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Die Ahnen
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Die Ahnen

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Immo schauerte. Doch nicht ohne Nutzen war er sechs Jahre im Kloster gewesen, und er hatte ein wenig die M?nchskunst gelernt, die Miene des anderen zu beobachten und vorsichtig die Worte zur?ckzuhalten. Darum antwortete er dem?tig: »Mein Herr und Vater, mich reut nicht, da? ich so geschwind war, solange den Tutilo nicht reut, da? er die Hand gegen seinen Herrn erhoben hat.«

»Ich merke,« rief Herr Bernheri, »du hoffst, da? ich in dieses Loch herabgestiegen bin, um dich daraus emporzuheben. Darin irrst du g?nzlich. Da ich Abt der Br?der bin, so fordert meine W?rde, deine Missetat zu strafen, wenn diese auch in guter Meinung f?r mich ver?bt wurde. Denn sobald der Morgen anbricht, werden viele das Urteil ?ber dich fordern. Heut aber denke ich daran, da? du aus altem Geschlechte bist und da? auch ich einst mich meiner Abkunft r?hmte, bevor ich mich einem Herrn gelobte, vor dem alle gleich sind, Freie und Unfreie. Darum komme ich zu dir. Hast du das Gitter der Kirche gebrochen, so vermagst du vielleicht auch diese T?r zu ?ffnen und hinauszufahren, ohne da? dich jemand sieht, du bist ja gew?hnt, die Pfade eines Marders zu wandern.« Aus dem Faltengewand des Abtes sank ein eisernes Werkzeug auf den Boden. Immo schnellte in die H?he und seine Augen gl?nzten, aber er fa?te sich und antwortete: »Mein Herr m?ge mir verzeihen, wenn ich nicht wie ein Dieb ausbrechen will. Wohin soll ich fliehen? In den Hof meiner V?ter vermag ich nicht zur?ckzukehren, wenn ich als Verbrecher dem Wigbert entweiche, denn schnell w?rden die V?ter den fl?chtigen Sch?ler zur?ckfordern vor ihr Gericht.«

»Sprichst du so stolz, du Tor,« rief der Abt, »ich meine, jede Stelle, wo der Himmel dich deckt oder das Laub dich verbirgt, wird f?r dich lustiger sein als die Mauersteine dieses Kerkers.«

Immo lie? sich wieder vor dem Abt auf die Knie nieder. »Dennoch flehe ich, da? mein Herr mir ehrlichen Urlaub gibt und mich als Freien entsendet.«

»Mit einem Gefolge von Zinken und Posaunen,« versetzte der Abt unwillig, »ganz toll bist du in weltlichem Hochmut. Und welche Herrlichkeit der Erde gedenkst du f?r dich zu begehren, wenn du den Klostermauern entweichst?«

»Ein Schwert will ich finden und ein Ro?; denn, hochw?rdiger Vater, ein Kriegsmann will ich sein und kein M?nch.«

»Wirst du ein M?nch, so wird bald der ?ble Teufel dein Abt werden, und wirst du ein Kriegsmann, so wirst du einer von den W?lfen, welche um St. Wigberts Stall heulen, bis sie dir auf gr?ner Heide ein Bett schaufeln.«

»Herr,« versetzte Immo flehend, »zu deinen F??en will ich geloben, da? ich in allen meinen Tagen daran denken werde, wie ich an dir einen g?tigen Vater fand.«

»Bin ich eine Dirne, da? du mich mit Verhei?ungen und mit sch?nen Worten bereden willst? Au?erdem ziemt mir nicht, an diesem kalten Ort der Bu?e von weltlichen Dingen zu reden. Und deshalb frage ich dich zum letztenmal, ob du lieber die Gei?el w?hlst oder eine zerbrochene T?r.«

»Nicht die Gei?el will ich und nicht die heimliche Flucht. Um gn?dige Entlassung flehe ich zu meinem Herrn, damit ich mein Haupt hoch tragen kann unter meinesgleichen.«

»Einem nimmersatten Windhunde gleichst du,« versetzte Herr Bernheri, »und ?rgerlich willst du mir werden.« Aber er sah dabei mit Wohlgefallen auf den J?ngling. »Ich schlie?e dich wieder ein. Bleibe auf den Knien und sprich den 37. Psalm, wo er lautet: › Miser factus sum et curvatus‹, wenn du die Worte vermagst, was ich dir nicht zutraue. Und dabei harre auf die Heiligen, ob sie sich deiner erbarmen.« Der Abt wandte sich ab, Immo fa?te ihm nach dem Gewand, aber Herr Bernheri entzog sich eilig, der Riegel fuhr in das Schlo? und Immo war allein in tiefer Finsternis. Er griff nach dem Eisen und pre?te die Hand darum, wild st?rmten ihm die Gedanken durch die Seele, Sorge und Hoffnung, dennoch hielt er jetzt das Ger?t in der Hand, welches seine letzte Hilfe sein konnte. Wie durch ein Wunder war ihm auf den Boden gelegt, was er von den Gewaltigen, die unter der Erde hausten, ersehnt hatte. Brachte die Nacht keine andere Hilfe, so konnte er diese gebrauchen. Er stand in der Finsternis und horchte auf jedes Ger?usch, das von au?en kam.

