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Die Sklavenkarawane
Die Sklavenkarawane
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Die Sklavenkarawane

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»Ich habe sie gezwungen.«

»So erzähle, erzähle!«

Er war ganz in Feuer geraten. Er war Beherrscher einer Gegend, wo es eines kräftigen Armes und einer ungewöhnlichen Energie bedurfte, den Ehrlichen gegen den Unehrlichen in Schutz zu nehmen. Beides besaß er in hohem Grade.

Schwarz erzählte das gestrige Erlebnis, auch den Kampf mit den Löwen. Der Mudir hörte ihm mit gespannter Aufmerksamkeit zu und sprang, als der Bericht zu Ende war, von seinem Sitze auf. Die Pfeife, die ihm längst ausgegangen war, von sich werfend, rief er aus:

»Zwei Löwen hast du getötet und ihr Junges gefangen genommen! Du bist ein Held, ein wirklicher Held! Und doch haben diese Hunde es gewagt, sich an dir vergreifen zu wollen! Sie werden zu mir und Allah um Gnade schreien, aber weder er noch ich werden sich ihrer erbarmen. Und diesen Abu el Mot hast du genannt? Kennst du ihn?«

»Nein, doch habe ich gehört, daß er ein berüchtigter Sklavenjäger ist.«

»Das ist er, der schlimmste von allen. Wehe ihm, wenn er in meine Hände fällt! Warum hat dieser ‚Vater des Gelächters‘ dich verhindert, ihn zu ergreifen! Nun muß ich für lange Zeit darauf verzichten, ihn zu erwischen; denn er wird nach der fernen Seribah Omm et Timsah gehen, und erst nach vielen Monaten zurückkehren.«

»Weißt du, wo diese Seribah liegt?«

»Ja, denn sie ist durch ihre Schandthaten berühmt geworden. Sie liegt weit von hier im Süden, im Lande der Niamniam.«

»Was?« horchte Schwarz erschrocken auf. »Wo mein Bruder sich befindet?«

»Ob er sich gerade in diesem Teile des Landes, welches groß ist, befindet, weiß ich nicht. Sie liegt im Gebiete des Makrakastammes.«

»Dieser Stamm ist mir unbekannt.«

»Der Bote, den dein Bruder gesandt hat, gehört zu demselben.«

»Dann befindet sich mein Bruder dort. Es wird sich auf ihn doch nicht etwa die Drohung beziehen, welche ich aus dem Munde des Abu el Mot hörte? Er hat erfahren, daß sich zwei Europäer dort befinden, welche auch Pflanzen und Tiere sammeln, und will sie ermorden.«

»Hat dein Bruder einen Begleiter mit?«

»Nein. Soviel ich weiß, ist er allein.«

»So kann er nicht gemeint sein. Du darfst also ruhig sein. Wir sprechen später darüber, und der Bote wird dir sichere Nachricht geben. Jetzt aber wollen wir Gericht halten über diese Homr. Ich werde erst die Dschelabi und dann sie vernehmen.«

Er klatschte in die Hände, und als darauf ein schwarzer Diener erschien, gab er ihm einige Befehle. Schon nach kurzer Zeit erschienen mehrere Offiziere, welche als Beisitzer des Gerichts still zu beiden Seiten des Mudirs Platz nahmen. Dann wurden die Dschelabi hereingeführt. Sie mußten kurz erzählen, was geschehen war und traten dann zur Seite. Ihre Aussage stimmte natürlich mit derjenigen des Deutschen genau überein.

Die Homr waren unter militärischer Bedeckung im Hofe zurückgeblieben. Nachdem man ihnen dort die Fußfesseln abgenommen hatte, brachte man sie jetzt herbei. Sogar der Verwundete wurde hereingetragen und bei ihnen niedergelegt. Hinter ihnen stellten sich mehrere Kawassen auf, welche mit Kurbatschen versehen waren.

Die Homr hatten unterlassen, den Mudir zu grüßen, und zwar nicht etwa aus Befangenheit. Der freie Araber dünkt sich vornehmer und besser als der angesessene; noch stolzer blickt er auf den Ägypter herab, den er den Sklaven des Pascha nennt. Der Schech nahm jedenfalls an, daß er im gleichen Range mit dem Mudir stehe. Vielleicht hielt er es für angemessen, demselben durch Trotz zu imponieren. Er wartete gar nicht ab, bis er angeredet wurde, sondern er rief dem Beamten in zornigem Tone zu:

