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Amalien Jahrhundert
In einer solchen Situation wählten die Ältesten den rationaleren Weg: bleiben und abwarten. Mit den Bolschewiken leben und sich anfreunden, ihre Lieder singen und alle Möglichkeiten nutzen, die die neue Macht bereit war anzubieten. Die weißbärtigen Alten, die so viel Angst und Entbehrungen durchlebt hatten, kamen zu der weisen Überlegung, dass die Kollektivierung und alles, was damit verbunden war, nichts Schlimmeres bringen würde, als das, was sie bereits durchgemacht hatten. Schließlich war die Kollektivierung weniger furchteinflößend als Zerstörung, Hunger und Krieg. Sie begannen, sich anzupassen und sich mit den neuen Bedingungen abzufinden, auch wenn sie die Ideologie nicht teilten, sie jedoch als unvermeidlich und rettend akzeptierten.
Der ehemalige wohlhabende Bay Baymuchambet Schukenow, der einst klug und vorteilhaft die Tochter eines der einflussreichsten Sultane, Amangaziyev, geheiratet hatte, besaß von all seinem früheren Reichtum nur noch eines, das für ihn unzweifelhaft heilig war – seine drei Söhne: Murat, Kadyrbek und Danda. Der jüngste wurde bereits im Exil geboren, in einer Welt, die sich stark verändert hatte und seine Familie ihrer früheren Pracht und ihres Status beraubt hatte. Die alte Welt, in der prächtige Nomadenzelte allgegenwärtig waren, endlose Herden grasten und ruhige Gespräche über Ehre und Reichtum geführt wurden, war verschwunden. Stattdessen musste sich Baymuchambet mit einer neuen Realität auseinandersetzen, in der sein Erbe nahezu ausgelöscht war und Träume von der Zukunft eine neue Gestalt brauchten.
Doch trotz aller Verluste und Prüfungen fand der Vater Trost in seinem Streben, seinen Kindern das Beste von dem zu geben, was er konnte. Er sah keinen Wert mehr in den Reichtümern dieses Landes oder in seinen Herden als Garant für Erfolg. Alles, was ihm in dieser neuen Welt blieb, war der Wunsch, seinen Söhnen ein Leben voller Wissen zu ermöglichen. Baymukhambet erkannte die Zukunft seiner Kinder nicht in den Weiden oder in den Händen von Handwerkern, sondern in der Bildung.
Er bestand darauf, dass die Jungen die russische Schule besuchten, die Sprache lernten, sich mit Literatur und all den Kenntnissen vertraut machten, die der Schlüssel zu jener Welt waren, die nun zunehmend ihr Schicksal bestimmte. Doch das war nicht genug. Sich der Bedeutung zusätzlicher Bildung bewusst, organisierte der Vater Privatunterricht, indem er zwei Lehrerinnen einlud, in seinem Haus zu wohnen. Diese Frauen waren nach der Revolution ins Dorf geschickt worden. Sie unterrichteten nicht nur seine Kinder, sondern wurden auch Teil seines Hauses. Natürlich nahm der Aksakal kein Geld für ihre Unterkunft. Er sorgte dafür, dass sich die Lehrerinnen wohlfühlten, und bewirtete sie sogar mit reichhaltigen Mahlzeiten, nach denen sie mit Freude die Lektionen fortsetzten.
So wurden nach einem guten Essen im einfachen, aber gemütlichen Haus die Lektionen für die drei Jugendlichen abgehalten. In einer Atmosphäre, in der die gewohnte Ordnung gestört und die Eigenständigkeit der Vergangenheit verschwunden war, fand Baymukhambet dennoch Wege, das Wichtigste zu bewahren – das Streben nach dem Licht des Wissens, nach einer Zukunft, die für seine Söhne neu war, aber weit mehr versprach als jeder Reichtum der Vergangenheit.
Die Zeit verging. Im Aul wurde ein Sowchos gegründet. Um die strengen Vorgaben für die Fleischproduktion zu erfüllen, begann die neue Regierung systematisch, das Vieh der Einheimischen zu beschlagnahmen und es in die Nähe des Bahnhofs von Schubar-Kuduk zu treiben. Dort, in einer stickigen, von Blut und Fleisch durchdrungenen Atmosphäre, wurde das Vieh geschlachtet, zerlegt und in Waggons verladen, um frisches Fleisch nach Moskau und Leningrad zu transportieren. Diese Politik, wie ein gnadenloser Mechanismus, durchdrang das gesamte Leben der Einheimischen, zerstörte ihre traditionelle Lebensweise und riss sie aus den Wurzeln ihrer angestammten Erde.