Nicht lange, so vernahm er wieder Tritte und sah einen Lichtstrahl, der Riegel rasselte und der M?nch Eggo winkte ihm zu folgen. Leise gingen beide die Stufen hinauf; ein gro?er Raum, in den sie traten, war undeutlich erhellt durch die glimmenden Holzkloben im Kamin. Auf B?nken an der Wand und auf dem Boden lagen Reisige des Abtes in tiefem Schlaf. Wieder mahnte ein Zeichen des M?nchs zur Vorsicht, er ?ffnete eine eisenbeschlagene niedrige T?r und f?hrte eine Wendeltreppe hinauf. Als Immo aus der Tiefe emportauchte, stand er in einem kleinen Zimmer, dessen W?nde zierlich mit dunklem Holz get?felt waren.

Auf dem Tisch stand eine metallene Lampe, deren r?tliche Flamme im Luftzuge flackerte und rauchte; Eggo trug eine Wolldecke herzu, legte sie auf den Boden und fl?sterte: »R?hre dich nicht und schlafe, wenn du vermagst.« Gehorsam setzte sich Immo auf die Dielen, und als er zur Seite blickte, sah er den M?nch wie einen Schatten an der Wand dahingleiten und hinter einem Teppich verschwinden. Er starrte in den d?mmrigen Raum, auf die dunklen Bretterw?nde, an denen die Hirschgeweihe sich im lodernden Lichte bewegten, und auf die Waffen in den Ecken, deren Metall bald hell ergl?nzte, bald in Finsternis schwand. Aber das Herz war ihm leicht geworden, denn er erkannte wohl, da? Herr Bernheri ihn nicht f?r die Rache des Tutilo aufbewahren wollte; er schlo? die m?den Augen und entschlief.

So mochte er lange gelegen haben, da erwachte er von einer leisen Ber?hrung, er fuhr auf und blickte erstaunt um sich. Noch war es Nacht, die Lampe brannte tr?ber, ?ber den Waldh?geln lag der graue D?mmerschein des nahen Morgens, und an seinem Lager erkannte er eine dunkle Gestalt. Erschrocken hob er den Leib und st?tzte sich auf die abgewandte Hand. Neben ihm sa? der fremde M?nch, der als Lehrer in das Kloster gekommen war. Immo wollte aufspringen, aber Reinhard dr?ngte ihn durch eine Bewegung zur?ck. »Sitze an meiner Seite, Immo, und ?ffne dein Ohr, damit eine leise Mahnung in deine Seele falle. H?re mich mit Vertrauen, wenn ich dir auch noch fremd bin, denn nicht als dein Kerkermeister, sondern wie ein Freund will ich zu dir reden und von deiner Heimat will ich dir Gutes verk?nden. Frau Edith sendet dir ihren Muttersegen: Sage meinem Sohn, sprach sie, jeden Abend und jeden Morgen flehe ich zu den Heiligen, da? sie ihm das Siegestor ?ffnen. Schwer wird der Mutter, das Angesicht des Sohnes zu missen, auch darum hoffe ich, da? die Himmlischen das Opfer gn?dig annehmen.«

Immo senkte das Haupt, erweicht durch den Gedanken an die Heimat. Reinhard fuhr fort: »Schon in der n?chsten Zukunft h?tte ich dir die Pforte des Klosters ge?ffnet, damit du unter den Kindern der Welt dem Herrn dienest. Aber dein frecher Mut hat dich schuldig gemacht, schwerer Strafe bist du verfallen. Darum komme ich, um mit dir zu erw?gen, wie du dich rettest.«

Immo neigte sich ?ber die Hand des Lehrers und sprach dem?tig: »Kannst du mir helfen, Vater, so flehe ich, verla? mich nicht.«

»Eine Rettung wei? ich,« fuhr Reinhard fort, »die seligste von allen: dem?tige dich selbst, Immo, vor dem Altar und trage geduldig die Folgen deiner Untat. Ein Weltgeistlicher solltest du werden, w?hle das M?nchsgewand und gelobe dich dem heiligen Wigbert. Das ist die Bu?e, welche dir alle hohen F?rsten des Himmels geneigt macht und ebenso die Herzen der Br?der im Kloster.«

