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Die Ahnen
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Die Ahnen

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»Du aber,« fuhr Ingo fort, »dulde, da? ich dir bekenne, was ich Geheimes auf der Seele trage. Verachtest du mein Vertrauen nicht, so sitze hier auf dem Stein, damit ich dir‘s k?nde.«

Irmgard sa? gehorsam nieder, der Mann stand vor ihr und begann: »Vernimm, was mir nach der Alemannenschlacht geschah: Die Sterne schienen, ich lag todm?de am kiesigen Ufer des Stromes, das rote Band des R?mers um den kraftlosen Arm geschlungen, der Nachtwind st?hnte die Totenklage, die Wellen rauschten, kalt war der Leib und bet?ubt das Hirn. Da neigte sich ein gramvolles Antlitz ?ber mich, die Schicksalsverk?nderin war es der Alemannen, ein weises Weib, die Vertraute der G?tter. ›Dich suche ich, Ingo, unter den Leibern der M?nner, da? ich dir dein Leben bewahre, wie du mir das meine.‹ Sie zog mich vom Ufer empor, bedeckte die Glieder mit warmer H?lle und bot mir heilkr?ftigen Trank; darauf ri? sie den Langspeer vom fremden Banner und warf betend den zerbrochenen Stab zur?ck in den Strom. Im Waldesdickicht barg sie den M?den und sa? bei dem Lager wie eine Mutter Nacht und Tag. Beim Abschied ergriff sie das Purpurzeichen und sprach: ›Hier weise ich die F?den, die dein Schicksal lenken, die G?tter lassen dem Helden die Wahl. Wirfst du von dir den Zauber, den R?mer gesponnen, so magst du altern in friedlicher Stille, verborgen im Volke, geduldig im Leben und schicksalsfrei. Doch bewahrst du das Purpurbild mit t?ckischen Augen und feuriger Zunge, dann singt wohl unter den Kriegern der S?nger dein Lob, gewaltig lebt dein Ged?chtnis bei andern; doch f?rchte ich, der Drache verbrennt dir dein Gl?ck und den Leib. W?hle jetzt, Ingo, denn die G?tter teilen dem Mann sein Schicksal nach seinen Gedanken, und aus seinen Taten fallen die Lose, die schweren und leichten, wie er geworfen, so wird sein Geschick.‹ Da sprach ich: ›L?ngst, liebe Mutter, warfen die G?tter und die Taten der Ahnen mir mein Erdenlos, von den G?ttern kam ich zur Menschenerde, ruhmloses Dehnen auf weichen Fellen vermag ich nicht zu k?ren, du wei?t es ja selbst; im Vorkampf mit meinen Genossen zu schreiten, die M?nner der Erde hinaufzuf?hren zum Wolkensaal der Helden, das ist mein Amt. Bin ich auch ein Fremdling bei fremden Geschlechtern, ich f?rchte dennoch den weisenden Finger der Schicksalsfrau, mit festem Herzen will ich unter den Helden schreiten, meinem Mannesmut will ich fr?hlich vertrauen. Bringt auch Ha? mir der Drache: der Ruhm schafft Freunde, nimmer berge ich mein Haupt vor dem Licht der Sonne.‹

Da nahm die Mutter den Purpur zur Hand, sie trennte die H?upter des Drachen vom gewundenen Leibe, die H?upter behielt sie, das Gewebe des Leibes warf sie in die Flamme des Herdes. ›Vielleicht l?se ich so das drohende Unheil von deinen Tagen‹, sprach sie am Herde. Die Flamme schlug hoch auf, mi?farbiger Qualm erf?llte den Raum, sie st?rzte hinaus und ri? mich ins Freie. Dann band sie die H?upter mit biegsamer Weide, kn?pfte die Knoten, raunte das Lied und bot mir den Bund in lederner Tasche, damit ich ihn heimlich vor jedem bewahre. ›Es sch?tzt vor dem Wasser, nicht wahrt‘s vor dem Feuer, dein Leben befehle ich in der G?tter Hut.‹ So wies sie mich nordw?rts mit Reisesegen.

Dies, Jungfrau, ist das Geheimnis meines Lebens, dir k?nde ich‘s gern. Was die G?tter mir f?gen wollen, wei? ich nicht, dir aber vertraue ich, was sonst keiner wei?. Denn seit ich in das Land kam und dich schaute, ist mir der Sinn ge?ndert und mir d?nkt besser, neben dir zu sitzen oder zu Ro? ?ber die Flur zu reiten, als mit den Geiern dem Schlachtget?mmel nachzuziehen. Sehr gewandelt sind meine Gedanken und der Mut wird mir schwer bedr?ckt, weil ich ein unsteter Mann bin, denn sonst k?mmerte mich mein Schicksal nicht sehr, meinem Arm vertraute ich und einem g?nstigen Gott, der den Verbannten vielleicht dereinst in die alte Heimat zur?ckrufen w?rde. Jetzt aber sehe ich, da? ich dahinfahre wie dieses Fichtenreis auf seiner Scholle ?ber die rinnende Flut.« Er wies auf einen jungen Fichtenbaum, der vom Bergwasser mit Moos und Erde losgerissen war von seinem Standort und aufrecht durch die Wasserwirbel dahinfuhr. »Kleiner wird die Scholle,« sagte Ingo ernsthaft, »die Erde br?ckelt ab, zuletzt vergeht er zwischen den Steinen.« Irmgard erhob sich und folgte mit gespanntem Blick der Bahn des wilden Strauches; er fuhr talab, drehte sich im Strudel und schnellte vorw?rts, bis er zwischen Nebel und Flut fast unsichtbar wurde. »Er steht«, rief sie endlich frohlockend und sprang am Bach hinab der Stelle zu, wo der Baum an einer vorspringenden Landzunge haftete. »Sieh her,« rief sie dem Mann, »hier gr?nt er an unserem Ufer, wohl m?glich ist es, da? er fest an das Land w?chst.«

»Du aber«, rief Ingo hingerissen, »sage mir, ob dir das lieb w?re.«

Irmgard schwieg.

Da brach ?ber der Wolkenwand die Sonne hervor, ihre Strahlen verkl?rten die helle Gestalt der Jungfrau, das Haar gl?nzte wie Gold um Haupt und Schultern, w?hrend sie mit niedergeschlagenen Augen, die Wangen ger?tet, vor dem Manne stand. Ihm hob sich das Herz in Freude und Liebe, ehrf?rchtig trat er an sie heran, sie blieb wie festgebannt, regte leise die Hand zur Abwehr und murmelte bittend: »Die liebe Sonne sieht‘s.« Er aber k??te sie herzlich und rief der lachenden Sonne zu: »Sei gegr??t, milde Herrin des Tages, sei uns gn?dig und bewahre vertraulich, was du schaust.« Er k??te sie wieder und f?hlte ihren warmen Mund gegen den seinen. Doch da er sie umschlingen wollte, hob Irmgard den Arm, sie sah ihn mit hei?er Liebe an, aber ihre Wange war erblichen und sie wies ihn mit einer Handbewegung aufw?rts nach den Bergen. Er gehorchte und sprang von ihr, und als er sich r?ckw?rtsschauend nach ihr wandte, hatte die Lichtumflossene sich vor dem B?umchen auf die Knie geworfen und hielt die Arme flehend zum Himmelsschein empor.

