banner banner banner
Die Ahnen
Die Ahnen
Оценить:
Рейтинг: 0

Полная версия:

Die Ahnen

скачать книгу бесплатно


»Und ich dir, solange ich atme«, gr??te Volkmar, sich ehrerbietig auf der Schwelle verneigend.

Ingo folgte dem Rat des Treuen. Als er seinem K?mmerer zwei Goldst?cke in die Hand legte, auf denen das Bild des gro?en R?merherrn Constantinus zu sehen war, da merkte er an dem gl?cklichen Gesicht des Mannes und an dem warmen Dank, wie wertvoll solche Gabe in den Waldlauben war. Und nach der Mahlzeit trat er in Gegenwart der anderen vor Irmgard und sprach: »Deine Gespielin Frida hat f?r das Silber, das sie dem Gaukler bot, mir eine frohe Botschaft eingehandelt, gern m?chte ich ihr daf?r meinen Dank erweisen und ich bitte dich, Jungfrau, da? du ihr in diesen M?nzen ihre Spende zur?ckgibst.« Da ging das fremde Gold auch unter den Frauen von Hand zu Hand, der F?rst und alle Wohlmeinenden waren erfreut, da? der Gast sich so gehalten hatte, wie seiner W?rde geb?hrte, und Ingo merkte aus dem Diensteifer der M?nner, da? ihr guter Wille behender wurde, seit sie f?r sich Gutes hoffen durften; denn alle gedachten, da? dem Herrn Ehre sei, viel zu geben, dem Dienenden aber, Gabe zu empfangen.

Ingo aber suchte auch nach einer Gabe f?r die, welche ihm lieb war. Als Irmgard im Hofe unweit dem Holunderstrauch stand, da trat er von der Seite eilig auf sie zu, sie h?rte seinen Schritt, aber sie kehrte sich nicht um, damit keiner die Freude in ihrem Antlitz erkenne. Abgewandt von den anderen sahen sie einander in die Augen, und diesmal merkten beide die Nachts?ngerin nicht, welche ?ber dem Ast ?ngstlich ihre Kinder an die Abreise mahnte. Ingo begann die heimliche Rede: »Im Federgewand des Schwans flog einst Schwanhild, die Ahnfrau meines Geschlechtes, ?ber die M?nnererde, seitdem sind die letzten Schwungfedern des Schwans das heilige Zeichen, welches die M?nner und Frauen meines Stammes an Helm oder Stirnbinde tragen, wenn sie sich festlich schm?cken. Dem lebenden Vogel suchen wir die Federn zu rauben, denn einen Schwan zu t?ten ist meinem Volk Frevel. Heut gelang mir‘s, einen Schmuck zu gewinnen. Dir, Holde, biete ich ihn, ob du ihn annimmst und dir bewahrst. Auf den Federkiel ritzte ich das Zeichen, womit ich zeichne, was mein ist.«

Irmgard erschrak, ihr ahnte, da? er durch die Federn bot, was er mit Worten nicht sagen durfte, und sie fragte unsicher: »Wie soll mein sein, was dein ist?«

Der Mann antwortete in tiefer Bewegung: »Nur darum liebe ich das Leben, weil ich eine Jungfrau kenne, welche dies Zeichen einst vor allem Volk auf ihrem Haupte tragen soll.« Und er hielt ihr wieder den Schmuck hin.

Da nahm Irmgard die Federn und barg sie in ihrem Gewande. Ganz wenig streifte seine Hand an die ihre, aber sie f?hlte tief im Herzen die Ber?hrung.

»Irmgard!« rief die befehlende Stimme der F?rstin im Hofe. Noch einen herzlichen Gru? mit den Augen tauschten die beiden, dann eilte die Jungfrau dem Hause zu.

»Was sprach heut der Fremde zu dir?« begann die Mutter zur Tochter, »seine Hand r?hrte an deine, und rot sah ich deine Wange.«

»Die Schwungfedern eines Vogels wies er mir, die seinem Geschlecht ein Erkennungszeichen sind, wenn die Helden sie am Haupt tragen«, antwortete Irmgard, aber wieder flog das verr?terische Rot ?ber ihre Wange.

»Eine T?rin h?rte ich einst, die in der Halle der M?nner laut ihre Stimme erhob, da? alle schwiegen, wie die Walds?nger schweigen, wenn der junge Kuckuck sein Kr?hen beginnt.«

»War es vermessen, da? ich auf ihn wies, Unsitte war es nicht; voll war mir das Herz, und die Freunde werden mir verzeihen. Z?rne auch du nicht, Mutter.«

Aber die F?rstin fuhr fort: »Ohne Freude sehe ich den Fremdling an unserem Herde rasten. Dem Hausherrn geziemt, gastfrei zu sein gegen den Bittenden, aber die Hausfrau h?lt die Schl?ssel in fester Hand, da? nicht das Gut verschwendet werde, und sie wahrt ihren H?hnerhof, da? nicht der Marder eindringe. Meint der Fremde mit dem Sprung ?ber die Rosse sich hineinzuschwingen in den Erbhof meines Herrn, in Vorratskammer und K?che, so wird ihm sein dreister Mut wenig frommen. Du aber, da du meine Tochter bist, sollst fremd bleiben einem, der als ein Wildling lebt, heimatlos, gebannt und so armselig wie der fahrende Bettler, der an unserem Tor um Gaben fleht.«

Irmgard richtete sich hoch auf. »Von wem sprichst du, Herrin? Meinst du den Helden, dem der Hausherr den Ehrensitz bietet? den Schuldlosen, der im Vertrauen auf die Eide der V?ter zu uns kam? Ich habe geh?rt, da? der Vater meines Vaters im heiligen Trank Tropfen seines Blutes mischte mit dem Blut eines K?nigsgeschlechts, damit die Nachkommen einander lieb behalten und ehren sollen. Ist der Sohn jenes K?nigs auch anderen ein Fremder, im Hause meines Gro?vaters darf ihn keiner so nennen, selbst du nicht.«

»H?re ich deine trotzige Rede,« rief die Mutter, »so entbrennt in mir der alte Schmerz, da? dein Bruder nicht mehr unter den Lebenden weilt. An dem unseligen Tage, wo ihn ein Mann des K?nigs erschlug, wurdest du das einzige Kind meiner Sorgen, und ?bel lohnst du der Mutter f?r ihre M?he.«

»W?re mein Bruder am Leben, auch er w?rde sich als h?chste Ehre begehren, der Kampfgesell des Helden zu sein, den du einen Bettler schm?hst.«

»Da dein Bruder von der M?nnererde dahinschwand, wurdest du Erbtochter in diesem Lande, und die Mutter hat zu bedenken, wem dich der Vater verm?hle.«

»Bin ich Erbtochter in diesem Hofe, so bin ich auch Erbin der Bundespflicht und geschworener Eide, und ich denke sie treu zu halten. Nie habe ich deiner Freundschaft die Ehre geweigert, weder dem Ohm Sintram noch deinem Neffen Theodulf, wie ich auch im Herzen von ihnen denke. Du aber schilt mich nicht, wenn ich auch solchen Liebe erweise, welche dem Geschlecht meines Vaters befreundet sind.«

»Schweige, du Widerspenstige,« antwortete die Mutter heftig, »zu lange hat der Wille des F?rsten dich im Hause bewahrt; es ist Zeit, da? dir der ?berm?tige Sinn bezwungen werde durch die Verm?hlung.«

Als die F?rstin das Gemach verlassen hatte, starrte Irmgard vor sich hin und hielt die H?nde fest zusammengepre?t. »Die Herrin redet hart mit den M?gden,« begann Frida eintretend, »im Milchkeller verdarb der Rahm.«

»Streng ist sie auch gegen uns andere«, antwortete Irmgard, m?hsam nach Worten ringend. »Du bist mir treu und ich habe niemanden, dem ich vertrauen kann, als dich, wenn du Mut hast, den Unwillen der Herrin zu ertragen.«

»Ich bin eine Freie; dir habe ich mich zur Gespielin gelobt, nicht der Hausfrau, und um deinetwillen weile ich im Herrenhofe, obgleich der Vater mich nach Hause begehrt. Manchmal haben wir den Zorn der Herrin ?berwunden, vertraue mir auch jetzt, was dich gr?mt.«

»Unwillig wurde die Mutter auf unsern Gast, den sie am Anfang so g?tig beachtete, und ich f?rchte, es kann ihm an Pflege fehlen; denn wo die Herrin nicht wohnt, sind die M?gde s?umig.«

»Sei ohne Sorge, da doch der junge Wolf sein K?mmerer ist. Wenn ich dem Knaben Erlaubnis gebe, erz?hlt er mir mehr von seinem Herrn, als wir h?ren wollen.« »La? mich alles h?ren,« mahnte Irmgard, »denn gut ist, wenn man wei?, was die G?ste bed?rfen.«

»Und wir vernehmen auch gern von einem und dem anderen«, versetzte Frida lachend. »Viel lieber ist mir der Gast, als der Wasserreiher Theodulf, der den Kopf hinten im Nacken tr?gt. Und das sage ich dir, wenn die Freiwerber des Theodulf in den Hof kommen, und man sagt ja, da? sie kommen werden, dann sollen sie einen Besen am Hoftor finden, durch das sie hinausgehen; damit sie ahnen, was wir M?dchen von ihrer Werbung denken.«

Aber Irmgard barg nach diesen dreisten Worten ihr Gesicht in den H?nden, die Tr?nen rannen ihr durch die Finger, ihr Leib bebte im Schmerz. Frida umschlang das Herrenkind mit den Armen, kniete vor ihm nieder und gab ihm K?sse und z?rtliche Worte.