Immo sprang auf, seine H?nde ballten sich und zornig rief er: »Meinst du, da? ich als b??ender M?nch vor dem Altar liegen und da? Tutilo die Gei?el ?ber mir schwingen soll, wie ich sie heut ?ber ihm schwang?«

»F?rchtest du die Gei?el des Tutilo, dann denke lieber daran, da? du jetzt unter seiner Faust stehst und da? ihm morgen die Br?der die Rache geben werden, die er an deinem Leibe zu fordern hat.«

»Nimmer schwingt er die Peitsche ?ber mir, w?hrend ich atme«, schrie Immo. »Wenn sie mich zur Verzweiflung treiben, so sollen sie einen Verzweifelten finden. Vor dem Altar t?te ich ihn und jeden, der mich anzugreifen wagt; von der Klostermauer springe ich, vom Turm st?rze ich mich und Feuer lege ich in das Haus der M?nche. Wenig liegt mir an dem Leben eines Hundes und ich werfe es von mir, wie ich dieses Gewand von mir schleudere, wenn ich ein anderes auf meinem Wege finde.«

»Wie ein Heilloser schreist du,« versetzte Reinhard, »Tutilo sprach nicht unrecht, als er dich mit einer wilden Katze verglich.«

»Tat er das,« rief Immo, »so freut‘s mich, da? er die Krallen gef?hlt hat.«

»Dennoch rate ich dir, mein Sohn, da? du dich noch einmal an meine Seite setzest, wenn du deine Wut zu b?ndigen vermagst. Wehre mir nicht, dir zu raten, weil dies eine, die dir lieb ist, von mir erbat.«

Immo ging langsam zu seinem Lager zur?ck, setzte sich zu den F??en des M?nchs und st?tzte sein hei?es Haupt in die Hand.

»Wundere dich nicht, Immo, wenn ich dich einlade, zu werden, was ich selbst bin. Denn auch ich habe mich von Vater und Mutter geschieden und ich habe die Rosse und Hufe, die mein Erbteil sein sollten, den Heiligen dargebracht, weil ich um meiner Seele Heil bebte und lieber die Gnade des Herrn w?hlte als die verg?nglichen Freuden dieser Welt. Auch ich entsage und gehorche und wandere wie ein Fremdling durch die Welt. Ob der Frost den Leib bedr?ngt, der Hunger qu?lt und Gefahren drohen, gleichg?ltig und ver?chtlich ist mir das alles in den Stunden seliger Freude. Nicht Liebe des Weibes, nicht das Lied des S?ngers, welches den Helden ehrt, schaffen solches Gl?ck wie die Heiterkeit ist, die ich im Herzen trage, wenn ich zu den F??en des Herrn liege, dem ich mich als Knecht gelobt habe. Darum m?chte ich deine Seele und die Seelen aller, welche mir vertraut werden, den Greueln der Welt entrei?en und den Handgriffen des ?blen Teufels.«

Immo schwieg nachdenkend. »Vater,« sprach er, »beantworte mir eine Frage, die ich unwissend tue. Wenn es dir und anderen frommen M?nnern nun gel?nge, alle Christen auf deinen Weg zu leiten und wenn alle zu M?nchen und Nonnen w?rden, verzeih, Vater, aber ich meine, dann wird es an Kindern fehlen.«

»Ob du arglos sprichst oder ob du mich durch gewundene Rede versuchen willst, du sollst die Verk?ndigung h?ren«, versetzte Reinhard feierlich. »K?me diese selige Zeit, die, wie du selbst wei?t, noch weit entfernt ist, dann wird sich der Himmel auftun und der Herr wird mit den himmlischen Heerscharen heranziehen zum Gericht; aus der alten Welt des Jammers und der S?nde wird eine neue erstehen, in welcher die Seligen im Lichtglanz dahinwandeln.«

Immo sah bei dem r?tlichen Schein der Lampe, wie das Auge des M?nchs leuchtete und seine H?nde sich unwillk?rlich zum Gebet schlossen. »Du selbst wei?t, mein Vater,« begann er bittend, »da? der gute Gott den V?geln ungleichen Gesang gegeben hat. So hat er auch den Menschen verschiedene Gaben ausgeteilt, als er in den Erdgarten kam, um die Kinder durch seine Geschenke zu ehren. Ich aber m?chte den Gaben vertrauen, die ich an mir erkenne.«

»Mit guten Sinnen sprichst du, Immo,« versetzte Reinhard, »und verwundert h?re ich, wie klug du die Worte setzest. Auch dies ist eine Gabe, die der Herr solchen verliehen hat, die er f?r seinen Dienst bestimmt.«