An demselben Morgen gesellten sich die Edeln und Weisen, F?hrer der Gemeinden und bew?hrte Krieger im Hause des Herrn Answald und sa?en nieder auf den Sesseln, die ihnen zu beiden Seiten des Herdes gereiht waren. In der Mitte nahm der Wirt seinen Sitz, hinter seinem Stuhle stand Theodulf. Der Sprecher schlo? die T?r, und der F?rst sprach zu der Versammlung: »In mein Haus ist gekommen Ingo, K?nig Ingberts Sohn, durch Gastfreundschaft mir verbunden von den V?tern her. Heut begehre ich f?r ihn das Gastrecht des Volkes, damit er sicher sei nicht allein in meinem Hause, auch in eurem Lande vor Feinden aus der Fremde und im Volke, da? er Recht finde gegen Misset?ter und Schutz durch die Waffen der Nachbarn gegen jeden, der ihm feindlich trachtet nach Ehre und Leben. Als Bittender steh‘ ich vor euch f?r den werten Mann, bei euch steht es zu geben oder zu weigern.« Nach den Worten entstand tiefe Stille; endlich erhob sich Isanbart, lang hing ihm das schneewei?e Haar um das narbige Antlitz, die hohe Gestalt st?tzte sich auf den Stab, aber kr?ftig t?nte die Stimme des Greises, und achtungsvoll lauschten die M?nner: »Dir, F?rst, ziemt es zu sprechen, wie du getan. Wir sind gew?hnt, da? du dem Volke gibst, und wenn du von dem Volke bittest, so sind unsere Herzen bereit zur Gew?hrung. Ruhmvoll ist der Mann, und da? er selbst es ist und nicht ein l?gender Landfahrer, daf?r b?rgt das Lied des S?ngers, ein gastliches Zeichen, das er mit seinem Wirte verglichen hat und ?ber dem anderen seine W?rde in Antlitz und Gliedern. Aber wir sind zu W?chtern bestellt ?ber das Wohl von vielen, und zur Vorsicht mahnt die sorgliche Zeit, deshalb ziemt uns ernste Beratung und Ausgleich der Meinungen, welche etwa die Helden des Volkes zwiesp?ltig scheiden.«

Er setzte sich, und die Nachbarn nickten ihm ehrf?rchtig zu. Aber heftig erhob sich Rothari, ein Edler aus altem Herrengeschlecht, ein dicker Mann mit rotem Antlitz und r?tlichem Haar, ein r?hmlicher Zecher, auch wacker im M?nnerkampf und lustig im Reigen, ihn nannten die Knaben im Spott K?nig Pausback: »Ein Rat am Morgen soll wie ein Fr?htrunk sein, kurz und kr?ftig. Ich meine, hier braucht es nicht lange Erw?gung, wir haben ihm neulich beim Weintrunk Heil gerufen, wir werden ihm heute nicht Wasser in seinen Krug sch?tten, er ist ein Held, der zwei gute B?rgen hat, das Lied des S?ngers und unser Wohlgefallen, das ist mir genug, ich gebe ihm mit meiner Stimme das Gastrecht.«

Die Alten l?chelten ?ber den Eifer des Treuen, und die J?ngeren riefen ihm Beifall zu, da stand Sintram auf, Theodulfs Oheim, ein Mann ohne Brauen, mit bleichem Auge und hagerem Gesicht, ein harter Wirt, gef?hrlich seinen Feinden, doch von klugem Rat und angesehen am Hofe des K?nigs. »Du, o F?rst, bist ihm huldreich gesinnt, und er selbst verdient es, so sagt ihr; das gibt auch mir die Richtung f?r meinen Wunsch und willig w?rde ich ihn als Gast begr??en, wie wir zuweilen dem fremden Wanderer tun, dessen Lob nicht der Mund des S?ngers verk?ndet. Doch ein Zweifel b?ndigt mir den Wunsch in der Brust und ich frage: Kommt er als unser Freund aus der Fremde? Nicht alle jungen Krieger des Gaues stehen auf der Heimaterde, ich denke auch derer, die nach Ruhm und Gl?ck ausw?rts zogen. Wer von unseren Blutgenossen hat mit den Alemannen gefochten? Ich wei? keinen. Im Heere der R?mer aber stehen k?hne Schwerttr?ger unserer Verwandtschaft, sind diese dem Fremden feind, wie d?rfen wir uns seine Freunde nennen? Sind sie gefallen, so schallt in unseren D?rfern die Totenklage; wer hat sie gef?llt? Vielleicht der schlachtenk?hne Mann, der sich ja selbst beim Mahl dessen r?hmte. Wie d?rfen wir Gastrecht dem Feinde bieten, der feindlich unser Blut vergossen? Nicht wei? ich, ob er‘s tat, doch wenn er es nicht tat, so war‘s ein Zufall, seine Absicht war‘s, da er f?r den K?nig Athanarich stritt. Im R?merheer, h?re ich, r?hmt man, da? der C?sar seine Siege allein den Volksgenossen verdankt, welche unsere Sprache reden; wie Riesen stehen die rotwangigen S?hne unseres Landes ?ber den schwarz?ugigen Fremden. Der C?sar lohnt ihnen durch Armringe und Ehren, durch die h?chsten ?mter. Fragt nach einem gewaltigen Kriegsmann und stolzen Herrn in Rom, dann sagen die r?mischen H?ndler mit neidischem Blick: Germanenblut sind sie. Wo soll unsere Jugend des Krieges Ehre finden und Liebe bei den G?ttern, wenn friedlich im Lande die Waffen rosten? Die ?berkraft unserer Gaue – wohin soll sie ziehen, damit die Br?der daheim das Erbe genie?en, wenn nicht der C?sar sein Schatzhaus den Wanderern ?ffnet? Darum sage ich, n?tzlich ist uns sein Reich, und wer gegen ihn k?mpft, steht auch gegen unseren Vorteil. Sehet zu, da? der Fremde unseren M?nnern nicht den Pfad sperre, welcher hochsinnige Helden zu Goldschatz und Ehre f?hrt.«

Finster sa?en die M?nner, ihnen war zur Trauer, da? er Wahrheit sprach. Doch das Schweigen brach Bero, der Vater Fridas, ein hartknochiger Bauer, die buschigen Brauen zog er mi?vergn?gt zusammen: »Du sandtest den Bruder ins Heer der R?mer,« sprach er rauhstimmig und langsam, »du sitzest gem?chlich auf seinem Erbe, mich wundert nicht, da? du die fremde Brut lobst. Der Bauer aber freut sich nicht der trotzigen Gesellen, die von ihrer Speerreise aus dem R?merland heimkehren, denn ?ble Landgenossen werden sie, Ver?chter unserer Sitte, Prahler und Lungerer. Darum sage ich, ein Unheil sind die R?merfahrten unserem Volke. Ziehen unsere jungen Krieger in den Lagerdienst des fremden Feldherrn, sie tun‘s auf eigene Gefahr, nicht hat das Volk sie dazu erkoren und geweiht. Ich r?hme mir se?haftes Hausen daheim, ehrlichen Axtschlag und darauf ehrlichen Frieden mit den Nachbarn, welche meine G?tter und meine Sprache ehren. Jetzt haben wir Frieden mit jedermann, kommt heut ein Alemanne an unseren Herd, ein wackerer Gesell, wir lagern ihn am Feuer, kommt morgen ein R?merkrieger, der uns ehrlich d?nkt, wir tun vielleicht dasselbe. Beide m?ssen sie bescheiden leben nach unserem Recht und m?gen sie einer dem anderen die Luft und des Herdes Flamme nicht g?nnen, so la?t sie ihre Schwerter nehmen und au?erhalb des Dorfzaunes ihren Streit ausk?mpfen. Die Schl?ge sind ihre Sorge, nicht unsere. Darum spreche ich so, hier ist ein heldenhafter Mann, ob R?mer, ob Vandale, er sei willkommen an unserer Bank, die Hauswirte bleiben wir und b?ndigen ihn, wenn er des Landes Frieden st?rt.«

Er sprach‘s und setzte sich trotzig auf seinen Schemel, beistimmend murmelten die Alten. Da erhob sich Albwin, ein edler Mann; sie sagten, da? ein Hausgeist im Balkendach seines Hofes wohne seit der V?terzeit und in der Nacht die Kinder des Geschlechtes wiege, und da? diese darum nicht zu dem Himmel w?chsen, wie die anderen Menschen; denn zierlich und klein waren alle seines Blutes, doch artig von Geb?rden und guter Worte m?chtig. Und er sprach: »Vielleicht vermagst du selbst, o F?rst, die Meinung der Herren und Nachbarn zu vers?hnen; sie alle g?nnen das Beste dem Helden, der aus dem Kriege zu deinem Herde kam. Sie sorgen nur, da? er vielleicht einst die Landgenossen durch sein Schicksal beschwere. Denn es ist erlauchtem Mann eigen, nicht tr?g unterm Dach des Wirtes zu liegen, er sammelt sich Anhang und schafft sich Gegner; je gr??er eines Mannes Ruf das Land durchdringt, desto gewaltiger zieht er die Genossen in seine Wege. Wir sind nicht so karg, da? wir die Tage z?hlen, w?hrend denen wir einen Wanderer in der Halle bergen, doch kennen wir des Helden Meinung nicht; und darum sei es mir verg?nnt, den Wirt zu fragen. Ist es dem Fremdling nur um kurze Ruhe und Gemach zu tun, dann braucht‘s nicht der Beratung. Will er die Tage seiner Zukunft in dem Volk beschlie?en, seinen Saal sich zimmern auf unserem Boden, dann m?gen wir nicht nur das Heil des Fremden, auch das unsere klug bedenken.«