Nicht zuf?llig geschah es, da? kurze Zeit nach dem Gespr?ch zwischen Mutter und Tochter Held Sintram in den Hof ritt. In der Kammer der F?rstin sa? er mit dem Wirt lange im vertrauten Gespr?ch, f?r seinen Verwandten, den Theodulf, beredete er noch einmal die Brautwerbung. Denn solange der Edle als Mann im Hofe verpflichtet war und durch Diensteid an den F?rsten gebunden, konnte die feierliche Werbung nicht geschehen. Aber zum Neujahr in den zw?lf N?chten sollte ihn der F?rst seines Eides entledigen, dann w?rde Theodulf mit den Freiwerbern seinen Eintritt halten, und im Fr?hling sollte die Verm?hlung sein. Alles wurde festgesetzt, auch Brautkauf und Mitgift, und die F?rstin mahnte, da? die M?nner einander ?ber dem heimlichen Abkommen ihr altes Gel?bnis erneuten. Vergn?gt lachte Sintram, als er wieder das Ro? bestieg, und da ihn der Wirt bis vor das Tor geleitete und dort sorglos mit warmem H?ndedruck entlie?, so verachtete der Scheidende g?nzlich den Besen, welchen die zornige Frida an die Seite des Hoftors gestellt hatte; nur Theodulf, der beim Abschied herzugetreten war, gab dem Besen einen Fu?tritt, da? er weit wegflog, und warf auf Frida, der er im Hof begegnete, einen Blick voll von hei?em Ha?.

So verging nach Sonnenglut und Wetterwolken der fr?hliche Sommer. Die Felder waren ger?umt, die Gaugenossen wurden gesellig. Die ansehnlicheren H?fe des Gaues begehrten nach der Reihe den Gast zu bewirten, Gelage wechselten mit Jagdreisen ?ber die Waldh?gel, der F?rst und Ingo waren jetzt selten daheim. Dem F?rsten wurde der Gast noch werter, als er sah, wie sehr dieser von den Gaugenossen ger?hmt wurde und wie vornehm und geradsinnig er sich hielt. Von den Sorgen im Frauengemach merkte der Hausherr v?llig nichts, die kluge Wirtin verschwieg, was ihrem Herrn unsichere Gedanken machen konnte, sie war zufrieden, da? die Helden wochenlang ausw?rts schweiften. Aber Ingo erkannte, da? Irmgard feierlich aussah, und er z?rnte, da? ihm so schwer wurde, sie ohne Zeugen zu sprechen.

Einst ritt Ingo mit dem F?rsten nach demselben Gehege, welches er zuerst betreten hatte, als er ?ber die Berge kam. Im Walde rieselte das gelbe Laub zum Boden, um die Lichtungen klang Jagdruf der M?nner und Gebell der Meute. Die wohlgen?hrten Rinder liefen br?llend umher, der Hirt bereitete den Aufbruch aus der Wildnis in die D?rfer, und die M?dchen vom Herrenhofe waren wieder besch?ftigt, die letzte Tracht aus dem Milchkeller in den Wagen zu heben. W?hrend Herr Answald die F?llen betrachtete, stand Ingo neben Irmgard. Diese wies auf Frida, die mit dem Milchkrug vor?berging: »Aus diesem Quell sch?pftest du bei uns den ersten Trunk, und da, wo du stehst, sah ich dich zum erstenmal. Seitdem ist das lustige Gr?n geschwunden, die Wildv?gel sind fortgeflogen.«

»Auch aus deinem Antlitz wich die Freude«, versetzte Ingo herzlich.

Doch Irmgard fuhr fort: »Selig waren einst die hohen Frauen, welche im Federkleide dahinschwebten, wohin sie ihr Wille trieb. Ich wei? ein M?dchen, das am Gie?bach steht und sich sehnt nach der Himmelskunst. Zwei Federhemden m?chte sie n?hen f?r Schwan und Schw?nin; aber vergeblich ist der Wunsch, und sie schaut traurig nach, wenn die gefiederte Schar sich von ihrer Flur in die Ferne schwingt.«

»Vertraue mir,« bat Ingo leise, »was verst?rt dir den Mut?«

Irmgard schwieg. »Der Tag wird kommen, wo dir‘s andere sagen, nicht ich«, antwortete sie endlich. »Weilst du den Winter bei uns, so f?rchte ich nicht, was er auch an Sorgen bringe.«

Die Rede unterbrach wildes Jauchzen und fremder Kriegsruf. Ingo fuhr empor; wie damals in der Halle strahlte sein Antlitz vor Freude, w?hrend die anderen M?nner zu einem Haufen sprangen und nach den Waffen griffen.

»Sie kommen in Frieden,« rief Beros Tochter, »mein Vater reitet unter ihnen«, und sie wies auf eine Schar Reiter, welche jubelnd und die Speere schwingend von der H?he herabrannten. Ingo eilte ihnen entgegen, die Reiter sprangen ab und umdr?ngten den Helden, sie hielten seine Arme, neigten sich auf seine H?nde, umschlangen die Knie, wieder und wieder erklang der wilde Jubelschrei. Ingo rief die Namen der einzelnen, umarmte und k??te sie, und die Tr?nen brachen ihm aus den Augen; auch vergeblich suchend irrte sein Blick von einem zum anderen, nicht alle standen lebend vor ihm, die er zu gr??en hoffte. Und doch war das Gl?ck dieser Stunde so gro?, da? er und die Fremden lange die Gegenwart der anderen verga?en. Um den F?rsten sammelten sich seine Mannen, die der Kriegsruf aus dem Walde herangezogen, auch dem Herrn und der Jungfrau wurden die Augen na?, und sie lauschten hingerissen auf schnelle Frage und Antwort, auf Lachen und Klageruf der Fremden. Ruhiger sah Bero in die Schar, w?hrend er dem F?rsten erz?hlte: »Ich war s?dw?rts geritten ?ber unsere Berge hinab bis zum Idisbach, wo das kleine Volk der Marvinge wohnt, und als ich mit den Leuten dort um Herdenvieh handelte, traf ich auf diesen Flug wilder G?nse, der seine Leitgans suchte. Ich wu?te Bescheid, und da mir ihr behendes Wesen gefiel, so f?hrte ich sie her.«

Ingo trat vor den F?rsten: »Verzeih, o Herr, da? wir in der Freude verga?en, um deine Huld zu sorgen. Diese hier sind Gebannte wie ich, um meinetwillen wichen sie aus der lieben Heimat, auch sie haben nicht Eltern, nicht Freunde; nur einander sind wir Blutsbr?der f?r Leben und Tod, und unser Stolz ist, da? wir uns einer den anderen ehren und Gl?ck und Leid teilen, solange wir heimatlos ?ber die M?nnererde wandern. Auf ihren treuen Herzen allein steht der K?nigsstuhl des armen Ingo; wo sie ihr Haupt niederlegen, da mu? auch das meine ruhen. Mich hast du freundlich aufgenommen, F?rst, aber jetzt bin ich ein Haufe geworden, und unsicher trete ich vor deine Augen.«

»Willkommen sind sie alle,« rief Herr Answald aus warmem Herzen, »der Hof ist weit und gef?llt sind die Scheuern, seid gegr??t, ihr edlen G?ste.«