Für die Kinder der Kasachen jener Zeit wurde der Tod von Tieren schon früh ein unvermeidlicher Teil des Lebens, noch bevor sie laufen lernten. In jenen Haushalten, in denen es keine erwachsenen Männer gab und Fleisch ein unverzichtbarer Bestandteil der Mahlzeiten war, fanden die Frauen einen Weg. Sie nahmen die kleine Hand eines Kindes, auch wenn es noch ein Säugling war, und führten mit seinen winzigen Fingern das Messer. So schnitten sie dem Huhn die Kehle durch oder schlugen einem Lamm den Kopf ab – eine grausame, aber notwendige Praxis, um in einer Umgebung zu überleben, in der die Frage nach Menschlichkeit nicht gestellt wurde.
Auch die Brüder Schukenow blieben davon nicht verschont. Die herangewachsenen Jungen wurden, wie viele andere Jugendliche, zuerst zur Arbeit im Schlachthof in der Nähe des Bahnhofs herangezogen. Dort wurden sie Zeugen, wie ihr gesamtes Land zu einem mechanisierten Prozess wurde, in dem aus menschlichem Leid und der Angst der Tiere Nahrung für fremde Städte gemacht wurde. Die Welt ihrer Kindheit verschwand, und an ihre Stelle traten scharfe Gerüche von Blut, das Zischen von Messern und der rhythmische Takt der Zerlegung. Dies war nicht nur eine Prüfung für sie, sondern auch der Moment, in dem sie spürten, wie ein Teil ihres Landes und ihrer Kultur von der Gier nach Handel und Macht verschlungen wurde.
Mit ihrem Handwerk gingen sie meisterhaft um, als wären sie mit diesem Talent geboren. Jeder präzise, scharfe Hieb des Messers oder Beils war bis zur Perfektion ausgefeilt, und trotz ihrer Jugend machten die Brüder Schukenow keine Fehler in ihren Bewegungen. Doch in ihrer Arbeit lag etwas Verzweifeltes, Auswegloses. Ein tiefes Verständnis dafür, dass ihre Bemühungen vergeblich waren, dass alles, was sie taten, zunichtegemacht würde, ließ ein unheilvolles Gefühl in ihren Herzen aufsteigen. Sie waren lediglich kleine Zahnräder in einer riesigen Maschine, die sich nicht für ihr Schicksal interessierte.
– Diese Städter sind ja völlig kopflos! – sagte Danda mit einem ärgerlichen Blick auf die helle Frühlingssonne, während er auf den Güterwagen schaute, in dem sie arbeiteten. – So werden sie das Fleisch niemals bis in die Hauptstadt bringen. Höchstens ein Zug voller Würmer wird ankommen.
Auf dem blutgetränkten Boden des Güterwagens rutschend, luden er und seine Brüder frische Rindfleischhälften auf, bemühten sich jedoch, diese mit trockenem Stroh zu bedecken, um die Frische wenigstens ein wenig zu bewahren. Doch seine Gereiztheit ließ nicht nach.
– Sogar unsere Kinder wissen, dass Fleisch ohne Verarbeitung innerhalb eines Tages verderben kann, – schimpfte er, wohl wissend, dass das Fleisch trotz aller Bemühungen auf eine Reise geschickt wurde, die es unweigerlich verderben würde.
Murat, der Älteste der Brüder, packte das Beil fest und reichte es dem jüngeren Bruder, ohne auf dessen wütende Stimme zu achten.
– Hack einfach! – befahl er scharf. – Und halt den Mund! Unsere Aufgabe ist hier klein. Wir machen hier nur unsere Arbeit.
Danda ergriff wütend das Beil und überlegte für einen Moment die Worte seines Bruders. Doch dann fuhr er mit seinem Protest fort:
– Aber ich werde nicht schweigen! – brüllte der 23-Jährige, als ob er das Gewicht all seiner Gedanken auf seine Brüder abwälzen wollte. – Das ist doch reines Sabotieren! Ich werde es dem Vorgesetzten erklären.