»Du mahnst mit Grund,« versetzte ernst der F?rst, »und doch mu? ich deiner Rede die Antwort weigern; du selbst wei?t, nicht ziemt dem Wirt, die Stunde der Abfahrt aus dem Gast zu sp?hen, und d?rfte ich‘s, hier w?rde ich es nimmer tun, denn aus dem Elend kommt der edle Mann, er selbst wei? nicht, ob die Heimkehr ihm bald, oder ob sie ihm niemals verg?nnt ist.«

Wieder hob sich Rothari, der ungef?ge Mann, und sprach im Zorn: »Was soll das Markten mit der Zeit, wir Th?ringe, wenn wir die Herzen ?ffnen, tun‘s nicht auf Zeit. Gebt ihm das Gastrecht in dem Volk und macht ein Ende.«

Laut riefen die M?nner Beifall und sprangen von ihren Sitzen. Da sprang Sintram in die Mitte des Kreises und rief mit scharfer Stimme in die aufgeregte Menge: »Sieh zu, F?rst, da? nicht die F?hrer unseres Gaues wie Knaben hinter dem bunten Vogel hinabspringen in unerforschte Kluft; ich fordere Schweigen, wenig ist noch bedacht, was unserem Heile frommt.«

Der F?rst winkte mit seinem Stabe, unwillig setzten sich die M?nner und erhoben drohendes Gemurmel gegen Sintram; aber unger?hrt fuhr er fort: »M?chtig bist du, o F?rst, und scharf ist das Eisen der Landgenossen, aber Th?ringe sind wir, und ein K?nig waltet ?ber uns, es ziemt, da? der K?nig dem fremden K?nigsohne Gastrecht gebe, nicht wir.« »K?nig Bisino, K?nig Blaubeere?« schrien zornige Stimmen. »Will Sintram, da? ein Bote des K?nigs die Gel?bde vorspreche, die wir am Herdfeuer sagen sollen?« rief ein finsterer Th?ring.

»Der K?nig ist der oberste Herr,« sprach Herr Answald bed?chtig, »im Rat des Volkes soll sein Name mit Scheu genannt werden.«

»Wohl wei? ich,« rief der beharrliche Sintram den Drohenden entgegen, »da? wir den K?nig nicht fragen, wenn ein wegem?der Mann, dessen Name niemand geh?rt hat, an unserer Bank niedersitzt; der aber jetzt gekommen, ist ein ruchbarer Krieger, ein R?merfeind. Wir kennen nicht des K?nigs Sinn, ob ihm der Fremde n?tze oder schade, und ob er, der des Volkes Frieden bedenkt, unser Gastrecht lobe oder schelte.«

Da erhob sich Turibert, der Opferpriester, der zur Rechten des F?rsten sa?, und begann mit lauter Stimme, die m?chtig unter dem Balkendach t?nte: »Du fragst, ob der K?nig uns huldreich zunicken wird oder sein Antlitz zornig abwenden? Ich schelte deine Sorge nicht, mancher fragt ja, wie der Hase l?uft und was der Uhu schreit. Ich aber k?nde euch, was M?nnern kundbar ist auch ohne Vorzeichen. Die Menscheng?tter haben uns als Gesetz geweiht, da? wir dem schuldlosen Fremdling Erde g?nnen und Wasser, Luft und Licht. Z?rnt der K?nig, weil wir uns ehrlich halten gegen einen Bittenden, wir m?ssen‘s tragen, denn schwerer ist der G?tter Zorn als K?nigs Grimm. Ist jener Mann euch Feind, weil er R?mer f?llte, so l?scht sogleich die Herdflamme, an der er niedersitzt, und f?hrt ihn aufw?rts ?ber den Grenzwald. Doch da? er vielleicht leidig werden k?nnte, vielleicht auch nicht, das zu bedenken ist nicht Landesbrauch und nicht Befehl der G?tter.«

»H?rt auf sein Wort«, begann aufs neue Isanbart. »Ich sah meine S?hne fallen im Schlachtendrang, auch meine Enkel sind geschwunden von der M?nnererde, ich wei? nicht, warum ich zur?ckgeblieben bin in dem Kampf zwischen Nacht und Tag, zwischen Sommer und Winter und zwischen Liebe und Zorn in den Seelen der M?nner. Vielleicht aber bewahrten mich die Gewaltigen hier, damit ich den J?ngeren Bericht gebe von dem Schicksal ihrer V?ter. In der Vorzeit, so sagten mir die Alten, bauten alle Th?ringe auf ihren Fluren als freie M?nner, in Eidgenossenschaft der Gaue. Aber Zwietracht kam in das Volk, die in den Nordgauen k?mpften sieglos gegen das Messer der Sachsen. Da k?rten die Nordgaue sich einen K?nig, sie richteten den hohen Stuhl auf und legten die Stirnbinde um das Haupt eines Helden, dessen Kriegsruhm kundbar war. Und ein Herrengeschlecht wurde m?chtig, es baute aus dem Gestein der Ebene sich eine Steinburg und sammelte Krieger des Volkes in den Mauern. Unsere Vorfahren aber, die Waldm?nner, sa?en unbotm??ig auf dem Erbe der V?ter, unduldsam gegen die K?nigsherrschaft. Lange w?hrte der Streit unseres Gaues mit den K?nigsmannen. Wenn des K?nigs Schar gegen unseren Grenzzaun zog, dann trieben wir die Herden in den Laubwald und sahen finster zu, wie die Talleute unsere H?fe in Flammen setzten. Wir sammelten uns hinter dem Verhau und z?hlten die Tage, bis wir Vergeltung ?bten an Herden und Kriegern des K?nigs. Endlich bot der K?nig g?tlichen Vergleich. Ich war ein Knabe, als unsere Gauleute zuerst den Nacken beugten vor des K?nigs roter Binde. Seitdem sandten wir unsere jungen M?nner in seine Kriege, daf?r zogen die K?nigsmannen in unsere Reihen, wenn unser Gau mit den Gemeinden der Katten in Krieg geriet. Ungeduldig ertrugen die K?nige unsere laue Huldigung, oft haben ihre Boten versucht, unsere Herden zu sch?tzen und die Garben unseres Ackers zu z?hlen, mehr als einmal ist bei euren Lebzeiten die Fehde mit den Leuten des K?nigs entbrannt. Gemeinsamer Vorteil zwang wieder zum Frieden, aber neidisch sp?hen die Berater des K?nigs von den Zinnen der Burg nach unserem freien Wald. Jetzt leben wir noch unversehrt; Ring und Gewand kommen aus der K?nigsburg an die Leiber unserer Edlen und lauter Gru? empf?ngt unsere Gaugenossen in der K?nigshalle. Dennoch warne ich, da? wir nicht f?gsam uns gew?hnen an Herrendienst, da? wir nicht fragen und K?nig Bisino nicht Antwort sende, da? wir nicht bitten und ein Herr uns Gnade gew?hre. Denn jeder Vorwand, die Macht zu zeigen, ist am K?nigshofe willkommen. Ob den K?nigsleuten der fremde Mann lieb oder leid sei: wenn wir sie fragen, uns schaffen sie Leid. Fragen wir jetzt wegen des Gastrechtes und erbitten Gew?hr, so tr?gt uns morgen ein K?nigsbote Befehle zu. Darum deucht mir besser, wir bleiben, so wie wir zuvor gewesen. Den Gast zu befrieden ist unser Hausrecht, nicht Recht des K?nigs. So sei es geendet. Da ich ein Mann war in der besten Kraft, da ward ich dem Vater unseres Wirtes ein Reisegenosse, ich stand im Kampf an der Schwertseite jenes Helden, dessen Sohn jetzt an unserem Herde harrt. Ein milder Mann, hochmutig und stark war der Vater und ich sehe, der Sohn ist von gleichem Schlag. Als ich den jungen Helden j?ngst beim Spiele fand, da wurde wieder Traum aus alter Zeit lebendig, ein Freundesauge sah ich, nicht das eines Fremden, die Hand des K?nigs, die ich einst in der Fremde ber?hrt, ich hielt sie aufs neue; und darum m?chte ich ihm werben die Neigung des Volks, den Sitz an unserer Bank.« Der Greis setzte sich langsam nieder, aber um den Herd scholl lauter Ruf, die Schwerter rasselten in den Scheiden: »Heil Isanbart, Ingo Heil! Wir geben ihm das Gastrecht!« Der F?rst erhob sich und schlo? die Beratung: »Ich danke den Freunden und Landgenossen. Was hier verhandelt wurde, sei gesprochen und abgetan, und keiner trage dem anderen Groll nach um verklungenes Wort; denn den H?uptern des Volkes ziemt einm?tiger Beschlu?, damit im Ring der Landgemeinde nicht Zweifel und Zwist den Frieden st?re.«