»Dennoch rate ich,« warf Bero bed?chtig ein, »da? du, H?uptling des Gaues, die Fremden in die D?rfer verteilst. Alle Nachbarn werden sie gutwillig als G?ste empfangen, dann hat jeder sein Teil und keiner wird beschwert. Denn sie f?hren auch Beuterosse an der Leine, darunter Haupthengste; sieh diesen Schimmel, Herr! Mancher Nachbar h?tte seine Freude, ein Ro? zu erhandeln und im Winter am Herdfeuer von fremder Kriegsfahrt zu h?ren.«

Herr Answald l?chelte, aber er versetzte eifrig: »Du denkst verst?ndig, Bero, der Hof aber hat das n?chste Recht, und diesmal, Nachbar, l??t er‘s sich nicht nehmen. In wenig Tagen zimmert ihr G?ste mit meinen Knaben den Schlafsaal, dort m?gt ihr geborgen den Wintersturm ?berdauern.«

»Der Wille war gut«, sprach Bero. »F?hre meinen Braunen her, Frida.« Er trat zu einem alten Krieger der Vandalen, reichte ihm die Hand und sagte: »Gedenkt unserer Reden. Jetzt steht ihr auf Herrengrund, begehrt ihr einmal unter das Dach des Bauern, so seid ihr willkommen im freien Moor.« Er sprach noch einige Worte zu seiner Tochter, dann schwang er sich wuchtig auf sein Ro? und trabte gr??end talab.

Ingo aber f?hrte die einzelnen Genossen dem Hofherrn zu und nannte die Namen. Vor den andern stand ein bejahrter Krieger, die Glieder wie aus Erz geformt, fest die Z?ge und k?hn der Blick, lang hing ihm der graue Bart herab, ein Held, dem man ansah, da? er der Schlachten gewohnt war und hart gegen jede Gefahr. »Dies ist Berthar, ein edler Mann. Er f?hrte mich, da ich ein Knabe war, unter seinem Schild aus seinem brennenden Hofe, meinem letzten Zufluchtsort an der Landesmark – die Burgunden hatten ihn angesteckt, die damals mit meinem Oheim verb?ndet waren. Seitdem war er mein Lehrer in allem Waffenwerk; wie ein Vater hat er meine Jugend geh?tet, ihm danke ich, wenn ich bisher meiner Ahnen nicht unwert war.«

Und als Herr Answald dem Helden die Hand bot, antwortete dieser: »Ich erinnere mich des Tages, wo mein Vater den deinen in seinem Hofe bewirtete, es war ein Herbsttag wie heut und es war gute Jagd in den Bergen, die wir die Riesenberge nennen. Ich erlegte damals den ersten Eber, und Held Irmfried lud mich scherzend zur Jagd in die Waldh?gel der Th?ringe. Lange bin ich gereist, und wei?er Reif fiel auf mein Haar, bis ich in dein Gehege vordrang, aber jetzt bin ich hier, o Herr, und bereit, wenn du‘s gestattest, hinter dir auf den Wildpfad zu steigen.«

Diese Rede freute den F?rsten, auch er nannte den Fremden die W?rden seiner Bankgenossen und mahnte beide Teile, einander gute Gesellen zu sein. Darauf ritt er mit Irmgard voran, damit Ingo vertraulicher mit den Wiedergefundenen rede. Als die Vandalen gesondert waren, erhoben sie noch einmal den Heilruf und ritten im Get?mmel freudig durcheinander. Wieder flogen Fragen und Antworten hin und her, bis Berthar die Schar zum Hofe f?hrte. Schwer war die Reihe zu erhalten, denn immer noch dr?ngten die Treuen um ihren Herrn, und ihr Geschrei schallte von den Bergen zur?ck. Ingo aber sprach auf dem Wege zu Berthar: »Wundergleich ist mir, da? ich deine Hand halte, mein Vater. Du aber berichte mir noch einmal alles, wie ihr euch aus der Schlacht gerettet und mich gefunden.«

»Auf dem Pfad der Fische zog der Herr,« begann Berthar lachend, »ihm folgte das Gesinde. Wir schlugen ?ber unsere Fersen manchen Schwertschlag gegen die verfolgende Schar, bis ich am Ufer eine Stelle zum Absprung ersp?hte: wie die Fr?sche h?pften deine Knaben in den Rhein – nicht alle, Herr, du gedenkst auch ihrer, die heut fehlen. Auf den Lindenschilden rangen wir abw?rts in herber Not, umschwirrt von den Pfeilen der Feinde. Da sandte uns ein freundlicher Gott die Hilfe. Ein Weidenstamm, durch die Flut vom Ufer gerissen, trieb als gewaltiger Klotz mit Wurzel und Astwerk langsam den Strom entlang, er deckte die M?den, und ziehend richteten wir ihn abw?rts vom R?merufer. So fuhren wir in dichtem Schwarme gemengt mit fl?chtigen K?mpfern der Alemannen, gleich einem Volk Aale, welches um ein totes Wild wimmelt. Als wir gerettet ans Ufer der Landsleute stiegen, bargen wir uns im dichten Wald und forschten bei Nacht in den T?lern um Kunde nach dir. Den letzten Dienst dachten wir unserem Herrn zu erweisen und seinen Totenh?gel zu umrennen. Aber vergebens war das Sp?hen und Fragen, keiner der Fl?chtigen hatte dein Antlitz geschaut. Da schlugen wir uns kummervoll ?ber den Schwarzwald bis in das Land der Burgunden, gedr?ngt von den Heerhaufen der R?mer. Als wir von den burgundischen W?chtern vor das Antlitz ihres K?nigs Gundomar gef?hrt wurden, war der Ruf von deinem Sprunge schon zu ihm gedrungen, auch er meinte dich hinaufgehoben in die Halle der G?tter. Dir war er feindselig gewesen, jetzt aber seufzte er, da ich deinen Namen nannte, er gedachte deiner Tugend und scheute sich, uns gebunden den R?mern auszuliefern. Er bot uns an, seinem Heere bei einem Zuge zu folgen, den er ostw?rts gegen die Markleute an der Donau r?stete. Wir bedurften gar sehr Rosse und Gewand, denn wir waren wie Dohlen in der Mause und sehnten uns nach Raub. Darum zogen wir mit, und es gelang uns wohl, deine Knaben kamen zu guten Rossen und ziehen stattlich einher mit gef?llten S?cken. Im vorletzten Mond lagen wir eines Abends am Ufer der Donau, die Burgunden trugen die Beute zusammen, tranken lustig und schwatzten, wie sie gern tun, mit r?mischen H?ndlern und Gauklern, die um Gewinst und Gabe herangeeilt waren. Deine Knaben aber hatten tr?ben Mut und sahen zu, wie die d?rren Bl?tter im Herbstwinde hinfuhren. Da trat ein fahrender Mann zu mir und begann gr??end: ›Gef?llt dir‘s, Held, so will ich dir ein R?tsel sagen, ob du die Antwort darauf findest: ›Wer schwenkte den Spielmann in das Schiff, wer tauchte unter Speeren wie ein wunder Schwan?‹ Ich erschrak und antwortete: ›K?nig Ingo schwenkte den Volkmar in das Schiff, und der K?nig verging im Strom wie ein wunder Schwan.‹ Da antwortete der Fremde: ›Du bist es, den ich suche, und weit bin ich darum gewandert als Bote meines Genossen. Jetzt, weil ich dich gefunden, h?re auch den zweiten Spruch, den dir Volkmar sendet: ›In Irmfrieds Halle sitzt der H?ter der Schw?ne, am Herdsitz der Th?ringe harrt er der Entflogenen.‹

Da wurden wir froher als ich‘s sagen kann, denn wir verstanden, was der Name Irmfried bedeutete. K?nig Gundomar wollte uns behalten, ich aber bat ihn, uns die Heimfahrt zu gestatten. Ich sagte ihm nicht, da? die Heimat deiner Knaben da ist, wo der Leib ihres Herrn seinen Schatten wirft.«

»Arme Knaben,« klagte Ingo finster, »der Schatten ist klein geworden, er deckt nicht mehr die Spur eurer F??e.«

»Auch dir geht wohl eine neue Sonne auf,« tr?stete der Alte, »die deinen Schatten ?ber weites Land wirft. Jetzt gilt es, da? deine m?den Knaben einen Unterschlupf finden gegen den Wintersturm. Sobald die Knospen der B?ume schwellen, geleiten wir dich zu neuer Heldenfahrt. Sage mir, K?nig, ob die D?cher, die ich vor mir sehe, uns wohl w?hrend des Winters beschirmen.«

