du gern h?ren, was dir unleidlich d?nkt, und wie kannst du mir helfen bei einer Werbung, die du selbst hindern willst, auch wenn der Brautvater nicht hinderte?« K?nig Bisino aber entgegnete mit W?rde: »Setze dich wieder zu deinem Trinkhorn. Manches, was dem Mann zu Ehre gereicht, ist dir eigen; aber das Schwerste von allem vermochtest du nicht zu gewinnen, du hast nicht die K?nigskunst. Deine Gedanken eilen gerade vorw?rts, wie der Hund auf der Spur eines Hirsches; ein K?nig aber kann nicht einseitig sein in Gunst und Rache, vieles mu? er bedenken, niemandem kann er v?llig vertrauen, und jeden Mann mu? er zu gebrauchen wissen in eigenem Nutzen. So g?nne auch ich Irmgard, die Jungfrau, lieber dir als manchem anderen; die Jungfrau, verstehe mich, nicht aber ihr Erbe, und nicht nach dem Tode des Vaters den Herrensitz in den Waldlauben.«

Ingo setzte sich neben ihn und neigte gehorsam das Haupt, weiter zu h?ren. »Seit ich K?nig bin,« fuhr der andere fort, »ist meine Herrschaft unsicher durch den Trotz der Waldleute und die Macht ihres F?rsten, des Herrn Answald. Und lange habe ich eine Gelegenheit gesucht, ?ber sie Herr zu werden. Darum warst auch du mir unertr?glich in den Waldlauben, weil du ein F?hrer sein konntest ?ber ihre Haufen. Und wenn deine Vandalenbrut um den Herrensitz dort lagern wollte, so m??te ich dich austilgen als meinen Feind, wenn ich dir auch wohlgeneigt bin. Das bedenke, Held! Jedoch, gewinnst du die Tochter als Feind des Vaters durch Gewalttat, wie die Helden ver?ben, wenn die Sehnsucht sie treibt, so schwindet das Erbkind aus dem Hofe, und ich brauche nicht zu sorgen, da? die Herrschaft dort auf ein anderes Herrengeschlecht ?bergehe. Begreifst du jetzt, was ich meine, stierk?pfiger Ingo?«

»Die Jungfrau begehre ich und nicht den Herrensitz in deinem Lande. Aber hart ist es mir, da? mein Weib ihr Geburtsrecht verlieren soll, weil sie sich mir verm?hlt.«

»Daf?r la? mich sorgen«, versetzte der K?nig kalt. »Willst du das Weib mit dir f?hren in die Fremde, so bin ich als guter Gesell auf deiner Seite, nur mu?t du mich nicht zwingen, da? ich als K?nig gegen dich das Landrecht verfechte. Sieh zu, Held Ingo, wie du dir das Weib gewinnst durch freche Tat, und ich will dich r?hmen.«

»G?nnst du mir das Weib, o K?nig, so g?nne mir auch Burg oder Hof, in dem ich sie vor den Verfolgern berge«, rief Ingo und fa?te bittend an die Hand des K?nigs. K?nig Bisino faltete das Gesicht, zuletzt war ehrliches Wohlwollen in seinen Mienen, als er bed?chtig antwortete: »Wieder zwingt mich die K?nigskunst, dir deine Bitte zu weigern. Wie vermag ich in meinem Volke als dein Hehler zu bestehen gegen das Landgeschrei? Kann ich dir insgeheim helfen, so tue ich‘s gern aus guter Meinung gegen dich, und weil es mir n?tzt. Wie ich dir aber helfen kann mit Rat und stiller Tat, das erw?ge. Nur mein Schatzhaus vermag ich dir nicht zu ?ffnen, denn Armringe und R?merm?nzen mu? ich f?r mich selbst bewahren, damit in der Notzeit Krieger f?r mich fechten.«

»Der gro?e Wirt des Volkes erweist seine Huld, indem er von seinen Sch?tzen spendet oder den K?nigschild ?ber dem Bedr?ngten h?lt. Wie will der K?nig mir helfen, wenn er beides versagt?« fragte Ingo entt?uscht.

K?nig Bisino machte die Augen klein und zwinkerte schlau. »Der K?nig schlie?t die Augen, wie ich jetzt tue; damit la? dir gen?gen, Held!« Obwohl unwillig, mu?te Ingo lachen ?ber das breite Angesicht des Herrn, w?hrend dieser aus den Augenritzen nach ihm schielte. Auch der K?nig freute sich ?ber sein Lachen: »So ist es recht, und jetzt wirf die Sorge von dir, die dich beschwert, und tu mir fr?hlich Bescheid, denn lieber trinke ich mit dir als mit anderen, seit ich wei?, da? der junge B?r kein besseres Schlupfloch hat als meinen Zwinger. Darum will ich heut auch dir Geheimes vertrauen. Der R?mer Tertullus hat mir j?ngst allerlei zugeraunt und hohes Gebot getan, wenn ich dich dem C?sar ausliefere. Und da du hierher kamst, sann ich dir nicht gerade G?nstiges. Jetzt aber, da ich dich erkenne, wie du bist, will ich dich lieber f?r mich selbst bewahren.«