»Wir sind hinterlistigerweise überfallen und gebunden worden; da wir in der Minderzahl waren, haben wir es uns gefallen lassen müssen. Nun aber befinden wir uns an einem Orte, wo wir Gerechtigkeit erwarten können. Wir sind freie Arab el Homr, und niemand hat uns etwas zu befehlen. Warum nimmt man uns die Stricke nicht von den Händen? Ich werde dem Khedive melden lassen, wie die Beni Arab von seinen Dienern behandelt werden!«

Er erzielte einen ganz andern Erfolg, als er erwartet hatte. Die Brauen des Mudir zogen sich zusammen. Er antwortete in jenem ruhigen, aber schneidenden Tone, welcher gefährlicher ist als zorniges Wüten:

»Hund, was sagst du? Frei nennst du dich? Mich willst du beim Pascha anzeigen? Wenn du es nicht weißt, daß du ein schmutziger Wurm gegen mich bist, so will ich es dir beweisen. Ihr seid hier eingetreten, ohne eure Köpfe auch nur einen einzigen Zoll vor mir zu beugen. Es gibt keinen Offizier oder Effendi, welcher mir den Gruß versagt, und ihr stinkenden Hyänen, die ihr als Verbrecher zu mir gebracht werdet, wagt es, dies zu thun? Ich werde euch zeigen, wie tief ihr euch zu verbeugen habt. Werft sie nieder und gebt jedem zwanzig Hiebe; der Schech aber soll als Lohn seiner Frechheit vierzig bekommen!«

Einer der Kawassen holte sofort eine hölzerne Vorrichtung herein, welche einer Bank glich, die nur an der einen Seite zwei Beine, an der andern aber keine hat. Sie wurde auf den Boden gelegt, und zwar so, daß die beiden Beine emporstanden. Dann ergriffen die Kawassen einen der Homr, zogen ihn nieder, legten ihn mit dem Rücken auf die Bank und schnallten ihn da fest. Seine nach aufwärts gerichteten Beine wurden fest an die Beine der Bank gebunden, so daß seine Fußsohlen nach oben blickten. Die pantoffelähnlichen Schuhe hatte man ihm natürlich ausgezogen. Dann ergriff ein Kawaß einen fingerstarken Stock und gab ihm auf jede Fußsohle zehn kräftige Hiebe.

Der Homr hatte sich wehren wollen, doch ganz vergeblich. Er biß die Zähne zusammen, um nicht zu schreien; aber als nach den ersten Schlägen die Fußsohlen aufsprangen, erhob er ein fürchterliches Lamento. Als er losgeschnallt war, konnte er nicht auf den Füßen stehen; er blieb wimmernd am Boden sitzen.

Ganz ebenso erging es seinen Kameraden. Der Schech erhielt die doppelte Anzahl Hiebe; nur der Verwundete blieb verschont, denn der Mudir sagte:

»Er hat vor mir auf der Erde gelegen, zwar nicht aus Höflichkeit, sondern infolge seiner Verletzung. Ich will ihn aber mit meiner Gnade erleuchten und annehmen, er habe sich aus Demut vor mir niedergeworfen. Diese Hundesöhne sollen sich nicht ungestraft gegen mich erheben und mir gar drohen, mich beim Pascha zu verklagen! Jetzt mag der Schech mir sagen, ob er den fremden Effendi kennt, welcher hier an meiner Seite sitzt!«

Auch dieser, der Schech, konnte seinen Schmerz nicht still überwinden. Er stöhnte noch lauter als die andern. Als er jetzt zögerte, die verlangte Antwort zu geben, drohte der Mudir:

»Wenn du nicht sprechen willst, werde ich dir den Mund öffnen. Für eine jede Antwort, welche mir einer von euch verweigert, lasse ich ihm zwanzig Hiebe geben. Nun sag, ob du den Effendi kennst!«

»Ja, ich kenne ihn,« stieß der Schech hervor, wohl wissend, daß der Mudir seine Drohung wahr machen werde.

»Du gibst zu, daß ihr ihn überfallen und töten wolltet?«

»Nein. Wer das behauptet, der ist ein Lügner.«

»Ich selbst behaupte es, und also hast du mich einen Lügner genannt, wofür ich deine Strafe schärfen werde. Kennst du einen Sklavenjäger, welcher Abu el Mot heißt?«

»Nein.«

»Du hast gestern in der Nacht mit ihm gesprochen.«

»Das ist nicht wahr!«

»Dieser Effendi hat, als du am Feuer saßest, sich an die Gum geschlichen, und das Gespräch dieser Leute belauscht. Dann sah er dich zu Abu el Mot gehen, und später brachtest du die Gum geführt. Das haben auch diese ehrlichen Dschelabi gesehen. Willst du noch leugnen?«

