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Венера в мехах. Уровень 3 / Venus im Pelz
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Венера в мехах. Уровень 3 / Venus im Pelz

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Венера в мехах. Уровень 3 / Venus im Pelz
Леопольд фон Захер-Мазох

Легко читаем по-немецки
Австрийский писатель Леопольд фон Захер-Мазох – одна из ярких фигур европейского декаданса. В его произведениях психологически глубоко и точно раскрываются любовная зависимость и неразрывная связь боли с наслаждением. Склонность полугать удовольствие, испытывая унижение и боль, получила свое название от фамилии писателя – мазохизм.

«Венера в мехах» – самая знаменитая повесть автора, безумно чувственная, полная страсти и исступления. Главный герой Северин встречает свою Венеру – девушку по имени Ванда. Его пленяют ее холодность, жестокость и отчужденность, он влюбляется в нее до безумия. Она заставляет его подписать договор, по которому отныне его жизнь полностью принадлежит ей. Ванда вправе мучить Северина по первой своей прихоти. Чем больше физической и эмоциональной боли причиняет она своему «рабу», тем большее наслаждение он испытывает. К чему может привести насилие и власть деспотичной женщины над слабым мужчиной? Есть ли предел в таких отношениях?

Чувственная история, и по сей день будоражащая воображение, послужила основой для фильма «Венера в мехах» (2013), снятого выдающимся кинорежиссером Романом Полански.

Текст произведения адаптирован для уровней В1-В2 (для продолжающих изучать немецкий язык средней ступени) и снабжен комментариями. После повести предлагаются упражнения с ключами. В конце книги – словарь используемой лексики, облегчающий чтение.

Леопольд фон Захер-Мазох

Венера в мехах. Уровень 3 / Venus im Pelz

Leopold Ritter von Sacher-Masoch

Venus Im Pelz

* * *

© Алешина П. Д., адаптация текста, коммент., упражнения и словарь, 2023

© ООО «Издательство АСТ», 2023

Venus im Pelz

«Gott hat ihn gestraft und hat ihn in eines Weibes H?nde gegeben.»

    Buch Judith 16. Kap. 7.

Ich hatte liebensw?rdige Gesellschaft.

Mir gegen?ber an dem massiven Renaissancekamin sa? Venus. Das war aber nicht eme der Halbwelt[1 - Halbwelt – полусвет (слой французского и английского общества, члены которого обладают сомнительной репутацией и не достойны считаться представителями высшего общества)], die unter diesem Namen Krieg gegen das feindliche Gschlecht f?hrte. Sondern es war die wahrhafte Liebesg?ttin, gleich Mademoiselle Cleopatra.

Sie sa? im Wohnzimmer und hatte ein Feuer angez?ndet. Sein Widerschein leckte in roten Flammen ihr bleiches Antlitz mit den wei?en Augen und von Zeit zu Zeit ihre F??e. Sie versuchte zu w?rmen.

Ihr Kopf war wunderbar, obwohl sie tote Steinaugen hatte. Aber das war auch alles, was ich von ihr sah. Die herrliche Dame hatte ihren Marmorleib in einen gro?en Pelz gewickelt. Sie hat sich zitternd wie eine Katze zusammengerollt.

«Ich verstehe nicht, gn?dige Frau», rief ich, «es ist doch nicht mehr kalt. Wir haben seit zwei Wochen den herrlichsten Fr?hling. Sie sind offenbar nerv?s.»

«Ich danke f?r euer Fr?hjahr», sprach sie mit tiefer steinerner Stimme und nieste gleich himmlisch. Und zwar zweimal rasch nacheinander; «da kann ich es nicht aushalten. Und ich fange an zu verstehen —»

«Was, meine Gn?dige?»

«Ich fange an das Unglaubliche zu glauben, das Unbegreifliche zu begreifen. Ich verstehe auf einmal die germanische Frauentugend und die deutsche Philosophie. Ich erstaune auch nicht mehr, dass ihr im Norden nicht lieben k?nnt. Ihr habt ja nicht einmal eine Ahnung davon, was Liebe ist.»

«Erlauben Sie, Madame», antwortete ich aufbrausend, «ich habe Ihnen keine Ursache gegeben.» Nun Sie… Die G?ttliche nieste zum dritten Mal und zuckte mit Grazie die Achseln. «Nun daf?r bin ich auch immer gn?dig gegen Sie gewesen. Ich besuche Sie sogar von Zeit zu Zeit, obwohl ich mich jedesmal rasch erk?lte. Erinnern Sie sich noch, wie wir uns das erstmal trafen?»