8. Die letzte Nacht

Um die T?rme der K?nigsburg tobte der uralte Streit der Winterriesen gegen die guten G?tter, welche das Wachstum auf der Menschenerde sch?tzen. Die harten Gewaltigen hoben ein graues Wolkendach zwischen Himmelslicht und Erde, sie bedr?ngten auch den Helden Ingo durch finstere Gedanken und durch Sorge um das Heil derer, die ihm lieb waren. Die Sturmgeister trieben die Schneewehen durch die Ritzen der Herberge bis auf die Schlafdecken der G?ste; selbst der Krieger, welcher einen B?renpelz trug, merkte den scharfen Zahn des Frostes, dr?ngte sich bei Tage zum Herdfeuer in den Hallen des Wirtes und sang bek?mmert: »Schneezeit ist dem fahrenden Helden leid, denn sein bester Freund wird das Tannenscheit.« Die unholden Feinde des Lebens schieden auch den Strom durch schwere Eisdecke von der freien Luft, zornig schlug und h?mmerte der Nix, welcher in der Tiefe sein Heimwesen f?hrt, von unten gegen die kristallene Last. Was aber unter der Eisdecke wogte, welche die Gedanken der K?nigin verbarg, das wu?te keiner; sie allein sa? still unter den streitenden M?nnern, stets gleich war ihre kalte Freundlichkeit gegen die Fremden; nur dem K?nig d?nkte, da? Frau Gisela weniger hochfahrend sprach als ehedem. Wenn der Nordwind seine Todeslieder um die T?rme des K?nigs heulte, dann murrte Bisino zuweilen gegen seine G?ste, aber immer wieder ?berwand das Wohlgefallen an dem Fremden den ?rger, und so oft ein Sonnenstrahl die Schneedecke r?tlich f?rbte, rief er: »Diesen Winter r?hme ich, denn ich h?re gute Worte an der Herrenbank und in der Kammer.« Zu den Jagdreisen, welche vom K?nige den Helden bereitet wurden, kam auch ein Kriegszug gegen einen Gau der Sachsen, dorthin ritten die Vandalen neben den K?nigsmannen; und als die Helden siegreich und mit Beute beladen heimkehrten, pries der K?nig laut das gute Schwert Ingos, und seine Knaben sa?en seitdem geduldig mit den Fremden um die B?nke.

Der Schnee schmolz im Fr?hlingslicht, neues Gr?n scho? aus dem Boden, an Birken und Haseln hingen die braunen K?tzchen; auch in den Seelen der Menschen regte sich die Hoffnung des neuen Lebens und der Wunsch nach Ausfahrt aus dem Winterdach. Die ersten Wanderv?gel flogen aus dem S?den heran, mit ihnen Volkmar der S?nger, er k?ndete in der K?nigshalle vergangene K?mpfe der G?tter und Helden und sang leise in Ingos Ohr von der Trauer und Sehnsucht eines Waldvogels. Dann berichtete er, da? in den Lauben Unfriede und harte Rede den Sinn der Weisen beschwerten. Theodulf sa? noch als siecher Mann im Hofe des F?rsten, die Freundschaft des Sintram war dort m?chtig, und Herr Answald herrschte unwirsch ?ber die Bankgenossen und hatte den S?nger zur Hochzeit der Tochter f?r die Maienzeit gefordert. Aber auch aus der K?nigsburg gingen vertrauliche Gr??e in die W?lder. Wolf erhielt einen Urlaub in seine Heimat. Er sprach vor seiner Reise heimlich mit seinem Herrn und Berthar, rastete auf dem Wege in den H?fen des Rothari und Bero und ritt mit Bero auf wenig betretenen Waldwegen s?dw?rts dem Main zu. Als er zur?ckkehrte, sah man in der Gastherberge frohe Mienen.

Endlich sprengte auch der Strom die Eisdecke und ergo? seine Flut herrschlustig ?ber das junge Gr?n der Wiesen, im pl?tzlichen Schwall rauschten seine Wasser und die Menschen merkten scheu die Gewalt des Unb?ndigen. Aber der Ostwind erhob gegen ihn starkes Blasen, er d?mpfte die Flut und trocknete den Grund am Rande der Waldh?gel. Der Falkner hatte dem K?nigssohn zwei junge Bussarde zur Jagd auf kleine V?gel abgerichtet, und Hermin erbat an einem Morgen vom Vater den Ausritt, um die Kunst der gefl?gelten J?ger zu pr?fen. Schon war das Ro? des K?nigs f?r die Beize gesattelt, da sprengte ein Bote in den Hof und trug Nachrichten zu, welche dem K?nig die Brauen finster zusammenzogen. Er lie? sein Ro? zur?ckf?hren und sandte den Sohn mit der K?nigin und dem Helden Ingo auf die H?gel. Warm schien die Sonne, zum erstenmal ritt Ingo neben der K?nigin ohne ihr Gefolge in das offene Land. Der Falkner l?ste dem Bussard die Haube, der junge K?nig jagte mit dem Helden Valda und seinen Begleitern jauchzend unter dem Vogel dahin. Gem?chlicher folgte die K?nigin. Sie tummelte mit ger?teten Wangen ihr feuriges Ro? und lachte ihrem Begleiter zu, der sich ?ber das sch?ne Weib an seiner Seite freute und vorsorglich auf die Spr?nge ihres Rosses achtete. Als er einmal helfend in den Z?gel griff, hielt die K?nigin an und sprach: »Ich denke des Tages, wo du einem Kinde denselben Dienst tatest, als wir weit von hier nebeneinander ?ber die bunten Blumen dahinritten; damals sa? ich ?ngstlicher, aber ich wollte dich‘s nicht merken lassen.«

»Runder war an jenem Tage das Antlitz meiner k?niglichen Base,« rief Ingo lustig, »und k?rzer die Locke, welche um das Haupt flog. Aber als du mir hier in der Halle entgegentratst und den K?nig so g?nstig an alte Zeit mahntest, da erkannte ich aus der stolzen Miene das Gesicht des kleinen M?dchens, und ich merkte wohl, da? ich dir den Dank schulden werde, wenn man in der K?nigsburg mir Gnade erwies.«