Herr Answald ging von Mann zu Mann und nahm von jedem dar?ber den Handschlag, auch Sintram schlug ein und l?chelte vertraulich, als der F?rst ihn ansah. Rothari aber schlug ein, da? es schallte und rief dabei: »Mich freut‘s«, und bei den Worten des r?hrigen Mannes ging ein L?cheln ?ber die ernsten Gesichter. Der Sprecher ?ffnete die T?r, und die Helden schritten w?rdig aus dem Hofe auf die Wiese, wo der Ring der Landgenossen versammelt war. Dort wurde durch Zuruf der Menge dem Fremden das Gastrecht des Volkes erteilt, sie luden ihn in den Ring und geleiteten ihn darauf nach heiligem Brauch zu dem gro?en Herdkessel des F?rsten. ?ber dem Kessel sprachen die H?upter des Volkes und Ingo einander den Eidschwur.

Der F?rst aber begann zu dem Gaste: »Beschworen ist das B?ndnis und ein Haus in meinem Hofe wird dir, Held Ingo, bereitet, damit du darin Gemach habest, so lange es dir gef?llt. Du selbst aber bestelle dir den K?mmerer; w?hle dir unter meinen Bankgenossen einen, welcher dir behagt, nur Hildebrand, den Sprecher, und Theodulf, der selbst von edlem Geschlechte ist, m?chte ich ungern entbehren. Die anderen werden jeder f?r ehrenwert erachten, dir den Treueid in die Hand zu legen und deinen Schritten zu folgen, solange du unter uns weilst, zumal, wenn sie erfahren, da? es mir lieb ist.« Da trat Ingo zu Wolf und sprach: »Der erste warst du, der dem Fremdling an der Landesmark Brot und Salz bot und freundlich hast du seither dich erwiesen. Willst du es wagen, Genosse eines Verbannten zu sein? Keine andere Schatzkammer habe ich als Wald und Heide, wenn der F?rst mir gestattet, dort Beute zu suchen, und die Walstatt mit den Armringen erschlagener Feinde. Einem armen Herrn wirst du folgen und keinen anderen Lohn vermag ich dir zu bieten als guten Sinn und treue Hilfe mit Speer und Schild.« Wolf antwortete: »Lehre mich, o Herr, deine Kunst, in der Feldschlacht zu stehen, dann bin ich sicher, Goldschatz zu erwerben, wenn die G?tter mir gestatten, da? ich im Kampfe dauere. Doch laden sie dich zu ihrer Halle, so wei? ich, da? auch mir der Weg ruhmvoll sein wird, auf dem ich dir folge.« Dies sprach er und gelobte sich dem Gaste in seine Hand.

Auch Theodulf hatte die Vers?hnung mit Ingo gesucht. Noch am Abend des Gastmahls, als der F?rst den Helden zum Ehrensitz geleitete, war Sintram mit anderen M?nnern aus der Freundschaft zu Theodulf getreten. Sie hatten im geheim beraten, wie der Kampf zwischen den Gegnern zu hindern sei, und Theodulf war darauf, gefolgt von seinem Geschlechte, vor Ingo getreten und hatte gesprochen: »Anders wird die Schau ?ber das Land, wenn die Sonne aus den Wolken bricht. So habe auch ich deinen Wert nicht gekannt, da ich Ung?nstiges zu dir sprach. Nicht dir galt meine Rede, sondern einem ruhmlosen Mann, der jetzt geschwunden ist; vergi? darum auch du die kr?nkenden Worte, damit ich nicht der einzige im Saal sei, dem du mit Fug grollst.« Und der F?rst f?gte hinzu: »Er spricht gute Worte, keiner von uns w?nscht dir noch ?bles, Held. Ich selbst begehre f?r ihn die Vers?hnung, denn ich war es, der deinen Namen den Hofgenossen verbarg.« Da antwortete Ingo: »Die Schm?hworte verga? ich, Theodulf, unter dem Liede des S?ngers, ungern w?rde ich noch ferner an die Rache denken.«

In rotem Goldglanz stieg ein neuer Morgen f?r Ingo herauf. Aber im Bergwald folgt auf hei?en Morgen ein Wettertag, und auch die W?rme der Herzen schwindet schnell im Sturme zorniger Gedanken.

4. Am K?nigshofe

In der K?nigsburg der Th?ringe sa? auf hohem Stuhl Gisela, die K?nigin, sie st?tzte das Haupt mit dem wei?en Arm, und das Lockenhaar fiel ihr unter der K?nigsbinde ?ber die Hand und deckte ihr die Augen. Zu ihren F??en legte eine Dienerin das Goldger?t vom K?nigsmahl in die Truhe zur?ck und z?hlte die St?cke, bevor sie die Truhe verschlo? und in das Schatzhaus der Herrin lieferte, sie sah lachend ihr Angesicht verzogen in dem gerundeten Metall und blickte auf die Herrin; aber die K?nigin k?mmerte der Goldschatz wenig. Einige Schritte davon sa? K?nig Bisino, ein tapferer Kriegsmann, vierschr?tig von Leibe, mit starken Gliedern und breitem Angesicht, er trug auf seiner Wange ein schwarzes Mal, das erblich war in seinem Geschlecht; einem Ahnen war‘s zum Spott gewesen, jetzt aber galt‘s f?r ein K?nigszeichen, gab‘s auch nicht Sch?nheit, es gab doch Stolz. Unwirsch war der K?nig, der reichliche Trunk hatte ihm die Stirnadern geschwellt, und er haderte gegen den S?nger Volkmar, der vor ihm stand.

»Ich habe dich nach dem Mahle gefordert,« sprach der K?nig, »da? die K?nigin dich befrage, aber sie scheint nicht zu wissen, da? wir hier sind.«

»Was befiehlt mein Herr?« fragte Frau Gisela, sich stolz aufrichtend.

»Es ist traun Grund,« murrte der K?nig, »die Augen zu ?ffnen, wenn die K?nige am Rhein Eisenb?nder tragen und im feuchten Kerker liegen.«

»Warum boten sie ihre H?nde den Fesseln?« versetzte Gisela kalt. »Wer Tausende seiner Krieger zur Totenhalle f?hrt, dem ziemt ?bel, anderen den Vortritt zu lassen. Ich sehe die Tapferen mit Todeswunden auf bl?hender Heide, die blutlosen Gesichter im Kerker k?mmern mich nicht.«

»Auch tapferen Mann verl??t das Gl?ck«, sprach der K?nig und sah scheu nach seinem Gemahl. »Du aber, Gesell, hast nicht alles gek?ndet, einer entfloh und kam in mein Land; in dem Hofe des F?rsten gab‘s lautes Get?n, vom Heilruf Ingo bebte die Halle, du warst dabei, schnellz?ngiger Spielmann, was hast du deinen Gesang getauscht? Weit anders klang dein Lied in der Waldlaube.«

»Schlechter Ruhm w?re dem S?nger, wenn sein Lied eint?nig auf einer Saite schwirrte. Mein Amt ist, jedem das Seine zu geben, da? froh sich das Herz des H?rers ?ffne. Dem K?nig verschwieg ich den Namen der Helden nicht, denn r?hmliche Tat lebt durch meinen Mund. Doch ich wu?te nicht, da? der Fl?chtling dem gro?en Volksherrn den Sinn beschwert.«