«Wie k?nnte ich es vergessen», sagte ich. «Sie hatten damals reiche braune Locken und braune Augen und einen roten Mund. Aber ich erkannte Sie doch sogleich an dem Schnitt Ihres Gesichtes und an dieser Marmorbl?sse. Sie trugen eine veilchenblaue Samtjacke.»

«Ja, Sie waren ganz verliebt in diese Toilette.»

«Sie haben mich gelehrt, was Liebe ist. Ihr heiterer Gottesdienst lie? mich zwei Jahrtausende vergessen[2 - Ihr heiterer Gottesdienst lie? mich zwei Jahrtausende vergessen. – Ее безмятежное служение заставило меня забыть о двух тысячелетиях.]. Und wie beispiellos vertraue ich Ihnen!»

«Nun, was die Treue betrifft —»

«Undankbarer!»

«Ich will Ihnen keine Vorw?rfe machen. Sie sind zwar ein g?ttliches Weib, aber doch ein Weib. Und in der Liebe grausam wie jedes Weib.»

«Sie nennen grausam», sagte die Liebesg?ttin lebhaft. «Was das Element der Sinnlichkeit, der heiteren Liebe, die Natur des Weibes ist, sich hinzugeben, wo es liebt, und alles zu lieben, was ihm gef?llt[3 - Was das Element der Sinnlichkeit, der heiteren Liebe, die Natur des Weibes ist, sich hinzugeben, wo es liebt, und alles zu lieben, was ihm gef?llt. – Что касается элемента чувственности, безмятежной любви, то женская природа заключается в том, чтобы заниматься любимым делом и любить все, что ему нравится.].»

«Gibt es f?r den Liebenden etwa eine gr??ere Grausamkeit als die Treulosigkeit von den Geliebten?»

«Ach!» – antwortete sie. «Wir sind treu, so lange wir lieben. Aber ihr verlangt vom Weib Treue ohne Liebe, und Hingebung ohne Genuss. Wer ist da grausam? Das Weib oder der Mann? Ihr nehmt im Norden die Liebe ?berhaupt zu wichtig und zu ernst. Ihr sprecht von Pflichten, wo nur vom Vergn?gen die Rede sein sollte.»

«Ja, Madame, wir haben daf?r auch sehr achtbare und tugendhafte Gef?hle und dauerhafte Verh?ltnisse.»

«Und doch diese unges?ttigte Sehnsucht nach dem nackten Heidentum», fiel Madame ein. «Aber jene Liebe, welche die h?chste Freude, die g?ttliche Heiterkeit selbst ist, taugt nicht f?r euch Modernen, euch Kinder der Reflexion[4 - Aber jene Liebe, welche die h?chste Freude, die g?ttliche Heiterkeit selbst ist, taugt nicht f?r euch Modernen, euch Kinder der Reflexion. – Но та любовь, которая сама по себе является высшей радостью, божественным весельем, не подходит для вас, современных, для вас, детей размышлений.]. Sie bringt euch Unheil. Sobald ihr nat?rlich sein wollt, werdet ihr gemein. Euch erscheint die Natur als etwas Feindseliges. Ihr habt aus uns G?ttern Griechenlands, D?monen, aus mir eine Teufelin gemacht. Ihr k?nnt mich nur bannen und verfluchen oder euch selbst in bacchantischem Wahnsinn[5 - in bacchantischem Wahnsinn – в вакхическом безумии] vor meinem Altar als Opfer schlachten. Und hat einmal einer von euch den Mut gehabt, meinen roten Mund zu k?ssen? So pilgert er daf?r barfu? nach Rom und erwartet Bl?ten von dem d?rren Stock. Unter meinem Fu? wachsen zu jeder Stunde Rosen, Veilchen und Myrten. Aber ihr bekommt Duft nicht. Euch bleibt nur in eurem nordischen Nebel und christlichem Weihrauch. Lasst uns Heiden unter den Tr?mmern, unter der Lava ruhen. Grabt uns nicht aus. F?r euch wurde Pompeji, f?r euch wurden unsere Villen, unsere B?der, unsere Tempel nicht gebaut. Ihr braucht keine G?tter! Uns friert in eurer Welt!» Die sch?ne Marmordame hustete und zog die dunkeln Zobelfelle um ihre Schultern noch fester zusammen.