»Ich war es nicht, sie haben mich verkannt.«

»Du bist ein sehr verstockter Sünder. Weißt du nicht, daß man mich Abu hamsah miah, den Vater der Fünfhundert, nennt? Da du leugnest, was eine große Beleidigung für mich ist, weil du mich damit für einen leichtgläubischen Menschen erklärst, welchen Allah den Verstand versagt hat, so werde ich für dich ein Abu sittah miah, ein Vater der Sechshundert sein. Schafft ihn hinaus in den Hof, und gebt ihm die sechshundert auf den Rücken!«

»Das wage nicht!« schrie der Schech auf. »Sechshundert kann kein Mensch aushalten. Du würdest mich töten. Denke an die Blutrache! Die Krieger meines Stammes würden die Schmach mit deinem Leben sühnen!«

»So mögen sie vorher erfahren, daß ich auch Abu sabah miah, der Vater der Siebenhundert sein kann. Gebt ihm also siebenhundert, und für jedes Wort, welches er noch spricht, soll er einhundert mehr bekommen!«

Das war in einem so bestimmten Ton gesprochen, daß der Schech den Mund nicht wieder zu öffnen wagte. Er wurde von den Kawassen fortgeschafft, und bald hörte man sein Geschrei erschallen.

»Hört ihr ihn?« rief der Mudir den Homr zu. »Wenn er es überlebt, so mag er zum Pascha gehen, und mich verklagen! Ich werde dafür sorgen, daß im Bereiche meiner Macht ein jeder ungefährdet seinen Weg verfolgen kann. Menschen, wie ihr seid, achte ich den Raubtieren gleich, welche ausgerottet werden müssen. Wer mich belügt, oder mir gar droht, dem wird die Peitsche zeigen, daß ich sogar ein Abu alfah, ein Vater der Tausend sein kann. Also sage du mir, ob ihr diesen Effendi habt töten wollen?«

Er zeigte auf denjenigen Homr, welcher ihm am nächsten kauerte.

»Ja,« gestand der eingeschüchterte Mann.

»Und du?« fragte er einen zweiten.

»Ja,« antwortete auch dieser.

Ebenso gestanden die andern ihr Verbrechen ein. Sie erkannten, daß sie durchs Leugnen ihre Lage nur verschlimmern würden. Sie wären am liebsten über den Mudir hergefallen; sie konnten trotz aller Mühe den Grimm, welcher sie beherrschte, nicht ganz verbergen.

»Da ihr es gesteht, möchte ich euch ein gnädiger Richter sein,« sagte der Mudir. »Aber ihr legt dieses Geständnis nicht aus Reue, sondern vor Angst ab, und auf euern Gesichtern sehe ich den Haß und die Rache wohnen. Ihr sollt nicht mehr und nicht weniger bekommen, als der Name besagt, den man mir gegeben hat. Fünfhundert werden genügen, euch zu belehren, daß es gegen das Gesetz des Propheten und die Satzung seiner heiligen Nachfolger ist, einen Mann zu ermorden, welcher sich vertrauensvoll in euren Schutz gegeben hatte. Nur dieser Verwundete soll für heute verschont werden. Er mag im Sidschnah liegen, bis sein Bein geheilt ist; dann soll, wenn er es erlebt, das gleiche Urteil an ihm vollstreckt werden. Das Gericht ist beendet. Ich habe nach Recht und Gerechtigkeit gesprochen. Allah ist mit allen Gläubigen, welche seine Gesetze befolgen; die Missethäter aber wird er mit seinem Zorne vernichten!«

Er erhob sich von seinem Sitze, zum Zeichen, daß die Gerichtsverhandlung zu Ende sei, und die Offiziere thaten dasselbe. Sie entfernten sich, indem sie mit tiefen Verbeugungen Abschied nahmen, und dann erlaubte der Mudir den Dschelabi, die Homr in den Hof zu schaffen und dort Zeugen der Exekution zu sein. Als dann Schwarz sich wieder allein mit ihm befand, fragte der Beamte:

»Dir ist Gerechtigkeit geworden. Wäre das in deinem Lande ebenso schnell geschehen?«

»Das Urteil wäre allerdings später gefällt worden, da man den Fall eingehender untersucht hätte.«

»Was sollte das nützen? Man hätte sich doch jedenfalls überzeugt, daß die Homr schuldig sind?«

»Allerdings.«

»Nun, soweit bin ich viel schneller gekommen. Welche Strafe hätte sie nach euern Gesetzen getroffen?«

»Eine vieljährige Gefangenschaft.«

»Auch da bin ich kürzer. Die Schuldigen erhalten ihre Hiebe und können dann gehen.«