»Ich kenne dich,« rief der K?nig in ausbrechendem Zorn, »du tauchst behend wie die Otter im Flu?, h?te dein glattes Fell vor den Streichen meiner Knaben.«

»Der S?nger hat Friede auch bei wildem Volk. Deine Knaben, o K?nig, die trotzigen M?nner, deren L?rm jetzt aus dem Hofe bis in den Steinturm schallt, auch sie scheuen den S?nger; denn jede Untat tr?gt er durch die L?nder, und wird ihm sein Mund f?r immer gestillt, dann r?chen den Toten seine wackeren Genossen. Dein Zorn erschreckt mich nicht, doch ungern entbehre ich deine Gnade, denn reich hast du treuen Dienst belohnt. Nicht vermag ich zu erkennen, warum mein Herr den Namen des Fremden ung?nstig h?rt; der Fl?chtling scheint mir ein wackerer Mann, treu seinen Freunden und nicht begehrlich nach fremdem Gut.«

»Du sprichst nach Geb?hr,« sagte die K?nigin freundlich, »und der K?nig kennt wohl deinen Wert. Nimm hier f?r deine Kunde, war sie auch leidvoll, des K?nigs Botenlohn.«

Sie winkte der Dienerin, welche ihr die schwere Truhe vor die F??e schob, sie fa?te hinein und bot wahllos dem S?nger ein goldenes Trinkgef??. Der S?nger sah betreten darauf hin, bis die K?nigin die Brauen finster zusammenzog, da nahm er den Becher und neigte sich tief auf ihre Hand, die sie ihm reichte. »Hat dein schneller Fu? noch Frist, bei uns zu weilen, so lehre meine M?gde den neuen Tanzreigen, den du das letzte Mal in unserer Halle auff?hrtest. Und la? dich alsdann finden in meiner N?he.«

Sie winkte ihm gn?dig den Abschied; der K?nig sah ihm unzufrieden nach.

»Du bist freigebig mit dem Gold deiner Truhe«, sagte er finster.

»Einen guten Handel macht der K?nig, wenn er mit Gold das Unrecht abkaufen kann, das er einem niederen Mann zugef?gt hat. Geringe Ehre ist es meinem Herrn, seine Sorge dem fahrenden Mann zu verraten, der von Halle zu Halle um Lohn singt. Dir bleibt nur die Wahl, den Mund des Mannes durch einen Becher zu schlie?en, oder f?r immer durch einen Schwertschlag. Darum gab ich ihm die S?hne, damit er schweige, denn weit ber?hmt ist der Mann und gef?hrlich w?re es, den Zeugen deiner Furcht zu t?ten.«

Der K?nig fuhr kleinlaut fort, best?rzt, wie ihm ?fter geschah, durch den hochfahrenden Sinn der K?nigin: »Was r?tst du gegen den Fremden, den die Waldleute sich mir zum Trotz als Gastfreund gesellt haben, soll ich auch ihm Gold bieten oder Eisen?«

»Deine Gunst, K?nig Bisino, denn Ingo, Ingberts Sohn, ist ein erlauchter Mann.«

»Ist es besser f?r mich, da? er den K?nigsprung vermag?« fragte der K?nig wieder.

Frau Gisela sah ihn an und blieb stumm. »Edlen Sinn bindet nur Vertrauen«, versetzte sie endlich und trat vor den K?nig. »Will mein Herr die Gefahr vermeiden, so lade er selbst den Fremden an seinen Hof und erweise ihm die Ehre, die ihm geb?hrt. Gef?hrlich ist der K?nigsohn vielleicht unter den Bauern am Walde, nicht in deiner K?nigsburg und in deiner Heerschar. Hier ist er dein Gastfreund, ihn bindet der Schwur und deine Gewalt.«

Der K?nig ?berlegte: »Gut r?tst du, Gisela, und du wei?t, ich ehre deine Worte. Was die Zukunft bringt, das will ich erwarten.« Er erhob sich, die K?nigin winkte der Magd, sich zu entfernen. Als sie allein war, ging sie mit heftigem Schritt im Raume auf und ab. »Gisela hei?e ich, vergeiselt bin ich in fremdem Land zu freudlosem Lager dem gemeinen Mann. Seit Jahren sitzt das K?nigskind der Burgunden elend auf dem Thron, und die Gedanken ziehen r?ckw?rts zu dem Land der Meinen und zu der Kinderzeit. Dort sah ich ihn, den einst der Vater mir zum Gemahl bestimmte, da ich ein Kind war und er ein Knabe. Ingo, gebannter Mann, hart war dein Reisebrot und bitter dein Trunk in der Verbannung, bitterer doch mein Gram in der K?nigsburg. So oft aus fremdem Lande ein fahrender Krieger kam, forschte ich nach deinem Geschick. Jetzt naht dein Schritt dem Pfad, auf dem ich schreite, sei mir willkommen, ob du mir lieb wirst oder leid; denn m?de bin ich der Einsamkeit.«

Drau?en klang vielstimmiges Lachen und Gesang der M?gde, die K?nigin sa? nieder und h?rte, die H?nde ?ber dem Knie geschlungen, auf die Weise des Reigen, die der S?nger sang. Die Dienerin f?hrte den S?nger leise herein. »Du hast vieles erz?hlt beim Mahle des K?nigs,« rief sie ihm l?chelnd zu, »was meinem Herrn schwere Gedanken gemacht hat; jetzt la? du mich im Vertrauen wissen, wie du selbst den Banden der R?mer entrannst, denn nahe genug war die Gefahr, da? ich einen werten Mann verlor, der mir oft Freude gebracht hat. Hast du ein Lied von der eigenen Not, so will ich‘s h?ren.«

»Wenig dachte ich an mich selbst in jener Stunde, Herrin, ich sah auf einen anderen, der mich errettete und sich selbst in gr??eres Leid warf.«

»Ich meine, das war jener Fremde,« sprach die K?nigin, »hebe den Sang an und d?mpfe deine Stimme, wenn du kannst, da? nicht unn?tzes Volk sich an den Pforten dr?nge.«

Volkmar begann mit leiser Stimme seinen Bericht von der Kahnfahrt und dem Sprung in den Rhein. Zu der kleinen Fenster?ffnung drang golden der Strahl der Abendsonne herein, er ums?umte die Gestalt des S?ngers, der in tiefer Erregung vorsang, was ihm das Herz bewegte; im Dunkel sa? die K?nigin und wieder fiel ihr das volle Haar ?ber die Hand, die ihr geneigtes Haupt st?tzte, unbeweglich sa? sie da, in sich selbst versunken, bis der S?nger mit jenem Wiederfinden in der Halle schlo?.

»Das wird ein r?hmlicher Gesang f?r zwei, f?r ihn und dich«, sagte die K?nigin g?tig, da der S?nger geendet. »Du ziehe mit dem Segen der G?tter zu Halle und Herd, da? die Kunde im Volke sich verbreite.«

Beim Abendtrunk sa? der K?nig unter seinen Knappen, das Jauchzen und Lachen der starken Leibw?chter umklang den Herd, aus gro?en Stangen und Bechern sch?pften sie den w?rzigen Trank. »Spiel‘ den Reigen, S?nger,« rief einer der wilden, »den du heut des K?nigs M?gde gelehrt, damit auch wir geschickt die Weise springen auf der Heide.« »La?t ihn,« spottete Hadubald, ein narbiger Kriegsmann, der vorzeiten Trabant am R?merhofe gewesen war und jetzt dem K?nig diente, »sein Lied ist gerade gut genug, da? die Kraniche danach h?pfen im H?hnerhofe. Wer die T?nzerinnen, die schmeichelnden M?dchen aus Alexandrien, geschaut, dem d?nkt das Stapfen der Bauern im Grase wie Marsch der G?nse.«

»Er ist stolz geworden,« rief ein anderer, »seit er den Goldbecher der K?nigin im Gewande birgt; h?te dich, Volkmar, unsicher ist ein Goldschatz dem fahrenden Mann, der ?ber die Heide zieht.«

»Wolfgang ist dein Name,« versetzte der S?nger, »und wie der Wolf gehst du selbst lauernd ?ber die Heide; ?bel geziemt an der Bank des K?nigs dein neidvoller Blick auf der Herrin Geschenk.«