«Wir danken f?r die klassische Lektion», antwortete ich. «Aber Sie k?nnen doch nicht leugnen, dass Mann und Weib von Natur Feinde in Ihrer heiteren sonnigen Welt ebenso gut wie in unserer nebligen sind. Die Liebe vereint f?r die kurze Zeit zu einem einzigen Wesen, das nur eines Gedankens, einer Empfindung, eines Willens f?hig ist, um sie dann noch mehr zu entzweien[6 - Die Liebe vereint f?r die kurze Zeit zu einem einzigen Wesen, das nur eines Gedankens, einer Empfindung, eines Willens f?hig ist, um sie dann noch mehr zu entzweien. – Любовь на короткое время объединяет в единое существо, способное только на одну мысль, одно чувство, одну волю, чтобы затем еще больше разъединить.]. Und nun wissen Sie es besser als ich. Wer dann nicht unterwirft, wird nur zu rasch den Fu? vom anderen auf seinem Nacken f?hlen —»

«Und zwar in der Regel der Mann den Fu? von einem Weib», rief Frau Venus h?hnisch, «was Sie wieder besser wissen als ich.»

«Nat?rlich, und eben deshalb mache ich mir keine Illusionen.»

«Das hei?t, Sie sind jetzt mein Sklave ohne Illusionen, und ich werde Sie daf?r auch ohne Erbarmen treten.»

«Madame!»

«Kennen Sie mich noch nicht, ja, ich bin grausam, weil Sie denn schon an dem Worte so viel Vergn?gen finden. Habe ich nicht recht? Der Mann ist der Begehrende, das Weib das Begehrte[7 - Der Mann ist der Begehrende, das Weib das Begehrte. – Мужчина – желанный, женщина – желанная.]. Das ist ein ganzer und entscheidender Vorteil vom Weib. Aber die Natur hat ihm den Mann durch seine Leidenschaft preisgegeben. Und das Weib ist nicht klug, das aus ihm nicht seinen Sklaven, sein Spielzeug macht und ihn lachend verr?t.»

«Ihre Grunds?tze, meine Gn?dige», warf ich entr?stet ein.

«Beruhen auf tausendj?hriger Erfahrung», sagte Madame sp?ttisch. Ihre wei?en Finger spielten in dem dunkeln Pelz. «Je hingebender das Weib ist, um so schneller wird der Mann n?chtern und herrisch. Je grausamer und treuloser es aber ist, je mehr es ihn mi?handelt, je frevelhafter es mit ihm spielt, je weniger Erbarmen es zeigt, um so mehr wird es die Wollust vom Mann erregen, von ihm geliebt werden. So war es zu allen Zeiten, seit Helena und Delila, bis zur zweiten Katharina und Lola Montez.»

«Ich kann es nicht leugnen», sagte ich. «Es gibt f?r den Mann nichts, das ihn mehr reizen k?nnte, als das Bild von einer sch?nen, woll?stigen und grausamen Despotin. Sie wechselt ihre G?nstlinge ?berm?tig und r?cksichtslos nach Laune —»

«Und noch dazu einen Pelz tr?gt», rief die G?ttin.

«Wie kommen Sie darauf?»

«Ich kenne ja Ihre Vorliebe.»

«Aber wissen Sie», fiel ich ein, «dass Sie, seitdem wir uns nicht gesehen haben, sehr kokett geworden sind.»

«Inwiefern, wenn ich bitten darf?»

«Insofern es keine herrlichere Folie f?r Ihren wei?en Leib geben k?nnte, als diese dunklen Felle[8 - Insofern es keine herrlichere Folie f?r Ihren wei?en Leib geben k?nnte, als diese dunklen Felle. – В том смысле, что не может быть более восхитительной оболочки для Вашего белого тела, чем эти темные шкуры.].»

Die G?ttin lachte.

«Sie tr?umen», rief sie, «wachen Sie auf!» und sie fasste mich mit ihrer Marmorhand beim Arm. «Wachen Sie doch auf!» dr?hnte ihre Stimme nochmals. Ich schlug m?hsam die Augen auf.

Ich sah die Hand. Aber diese Hand war auf einmal braun wie Bronze. Und die Stimme war die schwere Stimme von meinem Kosaken[9 - Kosaken – казак]. Er stand in seiner vollen Gr??e von nahe sechs Fu? vor mir.