»Für Raubmörder ist diese Strafe außerordentlich milde, nämlich wenn sie die Schläge aushalten.«

Über das Gesicht des Mudir ging ein vielsagendes Lächeln, als er antwortete:

»Ob mein Urteil zu hart oder zu milde ist, das ist Allahs Sache. Er hat dem Verbrecher Glieder gegeben, welche es entweder aushalten oder nicht. Auch bei euch kommt es auf die Gesundheit und Stärke an, ob der Verbrecher die lange Gefangenschaft überwindet oder nicht. Mache dir keine Sorge um die Homr! Ihr Leben ist im Buche verzeichnet; ich kann es ihnen weder nehmen noch erhalten. Erlaube mir, dich zu dem Boten deines Bruders und dann in die Gemächer zu führen, welche für dich bestimmt worden sind.«

Das war dem Deutschen lieb, denn der Aufenthalt in dem Selamlük war jetzt kein angenehmer, da man dort das Brüllen der gepeitschten Araber allzu deutlich vernahm.

Nachdem sie mehrere Zimmer durchschritten hatten, welche nichts als die Wandpolster und einen Teppich enthielten, kamen sie in einen kleinen Hinterhof, in welchem ein Kiosk stand, an dessen hölzernen Wänden sich blühende und duftende Schlinggewächse empor rankten.

»In diesem Lusthause sollst du wohnen,« sagte der Mudir. »Und da ist der Knabe, welcher dir den Brief zu überbringen hat. Er soll dich zu deinem Bruder führen und wird dich auch schon hier bedienen. Er kann dein Dolmetscher sein, denn er spricht die Sprache der Niam-niam und ist auch des Arabischen mächtig.«

Neben der Thür des Gartenhauses war eine Schilfdecke ausgebreitet, von welcher sich die Gestalt des Knaben erhob, um sich gleich wieder vor den beiden demütig zur Erde zu werfen. Der junge Neger war gewiß nicht über sechzehn Jahre alt und fast unbekleidet. Die Farbe seiner Haut war ein erdiges Rotbraun, wohl ein Ergebnis des Bodens, welchen sein Volk bewohnt.

Es ist nämlich eigentümlich, daß, wie man bemerkt hat, die Färbung jener Negerstämme von der Farbe des von ihnen bewohnten Bodens abhängig ist. Die Bewohner der schwarzerdigen Tiefebenen, die Schilluk, Nuehr und Denka, zeichnen sich durch ein tiefes Schwarz der Hautfarbe aus, während die Bongo, Niam-niam und Monbuttu, welche ein rotes, eisenhaltiges Land bewohnen, eine rötliche Färbung besitzen.

Der Mudir befahl dem Neger, aufzustehen. Als er das gethan hatte, sah man, daß er von gedrungener, untersetzter und kräftiger Gestalt war. Die Muskeln seiner Beine waren kräftiger entwickelt, als man es sonst bei Negern zu beobachten pflegt. Seine Gesichtszüge näherten sich dem kaukasischen Typus. Der Mund war zwar aufgeworfen, aber klein, die Nase gerade und schmal. Die Augen waren groß und mandelförmig geschnitten; sie standen sehr weit voneinander ab und gaben dem vollen, runden Gesichte einen schwer zu beschreibenden Ausdruck kriegerischer Entschlossenheit und Vertrauen erweckender Offenheit.

Die Waffen des Knaben lagen neben ihm. Sie bestanden aus einem Bogen nebst einem mit Pfeilen gefüllten Köcher, einem Messer mit sichelartiger Klinge und einem Trumbasch oder Wurfeisen, welches als Waffe sehr gefürchtet ist. Dieses Eisen gleicht dem australischen Bumerang, ist mehrschenklig gebogen und mit scharfen Zähnen und Spitzen versehen. Die Cateja, welche in der Äneide genannt, und als eine Wurfkeule von zerschmetternder Wirkung beschrieben wird, ist jedenfalls auch eine ähnliche Waffe gewesen. – Außerdem trug der Knabe eine Art Schutzwaffe an sich, und zwar an den Armen. Diese steckten nämlich von der Hand an bis zum Ellbogen in einer Menge von Metallringen, die eng aneinander lagen und eine schützende Manschette bildeten. Eine solche Armbekleidung wird Danga-Bor genannt und ist besonders bei den Bongonegern gebräuchlich.