»M?gen die G?tter uns das gn?dig f?gen«, versetzte Ingo ernst. »Mehr Gl?ck fand ich hier, als ich ahnte, geringere Sicherheit, als ich hoffte.«

Das Tor des Herrenhofes war weit ge?ffnet, der Wirt empfing die Fremden und geleitete sie zur Halle; dort wurde ihnen das Begr??ungsmahl bereitet, und verteilt zwischen den Mannen des F?rsten lagerten die Vandalen an den B?nken. Am n?chsten Morgen begann ein emsiges H?mmern und Heben; aus dem Vorrat von Balken und Sparren, der hochgeschichtet im Hofe lag, wurde an Ingos Haus ein Schlafsaal f?r seine Genossen gezimmert, dabei ein vorl?ufiges Gehege f?r die Rosse. Nach wenig Tagen stand der Bau gerichtet, denn gro? war die Zahl der helfenden H?nde. Auch die Nachbarn kamen, begr??ten die Fremden und musterten die starke Koppel lediger Rosse, sie kauften und tauschten und nahmen f?r Beuterosse, die sie behielten, andere in das Winterfutter. Um den stillen Herrenhof war jetzt lustiges Gew?hl der Gauleute und Get?mmel der M?nner und Rosse; die hohen Gestalten der Vandalen schritten in ihrer fremden Kriegertracht zwischen den H?usern und lagen neben den Mannen des F?rsten auf den Stufen der Halle, sorglos lachend und gern erz?hlend, wie die Art ihres Stammes war, sie zogen mit den Hofleuten in den Wald und ritten als willkommene G?ste in die D?rfer des Gaues.

Aber die Herren im Hofe merkten nach wenig Wochen, da? es schwierig war, unter ihrem Gefolge den Frieden zu erhalten. Denn die Jungen waren stolz und j?h im Zorn und die Alten achteten eifers?chtig auf die Ehre ihrer Herren. So kamen Radgais, der Vandale, und Agino, ein wilder Gesell des Hofes, miteinander in Zwist, weil der Vandale einem M?dchen des Dorfes, das ihm zulachte, eine Spange geschenkt hatte. Dar?ber wurde Agino unwillig und sprach h?hnend: »Wir meinten sonst, da? der Schatz deines Herrn gering sei, jetzt aber sehen wir, da? ihr Gutes im Sacke bergt.«

»Wer sein Leben im Kampfe wagt,« antwortete der Vandale, »dem f?llt auch Silber in die Tasche, wer auf der Tenne drischt wie du, dem wachsen Schwielen in die Hand.«

Diese Reden h?rten die Hofleute, und als am anderen Morgen Berthar mit seinen Mannen zu dem Speicher kam, um f?r die n?chsten Tage den Rossen Hafer zu holen, da weigerte ihm Hildebrand, der in der Wirtschaft Ausgeber war, den gedroschenen Hafer, und er sprach: »Habt ihr die schwieligen H?nde unserer Knaben geschm?ht, so m?gt ihr die Garben auch selbst ausstampfen mit euren F??en oder mit denen eurer Rosse, wie es euch gef?llt; meine Gesellen weigern sich der Arbeit f?r euch, da ihr so gr?blich redet. Nehmt den Hafer in Garben und nicht in S?cken.«

Beg?tigend antwortete Berthar: »Unrecht war es von meinem Gesellen, den Landesbrauch der Wirte zu verachten. Aber du selbst bist ein bewanderter Mann und wei?t, da? die Br?uche auf Erden verschieden sind. Anderswo heben die Bankgenossen eines Herrn nur die Garben in den Bansen, sie schneiden und schwingen das Futter, und auf dem Felde reiten sie mit der Egge, aber es gilt ihnen f?r unr?hmlich, den Pflugsterz und den Flegel zu halten. Darum ?be Nachsicht mit meinem Gef?hrten, weil ihn als fremden Mann eure Sitte wundert.«

Aber Hildebrand versetzte unwirsch: »Wer unser Brot i?t, soll sich unserem Brauch f?gen; darum nimm nur die Garben, denn fortan erh?ltst du nur diese.«

Da mu?ten die Vandalen mit Garben bepackt zu ihrem Stalle ziehen, und Berthar befahl grimmig: »Werft die Garben in die Futterbank und schneidet, bis das Eisen bricht.«

Seit jener unweisen Rede des Radgais gab es manchen Streit unter den Mannen, aber beide Teile waren bem?ht, ihn vor den Herren zu bergen. Beim Kampfspiel hatten sie anf?nglich in denselben Reihen gestanden und einer des anderen Kampfweise nachgeahmt, wie die F?rsten ihnen geraten, jetzt traten sie gesondert in den Wettkampf, so da? der F?rst vor dem Reiterspiel mit Schild und Stange zu Theodulf sagte: »Warum halten die G?ste abseit auf ihren Rossen, gern schauten wir, wer das beste Lob verdient.« Da antwortete Theodulf: »Sie selbst wollen den Wettkampf nicht leiden, zu hart schellen die St?be der Th?ringe auf ihre Schilde.« Und der F?rst ritt zu Berthar: »Wohlauf, Held, mische deine Reihen mit unserem Volk.« Da antwortete auch der Alte: »Nur um des Friedens willen halte ich unsere Knaben gesondert, damit nicht in der Hitze des Kampfes ein falsch geworfener Stab Streit errege.« Und der F?rst mu?te schweigend dem getrennten Ritt zuschauen. Er mu?te auch h?ren, wie seine Hofmannen sp?ttisch lachten, wenn die Fremden mit ihren Keulen warfen; dann rief aus den Reihen der Th?ringe wohl ein kecker Gesell das peinliche Scheltwort: »Hundeschl?ger.« Und wieder, wenn die Hofleute beim Steinwurf sprangen und einem der Schwung mi?gl?ckte, dann zogen die Vandalen ihre Mienen kraus und summten ein h?hnendes Wort, das sie erfunden hatten, weil die Th?ringe bei ihren Mahlzeiten runde Ballen aus Teig von Weizenmehl vor vielem anderen hochachteten.

Und als nach dem Spiel der Reigentanz begann, da konnte man sehen, da? die M?gde vom Hofe sich nur zu ihren Landgenossen gesellten, und wenn die Fremden nicht ein Dorfkind fanden, das mit ihnen zum Reigen antreten wollte, so mu?ten sie zusehen. Dar?ber wurde der F?rst unwillig, und er rief zu den Vandalen: »Warum verachten meine G?ste das Hofgesinde?« Und wieder antwortete Berthar: »Die M?dchen des Hofes klagen, da? unsere Spr?nge ihnen die Kn?chel renken.« Da trat die kecke Frida hervor, neigte sich gegen den Alten und sagte: »Wenig k?mmere ich mich darum, ob ich anderen mi?falle, wenn ich die Hand eines Fremden ergreife. Denn ich kenne einen vom Hofe, der die M?dchen bedr?ut hat, wenn sie sich mit den G?sten schwingen. Gef?llt dir‘s, Held Berthar, und achtest du mich nicht zu gering, so f?hre du mich zum Tanze.« Berthar lachte und mit ihm die Herren, der Alte fa?te die Hand der Jungfrau, sprang wie ein J?ngling und schwenkte sie r?stig ?ber den Rasen, da? alle auf ihn sahen und Beifall riefen.

Die Fremden merkten wohl, da? die F?rstin ihnen gar nicht gewogen war, selten nur redete sie die edelsten unter ihnen an, selbst den Helden Berthar nicht, obgleich er von erlauchtem Geschlecht stammte. Aber auch die F?rstin fand Grund zur Klage, denn zwei von den Vandalen, die Br?der Alebrand und Walbrand, hatten mit zwei M?gden der F?rstin scharfe Worte gewechselt und hatten diesen am Abend aufgelauert und die Widerwilligen gek??t und ihr Gewand verschoben. Darauf trat die F?rstin im Hofe zu Ingo und erhob laute Klage ?ber die Unzucht seiner Mannen, und Ingo, tief gekr?nkt durch die harten Worte der F?rstin und durch die Missetat seines Gesindes, hielt Gericht ?ber die Schuldigen in der Gastherberge. Und obwohl sich bei der Pr?fung ergab, da? es mehr ?bermut als arger Frevel gewesen war, so strafte er sie doch hart mit Worten und setzte sie zu sichtlichem Schimpf herab in die unterste Stelle an seiner Bank. Traurig sa?en seitdem die ?belt?ter im Kreise der Genossen. Aber die Gnade der F?rstin erwarben die Fremden darum doch nicht. Als Ingo einst fr?her denn sonst vom Herde des F?rsten in seine Herberge kehrte, vernahm er in dem neuen Anbau daneben das scharfe Knirschen der M?hlsteine, und er fragte Berthar erstaunt: »Drehen die M?gde den M?hlstein im Schlafhause der M?nner?« Da antwortete der Alte: »Weil du selbst fragst, sollst du es wissen. Nicht die Dirnen drehen, deine Knaben m?ssen die ruhmlose Arbeit unfreier Weiber vollenden, wenn sie ihr Brot essen wollen; denn die M?gde weigern sich, noch weiter f?r uns das Mehl zu mahlen, und die Wirtin gibt ihnen recht. Bitter ist solche Arbeit f?r die Helden eines K?nigs. Gern h?tten wir dir verborgen, was deinem Gastfreund zur Unehre gereicht.«

Ingo trat hinter einen Pfeiler und bedeckte sein Gesicht mit der Hand.