«Stehen Sie doch auf», fuhr der Wackere fort, «es ist eine wahrhafte Schande.»

«Und warum eine Schande?»

«Eine Schande in Kleidern einzuschlafen und noch dazu bei einem Buch», er putzte die Kerzen und hob den Band auf. «Bei einem Buch von – er schlug den Deckel auf, von Hegel. Dabei ist es die h?chste Zeit zu Herrn Severin zu fahren. Er erwartet uns zum Tee.»

«Ein Seltsamer Traum», sprach Severin. Als ich zu Ende war, st?tzte die Arme auf die Knie. Das Gesicht versank in die feinen H?nde und versank in Nachdenken.

Ich wusste, dass er jetzt nicht mehr lange dauern konnte. So war es in der Tat. F?r mich hatte sein Benehmen nichts Auffallendes, denn ich verkehrte seit beinahe drei Jahren in guter Freundschaft mit ihm. Ich hatte mich an alle seine Sonderbarkeiten gew?hnt. Denn sonderbar war er. Das lie? sich nicht leugnen. Er war auch lange nicht der gef?hrliche Narr. Nicht nur seine Nachbarschaft, sondern auch der ganze Kreis von Kolomea hielt ihn daf?r. Mir war sein Wesen nicht blo? interessant, sondern in hohem Grad sympathisch.

Er zeigte f?r einen galizischen Edelmann und Gutsbesitzer wie f?r sein Alter – er war kaum ?ber drei?ig – eine auffallende N?chternheit vom Wesen, einen gewissen Ernst, ja sogar Pedanterie. Er lebte nach einem minuti?s ausgef?hrten, halb philosophischen, halb praktischen System, gleichsam nach der Uhr. Und nicht das allein: zu gleicher Zeit nach dem Thermometer, Barometer, Aerometer, Hydrometer, Hippokrates, Hufeland, Plato, Kant, Knigge und Lord Chesterfield. Dabei bekam er aber zu Zeiten heftige Anf?lle von Leidenschaftlichkeit. Da machte er Miene, mit dem Kopfe durch die Wand zu gehen. Ihm ging jeder gerne aus dem Weg[10 - Ihm ging jeder gerne aus dem Weg. – Всем нравилось избегать его.].

W?hrend er also stumm blieb, sang daf?r das Feuer im Kamin, sang der gro?e Samowar Ich habe mich im Ahnherrnstuhl geschaukelt. Meine Zigarre rauchte. Das Heimchen im alten Gem?uer sang auch. Ich lie? meinen Blick ?ber besondere Ger?te, die Tiergerippe, ausgestopften V?gel, Globen, Gipsabg?sse. Sie waren in seinem Zimmer angeh?uft. Zuf?llig blieb mein Blick auf einem Bild. Ich habe es oft genug gesehen. Aber gerade heute machte es mir einen unbeschreiblichen Eindruck.

Es war ein gro?es ?lgem?lde in der kr?ftigen farbensatten Manier der belgischen Schule gemalt. Sein Gegenstand war seltsam genug.

Ein sch?nes Weib, ein sonniges Lachen auf dem feinen Antlitz, mit reichem, geschlungenem Haare. Der wei?e Puder lag wie leichter Reif auf es. Es hat Auf den linken Arm gest?tzt. Es war nackt in einem dunkeln Pelz auf einer Ottomane. Ihre rechte Hand spielte mit einer Peitsche. W?hrend ihr blo?er Fu? st?tzte sich nachl?ssig auf den Mann. Er lag vor ihr wie ein Sklave, wie ein Hund. Und dieser Mann war mit den scharfen, aber wohlgebildeten Z?gen. Auf diesen Z?gen lag br?tende Schwermut und hingebende Leidenschaft. Er sah mit dem schw?rmerischen brennenden Auge eines M?rtyrers zu ihr empor. Dieser Mann war Severin, aber ohne Bart, wie es schien um zehn Jahre j?nger.

«Venus im Pelz!» rief ich. Ich deutete auf das Bild. «So habe ich sie im Traum gesehen.» – «Ich auch», sagte Severin, «nur habe ich meinen Traum mit offenen Augen getr?umt.»

«Wie?»

«Ach! das ist eine dumme Geschichte.»