Er nahm sein Saitenspiel zur Hand, r?hrte die Saiten und sang die Weise des Reigens. Da zuckte es den M?nnern in den Gliedern, sie schwenkten die Arme im Takte auf die Tafel und pochten mit den F??en den Tritt; auch der K?nig schlug mit der Hand auf den Deckel des Weinkrugs und nickte weinselig mit dem Haupte. Beim zweiten Vers aber erhoben sich die metgef?llten Knaben, nur die Alten widerstanden und umklammerten mit der Hand fest das Trinkhorn, die anderen aber traten je zwei den Reigen in langer Kette um die B?nke herum, da? der Saal laut ert?nte. Der K?nig lachte. »Du wei?t sie zu zwingen,« rief er dem S?nger zu, »komm n?her, Volkmar, du schlauz?ngiger Mann, sitz‘ neben mir, da? ich dir vertraulich meine Meinung k?nde. Ich war heut unwirsch, es war nicht b?se gemeint, mir lag deine Botschaft schwer auf der Seele. Was aber den goldenen Becher betrifft, den die K?nigin dir gespendet, so war nicht unrecht, was mein alter Knabe dir sagte. Gold ist Herrenmetall und pa?t nicht f?r den Reisesack eines m??igen Mannes; du selbst singst ja, da? es den M?nnern der Erde Unheil bereitet. Weise w?rdest du handeln, wenn du ganz in der Stille diese Beute mir aus gutem Herzen zur?ck in das Schatzhaus stelltest.«

Gern h?tte der S?nger sich das Prachtst?ck bewahrt und er antwortete: »Was das Auge des Herrn begehrt, schafft dem Diener kein Gl?ck; doch bedenke, Herr, auch in des K?nigs Schatz wird zum Unsegen das St?ck, an welchem Trauer und Neid der Menschen h?ngen, die es verloren.«

»Darum sei au?er Sorgen,« versetzte der K?nig schmeichelnd, »mir tut das nichts.«

»Doch wenn die Herrin erf?hrt, da? ich ihr Geschenk so gering geachtet, mit Recht wird sie mir z?rnen«, sagte der S?nger.

»Sie kennt es kaum, Volkmar, glaube mir«, fuhr der K?nig ?berredend fort. »Ihr ist im Herzen ganz gleich, ob es Gold oder Kupfer ist. Wenn die Waldleute im Herbst ihre Pferde an meinen Hof senden, magst du dir ein gutes Ro? aussuchen mit runden Hufen, und mein K?mmerer gibt dir ein sch?nes Gewand aus den Truhen, das wird dich stattlicher machen im Volk als das runde Blech. Denn ich meine es gut mit dir, Volkmar, ich f?rchte f?r dich den Neid meiner Knappen.«

»Zuchtlose Worte h?rte ich am Herd des K?nigs«, versetzte der S?nger gekr?nkt.

»Trag sie nicht schwer, Volkmar,« riet der K?nig beg?tigend, »es ist wahr, ihre Rede ist zuweilen wild und ich b?ndige m?hsam ihre Gewalttat; aber des K?nigs Kunst ist, jeden zu gebrauchen in seiner Weise, sie tun als schnelle K?nigsboten um Gold und einen warmen Sitz an meiner Bank alles, was ich will, und fragen nicht, ob die Tat blutig sei oder nicht. Wie kann ein K?nig walten im Volk ohne solche Diener? Denn hochfahrend ist der M?nner Sinn, jeder will nur tun, was ihm beliebt, jeder trotzt auf sein Recht und sucht sich Rache, und keiner f?gt sich fremdem Willen. Jeder begehrt Kampf und Wunden zu eigenem Ruhm und ist eilig, zu den G?ttern hinaufzufahren. Ich meine auch zuletzt einmal einen Sitz zu fordern in der G?tterhalle, jetzt aber m?chte ich lieber auf der M?nnererde ?ber gef?gige Nacken blicken; und mu? auch ich M?nner wegschaffen aus dem Licht, weil sie sch?dlich sind, so sind es doch nur wenige; die anderen aber auf ihrem Erbe zu erhalten, ist mein Vorteil und mein Ruhm, daran denke, Volkmar, weil du ein sinnvoller Mann bist. Trotzig ist das Volk und geschwollen sein Sinn, des K?nigs Sorge aber ist, f?r alle zu bedenken, was dem Lande frommt. Darum schilt mir nicht meine Getreuen. Es ist besser, sie ?ben zuweilen eine Nottat, als da? alle anderen Gewalt gegeneinander sinnen und das Volk der Th?ringe einem fremden Geschlecht Frondienst leiste.«

Der S?nger schwieg. Der K?nig fuhr schlau fort: »Der Wein hat mir das Herz ge?ffnet, und ich will zu dir reden wie zu einem Freunde. Sage an, wie man zu einem Bruder spricht, welcher Art ist der Fremdling? Ich m?chte ihm gern trauen, aber er ist noch von der ungef?gen Art, die sich r?hmt, da? einst ein Gott in dem Ehebett ihrer Gro?m?tter gelagert habe. Die Art ist wenig n?tze auf der M?nnererde, ihr Blut ist schwarz geworden, wie alter Met im verpichten Kruge, sie schaffen schweren Rausch im Volke, sie geb?rden sich, als ob sie die Vettern des Kriegsgotts w?ren und betrachten aller anderen Schicksal wie Spreu, die sie vor sich her blasen. Ist der Fremde ein solcher Gesell?«

»Mich d?nkt, sein Mut ist fr?hlich und sorglos seine Art, nur da? ein schweres Schicksal auf ihm liegt«, versetzte Volkmar.

»Wie h?lt er sich beim Becher?« fragte der K?nig, »ich lobe mir einen rotwangigen Knaben, dem der Trunk die Kehle ?ffnet.«

»Er wei? fr?hlich Bescheid zu geben bei Trank und Rede«, versetzte der S?nger.

»Dann soll er mir willkommen sein auf meiner Bank«, rief der K?nig und schlug auf seinen Trinkkrug. »Dich aber habe ich gew?hlt zum vertrauten Boten, da? du mir den Fremdling aus den Waldlauben in meine Burg schaffst; f?hre ihn vor mein Angesicht.«

Volkmar erhob sich und stand ?berlegend: »Ich will dem Fremden deine Botschaft k?nden. Doch damit er den gewogenen Sinn meines Herrn erkenne, so flehe ich, da? mein K?nig ihm zuvor Frieden gelobe und sicheres Geleit zum Hofe und vom Hofe, mein K?nig und seine Knaben in der Halle.«

»Was f?llt dir ein, S?nger?« rief der K?nig mit ausbrechendem Unwillen, »wie kann ich ein Gel?bnis geben dem Wildfremden, dessen Sinn ich nicht kenne!«

»Du willst doch, o Herr, da? er sich in deine Hand gebe. Leicht ist es, von einem einzelnen den Schwur zu fordern. Mein Herr w?rde selbst den Fremdling f?r einen Toren halten, wenn er sich unter die Knaben hierher wagte ohne Frieden.«

»Was braucht mein K?nig den fahrenden Mann zu solcher Botschaft?« rief Wolfgang, »er sende uns, wir bringen den Fremden auf seinen F??en oder in seinem Schild, l?ngst steht uns der Sinn nach einer Reise in die D?rfer der frechen Bauern.«

»Still,« sagte der K?nig, »eure grobe Zunge gebrauche ich jetzt nicht, wenn ich mit meinen Waldleuten handeln will. Volkmar soll mein Bote sein, denn heut ist der Tag guter Worte, kommt der Tag f?r harte Tat, dann rufe ich euch. – Du meinst also, er wird kein solcher Narr sein?« fragte er lauernd, und aus den schwimmenden Augen brach ein hei?er Blick, wie der Feuerstrahl aus einer Dampfwolke, aber er bezwang sich und fuhr gem?tlich fort:

»Wohlan, ich will ihm alles geloben. Und ihr schweigt dort!« rief er, seine Stimme erhebend, in den L?rm seiner Mannen. »Tretet heran und gelobt in meine Hand Frieden f?r Ingo, Ingberts Sohn, zum Hofe, am Hofe und vom Hofe.« Die M?nner taten den Schwur. »Und jetzt, S?nger,« schlo? der K?nig drohend, »lege ich dir auf deine Seele, da? du ihn herf?hrst ohne Verzug.«

»Ich bin nur dein Bote, Herr, nicht vermag ich ihn zu zwingen.«

»Bedenke dein eigenes Heil, Volkmar«, rief der K?nig und hob die Faust in die H?he. »Leid w?re dir, wenn du in Zukunft die Vatererde meiden m??test.«

»Ich will mich halten als ein treuer Bote«, versetzte der S?nger ernst.