Drau?en heulte der Nordsturm um das Dach und warf eine graue Decke von Schnee und Eiswasser ?ber den Hof. »An die Hausbalken tobt ein ungef?ger Gesell,« fuhr Berthar fort, »er ist jetzt Gebieter auf Landstra?e und Feld und m?chte meinem K?nig die Ausfahrt aus diesem Hofe verwehren. Dennoch ahne ich, da? du darauf denkst. Darum h?re noch eins, was mir Held Isanbart, mein alter Kriegsgeselle, vertraute, den ich gestern heimsuchte. Der r?mische Kr?mer Tertullus war mit seinen Packpferden im Gau; von Westen kam er und zog nach der Burg des K?nigs. Du kennst den Mann, bei den Alemannen galt er f?r den schlauesten Sp?her des C?sars. Jetzt hat er den Hof, in dem wir einliegen, vermieden, obgleich hier f?r einen Kaufmann der beste Markt w?re. Im Gau aber hat er ?berall nach dir und uns geforscht und hat feindliche Reden gef?hrt, da? der C?sar dich suche und da? er hohen Preis zahlen w?rde, wenn er deinen Leib oder dein Haupt unter seinem Banner erblickte, damit die ?ble Ahnung getilgt werde, welche seit deinem Drachenraube den R?merkriegern das Herz beschwert. F?hrt der r?mische Kr?mer zum K?nig Bisino, so birgt er in seinem Kasten eher Geschenke an den K?nig als Waren, denn er war gar nicht eilig, die B?ndel aufzuschn?ren, wie sonst doch die Art dieser Leute ist. Darum sa? Isanbart, der Held, sorgenvoll, und er l??t dich warnen, da? du einer Botschaft des K?nigs weniger trauest als ehedem.«

Ingo legte dem Getreuen die Hand auf die Schulter: »Auch du, Held, willst lieber in die Falle reiten, die uns der K?nig stellt, als noch l?nger dies Knarren der M?hlsteine h?ren, womit ein feindliches Weib uns die Ehre kr?nkt. Dennoch h?lt es mich hier fest wie in Eisenbanden. F?r diese Kr?nkung erbitte ich bei dem F?rsten Abhilfe, den Gau verlasse ich nicht, bevor ich eins wei?, was ich mit hei?em Wunsch hoffe.«

Als Herr Answald am n?chsten Morgen mit den Bankgenossen beim Fr?hst?ck sa? ohne die Fremden, da ?ffnete sich die T?r, und Irmgard trat auf die Schwelle, hinter ihr trug Frida einen Sack mit Mehl. »Verzeih, Herr,« begann Irmgard, »da? ich dir anzubieten wage, was die Hand deiner Tochter auf dem M?hlstein mahlen half.« Die Jungfrauen stellten den Sack an die F??e des F?rsten. Verwundert sah der F?rst auf den Sack. »Was bedeutet die gest?ubte Gabe, soll sie zu einem Opferkuchen f?r die G?tter, weil die H?nde freier Jungfrauen den Stein gedreht haben?«

»Nicht zum Opfer,« versetzte Irmgard, »sondern zur S?hne f?r verletzte Gastpflicht haben freie H?nde das Korn gemahlen. Ich flehe, da? du, Herr, wenn es dir recht d?nkt, dies Mehl deinen G?sten sendest. Denn ich h?re, deine Hofleute weigern ihnen bereits das Mehl zu Brei und Brot, und die edlen G?ste m?ssen unter deinem Dache selbst die Arbeit unfreier Weiber verrichten.«

Da schwollen dem F?rsten die Stirnadern, und er rief, sich m?chtig erhebend: »Wer hat mir diese Schmach angetan? Sprich, Hildebrand, denn dein ist die Sorge f?r die Mahlzeiten der G?ste.«

Hildebrand beugte sich verlegen vor dem Zorn des F?rsten. »Die M?gde waren erbittert ?ber Ungeb?hr der Vandalen und weinten ?ber harte Arbeit, und die Herrin meinte, da? sie Grund haben zur Klage.«

»Wie darfst du die Ungeb?hr weniger durch schweres Leid vergelten, das du allen zuf?gst? Deinen Herrn hast du entehrt vor seinen G?sten und ?ble Nachrede geschaffen vor dem Volke. Ergreift zur Stelle den Sack und tragt ihn nach der Herberge der G?ste, und dir, Alter, rate ich, da? du mitgehst und ihnen solche Entschuldigung machst, welche sie willig annehmen. Den M?gden aber sage, wenn sie sich ferner noch einmal beklagen, so soll ihnen eine harte Hand gr??eres ?chzen verursachen.«

»Z?rne nicht den M?gden, Herr,« sprach Irmgard, »sie sind sonst gutwillig und w?rden auch die geh?ufte Arbeit ertragen; aber einer in deinem Hofe unterf?ngt sich, herrisch mit dem Gesinde zu schalten, und dieser ist dein Schwerttr?ger Theodulf. Viele f?rchten sein hartes Wesen und sorgen, ob sie jetzt oder dereinst seine Gunst haben. Er verbietet den M?gden die Arbeit f?r die G?ste und auch den Tanz, wie es ihm gef?llt. Niemand wagt dir das zu klagen; ich aber als deine Tochter gedenke nicht zu leiden, da? in dem Hofe meines Vaters einer, der ein Diener ist, unsere Ehre kr?nkt.«

Da der F?rst dies vernahm, gedachte er wohl, da? sein Kind recht hatte und f?hlte doch auch geheime Sorge, weil die Jungfrau mit solcher Mi?achtung von dem Manne sprach, den er ihr in der Stille zum Gemahl bestimmt und der jetzt so grimmig vor ihm stand. Er wurde deshalb wildzornig auf alle und rief der Tochter zu: »Nicht umsonst hast du die M?hle gedreht, wie harter Stein zermahlen deine Worte den Leumund deines Verwandten. Dennoch tadle ich deine Gabe nicht, denn sie vermag vielleicht eine schwere Beleidigung zu s?hnen. Du aber«, rief er, drohend die Hand gegen Theodulf erhebend, »vergi? nicht, da? ich in diesem Hofe Herr bin, solange ich lebe, damit ich nicht vergesse, da? die Hausfrau dir Gutes w?nscht. Wagt einer von euch noch gegen die G?ste feindliche Rede oder geheime T?cke, so d?rfte der Hof und seine Haut f?r ihn zu enge werden.«

Herr Answald wies alle hinaus und kr?nkte sich einsam. Endlich ging er in das Haus der F?rstin und sprach auch zu dieser zornige Worte und geringes Lob gegen ihren Vetter Theodulf. Frau Gundrun verf?rbte sich, sie merkte wohl, da? sie zu viel gewagt hatte und da? ihr Gemahl mit Recht um ?ble Nachrede besorgt war, und sie sprach beg?tigend: »Das mit den M?gden sollte f?r die Fremden nur eine Warnung sein, damit sie das Hofrecht scheuen, es ist abgetan und wird in Zukunft vermieden, sorge auch du nicht weiter darum. Und was den Vetter betrifft, so wei?t du ja, wie treu er dir gedient hat und da? er um deinetwillen seine Narben tr?gt.« Und als es ihr gelungen war, den Herrn ein wenig zu bes?nftigen, fuhr sie fort: »Wie sorglos war vor wenig Monden der Blick in Hof und Flur, jetzt aber schwand der Frieden im Hause, die Eintracht im Lande, und mit Schwerem bedroht der Zorn des K?nigs. Ein erlauchter Mann ist dein Gast, aber Unheil h?ngt sich an seine Fersen. Ich denke an deine Tochter, Herr, sie fleht, da? die Verm?hlung mit Theodulf gemieden wird. Wider den Willen der Eltern hebt sich begehrlich der Sinn des Kindes.«

»Was hat Ingo mit dem Groll des M?dchens zu tun?« fragte der F?rst ?rgerlich.

