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Heute oder nie!
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Heute oder nie!

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DOKTOR: Sie haben sich fast nicht ver?ndert.

MARINA: Danke. Und hier sind wir beide schon erwachsen.

DOKTOR: Das war wahrscheinlich kurz vor der Hochzeit?

MARINA: Ja.

DOKTOR: Wie sch?n Sie sind!

MARINA: (Verf?hrerisch.) Wollen Sie sagen, dass ich jetzt nicht mehr so bin?

DOKTOR: Jetzt sind Sie noch besser.

MARINA: Danke. (Steckt die Fotos weg.) Ich sehe, Sie sind ein Frauenheld. Ich wei? nicht, ob eine Frau hierher kam, aber von was ich ?berzeugt bin ist, dass Sie auch sie zum Abendessen eigeladen haben.

DOKTOR: Ich schw?re Ihnen, ich habe niemanden eingeladen! Und ?berhaupt kam niemand hierher! (Verwirrt.) Oder kam doch? Verdammtes Ged?chtnis… Es scheint, ich sollte die Praxis aufgeben. (Gie?t sich die n?chste Portion Tropfen ein.)

MARINA: (Nimmt ihm das Fl?schchen weg.) H?ren Sie auf, Tropfen zu nehmen. Sind Sie Arzt, oder kein Arzt?

DOKTOR: (St?hnt.) Ich bin Arzt. (Verwirrt.) Oder kein Arzt? (Fasst sich.) Was rede ich da f?r Unsinn! Nat?rlich Arzt.

MARINA: Und wenn Sie Arzt sind, dann bringen Ihnen die Patienten auch Cognac. Bringen sie, oder bringen sie nicht?

DOKTOR: (Unsicher.) Nat?rlich bringen sie.

MARINA: Also, dann trinken Sie einen Doppelten. Das hilft sofort.

DOKTOR: Das pr?fen wir sofort. (?ffnetdieBar.) So viel Cognac. (Erfreut.) Das hei?t, ich bin Arzt. (Ergreift eine Flasche.) Schlie?en Sie sich an?

MARINA: Ich habe Ihnen noch nicht verziehen.

DOKTOR: Ach, lassen Sie doch. Trinken wir. (Gie?t mit zitternden H?nden Cognac in zwei Schwenker ein.)

MARINA: (Beobachtet ihn mitleidig.) Mein Lieber, schauen Sie sich im Spiegel an: Verwirrter Blick, zitternde H?nde. Was geht mit Ihnen vor?

DOKTOR: Ich gebe zu, dass ich heute nicht ganz in Form bin. M?digkeit, Ged?chtnisverlust, verwirrte Gedanken, Schwindelgef?hle… Ich f?rchte, das alles nennt sich mit einem Begriff – Alter.

MARINA: Dummes Zeug. Sie brauchen blo? eine warme, f?rsorgliche, weibliche Hand, das ist alles. Haben Sie eine Frau?

DOKTOR: Frau? Lassen Sie mich nachdenken… (Gr?belt.) Ich bin jetzt in so einem Zustand, dass ich mich sogar daran nicht mehr erinnere. (Erinnert sich.) Was rede ich denn da? Nat?rlich erinnere ich mich. Ich bin Witwer, schon viele Jahre. Die Kinder sind erwachsen, leben einzeln, ich habe sie schon lange vergessen. ?brigens, um die Wahrheit zu sagen, haben sie mich vergessen. Ich bin v?llig einsam… Ich verstehe nicht, was mit meinem Ged?chtnis passiert ist? Das kam so unerwartet…

MARINA: Leiden Sie blo? nicht darunter.

DOKTOR: Ich leide auch nicht. Wenn Sie in der N?he sind. Wissen Sie, ich beneide sogar Ihren Mann. Ich w?rde auch mit Freuden alles zum Teufel vergessen: Einsamkeit, erm?dende Arbeit, Steuerinspektoren, neidische Kollegen, streitende Nachbarn, beharrliche Patienten mit ihren dauernden Beschwerden und Krankheiten, und gleichzeitig meine eigenen. An nichts denken, sich an nichts erinnern, neben einer sch?nen Frau sitzen mit einem Cognac, vergessen, dass du alt f?r sie bist, oder bald alt wirst, alles vergessen und nur die momentane Minute genie?en…

MARINA: Also dann lassen Sie uns doch f?r den Augenblick leben. Bu?e, Bedauern, Nachdenken, die kommen danach, aber jetzt lassen Sie uns des Lebens freuen. (HebtihrGlas.) Auf unsere Gesundheit und unsere Erfolge! Auf das Gl?ck!