Seine Stimme hallte durch den Wagen, doch keiner der Arbeiter schenkte seiner Wut Beachtung. Sie alle wussten, wie auch er, dass jeder Versuch, diesen Wahnsinn Prozess zu ändern, sinnlos sein würde. Das Leben schien aufgehört zu haben, etwas Verständliches oder Sinnvolles zu sein.
Er rammte das Beil zwischen die Rippen einer Rinderhälfte und stürzte ohne zu zögern Richtung Verwaltungsgebäude. Mit jedem Schritt schlug sein Herz schneller – ein brennendes Verlangen in seiner Brust, die Wahrheit jenen zu überbringen, die sich anscheinend überhaupt nicht um das kümmerten, was tatsächlich geschah.
–Wer ist hier der Verantwortliche? – fragte er entschlossen, als er in einen kleinen Raum am Bahnhof eintrat, in dem der graue Alltag nach verbrannten Papieren und altem Tabak roch.
Hinter einem Schreibtisch saß ein gebeugter älterer Mann, der völlig in seine Arbeit vertieft war und nur mühsam den Blick von einem Stapel Papier hob.
–Was willst du? – murmelte er, ohne seine Arbeit zu unterbrechen, als wäre das die alltäglichste Beschäftigung in seinem Leben.
Danda verlor keine Zeit und kam gleich zur Sache:
– Es geht um Folgendes. Wir verladen Fleisch, aber das wird doch Moskau nie erreichen…
– Es wird verderben, – fügte er mit einem leichten Anflug von Ärger hinzu.
– Was, bist du der Klügste hier? – entgegnete die Stimme, diesmal mit einem Hauch von Unmut.
– Ich bin jedenfalls kein Dummkopf! Ich habe die Schule mit Auszeichnung abgeschlossen. Wir sind Viehzüchter. Unsere Familie hatte früher tausendköpfige Herden. Wenn das Fleisch jetzt nicht verarbeitet wird, kommen nur Würmer in Moskau an, – erklärte Danda nachdrücklich, während sein Zorn über solch eine Gleichgültigkeit in ihm aufkochte.
Doch der Alte winkte nur ab, ohne zuzuhören:
– Na gut, verschwinde von hier, – sagte er mit einer abschätzigen Geste, – stör mich nicht bei der Arbeit.
Doch plötzlich erklang eine unbekannte Stimme, die Danda innehalten ließ.
– Warte mal, warte mal, – hörte er, und als er sich umdrehte, sah er einen hochgewachsenen, hageren Mann in einer schwarzen Lederjacke mit einem großen roten Stern auf der Budjonowka. Sein selbstbewusster Gang und entschlossener Blick signalisierten, dass er eine Person mit Macht war.
– Genosse Kommissar, – erhob sich der ältere Mitarbeiter hinter dem Tisch, – er ist doch noch ein Grünschnabel, um uns Vorschriften zu machen.
Der Kommissar beachtete die Worte des Alten nicht und trat zu Danda.
– Setz dich, – befahl er mit einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, während er einen Hocker an den Tisch schob und den jungen Mann mit einer Geste aufforderte, seine Sichtweise darzulegen.
Danda spürte einen Hoffnungsschimmer – endlich würde man ihn anhören. Er setzte sich auf den Hocker, zog sich zusammen und sammelte seine Gedanken, bevor er alles erzählte, was er darüber wusste, wie man Fleisch in der warmen Jahreszeit konserviert, damit es nicht verdirbt.
– Man könnte es großzügig mit Salz bestreuen, oder – falls kein Salz vorhanden ist – das Blut ablassen und das Fleisch anschließend im starken Wind und unter der heißen Sonne trocknen, um es zu dörren.
– Aber soweit ich weiß, haben wir nicht genügend Salz in diesen Mengen, und Zeit für das Trocknen der vielen Fleischmassen haben wir auch nicht, – sagte Danda entschlossen.
Er blickte dem Kommissar direkt in die Augen und fügte dann hinzu, als hätte er für sich selbst eine Entscheidung getroffen:
– Es bleibt nur eine Möglichkeit – das Vieh lebend zu transportieren. Futter und Wasser können in begrenzten Mengen gleich in die Waggons geladen oder unterwegs beschafft werden.