»So ist es recht, Volkmar«, schlo? der K?nig bes?nftigt und erhob sich. »Geendet sei der Trunk, brecht auf von den Sitzen, und du, Volkmar, sollst mir heut anstatt K?mmerer sein, geleite mich.« Der K?nig st?tzte sich schwer auf Volkmars Schulter und schritt mit ihm ?ber den Hof zum Schlafhaus der K?nigin. Unterwegs sagte er ihm lustig ins Ohr: »Nun, Schelm, wo bleibt der Becher?«

Volkmar ?ffnete den Beutel, den er an seinem Gurt trug und bot das Goldgef?? dem K?nig dar. »Stecke mir‘s ins Gewand,« sagte der K?nig, »ich will um deinetwillen sorgen, da? Frau Gisela das Ding nicht erblickt.«

Am n?chsten Morgen verlie? der S?nger die Burg. Der K?nig sah seinem Boten mi?trauisch nach und dachte in seinem Sinn: meine Waldf?chse werden mir den Fremden schwerlich in die Burg senden. Wenn sie ihn meiner Forderung weigern, dann geben sie mir einen Grund gegen sie zu ziehen, ihren Bauernstolz zu brechen und ein Ende zu machen mit ihrem freien Bunde. Dann aber w?hlen sie den Ingo zu ihrem F?hrer, er d?nkt mich ein mannhafter Recke, und es k?nnte einen harten Kampf geben unter Scheitholz und Waldpilzen. Was dann das Ende wird, wei? keiner, und ich habe keine Lust, meinen Leib zum Schemel zu machen, ?ber den ein anderer zum Herrensitz steigt. So trank er sorgenvoll seinen Met, verschlossen auch gegen die K?nigin, die mit ihren gro?en Augen forschend auf ihn hinsah und zuweilen seine Gedanken erriet, ohne da? er sie aussprach.

Tag auf Tag verrann, Ingo kam nicht. Dagegen pochte eines Abends Sintram, Theodulfs Ohm, an das Tor. Der K?nig empfing ihn mit offenen Armen, er sprach lange heimlich mit ihm, und Frau Gisela merkte, wie der K?nig dem Edlen mit einem H?ndedruck versicherte: »Dein Vorteil und meiner sollen zusammen in den Wald springen wie zwei W?lfe.« Aber als Held Sintram geschieden war, sah auch ihm der K?nig unzufrieden nach und nannte ihn einen schief?ugigen Fuchs.

5. In den Waldlauben

Auf dem Herrenhof und im Dorfe knarrten die Erntewagen, die Mannen des H?uptlings verga?en im Drange der Arbeit zuweilen ihren Kriegerstolz und halfen den Knechten, die Schnitter banden dem gro?en Gott des Volkes die letzte Garbe mit frommem Zuruf und brachten im Reigen springend den ?hrenkranz zur Halle des F?rsten; die barbeinigen Dorfkinder schw?rmten wie Drosseln um das Vorholz und sammelten Beeren und N?sse in langen T?ten aus Holzsp?nen. Jeder war eifrig, die Fr?chte einzuheimsen, welche die G?ttin der Flur dem se?haften Manne spendet. An der Seite des Hofherrn achtete Ingo auf die friedlichen Werke, die er sonst nur vom hohen Kriegsrosse geschaut hatte, er h?rte mi?f?llig, wenn sein Wirt sich wie ein Bauer ?ber die W?lfe ?rgerte, weil sie ihm ein junges Rind zerrissen, ?fter aber lachte er froh, wenn er Irmgard unter den M?gden sah, denen sie bei der Arbeit gebot. Ihm und der Jungfrau pochte das Herz in Freude, wenn sie vor den anderen im Hofe und auf der Flur h?flichen Gru? tauschten und zuweilen wenige Worte. Denn streng war die Hofzucht, gesondert lebten die M?nner, und Ingo scheute sich, seit er den Gastschwur getan, durch dreistes Nahen den Frieden des Hofes zu verletzen. Fast alle blickten ihn freundlich an, nur das Auge der F?rstin umw?lkte sich, wenn sie ihm nachschaute. Ihr kr?nkte den stolzen Sinn, da? er gegen ihren Rat einen Mann ihrer Freundschaft im Kampfspiel besiegt hatte, auch da? ihr Wunsch, ihn als fremden Landfahrer zu halten, durch den S?nger vereitelt war. Und noch anderes war ihr beschwerlich. Sie hatte ihren Blutsverwandten, den Theodulf, zum Gemahl der Tochter erkoren, ihr eigenes Geschlecht und Herr Answald hatten schon vor Jahren darum gehandelt. Jetzt beobachtete sie argw?hnisch die Tochter und den Gast.

Eines Tages kam ein fahrender Gaukler mit seinem Kasten in die Flur, er blies vor dem Hofe des F?rsten auf der Sackpfeife, bis die Leute aus dem Dorfe herzuliefen; auch die Mannen und Knechte des F?rsten traten aus dem Hoftor. Als der Ring geschlossen war, begann der Mann in unbehilflicher Sprache seinen Bericht, da? er in dem Kasten einen R?merheld berge, und wenn die Krieger und die sch?nen Frauen ihre Gunst erweisen wollten, so sei er bereit, ihn zu zeigen. Er pochte auf den Kasten, da hob sich der Deckel und ein kleines h??liches Unget?m, von Gesicht einem Menschen ?hnlich, mit einem R?merhelm ?ber den Ohren, hob seinen Kopf empor und schnitt Gesichter. Viele fuhren zur?ck, die Beherzten aber lachten ?ber das Wunder. Der Mann ?ffnete den Kasten und der Affe sprang hervor in einer Panzerjacke wie ein r?mischer Krieger gekleidet. Er fuhr mit den hageren Beinchen auf dem Grase umher, ?berschlug sich in der Luft und tanzte. Zuerst entsetzten sich die Landleute, dann erscholl lautes Gel?chter und Beifallsruf, so da? Hildebrand in die Laube lief und den Herren verk?ndete: »Ein Gaukler tanzt vor dem Hoftor mit einem kleinen wilden Mann, den sie einen Affen nennen.« Darauf trat auch der F?rst mit Ingo und den Frauen heraus und freute sich an den lustigen Spr?ngen des Affen. Zuletzt nahm der Affe den Helm ab, lief im Kreise umher, und der Mann rief: »Spendet, ihr Helden, meinem r?mischen Krieger, was ihr von R?merm?nzen im S?ckel habt, kleine und gro?e, je edler der Held, um so gr??er das Geldst?ck. Wer keines hat, lege Wurst und Eier in den Kasten.« Da lachten die Leute und mancher griff an den G?rtel, andere trugen aus dem Hofe herzu, was dem fahrenden Mann als Reisekost diente. Auch zu den Herren trat der Fremde, und der F?rst und Theodulf holten r?misches Kupfer aus den Taschen, und Frida h?rte, wie Theodulf auf Ingo weisend zu dem Gaukler sagte: »Der gro?e Held dort spendet dir wohl am reichlichsten.« Als der Mann nun mit seinem Affen dem Helden Ingo nahte, da sorgte Frida, ob der Fremde und sein K?mmerer Wolf in den Jacken der F?rstin wohl auch etwas finden w?rden, was sie austeilen k?nnten, und um die Besch?mung abzuwehren, ri? sie schnell eine der kleinen Silberschellen ab, welche ihr das Herrenkind zum Brustschmuck geschenkt hatte, und vorspringend sprach sie: »Dir spendet dieser Held, welcher die Spr?nge der R?mer besser kennt als du, wenn du ihm Antwort gibst auf eine Frage: Welches Gewand tr?gt dein Unget?m, wenn du unter den R?mern Gaben begehrst?«