»Nicht zum erstenmal f?ge ich die Worte in dieser Sache,« versetzte Immo, »denn oft haben V?ter des Klosters, die mir g?nstig waren, ?hnlich zu mir gesprochen wie du. Wisse, Vater, da du so gutherzig mit mir redest, zu lange weile ich schon im Kloster und ich bin seiner herzlich m?de. Wenn ich auf dem Ro? sprenge, bin ich gl?cklicher als zu Fu? und, Vater, als ich gegen die Reiter des Grafen ritt, um den Hugbald herauszuziehen, da war mir so fr?hlich zumut, wie nach deinen Worten dir bei dem Altare. Daran erkenne ich, da? ich nicht gemacht bin, M?nch zu werden.«

»Und doch, Immo,« entgegnete Reinhard, »sollen alle Menschen in jenem Leben teilhaftig werden der Gemeinschaft der Heiligen.«

»Und meinst du, Vater, da? man in der gro?en Halle des himmlischen K?nigs nur Ehre erlangen kann, wenn man den Freuden dieser Welt g?nzlich entsagt und als M?nch oder Nonne betet?«

»Wie magst du zweifeln,« entgegnete Reinhard eifrig, »da es verk?ndet ist. Wei?t du nicht, da? geschrieben steht: wer sich erniedrigt, der soll erh?het werden? Wer lebt dem?tiger als der M?nch? Schwer ist‘s in den Freuden der Welt dem Herrn wohlgef?llig zu bleiben und die liebsten Genossen des Himmelsherrn werden nur die sein, welche hier entsagen und b??en.«

»Wahrlich, Vater,« rief Immo, »wenn es in der Himmelsburg so ist wie du verk?ndest, da? die M?nche und Nonnen vor den anderen an der Herrenbank sitzen, dann will ich in den Pferdestall, wo die Rosse des Engels Michael stehen und anderer schneller Boten, denn lieber will ich dort die Pferde striegeln und die Steigb?gel halten, als ewig den Kopf neigen und in das Ohr wispern und nach der Miene des Pr?positus und der Dekane sehen, wie hier die M?nche tun.«

Dem M?nch emp?rte sich das Herz, aber er antwortete ruhig: »Zuchtlose Worte vernehme ich in den Mauern des Klosters; sonst h?rt man sie nur auf den Burgen der Gewappneten, welche eilig sind, Menschenblut zu vergie?en. Deine Rede ist heillos auch f?r einen Weltgeistlichen, wenn du ein Kanonikus zu Erfurt wirst, wie dein Geschlecht will.«

»Verleidet ist mir das wei?e Gewand wie die wollene Kutte,« rief Immo, »und verha?t auch der Sitz im Chore von Erfurt.«

»Zu dem Grunde, auf welchem dein Geschlecht haust, geh?rt die M?hlburg. Diese Burg wollen deine Verwandten dem Erzbischof zu Mainz, der dem Stift in Erfurt gebietet, ?bergeben, damit du als Kanonikus ausgestattet werdest, wie Brauch ist.«

Wieder fuhr Immo in die H?he. »Um meinetwillen soll mein Geschlecht verzichten auf den festen Sitz, der unsere Ehre war. Mehrmals fl?chtete der Vater, wenn der Grenzkrieg entbrannte, die Rosse und Rinder und unsere ganze Habe in den sicheren Bau, und ich und meine Br?der sprangen auf den Mauern und kletterten in den Schluchten. Ein Ahn von mir hat, wie du wissen wirst, den Berg, auf dem die Wigbertleute die Wassenburg gebaut haben, dem Kloster geschenkt, jetzt soll auch die zweite Burgst?tte dahin schwinden um meinetwillen! Jammervoll ist mir zu sehen, wie unser Erbe weggegeben wird, damit die Geschorenen in den W?ldern gebieten, wo sonst unser Jagdruf erklang. Wehe mir, da? ich niemanden habe, der meine Klage anh?rt, als einen landlosen M?nch.«

»Vermagst du noch einmal den Rat des Landlosen anzuh?ren,« antwortete Reinhard sich erhebend, »so vernimm, was ich dir ungern sage und nur, weil es mir befohlen ward, was aber f?r deinen weltlichen Sinn die letzte Hilfe sein kann in der Not, welche dich bedr?ngt. Merke wohl, Immo, du kannst frei von hier ziehen, wohin dich dein Gel?st treibt, ein Kriegsmann magst du werden, der auf die M?hlburg sein Gemahl heimf?hrt und unter den Edlen von Th?ringen im Heergewand reitet.«