Frau Gundrun sah ihn mit gro?en Augen an. »Wer zu Rosse dahinf?hrt, achtet wenig auf das Kraut am Boden. Merke, Herr, auf ihre Blicke und Wangen, wenn sie einmal mit dem Fremden spricht.«

»Kein Wunder, da? er ihr gef?llt«, versetzte der F?rst.

»Wenn er aber an Verm?hlung denkt?«

»Das ist unm?glich«, rief der F?rst mit mi?t?nendem Lachen. »Er ist ja ein Gebannter ohne Habe und Gut.«

»Warm sitzt sich‘s am Herd in den Waldlauben«, fuhr die F?rstin fort.

»Ein Fremder sollte so Unsinniges wagen, ein Mann, der gar nicht von unserem Volke ist und kein anderes Recht hat, als da? ihn die Landgenossen dulden? Unn?tig sorgst du, Gundrun, schon der Gedanke daran emp?rt mir den Mut.«

»Wenn du so meinst,« sprach die F?rstin nachdr?cklich, »dann freue dich nicht des Tages, an dem er unser Haus betrat, nicht des Sanges in der Halle und nicht der fahrenden M?nner, welche jetzt bei uns einliegen, auf das Gastrecht pochend und das Gut meines Herrn verzehrend. Der K?nig begehrt den Fremden, la? ihn ziehen, bevor er und sein Haufe vielen unter uns Jammer bereitet.«

»Wei?t du mehr von Vertraulichkeit zwischen ihm und meinem Kinde, als du mir sagst?« fragte der F?rst, vor sie tretend.

»Nur was sich dem ank?ndet, der sehen will«, versetzte die F?rstin vorsichtig.

»Mit gro?em Ger?usch und freudigem Herzen habe ich ihn empfangen,« fuhr Herr Answald fort, »jetzt vermag ich ihn nicht als einen ?berl?stigen zu entsenden. Den Gemahl der Tochter zu w?hlen, ist des Vaters Recht, und keine Verm?hlung gibt es f?r das Kind als durch den Vater, das wei? auch dein Kind, da sie nicht sinnlos ist. Ich gedenke des Eides, den ich deinen Freunden gelobt, du aber b?ndige, wenn du kannst, den Hochmut deines Neffen und sorge daf?r, da? er sich unserem Kinde werter macht als er jetzt noch ist, damit nicht der Trotz der Jungfrau im n?chsten Fr?hjahr aufbricht, wenn wir sie zur Verm?hlung schm?cken.«

Seit diesem Morgen war Herr Answald in seinem Gem?te beschwert, sooft er den Fremden gegen?bertrat; unmutig erwog er die Vermessenheit und achtete mi?trauisch auf Wort und Geb?rde des Gastes, und er dachte zuweilen selbst, da? das Lagern um seinen Herd im Winter eine Last sein werde. In diesen Tagen des Mi?muts ritt Held Sintram ein, als Ungl?cksbote vom K?nig an den H?uptling und den Gau gesandt. Denn der K?nig erhob helle Klage ?ber das versteckte Hausen der fremden Schar und forderte unter Drohungen ihre Auslieferung in seine H?nde. Der F?rst erkannte, da? entweder dem Gaste oder ihm und den Landgenossen eine nahe Gefahr drohe. Da er kein niedrig denkender Mann war, so gewann er seine W?rde zur?ck, er trat vor Ingo und sagte ihm offenherzig, da? er die H?upter des Gaues unter dem Vorwande einer Jagd zu stiller Beratung laden werde. Ingo neigte sich nach den Worten beistimmend und versetzte: »Die erste Rede geh?rt hierbei den Wirten, die zweite dem Gaste.«

Die Boten ritten; drei Tage darauf sa?en die Edlen und Weisen des Gaues wieder am Herde des H?uptlings. Aber es war nicht mehr Sommerluft, wo der Sinn der M?nner fr?hlich ?ber der Erde waltet, sondern harte Winterzeit, wo sich Sorge und Groll erheben. Diesmal war die Miene des F?rsten kummervoll, als er begann: »Eine zweite Botschaft sendet der K?nig um den Helden Ingo und sein Gesinde, und diesmal an die Gaugenossen und mich, nicht durch den S?nger, sondern durch den Helden Sintram. Der Volksk?nig fordert die Fremden f?r seine K?nigsburg; ob wir seinem Gebot widerstehen oder unser Heil bedenkend nach seinem Willen tun, das frage ich.« Darauf erhob sich Sintram und wiederholte die Drohung des K?nigs: »Mit Gewalt will er die Fremden holen, wenn wir sie nicht senden, seine Mannen toben laut und freuen sich des Zuges gegen unsere H?fe. Einst habe ich vordenkend gewarnt, jetzt droht uns nahe das Unheil. Hatten wir auch gelobt, den Fremden gastlich zu sch?tzen, jetzt ist nicht er es allein, der auf dem Lande liegt, ein fremdes Geschlecht reitet durch unsere T?ler und l?stig wird dem Volke das wilde Gesinde.« Langes Schweigen folgte der Rede, bis Isanbart endlich die Stimme erhob: »Da ich alt bin, wundert mich nicht, wie leicht sich der Sinn der Menschen ?ndert; schon ehedem sah ich manchen Wirt, der fr?hlich war, einen Gast zu begr??en, aber fr?hlicher ihn zu entlassen. Darum m?gest du, o F?rst, vor allem den Landgenossen sagen: hat der fremde Held das Hofrecht verletzt und deine Ehre gesch?digt, oder hat sein Gesinde Missetat ge?bt im Volke?« Z?gernd versetzte F?rst Answald: »Ich klage nicht ?ber Frevel, die der Gast ver?bt, doch ungef?ge und fremdl?ndisch ist die Art seiner Mannen und sie eint sich schwer unserm Landesbrauch.« Da nickte Isanbart mit seinem grauen Haupt und sprach: »Dasselbe habe auch ich erfahren, da ich mit deinem Vater Irmfried im Land der Vandalen als Gast niedersa?. Auch wir waren, soweit ich gedenke, den Vandalen ungef?ge und fremdl?ndisch. Doch unsere Wirte lachten freundlich dar?ber und verglichen den Zwist der Mannen, wo er ausbrach, immer haben sie uns gebeten, l?nger zu weilen und mit reichem Gastgeschenk haben sie uns entlassen, als wir endlich heimritten. Darum meine ich, Vorsicht geziemt dem Wirt, bevor er fremde G?ste aufnimmt und Nachsicht, solange sie unter seinem Schutze weilen.« Und Rothari, den sie Pausback nannten, sprang auf und rief: »Bei jedem Volk der M?nnererde ist, soweit ich verstehe, ein Gesetz: zu seinem Herrn geh?rt das Gesinde. Wer den Herrn aufnimmt, kann seinem Gefolge den Frieden nicht weigern, wenn die Fremden nicht selbst sich durch Missetat friedlos machen. Wohl verstehe ich, da? die Zahl der Schwurgesellen deinem Hofe, o F?rst, zur Last wird, denn allzu gro? ist die Zahl der M?nner und Rosse f?r einen Hof. Du aber begehrtest, als sie kamen, die Ehre, sie allein vor anderen zu beherbergen. W?ren sie in den H?fen der Edeln und Bauern verteilt je nach ihrer Geburt, dann h?tten die G?ste niemanden beschwert und h?tten beim Abendfeuer am Herde viele durch ihren Bericht aus fremden L?ndern erfreut.« Gekr?nkt antwortete der F?rst: »Ich habe den Rat nicht ?ber das Lagern in meinem Hofe gefordert, sondern ?ber das Gebot des K?nigs, welches uns hart bedr?ngt.« Da sprach Bero, der Bauer, ihm entgegen: »Noch anderes bedr?ngt uns, Herr, mehr als die zwanzig und zwei Fremden. Der K?nig sucht einen Vorwand, um den Zehnten von unsern Herden f?r sich zu erhalten und die Garben von unseren Feldern, wir aber erkennen, da? Herde und Ackerland uns ohnedies zu klein werden f?r unsern Bedarf. Alle D?rfer sind mit r?stiger Jugend gef?llt, sie fordert Baugrund f?r neue H?fe, Ackerland, Wiese und Waldweide. Wer soll es hergeben, alles ist aufgeteilt und versteint, die Hirten klagen, da? die Herden der Grundherren zu gro? werden und der Eckern und Eicheln zu wenig, dem Roden des Waldes widerstehen die Gemeinden und noch mehr die H?uptlinge. Darum meinen viele, die Zeit sei gekommen, wo unser Volk wieder siedeln mu? jenseit der Landesmark wie zur Zeit der V?ter und der Ahnen. Und wir fragen in den D?rfern, wo ist leeres Land zum Besiedeln auf der M?nnererde? So herrscht Mi?vergn?gen im Volke und unsere Jungen werden dem zufallen, der ihnen freien Ackergrund bietet, selbst wenn es der K?nig w?re. Das sage ich, um zu warnen, denn gef?hrlich ist die Habgier der Herren, wenn sie die Waffen des Volkes f?r sich begehren. Dennoch rate ich nicht, da? wir die G?ste dem K?nig ausliefern. Will der K?nig mit Gewalt sie entf?hren, so m?ge er es versuchen. Auch mir erregt der Gedanke Grimm, da? die Knaben des K?nigs mir die Rinder wegtreiben und die Scheuer anz?nden m?chten, aber von unserem Recht lasse ich mich nicht abdr?cken, jedermann wird es f?r unrecht halten, wenn wir die G?ste im Schneesturm austreiben. Und lieber will ich mit meinem Hofe untergehen als ihnen aus Furcht das Gel?bnis brechen.«