Der Kommissar dachte über seine Worte nach. Schweigend nickte er und erkannte, dass eine schwierige Entscheidung bevorstand, doch dieser junge Mann mit seinem Engagement und seinem Wissen hatte recht.
Es war unwahrscheinlich, dass seine Worte bis zur lokalen Führungsebene vordrangen. Doch offenbar erkannten auch die Lieferanten bald ihren Fehler. Als die Fleischtransporte bereits unterwegs ihren Wert verloren und es mehrfach zu verdorbenen Lieferungen kam, wurde schließlich die vernünftige Entscheidung getroffen: Das Vieh lebend zu transportieren. Dieses Mal war allen klar, dass es keinen anderen Weg gab. Nicht nur das Fleisch war zu kostbar, sondern auch der Ruf der gesamten Operation.
Bald begleitete Danda, wie er es vorhergesagt hatte, diese Transporte. Er übernahm die schwere und undankbare Arbeit eines Wachmanns, Fütterers und Versorgers des Viehs, um das Viehbestand während der Reise vor Verlust zu bewahren. Er trug nicht nur die Verantwortung für diese Aufgabe, sondern auch die endlose Last der Erschöpfung und setzte seinen Dienst fort, für den ihm allerdings kaum jemand dankte.
– Selbst schuld, – dachte er, – niemand hat mich gezwungen, für die richtige Sache einzusetzen.
Aber jetzt war seine Aufgabe klar, und er erfüllte sie, so gut er konnte.
Wie schwer das für ihn war, wusste er selbst. Manchmal, wenn er in dunklen Nächten an stillen Bahnhöfen hielt, spürte Danda, wie sein Körper nicht mehr weitergehen wollte, und seine müden Augen keine Horizonte mehr sehen konnten. Doch sein Wille und sein Verständnis dafür, dass solche Bemühungen nötig waren, um eine Katastrophe zu verhindern, trieben ihn voran.
Die beiden anderen Brüder der Schukenow blieben ohne Arbeit.
Kadyrbek, ein Mensch mit starkem Charakter und Sinn für Veränderung, wollte nicht in das menschenleere Dorf zurückkehren.
– Ich bleibe hier, – entschied er, fasziniert vom Rhythmus und der Dynamik des Alltags auf einem kleinen Bahnknotenpunkt, wo das Leben lebendiger und facettenreicher erschien als in der abgelegenen Steppe.
Schritt für Schritt entschied er sich, sein Schicksal mit der Eisenbahn zu verbinden. Er schrieb sich an der Orenburger Fabrikschule ein und wählte den Beruf des Eisenbahnmechanikers. Dies war ein völlig neues Kapitel in seinem Leben, voller Herausforderungen, aber auch Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung. Der Weg des Eisenbahners wurde für ihn zu einer echten Herausforderung, doch Kadyrbek war bereit, jede Entscheidung zu treffen, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Murat hingegen, ein Mensch mit einem bodenständigeren Blick auf das Leben, kehrte in sein Elternhaus zurück.
– Ich kann mir keine andere Zukunft vorstellen, – sagte er, – außer der, die unsere Familie seit Jahrhunderten lebt – hier im Aul, auf unserem Land.
Er verneigte sich vor den Traditionen und respektierte diejenigen, die auf ihrer Heimat geblieben waren. Murad blieb den familiären Werten und der Arbeit auf dem Land treu, dem Land, dem sein Herz immer gehören würde.
***Die Zeitungsseiten jener Zeit waren voller freudiger Nachrichten über die Siege der Sowjetunion gegen Finnland. Doch für den letzten Bay des Geschlechts der Schukenow schien die Welt nicht mehr zu existieren. In ihm wurde alles allmählich still, wie ein Sonnenuntergang über der Steppe. Er fühlte, dass die Zeit gekommen war, sich zu verabschieden, und versammelte seine engsten Verwandten und Hausangehörigen um sich, um die letzten Tage in den Kreisen derer zu verbringen, die er liebte und respektierte.
Baymuchambet ließ seine Jurte im Hof aufstellen und darin weiche Kurpesschke – kasachische Teppiche, ein Symbol für Gemütlichkeit und Ruhe – auslegen. Dieser Moment war etwas Besonderes: Der Lebenskreis schloss sich, wie bei jedem echten Kasachen, dessen Leben immer im rechten Teil der Jurte begann, wo sich die Wiege des Kindes befand, und dort auch enden sollte, umgeben von den Nahestehenden auf dem eigenen Land.