»Sage mir, Vater, was soll ich tun, damit ich dies Gl?ck erreiche?«

»Gelobe, bevor du scheidest, Burg und Berg deinem Herrn Bernheri in die Hand zu geben, damit du sie als Lehn f?r dich und dein Geschlecht zur?ckerh?ltst. N?tzen wirst du dem Kloster auch als Lehnsmann und Vogt, der f?r das Kloster sorgt, wie ja viele aus den edelsten Geschlechtern tun, um den Heiligen zu gefallen. Gelobst du dies, so vermag der Abt dich zu sch?tzen gegen jeden Feind, den du hier und anderswo hast; denn auch so dienst du den Heiligen und du wei?t ja selbst, es ist leichter Dienst, den sie dir auflegen.«

Immo stand betroffen. Der Weg, welchen ihm der M?nch wies, bot vieles, wonach sein Herz sich sehnte, er wu?te recht gut, wie stolz das Kloster auf seine Burgen war und da? er als Lehnsmann des Klosters den Wigbertleuten wertvoller wurde, wie als M?nch. Dennoch emp?rte sich sein stolzes Herz bei dem Gedanken, als Dienender den Schild zu tragen. Er schwieg und starrte vor sich hin.

Reinhard, der den Kampf des J?nglings beobachtete, fuhr fort: »Einer deiner Ahnen starb in der Heidenzeit unter dem Schildrand f?r die heilige Kirche. Wie darf sein Enkel zaudern? Dienstmann der Heiligen wurde jener im Tode, du aber sollst in demselben Dienste mit Ehren leben.«

Immo fuhr zusammen, denn bei der Rede des M?nchs vernahm er noch eine andere Stimme und neben dem hageren Antlitz des Lehrers sah er das rundliche Gesicht und das herzliche L?cheln des Greises Bertram und in ihm klangen die Worte, welche ihm ?bergeben waren: »Birg‘ nie in fremder Hand, was du allein zu halten vermagst, wenig frommt dem Manne zu dienen, wo er gebieten k?nnte.« Da sprach er: »Ich h?re eine Mahnung in meinem Innern, da? ich deinem Rat nicht vertrauen soll, und ich will nicht.«

»Eine Waise bist du, ohne Freundschaft stehst du hier, dein eigenes Geschlecht ist deinen weltlichen W?nschen zuwider; St. Wigbert aber vermag dich zu sch?tzen wie ein Vater und keinen erlauchteren Herrn kannst du w?hlen als den hohen Heiligen.«

»Ich will nicht dienen«, antwortete der J?ngling; die Lippen schlossen sich fest und er sah in seinem Trotz aus wie ein ?lterer Mann.

»Nur kurz ist die Zeit, die zum Widerstande bleibt,« mahnte Reinhard, nach dem Fenster deutend, »sieh diesen Docht, welcher verglimmt und den Morgen, welcher aufsteigt.«

»Und ich will nicht und will nicht«, antwortete Immo tonlos.

Reinhard wandte sich traurig ab: »Fruchtlos ist die M?he, dir durch Worte den trotzigen Sinn zu wandeln. Dennoch bleibst du ein Kind meiner Sorgen und k?me der Tag, wo du gute Meinung f?r dich begehrst, so wisse, Immo, da? du sie bei mir findest.« Er hob die Hand zum Segensgru? und verlie? das Zimmer.

Immo sah ihm nach und dachte: ob dieser so ist, wie Sintram sprach, da? er treulich f?r mich beten wird? und er sch?ttelte das Haupt. Er warf sich auf sein hartes Lager zur?ck, aber die Gedanken fuhren ihm st?rmisch durch das Haupt und er mu?te immer wieder nach dem Himmel sehen, der im Osten sich r?tete.

Da ?ffnete sich die Seitent?r und Herr Bernheri selbst trat herein, hinter ihm Eggo mit einer gro?en Kerze in kupfernem Leuchter. Immo fuhr in die H?he und neigte das Haupt vor dem Gebieter. M?rrisch begann der Abt: »Da seht den Nestling aus den Waldhecken; aber st?rrisch ist er wie ein junger Geier, und Reinhard hat sich vergebens bem?ht, ihm die Kappe umzulegen. Obwohl ich im voraus gesagt habe, da? von dir nicht viel Gutes zu erwarten ist. Ganz unlieb ist mir deine Widerspenstigkeit und ich t?te am kl?gsten, dich g?nzlich deinem Schicksal zu ?berlassen, welches wahrscheinlich j?mmerlich sein wird.«