«Dein Bild hat offenbar Anlass zu meinem Traum gegeben», fuhr ich fort, «aber sage mir endlich einmal, was damit ist. Es hat eine Rolle in deinem Leben gespielt, und vielleicht eine sehr entscheidende, kann ich mir denken. Aber das weitere erwarte ich von dir.»

«Sieh dir einmal das Gegenst?ck an», sagte mein seltsamer Freund, ohne auf meine Frage zu antworten.

Das Gegenst?ck bildete eine treffliche Kopie der bekannten «Venus mit dem Spiegel» von Titian in der Dresdener Galerie.

«Nun, was willst du damit?»

Severin stand auf und wies mit dem Finger auf den Pelz, mit dem Titian seine Liebesg?ttin bekleidet hat.

«Auch hier “Venus im Pelz“», sprach er fein l?chelnd. «Ich glaube nicht, dass der alte Venetianer damit eine Absicht verbunden hat. Er hat einfach das Portr?t von einer vornehmen Messaline gemacht. Er hat die Artigkeit gehabt, ihr den Spiegel halten zu lassen. Darin pr?ft sie ihre majest?tischen Reize mit kaltem Behagen. Aber die Arbeit scheint ihm sauer genug zu werden. Das Bild ist eine gemalte Schmeichelei. Sp?ter hat ein ›Kenner‹ der Rokokozeit die Dame auf den Namen Venus getauft. Der Pelz der Despotin ist zu einem Symbol der Tyrannei und Grausamkeit geworden, welche im Weib und seiner Sch?nheit liegt.

Aber genug, so wie das Bild jetzt ist, erscheint es uns als die pikanteste Satire auf unsere Liebe. Venus, die im abstrakten Norden, in der eisigen christlichen Welt in einen gro?en schweren Pelz schl?pfen muss, um sich nicht zu erk?lten[11 - Venus, die im abstrakten Norden, in der eisigen christlichen Welt in einen gro?en schweren Pelz schl?pfen muss, um sich nicht zu erk?lten. – Венера, которой на абстрактном севере, в ледяном христианском мире приходится кутаться в большую тяжелую шубу, чтобы не простудиться.].»

Severin lachte und z?ndete eine neue Zigarette an.

Eben ging die T?r auf. Eine h?bsche volle Blondine mit klugen freundlichen Augen, in einer schwarzen Seidenrobe, kam herein. Sie brachte uns kaltes Fleisch und Eier zum Tee. Severin nahm eines der letzteren und schlug es mit dem Messer auf. «Habe ich dir nicht gesagt, dass ich sie weich gekocht haben will?» rief er mit einer Heftigkeit. Die junge Frau zitterte.

«Aber lieber Sewtschu —» sprach sie ?ngstlich.

«Was Sewtschu», schrie er, «gehorchen sollst du, gehorchen, verstehst du», und er ri? den Kantschuk, welcher neben seinen Waffen hing, vom Nagel.

Die h?bsche Frau floh wie ein Reh rasch und furchtsam aus dem Zimmer.

«Warte nur, ich erwische dich noch», rief er ihr nach.

«Aber Severin», sagte ich, meine Hand auf seinen Arm legend, «wie kannst du die h?bsche kleine Frau so erschrecken!»

«Sieh dir das Weib nur an», antwortete er. Er winkte humoristisch mit den Augen zu, «h?tte ich ihr geschmeichelt, so h?tte sie mir die Schlinge um den Hals geworfen[12 - …h?tte ich ihr geschmeichelt, so h?tte sie mir die Schlinge um den Hals geworfen. – … если бы я ей польстил, она бы накинула мне петлю на шею.]. Weil ich sie mit dem Kantschuk erziehe, betet sie mich an.»

«Geh mir!»

«Geh du mir, so muss man die Weiber dressieren.»

«Leb meinetwegen wie ein Pascha in deinem Harem, aber stelle mir nicht Theorien auf —»

«Warum nicht», rief er lebhaft, «nirgends passt Goethes ›Du musst Hammer oder Amboss sein‹[13 - Du musst Hammer oder Amboss sein. – Ты должен быть молотом или наковальней (быть хозяином своей судьбы или жертвой обстоятельств).] so vortrefflich wie auf das Verh?ltnis von Mann und Weib. Das hat dir beil?ufig Frau Venus im Traum auch zugegeben. In der Leidenschaft vom Mann ruht die Macht vom Weib. Es versteht sie zu ben?tzen, wenn der Mann sich nicht vorsieht. Er hat nur die Wahl, der Tyrann oder der Sklave vom Weib zu sein. Wie er sich hingibt, hat er auch schon den Kopf im Joche und wird die Peitsche f?hlen[14 - Wie er sich hingibt, hat er auch schon den Kopf im Joche und wird die Peitsche f?hlen. – Как только он сдастся, его голова уже будет в ярме, и он почувствует удар кнута.].»