DOKTOR: Danke. Mir ist so leicht mit Ihnen. Von Ihnen geht irgendein Licht aus. Sie sind wahrscheinlich sehr gl?cklich.

MARINA: Denken Sie nicht, dass ich es leicht habe. Ich wei?, was Einsamkeit ist.

DOKTOR: Sie haben Anton.

MARINA: Apropos, ich muss kontrollieren, ob er nicht gegangen ist. (Geht und kehrt schnell wieder zur?ck. Der Doktor besieht sich derweilen kritisch im Spiegel.)

DOKTOR: Alles in Ordnung?

MARINA: Ja. Es erscheint Ihnen wahrscheinlich seltsam, dass ich mich um ihn sorge, aber ich liebe ihn sehr. So sehr, dass ich bereit bin, ihm zuliebe gro?e Dummheiten zu machen. (Kurzes Schweigen.) Aber das befreit mich nicht von Einsamkeit.

DOKTOR: Ich verstehe. (Nimmt sie an der Hand.)

MARINA: (Ohne die Hand zur?ckzuziehen.) Es ist Zeit f?r mich, zu gehen.

DOKTOR: Beeilen Sie sich nicht.

MARINA: Ich muss Anton heim bringen. (Willgehen.)

DOKTOR: (H?ltsiefest.) Dann treffen wir uns heute?

MARINA: Wenn Sie es sich nicht anders ?berlegen oder vergessen.

DOKTOR: (Ereifert sich.) Ich – anders ?berlegen? Vergessen? Ja, ich… (Erinnert sich pl?tzlich wieder an die ?ber ihn gekommene, seltsame Vergesslichkeit und unterbricht sich selbst.) Ich schreibe es auf. F?r alle F?lle. (Macht einen Vermerk in seinem Tagebuch.)

MARINA: (Erhebt sich.) Und vergessen Sie nicht, die Krankengschichte und die Bescheinigung vorzubereiten.

DOKTOR: F?r Sie mache ich alles, was Sie w?nschen. Soll ich Sie begleiten?

MARINA: Nein, danke. Ich bitte Sie, sorgen Sie daf?r, dass mein Mann nicht weg geht, solange ich ein Taxi suche.

Marina geht hinaus. Der Doktor, nachdem er lebhafter geworden ist und vor sich hin pfeift, setzt sich an den PC. Der Mann tritt ein. Er verh?lt sich v?llig anders, als beim ersten Besuch. Seine Manieren sind selbstsicher und entschlossen.

DOKTOR: Sie wieder?

MANN: Wie Sie sehen.

DOKTOR: Was wollen Sie denn eigentlich?

MANN: Ich f?hre eine kleine private Nachforschung durch.

DOKTOR: Ich habe gleich begriffen, dass Sie ein Schn?ffler sind.

MANN: Ich bin kein Schn?ffler. Ich bin Finanzist.

DOKTOR: Falls Sie Steuerinspektor sind, zeigen Sie einen Ausweis vor.

MANN: (Hart.) Wo ist Marina?

DOKTOR: Haben Sie etwa sie verfolgt?

MANN: Kann sein.

DOKTOR: Leider kann ich mit nichts helfen. Sie ist, wie Sie sehen, nicht hier.

MANN: Ich habe doch gesehen, wie sie vor zwanzig Minuten hier herein kam.

DOKTOR: Aber Sie haben nicht gesehen, wie sie vor einer Minute hinaus ging.

MANN: Kommt sie zur?ck?

DOKTOR: Ich wei? nicht. Was wollen Sie von ihr?

MANN: Ich habe nicht das Recht, Ihnen das zu sagen.

DOKTOR: Kein Recht, dann sagen Sie auch nichts. Alles Gute.

MANN: Ich bin dringend verpflichtet, sie zu finden, verstehen Sie? Eine Frage auf Leben und Tod.

DOKTOR: Hier ist keine Detektei. Suchen Sie sie also auf der Stra?e. Und, bitte, halten Sie mich nicht auf. ?brigens, Besuche bei mir sind sehr kostspielig.

MANN: Ich bin bereit zu zahlen, wenn Sie helfen, sie zu finden.