Der Mann nahm das Silber, sah scheu nach Ingo und antwortete dem M?dchen frech: »Den Gru? der Vandalen kenne ich als verf?nglich und grob. Dir aber sage ich, wer im Tanze den R?mern gefallen will, mu? nackt springen. Was mein Affe tut, rate ich auch dir.« Frida rief ihm zornig nach: »Ich meine, unter den Fremden verh?hnt dein tanzender Kater ebenso die Krieger meines Volkes, wie die Fremden bei uns.« Da nickten die M?nner und wandten sich lachend von dem Gaukler ab. Ingo aber trat zu ihm und fragte: »Woher wei?t du, da? ich von den Vandalen bin?«

»Deutlich genug tr?gst du‘s auf dem Haupte«, versetzte der Mann und wies auf die Kappe Ingos, in welcher drei Schwungfedern des wilden Schwans steckten. »Kaum acht Tage sind es, da erlitt ich bei den Burgunden hartes Fegen von deinen Federn.« Ingos Antlitz wandelte sich, er ergriff den Mann hastig beim Arm und zog ihn zur Seite: »Wieviel waren ihrer, die dieses Zeichen trugen?«

»Mehr als zehn und weniger als drei?ig,« versetzte der Mann, »ungef?ge Worte gaben sie mir, weil mein Kleiner dort mit G?nsefedern tanzte und bedrohten mich durch Schl?ge.«

»Der dich schalt, war ein alter Kriegsmann mit grauem Bart und Narben auf der Stirn?«

»Du nennst ihn wie er war, Herr, und au?erdem von groben Sitten.«

Irmgard sah, da? der Held M?he hatte, seine Bewegung zu verbergen, er l?ste sich von den anderen und ging allein nach dem Hofe zur?ck.

Da kurz darauf Volkmar als K?nigsbote in den Hof trat, empfing ihn Ingo wie einen Freund, den er sehns?chtig erwartet hatte, er h?rte seine Botschaft und f?hrte ihn zu dem F?rsten; dort hielten die drei vertrauten Rat.

»Der K?nig hat mich geladen,« sprach Ingo, »er hat mir Sicherheit gelobt. Was auch die Meinung seines Herzens sei, mir geziemt es, der Ladung zu folgen. Nur eines hemmt mich und mit Scham spreche ich es aus, nicht wie ein entbl??ter Mann darf ich zu dem Hof des K?nigs gehen, du gedenkst wohl, o Herr, wie ich zu dir kam.«

Bek?mmert versetzte der F?rst: »An Ro? und Gewand w?rde es dir, o Held, nicht fehlen, und Wolf w?rde dich als K?mmerer geleiten, dennoch rate ich nicht, da? du den Worten des K?nigs trauest und dich unter die ?xte seiner Leibw?chter wagst, denn spurlos m?chtest du verschwinden hinter den Steinmauern. Die Reise w?re ein unr?hmliches Ende f?r dein Heldentum.«

Auch Volkmar sprach: »Dir, Held Ingo, ziemt es, die Gefahr gering zu achten, du wei?t ja, da? dem Mann zuweilen die K?hnheit am besten gedeiht. Wenn du aber der Ladung des K?nigs folgst, wie du willst, so darfst du das nimmermehr als ein einzelner Wanderer tun. Dem K?nig und seinem Gesinde w?rdest du ver?chtlich sein, unw?rdig w?re die Behandlung, die sie dir zuf?gten, auch wenn der K?nig dir nicht an das Leben geht. Denn an K?nigsh?fen ist die Art, nur stattliches Gewand, Rosse und Gesinde geben dem Helden ein Ansehen. Darum, bevor du zu dem K?nig reitest, mu?t du das alles erwerben. Folgen dir aber M?nner aus diesen Waldlauben, so wirst du dem K?nig g?nzlich verha?t.«

»Gut sprichst du, Volkmar, in allem«, versetzte Ingo. »Willst du dich zur?ck unter die Augen des K?nigs wagen, so sage ihm, da? ich dankbar bin f?r die hohe Botschaft und da? ich vor sein Angesicht treten werde, sobald ich ger?stet bin, wie es seine und meine Ehre fordert.«

»Ich trage die Antwort,« antwortete Volkmar, »und ich hoffe mich behend zur Seite zu schwingen, wenn er seinen Trinkkrug nach mir wirft.«

Auch Herr Answald gab seine Zustimmung zu diesem Dank, denn ihn bedr?ckte im geheimen die Forderung des K?nigs, wenn er die Sorge auch mannhaft barg.

Als Ingo und Volkmar allein waren, begann Ingo: »Wer einen guten Rat geschenkt hat, der gibt wohl auch den zweiten. Du siehst, ich bin einem Kinde gleich, das aus dem Wasser geholt und neu in die Welt gesetzt ist. Hier sind die Leute gutherzig, aber Kriegsfahrten beginnen sie selten, sp?he, du treuer Gesell, wo irgend im Lande f?r ein Schwert r?hmliche Arbeit zu finden ist.«

»Harre nur ein wenig aus,« antwortete Volkmar lachend, »und la? dir unterdes gefallen, wenn die Jungfrau Irmgard vor dir meine Reigen singt, denn wohlge?bt ist sie im Lied und Saitenspiel. H?re ich von ehrlicher Heerfahrt, so sollst du‘s erfahren; doch du wei?t, im Herbst lockt den Krieger die Heimat, im Fr?hjahr die Schwertreise.«

»Und jetzt h?re weiter«, fuhr Ingo fort, »was mich in der Nacht schlaflos umherwirft. Der Sprung in den Rhein schied mich von meinen Mannen, hinter mir brachen die Heerhaufen der R?mer wie ein Wasserschwall in das Land, die Priesterin barg mich mit Sorgen, bis sie mich nordw?rts sandte; beim Abschied verhie? sie mir, nach den Volksgenossen zu suchen, die mit mir bei den K?hnen gestanden hatten. J?ngst aber h?rte ich von einem Gaukler, da? Krieger meines Volkes in diesem Mond unter den Burgunden lagerten, einer davon war, wie mir schien, Berthar, den du kennst. Hegst du mir gute Gesinnung, Volkmar, so forsche, wenn du kannst, nach den Treuen; denn wie hold mir manche sind, die hier um mich leben, ich vermag nicht froh zu werden, bis ich wei?, ob einer von den Meinen dem Eisen der R?mer entwichen ist.«

Der S?nger nickte und wandte sich zum Abgang. »Der Herr dieses Hofes bew?hrt dir guten Sinn, aber wandelbar ist der Menschen Gem?t und leicht wird m?de, wer sich nur auf ein Bein st?tzt. Du hast mich durch dein Vertrauen geehrt, da du vorhin sprachst, wie du aus dem Wasser gehoben wurdest. Darum flehe auch ich um eine Gunst. Einst gabst du mir diesen Goldring, nimm ihn, o Herr, jetzt zur?ck, damit ich dir meine Treue erweisen kann, du spendest mir sp?ter wohl noch mehr, wenn die G?tter dir Gl?ck verleihen. Der Ring schafft dir Ro? und Gewand oder wirbt dir einen hilfreichen Gef?hrten.«

»Lieber leihe ich von dir als von einem anderen,« versetzte Ingo, »aber du wei?t, der Krieger zieht nicht ohne Gold zur Schlacht. Was mir Berthar an jenem Tage zureichte, wo ich ihn verlor, das berge ich noch im Gewande; damit, wenn mein Leib einsam auf der Heide liegen sollte, alsdann ein anderer das Gold bei mir finde und mich zum Dank ehrlicher Bestattung wert achte.«

»Dann, Held, gedenke auch klug der Lebenden; und wenn ich dir raten darf, so gib davon an die Jungfrau Frida, denn sie raunen im Hofe, da? sie eine Silberschelle f?r dich abgerissen hat, um ihrer Herrin zu gefallen; und spende auch an Wolf, deinen K?mmerer, damit ihn die anderen nicht schm?hen, weil er einem kahlen Herrn dient. Z?rne nicht, da? ich wie dein Vertrauter spreche, aber wer gew?hnt ist, um Huld zu werben, der versteht wohl auch, wie man Gunst gewinnt.«

Ingo reichte ihm lachend die Hand. »Nur dir biete ich nichts,« sprach er, »denn gern bleibe ich dir schuldig.«