Wieder sprang Rothari auf, schlug vergn?gt in die Hand des Bauern und rief: »So spricht ein wackerer Nachbar, h?rt auf seine Worte.«

Endlich begann auch Albwin mit gewinnender Miene: »Was der Freie gesagt, dem falle auch ich zu. Ich rate, wir halten den Eid, der uns vielleicht l?stig wird, wenn die G?ste daran mahnen und sich unsern Schutz begehren. Wollen sie aber freiwillig aufbrechen, so geben wir ihnen F?rderung und Gastgeschenke, damit sie ungef?hrdet ziehen, wohin ihnen der Mut steht. Dem K?nig aber liefern wir sie nicht in die Hand, au?er mit ihrem freien Willen.«

Da stimmte die Mehrzahl bereitwillig bei, auch der F?rst und Sintram. Aber Rothari rief zornig: »Ihr wollt handeln wie der Fuchs mit der B?uerin, als er ihr sagte: ich gelte dir das Huhn, aber fordere nichts.« Und Isanbart warnte: »Wie m?gt ihr die Pflicht auf die Seele des Gastes legen, die auf euch und euren Kindern liegt. Wer kann den Wirt loben, der die Gro?mut des Gastes anruft.«

So stritten die Waldleute gegeneinander und zwiesp?ltig blieb die Meinung.

Unterdes sang Hildebrand im Hofe laut den J?gerspruch und blies auf dem gro?en Horn die Weidgesellen zusammen. Ger?stet mit Speer und Armbrust, die Bracken an der Leine, eilten die Th?ringe aus dem Hoftor; mit dicken Speereisen, mit Hornbogen und Keule kamen die Vandalen, welche der Hunde entbehrten. Hildebrand schied den Jagdzug in zwei Haufen, Hofmannen und G?ste, die M?nner aus der Landschaft teilte er beiden zu. Die J?ger sprachen leise den Weidsegen, dann begann Berthar zu dem Jagdmeister: »Schlecht wird es deinen G?sten ohne Hunde auf glattem Pfad gelingen, sorge wenigstens, Held, da du doch die G?nge des Wildes kennst, da? mein Haufe nicht vergeblich den Schnee dr?ckt, denn auch der schnelle Fu? vermag nimmer Wild zu erreichen, wo keines vorhanden ist. Manchmal hast du uns in die Irre gesandt, fern von den F?hrten der Waldriesen; achte, wenn dir‘s gef?llt, heut darauf, da? wir nicht vor den Gaugenossen gekr?nkt werden.«

»Wer Gl?ck und Geschick entbehrt, schilt den Treiber,« versetzte Hildebrand, »du mahnst ohne Grund, ich habe billig geteilt.« Das Horn rief, die Hunde zerrten an den Riemen, fr?hlich brachen die J?ger auf und gr??ten die Frauen, welche der Ausreise am Hoftor zusahen. Als die Vandalen bei Irmgard vor?berzogen, erhoben sie pl?tzlich hellen Jubelruf und neigten die Waffen und Knie vor ihr. Auch Ingo trat von der Seite in ihre N?he.

»Du allein, Held, h?rst nicht auf den Jagdgesang?« fragte Irmgard.

»Noch andere bleiben zur?ck«, versetzte Ingo, nach der Halle weisend.

»Zweifle nicht an ihrer Treue«, flehte Irmgard. »Wenn du bei deinen Helden bist, sorgen wir nicht sehr, da? wieder ein Feuer zwischen ihnen und unseren M?nnern aufbrennt.« So mahnte ihn das Weib, welches er lieb hatte, selbst zu der Jagd, die manchem kummervoll wurde.

Ingo r?stete sich schnell mit dem Jagdzeug und eilte den Genossen nach, er erreichte sie noch vor der Teilung und wurde von seinen Kriegern mit Zuruf empfangen, auch die Landg?ste freuten sich seiner und als gute Gesellen betraten alle den Wald. Hildebrand wies die Pfade, und von den J?nglingen des Dorfes gef?hrt verschwand ein Haufe nach dem andern in den Talwindungen und zwischen den Hochst?mmen. Bald erschollen aus der Ferne die Schl?ge der Treiber an die St?mme, das Gebell der Hunde und zuweilen ein lustiger Hornruf. Diesmal hatten die Vandalen den bessern Erfolg, sie beschlichen eine Auerherde, darunter den m?chtigen Stier, der bereits im Hofe verk?ndet war, und ihnen gelang es, die Herde von der H?he in ein tiefes Tal zu treiben, wo die Schneewehen den gro?en Leibern der Tiere den Lauf hinderten. Dort warfen sich die M?nner von oben gegen die riesigen Stiere, mit gellendem Jagdruf, mit Pfeilschu? und Speerwurf drangen die Gesellen vom Rand der H?hen talab. Und sie f?llten die Herde, nur ein H?uptling der Tiere, das Unget?m, brach durch zu wegsamerer Stelle. Da warf Ingo das schwere Eisen gegen ihn, ein Blutstrom ergo? sich nach dem Wurf. »Er hat es!« rief Ingo, und der Heilruf der anderen antwortete. Aber der Waldriese arbeitete sich empor bis zum Hochwald, in weiten Spr?ngen folgte ihm speerlos Ingo, sein Messer schwingend. Wieder brach das Tier, den Speer schleppend, in ein tiefes Tal, und w?hrend Ingo auf der H?he vorw?rts st?rmte, um ihm auf schneefreiem Grunde zuvorzukommen, h?rte er unten Gebell der Hunde, Jagdruf und Hornklang, und als er sich in das Tal warf, fand er den Stier am Boden, den Speer Theodulfs im Leibe, der Mann aber stand auf dem Tier und blies den Siegesruf. »Mein ist das Wild nach Weidrecht,« rief Ingo und schwang sich auf den Leib des Gef?llten, »mein Speer gab ihm den Todeswurf.« ?ber der Beute standen die M?nner gegeneinander und hei?er Ha? spr?hte aus ihren Augen. »Mein ist die Waffe und mein der Stier«, rief Theodulf. Da ri? Ingo den Speer des andern aus dem Leib des Stiers und warf ihn weitab, so da? er in den ?sten einer Fichte h?ngen blieb. Dem Th?ring schlugen vor Wut die Z?hne zusammen, einen Augenblick machte er Miene, sich im Faustkampf gegen Ingo zu st?rzen, aber die stolze Haltung des Mannes verwirrte ihm den Gedanken, er sprang zur?ck und hetzte die Meute der Hunde gegen Ingo. Heulend fielen die w?tenden Tiere den Helden an, vergebens schrie Hildebrand: »Wehe!« Ingo stie? mit seinem Messer das grimmigste nieder, aber auch die Vandalen sprangen herzu, den K?nig aus der Not zu retten und trieben ihre Eisen den Hunden in den Leib. »Geendet ist die Jagd!« rief Berthar befehlend, »jetzt beginnt eine andere, der Bube darf die n?chste Sonne nicht schauen, der die Hunde auf unseren K?nig gehetzt hat. Heut waren wir Hundeschl?ger, wie du uns nanntest, und der letzte Hund, den wir schlagen, bist du.« Er hob die Keule zum Wurf, aber mit eisernem Griff umklammerte ihm Ingo den Arm: »Keiner wage ihn zu ber?hren, der Mann geh?rt meinem Schwert. Du aber, Hildebrand, lade die Richter zum Weidgericht, auf der Stelle vor blutiger Spur und erlegtem Wild entscheidet ?ber mein Recht.« Die beiden Haufen w?hlten gesondert jeder einen Mann, diese den dritten. Die Richter schauten die Wunden, folgten der Todesspur bis zu der Stelle, an welcher Ingos Eisen den Stier getroffen, dann kehrten sie zur?ck, traten zusammen und sprachen das Urteil: »Dem Helden Ingo geh?rt die Beute.« Ein wildes L?cheln flog ?ber das Antlitz des K?nigs, er kehrte dem Stier den R?cken. »Ich rate,« begann Hildebrand mit tr?ber Miene, »da? die Haufen nicht in gleicher Zeit zum Hofe ziehen, gef?llt‘s euch, ihr Helden, so nehmt den Vortritt.«