Die K?nigin lachte und trieb ihr Ro? wieder in wilden Spr?ngen umher, bis die Reiter vor ihr hinter einer Erdwelle verschwanden, dann hielt sie von neuem an und sprach herzlich: »Danke mir immerhin, Ingo, denn gern h?re ich, da? ich dir wert bin. Beide sind wir aus unserer Heimat in die Fremde gescheucht, seit der Ha? meines Geschlechtes uns trennte. Auch ich verga? deiner nicht, oft habe ich nach dir gefragt, wenn ein Wanderer aus dem S?den in die Burg kam. Wie ein Bruder im Ungl?ck wurdest du mir, und mit Stolz vernahm ich, da? du dich edel hieltest unter schwerem Geschick. Als du endlich zu uns drangst, wurde ich froher als wohl sonst.« Sie sah ihn so freundlich an, da? er, unter dem Zauber ihres Blickes hingerissen, nach ihrer Hand griff, sie streckte ihm den wei?en Arm entgegen und ritt so, das Antlitz ihm zukehrend, eine Weile neben ihm hin. Dann warf sie ?berm?tig seine Hand zur?ck, jagte aufs neue in wilden Ro?spr?ngen ?ber das Feld und wandte sich r?ckw?rts, ob er ihr nachkam. Und wieder sprach sie lachend: »Ein anderer denkt dich zu halten wie einen Jagdfalken unter der Kappe, aber ich meine wohl, der Aar schwingt sich einmal frei auf und zieht seine eigenen Pfade im Sonnenlicht. Denn du, Vetter, bist nicht geschaffen, Diener eines anderen zu sein, und wer dich festhalten will, der sehe zu, da? ihn die F?nge nicht verwunden.«

Als die K?nigin vertrauliche Reden begonnen hatte, gedachte der Held, ihr etwas aus den Waldlauben zu sagen, was ihm sonst immer auf der Seele lag, aber bei den Worten und den Augen der K?nigin gelang es ihm nicht, bis sie selbst mit ver?ndertem Tone sprach: »Und doch hing einst der Edelfalk mit gebundenen Fl?geln im Hofe des Bauern. Ich preise die Torheit des Vaters, weil sie das ruhmlose Band zerrissen hat, denn dir ziemt das H?chste zu begehren. Nur k?hne Gewalttat vermag dich heraufzuheben ?ber die H?upter der anderen, daran denke, Ingo. Komm zu meinem Sohn, mich freut‘s, da? das Kind dir vertraut, keinen besseren Lehrmeister w?nsche ich ihm f?r alles Heldenwerk als dich.« Wieder jagte sie vor ihm hin, der K?nigsmantel und ihre Locken flogen im Winde, sie warf den kleinen Wurfspeer, den sie in der Hand hielt, vor sich in die Luft und fing ihn im Laufe; Ingo aber blieb jetzt hinter ihr zur?ck, bis beide sich dem Jagdzug anschlossen und dem k?mpfenden Bussard zuriefen, der mit einem Wasserhuhn in den F?ngen herabsank.

Als der Jagdzug in die K?nigsburg zur?ckkehrte, fand er dort ungew?hnliche Bewegung, Reiter kamen und gingen, die Diener trugen Teppiche und Polster in das steinerne Haus, welches f?r vornehme G?ste bestimmt war, von der K?nigshalle her t?nte Geklirr der Waffen und Hufschlag zahlreicher Rosse. Ingo sprang mit dem jungen K?nigssohn am Schlafhaus der Vandalen vom Pferde und Berthar eilte ihm entgegen: »W?hrend du drau?en den Habichten nachschautest, stie? ein anderer Raubvogel in den K?nigshof. Der C?sar hat neue Botschaft gesandt, und wer, meinst du, kam als Bote? Der wildeste Gesell aus dem R?merheer, der Franke Harietto, den sie den Heervertilger nennen, er, der einst den raubenden Sachsen in der Waldesnacht die K?pfe abschnitt und wie Kohlh?upter nach der Stadt trug. Schon bevor er kam, schritt der K?nig finster durch die H?fe, verlegen war seine Antwort auf meinen Gru?, und die K?nigsknaben sahen ?ber die Achsel auf uns und mieden unsere Gesellschaft. Eben war ein K?mmerer des K?nigs in der Herberge und verk?ndete stotternd, da? er dein Mahl hierher tragen werde, damit du nicht den R?mern an der Bank des K?nigs begegnest.«

»Ist‘s nicht beim Mahle, so sei es im Hofe,« versetzte Ingo, »wir bergen unser Antlitz vor dem Unget?m nicht; meint seine Botschaft mich, so ist gut, wenn wir sie fr?h erfahren. Komm, Vetter,« rief er den K?nigssohn, »sehen wir zu, wie die Fremden reiten, und der K?nig die Boten der R?mer begr??t.« Das Kind ging neben ihm ?ber den Hof in den gro?en Burgraum vor der K?nigshalle. Dort standen die Fremden vor den Rossen, w?hrend der K?nig dem Gesandten die Ansehnlichsten aus seinem Gefolge bei Namen nannte und dieser von Mann zu Mann schritt, mit kriegerischem Gru?e hier und da einzelne Worte spendend. ?ber die hohen Knaben des K?nigs ragte der r?mische Franke fast um eines Hauptes H?he. Wie ein Riese stand er da, gewaltig an Schultern und Gliedern, die Arme besteckt mit Ringen, auf dem Schuppenpanzer goldene Kaiserbilder. Unter dem Helme starrten die buschigen Brauen, d?ster war sein Blick, kaum bemerkbar sein h?fliches L?cheln.

Als Bisino mit seinem Gast eine Wendung machte, trat er pl?tzlich Ingo gegen?ber, der den K?nig schweigend gr??te und ihm den Knaben zuf?hrte. Der K?nig ergriff schnell die Hand seines Sohnes und zog ihn an sich. Aber der Blick des Fremden haftete fest auf Ingo, und unwillk?rlich zuckte die Hand nach dem Schwert, als denke er darauf, den Feind seines Herrn schnell zu erledigen. Doch Ingo trat gr??end auf ihn zu und begann: »Da wir uns zum letztenmal sahen, Held Harietto, war es an einem hei?en Tage; ehrlicher war dein Blick, w?hrend du dein Schwert gegen mich schwangst auf blutiger Walstatt, als hier, wo der Wille eines fremden Herrn dir die Hand vom Gru?e zur?ckh?lt.«

»Gern w?rde ich dir sagen, Held Ingo, da? ich mich freue, dir zu begegnen, doch ich stehe hier als Bote des gro?en R?mers, und nicht freundlich ist seine Meinung gegen dich.«

»Ich aber r?hme die Botschaft nicht,« antwortete Ingo, »die dem tapferen Manne verwehrt, im K?nigsfrieden einen Kampfgesellen zu begr??en, mit dem er einst ehrliche Schl?ge getauscht hat.«

»Dich und mich warfen z?rnende G?tter aus der Heimat in feindliche Schlachtreihen, beide folgen wir dem Eid, der uns bindet«, sprach der Franke.