Immo schwieg, aber das Herz h?mmerte ihm in der Brust. Herr Bernheri ging schwerf?llig auf und ab, an seinen zwinkernden Augen und der gestr?ubten Haarkrone konnte man erkennen, da? er sich erst vor kurzem vom Lager erhoben hatte. »Bringe mir einen Becher mit gew?rztem Wein, Eggo, und stelle ihn hier auf den Tisch. Mit dir aber, du springender Scholastikus, will ich ein Ende machen auf meine Weise und es soll mich nicht k?mmern, ob sie dir oder anderen mi?f?llt.« Wieder ging er nachdenkend auf und ab. »Setze dich an das Pult, nimm die Schreibtafel und den Griffel und la? mich erkennen, ob du etwas von der Kunst der schwarzen Buchstaben gelernt hast.«

Immos Hand bebte und seltsam erschien ihm in dieser Stunde die Forderung des Abtes, aber er setzte sich gehorsam und fragte: »Welchen Duktus befiehlt mein Herr?«

»Vermagst du«, fuhr der Abt ?berlegend fort, »in lesbarem Latein einen Brief zu schreiben? Verfertige zur Stelle etwas Passendes an mich, damit ich dich pr?fe. Schreibe also, da? du wegen des Fastens und deiner K?rperschw?che einen Trunk Wein ersehnst und mich darum anflehst.«

Immo ?berlegte. Endlich begann er mit ger?teten Wangen die Arbeit, welche einige Zeit in Anspruch nahm. Unterdes trug auch Eggo ein Schreibpult herzu und schrieb nieder, was der Abt ihm leise gebot. Es war dar?ber zwischen beiden ernste Beratung, und Immo sorgte, da? sie gar nicht zu Ende gehen w?rde. Endlich wandte sich der Abt um und sah den Scholastikus, welcher mit der Tafel zur Seite stand. Der Herr streckte die Hand danach aus und hob sich, um dem Licht n?her zu sein. »Wie?« sagte er, »du hast dich sogar getraut, einen Vers einzuflechten? Bibere si vis vinum, scribere debes latinum. Ist auch der Vers nur rhythmice und nicht metrice gestellt, so hast du dir damit doch den Trunk verdient.« Er wies auf den Becher. »Wage ihn zu heben, damit du die Kellerluft vergessest. Und jetzt hole Atem und antworte: W?rdest du imstande sein, auf Pergament an diesen Bruder Eggo aus der Ferne zu schreiben in dem geb?hrlichen Duktus?«

»Ich getraue mir‘s wohl«, versetzte Immo freudig.

Der Abt seufzte. »Da du so unversch?mt bist, von meiner W?rde zu verlangen, da? ich f?r dich geradeso unter die Br?der springe, wie du f?r mich getan hast, so habe ich mich entschlossen, dich von hier zu entsenden, bevor die Sonne aufgeht. Du sollst als mein Bote reiten. – Was siehst du mich an, Eggo? Du meinst, ich soll ihn durch einen Eid binden? La? die heiligen Reliquien in ihrem Schrein, ungeschoren geht er von uns, er soll auch ungeschoren seine Stra?e ziehen. Solange ich lebe, sah ich hohe Eide schw?ren und hohe Eide brechen. Ich habe erkannt, da? der ein Tor ist, welcher auf die Treue der Menschen baut. Dennoch habe auch ich jemanden gefunden, der sich mir bew?hrt hat im Spiel und in der Todesnot. Denn als ich jung war und einst mit meinem Jagdbogen im Waldversteck lag, wo das Wild zur Tr?nke l?uft, da ?berfielen mich Nachtsch?cher, blutd?rstige R?uber. Ich rief meinen Notschrei, aber nur einer h?rte, der damals mein Geselle war, er sprang ?ber die Felsen herzu und schlug unger?stet wie Simson mit seiner Keule unter die M?rder. Zweien setzte ich den Fu? auf den Hals und durchstach ihnen die Gurgel. Ich trug keinen Hautritz davon, der andere aber einen schweren Hieb in die Schulter. Du selbst kannst die Narbe gesehen haben, J?ngling, wenn du an der Achsel deines Vaters standest, denn er war es, der mich damals vom Tode l?ste. Und an ihn habe ich gedacht, als ich dich aus dem Kerker holen lie?. – Jetzt aber merke auf, denn ich will deinen leeren Kopf mit allerlei gewichtiger Kunde f?llen. Von allen Seiten heben sich die Nacken der Gro?en gegen unseren K?nig Heinrich. Klein ist die Zahl seiner Getreuen, auch im Kloster leben vielleicht solche, welche den Feinden des K?nigs Gutes g?nnen. Vermagst du zu verstehen, was ich dir sage?«