»Die leichtesten seid ihr,« versetzte Berthar, »meine Gesellen werden M?he haben, ihre Beute aus dem Walde zu schleifen. Dennoch meine ich, da? wir auf die Jagdehre nicht verzichten, denn von dieser Jagd wird im Lande noch l?nger erz?hlt.« Schweigend schritten die Bankgenossen des Herrn Answald dem Hofe zu, nur Theodulf sprach in seiner hochfahrenden Weise, um durch die Worte den Grimm zu bew?ltigen, der in ihm kochte; ohne Jagdruf betraten sie den Hof, Hildebrand eilte zum F?rsten. – Es war finster, als die siegvolle Schar mit ihrer Beute ankam. »Blast den Freudenruf,« rief Berthar, »wie so reicher Beute geb?hrt.« Der Halagesang ert?nte, aber niemand ?ffnete das Hoftor und Wolf mu?te vorspringen und den Querbaum zur?ckschieben. Die Vandalen legten die Jagdbeute vor dem Hause des F?rsten nieder, schieden gr??end von den Genossen aus Th?ringen und sammelten sich still in ihrer Herberge.

Der Hof lag finster und der Wintersturm heulte ?ber den D?chern, aber in allen H?usern und in der Halle summte das Ger?usch halblauter Rede.

6. Der Abschied

Zum Notkampf auf der Aue, den die Sonne nicht schauen darf, schritt im Grau des n?chsten Morgens Ingo mit seinen Schwertgesellen Berthar und Wolf. Unter ihren F??en ?chzte der Schnee, der Nachtwind fuhr um ihre H?upter und trieb Schneewolken von den Bergen in das Tal; die schwarze Wolkendecke barg alles Himmelslicht, nur die Geister des Todes herrschten auf der Erde, sie schrien aus dem Winde, sie rasselten in den d?rren B?umen und rauschten im Eiswasser die Kunde, da? von zwei Eidgesellen eines Herdes der eine geschieden werden sollte vom Sonnenlicht, damit er hinabsteige in das kalte Nebelreich. Berthar wies schweigend in die D?mmerung, auf der anderen Seite des Baches standen drei M?nner, es war Theodulf mit Sintram und Agino, seinen Genossen. »Ihre F??e waren schneller,« sprach Ingo unzufrieden, »r?hme die, welche zuerst der Nebelaue den R?cken kehren.« Vor ihnen lag die St?tte des Kampfes, ein sandiges Eiland mit d?nner Schneedecke, auf beiden Seiten vom strudelnden Wasser umgeben. Die Schwerthelfer gr??ten einander lautlos ?ber den Bach, sie schritten zu den Weiden am Uferrand, schnitten starke Zweige und sch?lten mit dem Messer die Rinde. Dann sprangen Berthar und Sintram durch das Wasser, beide betraten zu gleicher Zeit den Grund der Aue und steckten den Kampfplatz mit wei?en St?ben ab. Darauf trat jeder von ihnen an eine Spitze des Eilandes, der eine stromauf, der andere stromab und winkte seinem K?mpfer mit dem Arm. Die K?mpfer neigten sich vor den hilfreichen G?ttern und murmelten den Notsegen, dann wateten sie durch das Wasser zu ihren Gesellen. Die Helfer wichen zur?ck ?ber den Bach und die Todfeinde sprangen gegeneinander, schildlos in Helmkappe und Panzerhemd mit geschwungenem Schwert. Stahl schlug an Stahl, um sie st?hnte der Wind und rauschte das Eiswasser. Es war harter M?nnerkampf, nicht unwert erwies sich Theodulf des Ruhmes, den er unter seinen Genossen hatte, eine Weile dr?hnte der Streit, der so schnell zum Tode f?hrt, und Berthar sah unzufrieden das Rot am Morgenhimmel, den Boten des Tages. Da strauchelte Theodulf unter schwerem Schlage, und wieder sprang Ingo nach ihm und zerbrach ihm mit starkem Schwertstreich das Haupt durch den Eisenhelm, da? ein Blutstrom herausbrach und der Mann des F?rsten r?ckw?rts auf den Schnee sank. Ingo schwang sich ?ber ihn und erhob das Schwert, ihm mit der Spitze die Gurgel zu durchstechen. In demselben Augenblick brach der erste Lichtstrahl ?ber die H?gel, der rote Schein fiel auf das Angesicht des wunden Mannes, Sintram verga? in der Todesangst das gebotene Schweigen und schrie ?ber den Bach: »Schone sein, die Sonne sieht‘s.« Bei dem Lichtstrahl und dem Schrei fiel ein weicher Gedanke in die grimmige Seele des Siegers, er zuckte das Schwert zur?ck und sprach: »Die Herrin soll‘s nicht schauen, da? ich dem Gastfreund seinen Mann durchsteche. Lebe, wenn du kannst«, er wandte sich ab. Theodulf murmelte am Boden, die Faust gegen ihn erhebend: »Ich danke dir‘s nicht.« Ingo aber sprang durch das eisige Wasser ans Ufer und wandte der Insel und dem Gefallenen den R?cken, w?hrend Berthar vorwurfsvoll sagte: »Zum erstenmal kargte der K?nig, als er einem Todfeind das Reisegeld in das Nebelland zahlte.«

»Ich sorge nicht um eines Mannes Rache, der unter meinem Schwert lag«, versetzte Ingo. Schweigend folgten ihm seine Schwertgesellen, w?hrend die Helfer des anderen ?ber das Wasser drangen und an der R?stung des Verwundeten zerrten.

Vor der Gastherberge standen die Vandalen im Haufen ger?stet, ihren Gru?, da sie den K?nig gerettet von der Aue zur?ckkehren sahen, hemmte Berthar. Im Hofe sammelten sich die Mannen des F?rsten und die Landgenossen in finsterer Erwartung, bis der Weheruf Sintrams erscholl und hinter ihm zwei M?nner den gef?llten Helden auf einer Bahre in den Hof trugen. Als die Bahre vor dem Hause der Frauen niedergesetzt wurde, st?rzte die F?rstin heraus, warf sich mit lautem Schrei neben dem Verwandten nieder und hob die Arme flehend zu ihrem Gemahl. Dem starren Schweigen im Hofe folgte wilde Bewegung, Racheruf und Geschrei; die Landgenossen, die H?upter des Volkes eilten beschwichtigend von einem Haufen zum anderen, auch sie bedachten sorgenvoll, da? ein Feuer aufgebrannt war, welches schwerlich durch klugen Rat gel?scht wurde.

Zuerst geriet Wolf in Bedr?ngnis. Als er zu seinen alten Bankgenossen trat, welche in gedr?ngtem Schwarme vor dem Krankenhaus standen, da gaben sie ihm feindselige Blicke und wendeten die R?cken und Agino sprach: »Wer im Waffengang gegen unseren Gesellen gestanden hat, der ist geschieden von unserer Bank, und wenn ich dir zum letztenmal Gutes raten soll, so meide unsere N?he, damit dir nicht kaltes Eisen f?r deinen Verrat zahle.«

»Ihr handelt schmachvoll an dem Genossen,« entgegnete Wolf heftig, »ehrlich habe ich mich gehalten nach meinem Schwur, den ihr damals alle r?hmtet; wie durfte ich mich meinem Herrn versagen in der Not zwischen Wasser und Heide?«

»Warst du sein Geselle in der Not,« versetzte der andere, »so birg dich in seiner Kammer und zeche unter seinen Fremden den Met, den er dir schenkt; denn verha?t ist uns dein Name und getilgt sei dein Ged?chtnis in unserem Ringe.«