»Du folgtest den Feldzeichen der Fremden, ich dem Ruf unserer Landgenossen.«

»Im Lager des R?mers singt der S?nger dieselben Lieder wie hier im Lande«, entgegnete Harietto.

»Mich lehrten die Lieder, die ich als Knabe h?rte, die Herrschaft der Fremden meiden«, versetzte Ingo.

»Kommt alle zu des C?sars Banner, dann sind wir die R?mer.«

»Alle rufst du, Harietto, die hier stehen, nur einen, meine ich, ladest du nicht. Und darum z?rne nicht, wenn ich f?r unziemlich halte, den Hals vor dem Hochgericht des C?sars zu beugen.«

Beide neigten stolz das Haupt und traten auseinander. Die K?nigsm?nner aber hatten sich dazu gedr?ngt, nach Rede und Gegenrede murmelten sie beistimmend, st?rker, wenn Harietto sprach, doch auch Ingos Worten fehlte der Beifall nicht, und er sah, da? bei seinen letzten Worten der K?nig selbst mit dem Kopfe nickte.

Der Gesandte schritt mit dem K?nig in den Saal, wo seine Begleiter die Geschenke des C?sars aufstellten. Der K?nig schaute erfreut auf die Goldschalen und Becher, auf die wundervolle Arbeit mit eingesetzten Edelsteinen, und versicherte den Gesandten, er sei ein Freund des C?sar und zu vielem guten Dienst erb?tig. Da begehrte Harietto geheimes Gespr?ch, und als der K?nig alle H?rer weggescheucht hatte, forderte der Franke die Auslieferung Ingos.

Bisino erschrak, er sa? lange ?berlegend und antwortete endlich, die Forderung sei allzuhart f?r ihn, und er brauche Zeit, um eine Antwort zu finden, der Gesandte m?ge sich‘s unterdes als Gast an seinem Hofe gefallen lassen. Aber Harietto drang auf schnellen Entschlu?, bot h?here Geschenke und drohte. Da emp?rte sich der Stolz des K?nigs, und zornig rief er, was er freundlichem Gesuch verweigere, werde er dem Drohenden vollends nicht bewilligen. So entlie? er den Fremden, und dieser lagerte mit seinem Gefolge unter den Knaben des K?nigs, trank mit ihnen und teilte Geschenke aus.

K?nig Bisino aber blieb verst?rt; zuletzt ging er in sein Schatzhaus, setzte sich auf den Schemel, besichtigte mit schwerem Herzen noch einmal die neuen Geschenke und ?berz?hlte darauf seine Schn?re, an denen goldene Armringe aufgereiht waren, seine gro?en Sch?sseln und Kannen, die goldenen Becher und Trinkh?rner. Mit M?he hob er eine Silbersch?ssel, spiegelte sich darin und sprach kummervoll zu sich selbst: »Gr?mlich ist das Bild, das ich sehe. Der Fremde hat mir reiche Geschenke gebracht, obgleich die gr??te Schale nur vergoldetes Silber und keine r?hmliche Gabe an einen Volksk?nig ist. Dennoch w?rde ich ungern die anderen Gaben missen, von denen er spricht, und der R?mer gibt sie mir nicht, wenn ich jenen nicht lebendig oder vielleicht auch tot ausliefere. Aber wenn ich das Unrecht auf mein Leben nehme und ihn seinen Feinden einh?ndige, so werde ich scheus?lig vor allem Volk als ein Mietling der Fremden, und weil ich den Gastfreund einem ehrlosen Tode preisgebe. Auch tut mir der Gesell selbst leid, denn gutherzig ist er und ehrbar, und ein treuer Genosse beim Kruge und auf dem Rosse. Dagegen wenn ich ihn trotz den R?mern bewahren will, so droht mir markverzehrende Arbeit, der Krieg r?umt vielleicht meinen Schatz, er mindert die Kraft des Volkes und r?ttelt an meinem K?nigsstuhl.« Sein Blick fiel auf ein Schwert, welches ?ber dem gl?nzenden Metall an der Wand hing. »Dies ist die K?nigswaffe meines Geschlechtes, ger?hmt im Liede und gef?rchtet im Volke, manche schwere Tat hat sie ausgef?hrt, ein Gott hat, wie die Sage k?ndet, einst den Stahl dazu geh?mmert, mich wundert, da? ich heut die Augen nicht von ihr abwenden kann.« Und seufzend fuhr er fort: »Ich habe mit ihm getrunken, gejagt und an seiner Seite gefochten, und ich w?nsche ihm, da? sein Ende r?hmlich sei wie das seiner V?ter, die es auch eilig hatten, die Todeswunde auf der Brust zu erhalten. Vermag ich ihn nicht zu retten, so will ich ihm doch wenigstens K?nigsehre erweisen.«

Der K?nig erhob sich und ergriff die Waffe. Da f?hlte er sich leise am Arme gefa?t, er fuhr zusammen und z?ckte das Schwert; vor ihm stand Frau Gisela und sah ihn spottend an: »Will der K?nig mit seinem Tafelger?t zu Felde ziehen, da? er dar?ber Heerschau h?lt?«

»Worin liegt K?nigsmacht, wenn nicht im Schatze?« fragte der K?nig unwillig zur?ck. »Wie kann ich der Begehrlichen Sinn festhalten und ihren Treuschwur gewinnen, wenn ich ihnen nicht von dem fremden Metall spende? In meinem Lande haben es wenige, und alle fordern es, woher soll ich‘s holen, wenn ich‘s nicht von den Fremden erkaufe?«

»Der K?nig will den Mann an die R?mer verhandeln?« fragte die K?nigin und ihre Augen flammten wie Feuer.