»Gewi?, Herr,« versetzte Immo eifrig, »au?er dem Tutilo sind die Dekane Hunico, Wolferi, Sigibold und vor anderen der Pf?rtner Walto f?r den Babenberger, und die anderen Alten haben nicht den Mut, diesen zu widerstehen; doch Heriger h?lt zu dem K?nig und er ist meines Herrn Abts beste Hilfe. Von den j?ngeren aber sind die Th?ringe und Sachsen wohl zur H?lfte dem K?nig gutgesinnt.«

Der Abt starrte den J?ngling an. »Wei? die ?u?ere Schule so gut, was in der Klausur vorgeht?«

»Auch zu uns fliegt mancherlei ?ber den Zaun,« fuhr Immo fort, »ich merkte auch, da? vorgestern Graf Ernst, der ruhmvolle Held, heimlich in der Herberge des Klosters lag.«

»F?hre ihn zu den Reliquien«, rief schnell der Abt, »und binde ihn durch einen teuren Eid, da? er niemals einem anderen verk?nde, was er von Wigberts Geheimnissen erraten hat.«

Eggo f?hrte den J?ngling vor den Schrein und nahm ihm den Schwur ab, w?hrend Herr Bernheri noch immer erstaunt dasa? und zuweilen mit dem Kopf sch?ttelte. Als Immo wieder vor dem Abte stand, begann dieser pr?fend: »Du also gedenkst dich an den K?nig zu h?ngen.«

»Meine Mutter stammt aus einem Geschlecht, welches sich der Verwandtschaft mit den Sachsenk?nigen r?hmt.«

Der Abt lachte. »Wer K?nig wird, dem wachsen die Vettern wie Hederich im Hafer. Dir aber bleibt ohnedies keine Wahl, seit du so ruchlos den Tutilo gebl?ut hast. Darum vertraue ich dir diese drei Briefe an«, er hob die Arbeit des Eggo vom Tische. »Mit dem ersten reitest du in deine Heimat, er geht an deine Mutter und spricht von deiner Entlassung wegen der wilden Kriegszeit, damit die Frau meine gute Meinung f?r dich erkenne.«

Immo ergriff freudig den Brief.

»Daf?r sollst du mir in deiner Heimat dienen. Die Seelen der Br?der in Ordorf sind durch die Bosheit eines anderen, der hier im Kloster weilt, vergiftet, aber der Vogt auf der Wassenburg ist mir treu. Diesem tr?gst du den zweiten Brief, und da er als Kriegsmann des Lesens unkundig ist, wirst du allein ihm den Brief vertraulich vorlesen, damit keiner von den Br?dern die Schrift erblicke. Und was du von ihm und anderen ?ber die R?stungen in Th?ringen erf?hrst, das sollst du an Bruder Eggo schreiben und durch den Reisigen, welcher dich begleitet, hierher senden. Dann aber rate ich dir, da? du so bald als m?glich deine Helmkappe bindest und dich allein oder mit Kriegsleuten, welche dir folgen wollen, ?ber die Berge zum K?nige durchschl?gst. Du wirst Herrn Heinrich in Regensburg an der Donau finden oder doch in der Gegend. Dort gibst du den dritten Brief an seinen Kanzler Erkambald. Sp?he nach den Mienen des Kanzlers und erlausche, soviel du vermagst, ?ber den Kriegszug und die gute Meinung des K?nigs f?r mich. Was du erkundest, das schreibe wieder an Bruder Eggo. Setze keine Namen in deine Briefe, aber die Anfangsbuchstaben, damit wir erkennen, wen du meinst. Als Boten gebrauche den Spielmann Wizzelin, welchen du kennst, denn diesen habe ich geworben und in das Lager gesandt. Du selbst aber sei bem?ht, dem Kanzler zu gefallen, ich habe ihm auch deinetwegen einige Worte geschrieben.«