In der Jurte stand ein hölzernes Atagasch – ein Gestell, auf dem der Verstorbene auf seiner letzten Reise getragen wird. Dieses wird oft auch als „Wiege“ bezeichnet. Von der Kinderwiege bis zur letzten Ruhestätte – dieser unvermeidliche Kreislauf des Lebens. Wie ein kasachisches Sprichwort sagt: „Тал бесіктен жер бесікке“ – von der Holzwiege bis zur Erdwiegе. Dieser harte Lebenszyklus, in dem Geburt und Tod untrennbar miteinander verbunden sind, war über Jahrhunderte hinweg ein wesentlicher Bestandteil der kasachischen Philosophie und Weltsicht.
Am nächsten beim Kopfende seines Vaters saß Murat, der älteste Sohn, mit untergeschlagenen Beinen, wie es der traditionellen kasachischen Sitzweise entspricht. Die Bildung, die Baymuchambet seinen Kindern ermöglicht hatte, war keine vergebliche Mühe. Murat war eine angesehene Persönlichkeit in seiner Gemeinde geworden, der Vorsitzende des Dorfrates, und nun stand er an der Schwelle zu einem neuen Leben, das er mit festem Glauben an die Zukunft aufbaute. Sein Blick war ruhig, doch in der Tiefe seiner Augen lag eine Traurigkeit, die er zu verbergen suchte.
Hinter ihm stand seine Frau, Dschamilja, eine zärtliche und treue Gefährtin. Sie war eine liebevolle Frau, doch ihr Gesicht war jetzt von einer unvermeidlichen Traurigkeit gezeichnet, die schwer zu verbergen war. Diese Traurigkeit hatte nichts mit dem Tod ihres Schwiegervaters zu tun. Sie war tiefer und persönlicher, eine, von der nur wenige wussten, die aber Teil ihres Lebens war, seit ihr Sohn Sarken geboren wurde. Der Junge hatte ein kürzeres Bein, und dieses Unglück des Schicksals nagte an ihrer Seele.
Dschamilja bemühte sich, ihren Schmerz nicht zu zeigen, doch die schwere Bürde einer Mutter, deren Kind mit einer Schwierigkeit kämpft, konnte sie nicht unberührt lassen.
In ihrem Herzen brannte stets ein aufrichtiges Gebet: „Möge Allah mir die Kraft geben, dieses Leid würdevoll anzunehmen, meinen Sohn mit Liebe zu erziehen und seinen Schmerz durchs Leben zu tragen.“ Diese unausgesprochenen Worte, verborgen hinter ihrem Blick und ihren Gesten, waren für sie eine Quelle innerer Stärke, Hoffnung und Liebe, trotz des Schattens, der immer über ihrem Glück lag…
– Weißt du, Kadyrbek, – wandte sich Baymuchambet mit rauer Stimme an seinen mittleren Sohn, – du hattest wahrscheinlich mehr Glück als alle anderen. Durch den Willen des Allmächtigen bist du der Einzige aus unserem großen Stamm der Tabyn, der in die Heimat seiner Vorfahren am Ufer des Flusses Elek zurückkehren konnte.
– Ake, – antwortete dem Vater sein Sohn Kadyrbek zurückhaltend, spürend, dass in den Worten seines Vaters nicht nur Bitterkeit, sondern auch ein Hauch von Ironie lag, mit der der alte Mann die neue Realität betrachtete, – er heißt jetzt Ilek.
Kadyrbek war ein diplomierter Meister für Eisenbahnstrecken. Nach seinem Abschluss wurde er zur Arbeit an die Station Akkemir geschickt, die einst Teil des Familienbesitzes ihrer Vorfahren vor den Reformen Stolypins war. Dieser Ort wurde für ihn zum Symbol der Rückkehr, wenn auch unter einem neuen Namen, in die Heimat.
Baymuchambet nickte schweigend, bemüht, die Welle der Dankbarkeit zu unterdrücken, die in ihm aufstieg. In seinen Gedanken tauchten Worte des Dankes an die Himmel auf, dass wenigstens einer seiner Söhne auf dieses Heilige Land zurückkehren konnte. Die Steppe, der Fluss, die vertrauten Horizonte – all das war wieder ein Teil ihres Lebens geworden.
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