»W?rde ich mich bedenken, wenn ich‘s tun wollte?« murrte der K?nig. »Aber dieser Fremde sitzt wie ein Uhu auf meinen B?umen, alles Gefl?gel der Luft schie?t heran und schreit gegen ihn, nicht lange, so senden auch die K?nige von der Oder und fordern seinen Leib.«

»Du t?uschest mich nicht,« brach die K?nigin in hei?em Zorne los, »siehe zu, o K?nig, ob du leben kannst nach solcher Schmach, ich will es nicht. Dem meineidigen Mann, der um r?misches Gold seinen Schwurgenossen verkauft, weigere ich die Genossenschaft an Tisch und Lager.«

Der K?nig sah mit querem Blick auf sie: »Heftig st?rmen deine Gedanken, Frau Gisela, ich meine, sie verfehlen das Ziel.«

»Wer darf mehr f?r des K?nigs Ehre eifern als die K?nigin?« antwortete das Weib nach Fassung ringend. »Getraust du dich nicht, ihn vor den R?mern zu bewahren, so entla? ihn von deinem Hofe. Besser ist es, sich schwach zu erweisen als treulos.«

»Damit er nach der Kr?nkung lebe als mein Feind«, sprach der K?nig.

»So binde ihn durch hohen Schwur; er ist, wie ich meine, von denen, die ihr Gel?bde halten.«

»Will die K?nigin ihn dazu ?berreden, da? er der Kr?nkung niemals gedenke?« fragte der Burgherr lauernd.

»Ich will,« versetzte Frau Gisela tonlos, »wenn es dem K?nige n?tzt.« Beide standen einander mit finstern Gedanken gegen?ber, endlich begann der K?nig: »In der Not dient schnelle Tat, versuche dein Heil, Gisela, sende ihm heute abend Botschaft, da? er in deinen Turm steige zu geheimer Unterredung, vielleicht hilfst du ihm dort zu einer guten Ausfahrt.«

Die K?nigin sah vor sich nieder, erblichen war ihr Antlitz, als sie antwortete: »Ich will ihn zur Ausfahrt mahnen, da du es gebietest.« Sie wandte dem K?nig schnell den R?cken. Er sah ihr finster nach.

Am Abend harrte die K?nigin in ihrem Turmgemach, die Nachtv?gel sa?en auf der Mauer und klagten ?ber das Unheil, welches drinnen einem bereitet werden sollte, in den scharfen St??en der Luft, die durch das offene Fenster drang, flackerte die Wachsfackel und trieb den Schatten des sch?nen Weibes an den W?nden hin und her. Frau Gisela stand inmitten des Raumes, im Festgewande, die rote K?nigsbinde ?ber der Stirn, das bleiche Haupt vorgebeugt, die H?nde fest geschlossen wie zu gewaltsamer Tat. »Scheidest du von hier, Ingo, mir ist es Qual, ?rger als Tod, und weilest du, dann ist von dreien, welche leben, einer zu viel.« Sie fuhr zusammen und horchte wieder, aus der Tiefe erklang Gemurr von Stimmen und leises Waffengeklirr. Da ri? sie die Fackel von dem hohen Leuchter und hielt sie zum Fenster hinaus, da? der Rauch und die lodernde Flamme an die Turmzinne wehte und die Eulen erschreckt aufflogen. Aus der Ferne antwortete nach wenigen Augenblicken ein einzelner Jagdruf, die K?nigin hob die Leuchte zur?ck und schob den Teppich vor die Fenster?ffnung.

Auf der Steintreppe klang ein M?nnertritt. »Er ist es«, sprach sie leise. Aber als sich die T?r ?ffnete, fuhr sie zur?ck, denn K?nig Bisino trat ein, d?ster war sein Antlitz, der vierschr?tige Leib gedeckt mit einem Panzerhemd, das Haupt mit dem Stahlhut; am Griff seines Schwertes schimmerte im Lichte ein blutroter Stein. »Die K?nigin ist geschm?ckt wie zu einem Hochzeitsfest«, sagte er zornig.

»Du hast es gewollt.«

»Ich will auch unsichtbar ein Zeuge sein deiner Unterredung mit ihm, und damit du alles sprichst wie ich geboten, so h?re die Warnung: am Fu?e des Turmes harren zwei meiner Knaben mit harten H?nden, steigt er hinab ohne mich, er ?berschreitet nicht lebend die Schwelle.«

»Gut sorgte der K?nig«, antwortete Frau Gisela starr. Da fiel ihr Blick auf das Schwert des K?nigs und sie schrie: »Blutig gl?nzt der Stein an dem Messer des K?nigs, die Todeswaffe deiner Ahnen ist‘s«, und ihr Entsetzen m?hsam b?ndigend fuhr sie fort: »Vom Gemach der K?nigin bleibt sonst das Schwert der M?nner ausgeschlossen. Warum kr?nkt der K?nig mein Recht?«

»Es ist nur Vorsicht, Gisela«, versetzte der K?nig grimmig. Er schritt nach dem Hintergrund des Zimmers, ?ffnete eine kleine Seitent?r und verschwand dahinter.

Wieder stand die K?nigin allein, und in wilder Emp?rung flogen ihre Gedanken. »Gewalttat sinnt der lauschende K?nig, und ich soll helfen bei nichtsw?rdiger Tat.«

Da klang drau?en der Tritt des anderen und Ingo trat ein, unger?stet und schwertlos. »Ich danke dir, Base Gisela,« begann er herzlich, »da? du mir heut deinen Turm ?ffnest.« Er sah in den geschm?ckten Raum, auf gestickte Teppiche an der Wand und kostbares Ger?t aus fremdem Lande. »Seit ich die Mutter verlor, habe ich niemals wieder das Prunkgemach einer K?nigin betreten. Was stehst du so feierlich, Base?« fuhr er traurig fort, »verzeihe mir, wenn ich mich nicht, wie ich sollte, der Ehre freue, da? du den armen Ingo im K?nigsschmucke empf?ngst.« Er ergriff ihre Hand, trotz der Angst flog ein rosiger Schein ?ber ihr bleiches Antlitz, als sie die Hand zur?ckzog. »Leichter ist der Aufgang zum Gemach der K?nigin als der Sprung aus der Turmt?r«, sprach sie leise.