Ganz eigenartig, und gar nicht unschön, war das Haar des Knaben geordnet. Dasselbe war zwar wollig, aber ziemlich lang. In lauter dünne Zöpfchen und diese wieder untereinander verflochten, bildete es auf dem Kopfe eine runde Krone, in welcher ein bunt schillernder Federbusch steckte. Rund um die Stirn, ganz an die Grenze des Haarwuchses befestigt, trug er einen eigenartigen Schmuck, welcher aus den Reißzähnen von Hunden bestand, die an eine Schnur gereiht waren.

Der offene, freundlich ehrerbietige Blick, mit welchem er den Deutschen musterte, machte auf diesen einen sehr guten Eindruck.

»Wie heißest du?« fragte ihn Schwarz.

»Ich bin der Sohn des Bjiä,« antwortete der Neger in arabischer Sprache, in welcher er gefragt worden war. »Die Sandeh heißen mich Nuba; der weiße Mann aber, welcher mich hierher sendet, hat mich Ben Wafa genannt.«

»Das ist ein schöner Name, welcher dir Vertrauen erweckt. Wie heißt dieser weiße Mann?«

»Er nennt sich Schwa-za.«

»Du willst Schwarz sagen?«

»Ja,« nickte der Knabe, »aber ich kann diesen Namen nicht so aussprechen; darum sage ich Schwa-za.«

»Ich heiße ebenso, denn ich bin sein Bruder.«

»So bist du der Effendi, zu dem er mich sendet?«

»Ja.«

»Das freut mich sehr, denn du gefällst mir. Dein Auge ist gerade so mild und freundlich wie das seinige, nicht so grausam wie dasjenige der Araber, welche zu uns kommen, um Reqiq zu machen. Darum werde ich dich gerade so lieb haben wie ihn und dir ebenso treu dienen.«

Es war ihm anzusehen, daß dieser Herzenserguß ein aufrichtiger war, denn sein intelligentes Gesicht glänzte vor Freude.

»Nicht wahr, du sollst mich zu ihm bringen?« fragte Schwarz.

»Ja, Effendi.«

»Aber das ist schwer. Unser Weg führt durch Gegenden, welche den Sandeh und also auch dir feindlich gesinnt sind.«

Da ergriff der Knabe schnell des Deutschen Hand, küßte sie und rief:

»Effendi, du schimpfest uns nicht Niam-niamIst der Denkasprache entnommen und bedeutet ‚Allesfresser‘, auch ‚Menschenfresser‘, sondern nennst uns bei unsrem richtigen Namen! Ich bin ein Königsprinz und brauche keinem Menschen zu dienen. Für dich aber werde ich alles thun, was du verlangst. Nur deinem Bruder zuliebe bin ich sein Bote geworden, denn ein andrer wäre nicht klug genug gewesen, bis hierher zu gelangen; die Denka und Nuehr hätten ihn getötet oder zum Sklaven gemacht.«

»Hattest du das denn nicht auch für dich zu befürchten?«

»Nein, denn mich fängt keiner. Ich bin ein Krieger und habe unsre Männer schon oft in den Kampf geführt.«

Er sagte das mit einem ruhigen Stolze, welcher fern von Überhebung war. Der kleine, jugendliche Held mußte allerdings ein ganz tüchtiges Kerlchen sein, da er eine so weite Reise ganz allein durch feindliches Land unternommen und auch glücklich beendigt hatte.

»Wäre es nicht besser gewesen, wenn du noch einige Krieger mitgenommen hättest?« fragte Schwarz.

»Nein, denn mehrere werden leichter bemerkt, als nur einer.«

»Bist du gelaufen?«

»Nein. Ich habe mir eine kleine Flukah mit einem Segel gebaut. Mit derselben bin ich den Bahr er Rohl und dann den Bahr ed Dschebel herabgefahren. Es gab überall Wasser zum Trinken. Hatte ich Hunger, so fing ich mir Fische, und kam ein feindliches Schiff, so versteckte ich meine Flukah in das Gebüsch des Ufers oder hinter das hohe Schilf.«

»Aber kanntest du denn den Weg?«

»Ja, denn ich bin bereits zweimal in Chartum gewesen und habe dort die Sprache der Araber gelernt.«

»Bist du nicht einmal bei einer Seribah ausgestiegen?«

»Wie könnte ich das, Effendi! Das darf man nicht wagen. In den Seriben wohnen doch nur Sklavenjäger. Ich kenne sie alle, aber ich bin stets des Nachts und sehr schnell an ihnen vorübergefahren.«

»Kennst du auch eine, welche Omm et Timsah genannt wird?«

»Ja. Sie ist die gefährlichste für uns, da sie an der Grenze unsres Landes liegt und dem grausamsten Manne gehört, den es geben kann.«

»Wie heißt dieser Mann?«

»Abu el Mot.«