DOKTOR: Ich nehme kein Bestechungsgeld.

MANN: Wirklich?

DOKTOR: Ich nehme Honorare.

MANN: Also bin ich bereit, Ihnen ein Honorar zu bezahlen.

DOKTOR: Ich nehme es nur f?r Behandlung und nicht f?r die Bereitstellung von Information. Ich w?nsche Ihnen Erfolg, und st?ren Sie mich nicht bei der Arbeit. Zu mir kommt man nur nach vorheriger Anmeldung. (Schiebt den Mann h?flich zum zweiten Ausgang.) Ich bitte Sie. Nein, durch diese T?r. Durch diese kommen nur meine Kranken herein.

MANN: Nun denn, dann schicke ich Ihnen tats?chlich einen Steuerinspektor. (Schaut den Doktor aufmerksam an.) Nun, erschreckt?

DOKTOR: Nicht sehr.

MANN: Umsonst. Ich bin sicher, dass Sie es nicht m?gen, Steuern zu zahlen.

DOKTOR: Ich, nicht m?gen?

MANN: Sie.

DOKTOR: Ich?!

MANN: Sie.

DOKTOR: Na und? Wer mag das?

MANN: Vielleicht veranstalten wir eine kleine Pr?fung?

DOKTOR: Bitte. Meine Eink?nfte wei? ich gut zu verbergen.

MANN: Und ich wei? sie gut zu finden.

DOKTOR: H?ren Sie auf, mir zu drohen. Ich hab doch gesagt, dass ich keine Pr?fung f?rchte.

MANN: Weil Sie kein Bestechungsgeld nehmen?

DOKTOR: Nein. Weil ich es gebe. Alles Gute.

MANN: (?ndertdenTon.) Doktor, Sie wissen doch, dass ich jetzt eine ?u?erst private Angelegenheit habe, die weder Verbindung zur Medizin, noch zu Steuern hat. Ich brauche Marina.

DOKTOR: Auf Wiedersehen. Die Ausgangst?r ist hier.

MANN: (Bleibt in der T?re stehen.) Doktor, warum kommt sie eigentlich zu Ihnen? Haben Sie etwas mit ihr?

DOKTOR: Sie betrifft das in keiner Weise.

MANN: Ist sie denn krank?

DOKTOR: Jegliche Einzelheiten bez?glich meiner Besucher, gesund oder krank, verlassen nicht die Grenzen dieses Kabinetts.

MANN: (Trocken, fastdrohend.) Hervorragend. Obwohl ich sp?re, dass es zwischen ihnen irgendeine Verbindung gibt, und ich halte es f?r meine Pflicht, Sie zu warnen: Seien Sie vorsichtig!

DOKTOR: Ich welchem Sinn?

MANN: In allen Sinnen. Sie ist verwirrt und wei? selbst nicht, was sie macht. (Wendet sich zum Gehen.) Wenn Sie sie trotzdem sehen, sagen Sie, dass ich versuche, sie zuhause anzutreffen und, falls ich sie nicht finde, wieder hierher komme.

DOKTOR: Ich glaube nicht, dass ich Sie hereinlasse.

MANN: Und ich glaube, dass ich Sie nicht fragen werde.

(Der Mann geht. Der Doktor setzt sich wieder an den PC. Marina tritt ein.)

MARINA: Gehe ich Ihnen noch nicht auf die Nerven?

DOKTOR: So schnell haben Sie ein Taxi gefunden?

MARINA: Ich hab? keines gesucht… Ich habe beschlossen, meinen Mann in meinem Auto mitzunehmen. Es steht hier ganz in der N?he, auf einem Parkplatz. Bewachen Sie ihn noch zwei Minuten, gut? (Schaut den Doktor aufmerksam an.) Was ist schon wieder passiert?

DOKTOR: Gerade eben hat wieder dieser… Nun… Ihr Mann nach Ihnen gefragt.

MARINA: Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich keinen Mann habe! Au?er Anton versteht sich.

DOKTOR: Ich wei? nicht, ich wei? nicht… Er hat mich gewarnt, dass man mit Ihnen vorsichtig sein muss. Er hat sogar versucht, mir zu drohen.

MARINA: Hat er nicht erkl?rt, um was es geht?

DOKTOR: Nein, aber er hat gesagt, dass es sehr wichtig ist. Eine Frage auf Leben und Tod.