»Ich sah lauernde Knaben des K?nigs,« antwortete Ingo, »und mich verwundert das nicht, denn ich wei?, Harietto hat den Sinn des K?nigs, der mir sonst g?tig war, gegen mich emp?rt, darum flehe ich, sorge du, so weit du vermagst, da? mir nicht Schmach widerfahre. M?de bin ich, K?nigin, meines Erdenloses, verleidet bin ich jedem Gastfreund, elend ?berall, gleich einem tollen Wolf gehetzt von Hof zu Hof, ver?chtlich wird mir solches Leben, denn eines besseren Schicksals f?hle ich mich wert, und selbst denke ich zu sorgen, da? ich nicht als Lebender durch R?merfesseln gebunden werde. Wenn du aber mein Geschick nicht zu wenden vermagst, dann, flehe ich, rette meine Blutgenossen, den irrenden Schwarm, vor ruhmlosem Tode. Gern werden sie k?mpfen, gegen wen es auch sei, aber sie f?rchten ein Verderben, das sich ihnen unsichtbar nahen mag, denn fest eingehegt stehen wir zwischen Steinmauern.«

Lautlos starrte die K?nigin nach der verborgenen T?r, pl?tzlich stie? sie einen heiseren Schrei aus, denn der K?nig trat hervor und rief: »Eingehegt bist du selbst zur letzten Wunde.« Mit gehobenem Schwert fuhr der K?nig gegen Ingo, aber wie eine L?win sprang Frau Gisela dem Herrn entgegen und wand ihm den Arm, da? das Schwert klirrend zu Boden fiel. Ingo ergriff die Waffe vom Boden und rief, sie schwingend: »Ich halte deinen Tod in der Hand, K?nig Bisino, wenig wird dir deine R?stung frommen, wenn ich die Tat ?ben wollte, die du mir zugedacht. Danke dem Gotte, dem du vertraust, da? der Gastschwur mir heiliger ist als dir.« Und er warf die Waffe dem K?nig vor die F??e. Ein leiser Ton wie das St?hnen eines Weibes zitterte durch den Raum.

Der K?nig sah wild um sich: »Du sprichst als ein Mann: wohlan, hebe dein Schwert von der Treppe, wir fechten.«

»Ich habe dir Friede geschworen«, antwortete Ingo unbeweglich.

»Und ich dir,« versetzte der K?nig, »gebrochen ist der Eid, du bist frei, hebe die Waffe.«

»Gegen dich k?mpfe ich nicht um mein Leben,« versetzte Ingo, »ehrw?rdig ist mir dein K?nigshaupt, wenn du mir auch zuweilen ?bles gedacht hast. Und nimmer will ich helfen, da? der Ruf deines Gemahls entehrt werde durch dein oder mein Blut, das vor ihrem Lager vergossen wird. Mu? ich vertilgt werden, dann klage ich nicht, wenn du selbst es tust, dann sto? zu, K?nig, und sei bedankt f?r das Gastgeschenk.«

Der K?nig beugte sich, das Schwert zu erheben, da klang von unten Geschrei und Kriegsruf, Ingo schnellte empor. »Fluch mir, vergessen habe ich in der eigenen Not die Notgenossen. Den Sang meiner Schw?ne h?re ich, ich komme. Du wahre dich, K?nig, ich finde, was dich zwingt.« Mit Sturmeseile brach er aus der T?r, der K?nig raunte heiser: »Erbarmen kennen die nicht, die unten seiner harren«, und er eilte ihm mit geschwungenem Schwerte nach.

Aber Ingo sprang nur wenige Stufen hinab, wo sein Schwert lehnte und unter dem Gemach der K?nigin der junge Sohn neben dem Helden Valda schlief. Er raffte den Knaben vom Lager, dr?ckte ihn an sich und fl?sterte ihm zu: »Hilf mir, Hermin, mir droht das Verderben. Ich tue dir kein Leid, wenn nicht von dem K?nig meinen Genossen ein ?bles geschieht.« Der Knabe hing schlaftrunken in seinem Arm und fa?te ihn um den Hals. »Gern helfe ich dir, Vetter«, sagte er ahnungslos. Bevor der alte Krieger sich vom Lager erhob, trug Ingo den Knaben hinauf an die T?r der K?nigin, wo der K?nig mit dem Schwerte ihm entgegensprang. Aber Bisino fuhr entsetzt zur?ck, als er sein Kind unter dem Messer Ingos erblickte. »Geh voran, K?nig Bisino,« rief Ingo befehlend, »bereite mir den Weg, ich halte, was dich zwingt. Das Leben deines Knaben sei B?rge f?r die H?upter der Meinen. Lebe wohl, Frau Gisela, flehe zu den G?ttern, da? das Haus des K?nigs nicht zerbreche in dieser Nacht.«

Die M?nner eilten die Steintreppe hinab, Frau Gisela lauschte starr nach dem Get?se und Fall am Fu? der Treppe. Ob sie w?nschen sollte, da? er entrann, der den Sohn ihr gepf?ndet? Ob er selbst zur?ckkehren w?rde in ihr Turmgemach, oder der K?nig oder keiner von beiden, das st?rmte ihr durch die Seele; sie f?hlte Ha? gegen ihn, der ihre Hilfe sich nicht begehrt, und doch auch hei?e Angst um sein Leben, und Angst vor der Wiederkehr des K?nigs. Sie sprang an das Fenster und sah hinaus in die Nacht. Sie h?rte fernes Gemurr und helles Geschrei, dann wurde es still, sie sah einen Feuerschein blinken, aber auch er verlosch, die Nacht blieb schwarz und unsicher, wie ihr eigenes Schicksal. – Auf den letzten Stufen vor der Turmt?r hielt Ingo an: »Verjage die Hunde, K?nig, da? ihr Bi? nicht deinen Sohn treffe.« Der K?nig trat ungern vor, aber er verscheuchte seine W?chter. Ingo sprang an ihm vor?ber wie ein fl?chtiger Hirsch zu der Herberge seiner Mannen. Nicht vermochte der K?nig ihm zu folgen, so sehr er sich eilte.