Von der Wachskerze fiel eine metallene Kugel, deren Faden durchgebrannt war, in die gro?e T?lle; der eherne Ton klang scharf durch das Zimmer. Aus der Klosterkirche t?nte der Gesang der Vigilien. Der Abt erhob sich. »Es ist Zeit, da? dein Fu? aus den geweihten W?nden gleite, sonst m?chtest du sie schwerlich verlassen. Es ist auch Zeit, die unheiligen Gedanken abzutun. Ein ungewohnter Dienst ist meiner zuchtlosen Herde dieser Nachtgesang, ich meine die Angst um ihre Missetat hat sie vom Lager gescheucht. Uns allen tut Vergebung not. Auch mir, der ich erh?ht bin zum Abte, geb?hrt jetzt, meiner Nichtigkeit zu gedenken, und wie die Regel befiehlt, tief hinabzusteigen bis zu der siebenten Stufe der Demut, um mit dem bek?mmerten Hiob zu sprechen: Ein Wurm bin ich und nicht ein Mensch, scheus?lig den Leuten und greulich dem Volke. Ungerecht habe ich mich vor dir, o J?ngling, meiner weltlichen Geburt ger?hmt und, was noch j?mmerlicher ist, meiner wilden Taten im Walde. Hochm?tig bin ich im Grunde meines Herzens und wer ?ber meinen Bauch spottet, hat guten Grund, denn gar wenig lebe ich nach der Regel; oft habe ich ges?ndigt durch Gebratenes und Buttergeb?ck, vom gew?rzten Wein zu geschweigen; manchmal habe ich voll mein Lager gesucht und wer mich mit einem Weinfa? vergleicht, der spricht nicht unwahr. Vielen Ha? n?hre ich in meiner Seele gegen manche und andere verachte ich; viel denke ich auch an meinen Schatz von Silber und edlen Steinen, an die wilden Ochsen im Walde und an die F?hrten der Hirsche; ein ungetreuer Verwalter bin ich und in Furcht lebe ich vor der Strafe. Denn zu einem Eckstein war ich bestellt, aber ich bin nur gut dazu, da? die anderen ihre unsauberen Sohlen auf mir abstreifen.« Er st?hnte tief und faltete die H?nde, w?hrend Immo, der sich bei dem Beginn des Nachtgesanges auf die Knie niedergelassen hatte, dem Gottesdienste des Abtes verwundert zuh?rte, obwohl er wu?te, da? es zu den Geboten des Klosters geh?rte, sich selbst zu erniedrigen. Nach vielen Seufzern erhob der Abt das Haupt, als einer, der schwerer Pflicht Gen?ge getan hat und begann rauh: »Was kauerst du noch, du Heupferd, um zu warten, bis dich die Schn?bel der dunklen V?gel zerhacken, die dort dr?ben so hastig singen, nicht gleich Heiligen des Herrn, sondern wie Stare in den Weiden des Teiches. Enthebe dich aus meinen Augen.«

»Ich kann nicht gehen ohne den Segen meines Herrn; denn wie ein Vater habt ihr euch gegen mich erwiesen heut und sonst in der Schule.«

Der Abt legte ihm die Hand auf das Haupt, sprach den lateinischen Segen und strich ?ber das lockige Haar. »Sei dankbar gegen mich, soweit du vermagst, obwohl ich f?rchte, da? dein Ged?chtnis darin kurz sein wird. Mancher, der wie du als ein Springer aus dem Kloster in die S?nden der Welt hineinfuhr, schlich mit grauem Haar unter der schweren B?rde seiner Schuld in das Kloster zur?ck. Gedenke, da? am Altar eine Heimat aller ist, die m?de werden unter ihrer Last.« Er zog einen ledernen Beutel aus seinem Gewande. »Nicht als ein kahler Sch?ler sollst du Bote reiten, denn unter Kriegsleuten ist der Geldlose verloren. Die Briefe gib nicht von dir, solange du deinen Arm heben kannst, die Feinde abzuwehren. Eine Reiterkleidung und Waffen findest du bei dem Rosse, damit nicht kundbar wird, da? du aus dem H?hnerhofe des Klosters entflogen bist.« Er reichte dem J?ngling die Hand, welche dieser mit nassen Augen k??te. Eggo winkte ungeduldig und f?hrte die Wendeltreppe hinab durch die d?mmerige Halle, in welcher die Gewappneten lagen. Lautlos durchschritten sie den Hof; der M?nch ?ffnete eine Pforte der Mauer, wies auf den schmalen Steg, der ?ber den Graben f?hrte und auf einen Reiter, der jenseit des Grabens ein leeres Ro? am Z?gel hielt, dann gr??te er mit der Hand und schlo? hinter dem J?ngling die Pforte. In gro?en S?tzen sprang Immo ins Freie, w?hrend aus der Klosterkirche feierlich das Ambrosianum erklang.

Als Immo die Rosse erreicht hatte, warf ihm der Reiter die Z?gel zu. »Hugbald!« schrie der J?ngling in freudiger ?berraschung, da er das ehrliche Gesicht des Dienstmanns erkannte.

»Schweig, Geselle«, murmelte der Reiter, auf die wei?en Wolkenstreifen weisend, welche aus dem Nebel der Niederung wallend gegen das Kloster zogen. »Ungern h?ren die Wasserfrauen den Ruf der M?nner, w?hrend sie in der Luft schweben. Hier drau?en walten andere Geister als innerhalb der Mauern und obgleich hinter uns noch Wigberts Stimme ert?nt, werden diese hier einen Dienstmann des Heiligen doch wenig ehren, wenn er ihren Zorn erregt. Harre, bis wir ?ber die Br?cken gedrungen sind und die freie H?he erreicht haben.«


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