«Seltsame Maximen!»

«Keine Maximen, sondern Erfahrungen», sagte er mit dem Kopf nickend, «ich bin im Ernst gepeitscht worden. Ich bin geheilt, willst du lesen wie?»

Er erhob sich und holte aus seinem massiven Schreibtisch eine kleine Handschrift, welche er vor mir auf den Tisch legte.

«Du hast fr?her nach jenem Bild gefragt. Ich bin dir schon lange eine Erkl?rung schuldig. Da – lies.»

Severin setzte sich zum Kamin, den R?cken gegen mich. Er schien mit offenen Augen zu tr?umen. Wieder war es still, und wieder sang das Feuer im Kamin, und der Samowar und das Heimchen im alten Gem?uer und ich schlug die Handschrift auf und las:

«Bekenntnisse eines ?bersinnlichen», an dem Rande vom Manuskript standen als Motiv die bekannten Verse aus dem Faust variiert:

«Du ?bersinnlicher sinnlicher Freier,
Ein Weib betr?gt dich!»

    Mephistopheles.
Ich schlug das Titelblatt um und las: «Das Folgende habe ich aus meinem damaligen Tagebuch zusammengestellt, weil man seine Vergangenheit nie unbefangen darstellen kann. So aber hat alles seine frischen Farben, die Farben der Gegenwart.»

Gogol, der russische Moli?re, sagt – ja wo? – nun irgendwo – «die echte komische Muse ist jene, welcher unter der lachenden Larve die Tr?nen herabrinnen[15 - …die echte komische Muse ist jene, welcher unter der lachenden Larve die Tr?nen herabrinnen. – … настоящая комическая муза – та, у которой под маской смеха текут слезы.].»

Ein wunderbarer Ausspruch!

So ist es mir recht seltsam zumute, w?hrend ich das niederschreibe. Die Luft scheint mir mit einem Blumenduft gef?llt. Er bet?ubt mich und macht mir Kopfweh. Der Rauch des Kamines kr?uselt. Ich muss unwillk?rlich l?cheln, ja laut lachen, indem ich meine Abenteuer niederschreibe. Doch schreibe ich nicht mit gew?hnlicher Tinte, sondern mit dem roten Blut. Es tr?ufelt aus meinem Herzen, denn alle seine vernarbten Wunden haben sich ge?ffnet. Es zuckt und schmerzt, und f?llt eine Tr?ne auf das Papier.

Die Tage in einem kleinen Karpaten-Kurort ziehen sich tr?ge an. Man sieht niemand und wird von niemand gesehen. Es ist langweilig zum Idyllenschreiben.

Ich musste hier eine Galerie von Gem?lden liefern, ein Theater f?r eine ganze Saison mit neuen St?cken, ein Dutzend Virtuosen mit Konzerten, Trios und Duos versorgen. Aber – was spreche ich da. Ich tue am Ende doch nicht viel mehr, als die Leinwand aufspannen, die Bogen zurechtgl?tten, die Notenbl?tter liniieren. Denn ich bin – ach! nur keine falsche Scham, Freund Severin, l?ge andere an. Aber es gelingt dir nicht mehr recht, dich selbst anzul?gen. Also bin ich nichts weiter, als ein Dilettant. Ein Dilettant in der Malerei, in der Poesie, der Musik und noch in einigen anderen sogenannten brotlosen K?nste. Sie sichern heutzutage das Einkommen eines Ministers, ja eines kleinen Potentaten. Und vor allem bin ich ein Dilettant im Leben.

Ich habe bis jetzt gelebt, wie ich gemalt und gedichtet habe. Das hei?t, ich bin nie weit ?ber die Grundierung, den Plan, den ersten Akt, die erste Strophe gekommen. Es gibt einmal solche Menschen, die alles anfangen und doch nie mit etwas zu Ende kommen. Und ein solcher Mensch bin ich.