Um die Herberge standen die Haufen der K?nigsknaben, ger?stet mit Schild und Speer, manche auch mit Fackeln in der Hand. Auf dem Erdboden vor den Stufen loderte eine rote Flamme und warf ein unsicheres Licht in den dunkeln Saal und auf die wilden Gesichter der Vandalen. »Was blinzen die K?uze beim Lichtschein und wenden abw?rts den Blick?« rief Berthar von der Treppe, »mich wundert‘s, da? die Knaben des K?nigs vor niedertr?chtigem Werke sich scheuen, sie sind ja, wie ich h?re, gew?hnt, bei Nacht zu t?ten. F?r ganz schamlos gelten sie im Volke. Hat sie erschreckt, da? mein Schwert ihrem Fackeltr?ger den Brand zerschlug? Tretet n?her, ihr b?sen Verzagten, damit ihr vor allem Volke verflucht werdet als Friedensbrecher. Heran, auf da? meine Knaben euch die letzte Fahrt r?sten.«

»Grobe Worte sind die M?nze des heimatlosen Bettlers,« rief Hadubald entgegen, »gut verstehst du sie zu zahlen, wenn du an fremden B?nken lungernd durch die Welt f?hrst. Ganz unn?tz seid ihr auf der M?nnererde und schwerlich beschwert ihr fortan noch fremde H?fe durch euer Geschrei.«

So bereiteten sich die Helden durch heftige Rede zum Kampf; da sprang durch den l?rmenden Haufen Ingo, den K?nigssohn im Arme. Er fuhr auf die Stufen und stand unter seinen Getreuen. Ein lauter Heilruf der Vandalen t?nte um die Halle; Ingo aber rief befehlend gegen die Knaben des K?nigs: »Weicht zur?ck, tapfere Helden der Th?ringe, der junge K?nig, den ich halte, gebietet euch Frieden. Wollt ihr, da? sein Haupt unversehrt bleibe, so vermeidet, meine Mannen zu kr?nken. Heil sei dem K?nig in der Herberge,« setzte er hinzu, da Bisino herankam, »und Frieden bedeute sein Nahen. Betritt, o K?nig, huldvoll das Schlafgemach deiner G?ste, denn nicht durch Waffen, meine ich, enden wir heut die Verst?rung. Hilf mir den K?nig geleiten, Hermin, mein Vetter!« Er lie? den Knaben zur Erde und trat, das Messer ?ber ihn haltend, dem K?nig entgegen, das Kind ergriff die Hand des Vaters und stand zwischen beiden Helden. »Entz?ndet die Fackeln an der Flamme«, rief Ingo den Seinen zu. »Jedermann weiche aus dem Raume, ihr Vandalenhelden bewacht auf den Stufen die Beratung der K?nige!«

M?rrisch winkte Bisino seinem Gesinde, den Zugang zu r?umen, dann gebot er Hadubald mit einer gleichen Zahl von K?nigsmannen die Stufen zu besetzen. Auf die erh?hte B?hne der Halle, wo Ingos Lager stand, geleitete dieser den Herrn, er selbst sa? ihm gegen?ber und schlang seinen Arm um den jungen K?nig. Bisino setzte sich z?gernd und sah finster vor sich hin. »Du meinst, mich durch das Haupt meines Sohnes zu zwingen, da? ich dich und deine Landstreicher verschone. Aber wild hat der Zorn sich erhoben zwischen mir und dir, und dauerlos w?re, so f?rchte ich, die Vers?hnung. Entziehst du dich heut meinem Zorn, so trifft er dich doch morgen oder zu anderer Zeit, denn selbst wenn die Bitte dieses Knaben dir meinen Zwinger ?ffnet, so wei?t du doch, da? meine Macht weit reicht, und da? des K?nigs Wille dich umstellt wie ein gehetztes Wild.«

»Wohl ehre ich deine Macht, K?nig,« versetzte Ingo, »und ich wei?, da? es mir m?hselig w?re, ?ber die Br?cke zu reiten und ?ber die Heide zu traben, wenn dein Zorn feindlich hinter mir f?hrt. Dennoch meine ich, da? der K?nig edel handelt, wenn er mir die Treue h?lt, soweit die Eide reichen. Den Zweikampf hat mir der K?nig angetragen; ruhmvoll war das Erbieten und eines Helden w?rdig, und vermag er mich nicht zu dulden auf der M?nnererde, so wei? ich wohl, da? es f?r mich keine bessere Ehre gibt im Ged?chtnis der Menschen, als durch die Waffe des K?nigs zu fallen, oder wenn ich ihn selbst voraufsenden sollte in die Totenhalle, mit meinen Gef?hrten vertilgt zu werden durch den Grimm der Th?ringe. Dennoch ist es mir unleidlich, gegen dich zu k?mpfen, mein Herr und Wirt, denn freundlich warst du gegen mich, Guttat geno? ich an deinem Hofe, ehrenwert ist mir auch dein Gemahl und hier der Knabe, den ich im Arm halte, und Frohes habe ich von deiner Huld f?r mein Leben gehofft. So kr?nkt mich‘s, obgleich ich den Schwertgrimm f?r r?hmlich halte, da? ich um meinen Leib feindlich gegen dich ringen soll.«

»Verst?ndig sind deine Worte,« versetzte der K?nig, »auch dein Sinn ist redlich, wie ich vermute, und ungern sinne ich auf dein Verderben, aber mich zwingt die K?nigsnot, die keiner versteht, au?er wer als Wirt ?ber seinem Volke waltet. So wisse denn, friedloser Mann, der C?sar fordert, da? ich dich ausliefere an seine Boten.«

»Will der gro?e Volksk?nig dem Befehl eines neidvollen R?mers gehorchen wie ein Besiegter?«

»Die Katten hat er aufgehetzt, sie sind eilig, sich Sklaven und Herden zu holen aus meinem Volke, um deinetwillen sollen die Th?ringe den Schlachtgesang singen.«

»Stelle mich in deine Heere, o K?nig,« unterbrach ihn Ingo, »nimmer kehre ich zur?ck, wenn nicht als Sieger.«

»Meinst du, da? du mir als Sieger willkommener w?rest als jetzt, du mit der Erbtochter?« fragte der K?nig finster. »?ber die Schlachten der Th?ringe waltet der K?nig allein!«

Da legte Ingo die H?nde auf das Haupt des Knaben und sprach traurig: »Gleich diesem Kinde wuchs ich fr?hlich auf unter der K?nigskrone, schuldlos wie dein Sohn war ich, da ich aus der Heimat gescheucht wurde. Denke daran, K?nig, da? sich schnell die Geschicke der M?nner wandeln, auch du wei?t nicht, welches Schicksal deinem Knaben einst bereitet ist. Wie auch die G?tter uns die Lose werfen, von uns fordern sie, da? wir treu sind unserem Wort. Sorge auch du, o Herr, damit sie nicht den Eid, den du dem armen Ingo geschworen, einst an dem Haupte deines Sohnes r?chen.«

»An den Sohn denke ich, da? ich ihm die Herrschaft sichere, wenn ich mich des Eides gegen dich entledige«, versetzte der K?nig.

»So l?se den gastlichen Eid, ohne da? die G?tter dir z?rnen,« fuhr Ingo flehend fort, »entla? mich mit meinem Gesinde ungekr?nkt aus deiner Burg und aus deinem Lande. Mehr fordert dein Volk nicht, und begehrt der R?mer ?rgeres von dir, so kr?nkt er deine Ehre. Hilf mir, Knabe, und bitte bei deinem Vater f?r mich.«

Hermin kniete nieder und umschlang das Knie des K?nigs: »Tu dem Vetter kein Leid, mein Vater!«

Der K?nig sah lange auf den Knaben, ?ber welchen Ingo die bewehrte Hand hielt. »Du wei?t nicht, was du bittest, Kind«, sagte er endlich. Und mitleidiger zu Ingo aufsehend fuhr er fort: »Willst du, Ingo, mir mit hohem Eide geloben, niemals diese Nacht zu r?chen, niemals sch?dlich zu sein mir und meinem Sohne, und niemals Freundschaft zu suchen im Herrensitz am Walde, so will ich dich entlassen aus meiner Burg, aus meinem Land.«

»Den Eid nehme ich auf mein Leben,« sprach Ingo leise, »wenn auch der K?nig mir geloben will bei dem Haupt dieses Knaben, der Worte zu gedenken, die er vor kurzem zu mir sprach und das K?nigsauge zu schlie?en gegen mein Tun, wenn nicht das Volksgeschrei ?berm?chtig zwingt.«

Der K?nig l?chelte finster. »Ich will, wenn du mir etwas von deinen Gedanken vertraust.« Ingo neigte beistimmend das Haupt. »Wohlan denn, setze dich zu mir wie einst und k?nde leise dein Geheimnis.« Die K?nige sprachen heimlich, und der Knabe sa? zwischen ihnen und umfa?te mit den H?nden beider Knie.

Auf den Stufen lagen getrennt die Vandalen und die K?nigsknaben hinter ihren Schilden. ?ber ihnen sa?en auf den Schemeln die beiden Schwerthalter Berthar und Hadubald gegeneinander. Da begann Hadubald: »Frieden bereitet, wie ich merke, das Gespr?ch im Saale unseren Schwurherren. Gef?llt dir‘s, Held, so tilgen wir den Groll durch einen Trunk, den einer meiner Genossen schnell zu schaffen wei?, denn k?hl weht die Nachtluft.«

»Mordbrenner!« versetzte Berthar grimmig.

»T?richt handelst du, den Diener zu schelten, der getan hat, was seinem Herrn n?tzt.«

»Nachtsch?cher!« brummte Berthar wieder, »deine Treue brachst du f?r des K?nigs Bier, seitdem ist der Trunk verdorben, den du bietest.«

»Wer hochm?tig verschm?ht, beim Zapfen Bescheid zu tun, der wahre sich, da? nicht sein Blut gezapft wird auf gr?ner Heide.«

»Auf gr?ner Heide und im finsteren Wald, wie hier in der Herberge bist du blutiger Schl?ge sicher, sobald dich nicht der K?nigsfrieden sch?tzt; damit begn?ge dich, Held!«

Lange w?hrte die Zwiesprache der Herren, endlich rief der K?nig: »Bringe den Becher, Schenk, Minne zu trinken, bevor Held Ingo scheidet.« Willig regten sich die Mannen auf den Stufen, der Schenk lief und trug einen gro?en Becher Met herzu, die K?nige taten ?ber dem Becher und auf dem Haupt des Knaben einander das Gel?bnis. »Und jetzt scheiden wir, Ingo,« sagte der K?nig, »leid tut mir‘s, da? du ein fahrender Held und nicht von meinem Geschlecht bist, und doch, w?rst du von meinem Stamme, du w?rst mir vielleicht weniger vertraulich.«

»Denke mein im Guten, o Herr«, dankte Ingo, und fr?hlich rief er dem Alten zu: »R?ste den Aufbruch, wir reiten.«

»Bei Sonnenlicht kamen wir,« versetzte Berthar, »mein Herr und seine Helden entweichen nicht wie Nachtdiebe. Will der H?uptling, da? wir aufbrechen, bevor der Hahn singt, so flehe ich, K?nig Bisino, da? deine Knaben uns mit den Fackeln leuchten, die sie am Abend sorglich um dieses Haus getragen haben, damit wir bei unserer Abfahrt den hellen Schein nicht missen.«

Der K?nig sah zuerst zornig auf den K?hnen, aber er sprach: »Ich lobe dich, du verstehst f?r deinen Herrn mit Schl?gen und mit Worten zu streiten. Besteigt die Rosse, ihr stolzen G?ste, ihr Mannen aber entz?ndet die Br?nde, denn der K?nig selbst gibt das Geleit zum Tor.«