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Tausend Und Eine Nacht
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Tausend Und Eine Nacht

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Tausend Und Eine Nacht

Er sagte ihm dann: »Vielleicht mein Herr, wirst du den Kummer, den du mir verursacht, wieder verscheuchen; komm mit deinem Begleiter zu mir herein und koste meine Speisen; bei Gott! Sobald ich dich gesehen, klopfte mir das Herz, und nur aus Unüberlegtheit bin ich dir nachgefolgt.«

Adjib erwiderte hierauf: »Freilich liebst du uns, und weil wir bei dir gegessen, bist du uns auf dem Fuße gefolgt und hast uns dadurch der Schande ausgesetzt; nun werden wir nichts bei dir genießen, wenn du nicht schwörst, daß du uns nie mehr nachlaufen willst; glaube aber nicht, daß wir nicht wiederkehren, wir bleiben eine ganze Woche hier, bis mein Großvater für den König von Ägypten Geschenke eingekauft hat.« Hasan sagte: »In Gottes Namen! ich schwöre es euch.« Sie gingen dann in seinen Laden, er stellte ihnen eine Schüssel voll Speisen vor, Adjib hieß ihn mitessen; er setzte sich zu seinem Sohne und sah immer ganz starr auf ihn hin. Adjib sagte ihm: »Du bist ein lästiger Liebhaber, was gaffest du mich so an?« Hasan ward verlegen und sprach folgende Verse:

»Für dich hat jedes Herz einen geheimen Gedanken und einen verborgenen Sinn, den niemand ausspricht. O du, der du den leuchtenden Mond durch deine Schönheit zu schanden machst, dessen Reize dem anbrechenden Morgen gleichen, das Licht deines Angesichts kann man nie und nirgends entbehren, man wird mit immer neuer Sehnsucht wieder hingezogen. Ich zerschmelze vor Liebesglut, und doch ist dein Gesicht mein grünes Paradies; ich sterbe vor Durst, und doch ist dein Speichel wie der Fluß Kauthar.«

Sie aßen dann zusammen; Hasan gab bald Adjib, bald dem Verschnittenen einen Bissen, bis sie satt waren; dann standen sie auf und Hasan goß ihnen Wasser über die Hände, nahm die Serviette, die er um den Leib hatte, und trocknete sie damit ab, bespritzte sie mit Rosenwasser, lief dann schnell zum Laden hinaus und kam wieder mit zwei Portionen eines kühlen Getränkes, mit Schnee und Zucker und Rosenwasser bereitet, und stellte es ihnen vor, indem er sagte: vollendet eure Güte! Adjib nahm, trank davon und reichte es dann dem Diener zum Trinken hin; sie wurden so gesättigt, wie sie es nie waren, dankten Hasan vielmal, eilten fort bis zum östlichen Tore hinaus und hielten sich nicht mehr auf, bis sie ihr Zelt erreichten. Adjib ging hierauf zu seiner Großmutter, der Mutter Hasans; diese küßte ihn, dachte an ihren Sohn Hasan, fing an zu weinen und sprach folgende Verse:

»Wäre nicht meine Hoffnung, euch einst wiederzusehen, ich würde gewiß nach der Trennung keine Lust mehr am Leben haben; ich schwöre, daß nur Liebe zu euch mein Herz erfüllt; Gott mein Herr, kennt wohl mein Inneres.«

Sie fragte dann Adjib, wo er gewesen war, und stellte ihm zu essen vor; aber das Schicksal wollte, daß auch sie gerade Granatäpfel gekocht hatte, die jedoch nicht so süß waren; sie hieß auch den Verschnittenen mitessen; dieser dachte bei sich selbst: Bei Gott! wir sind so satt, daß wir kein Brot riechen können; doch setzte er sich zu Adjib.

Adjib fing an, ein wenig zu essen, da er aber auch, wie der Diener, sehr satt war und die Speise nicht süß genug fand, sagte er: »Pfui, was ist das für eine schlechte Speise.« Die Alte war ganz erstaunt und sagte: »Mein Sohn, du verschmähst meine Küche? Ich selbst habe diese Speise zubereitet und niemand, außer meinem Sohne Hasan aus Baßrah, kommt mir gleich in der Kochkunst.« Adjib erwiderte hierauf: »Deine Speise ist schlecht; wir haben eben dieselbe bei einem Koche in der Stadt gegessen, die tut dem Herzen wohl, sie war so köstlich zubereitet, daß die deinige mit ihr nicht verglichen werden kann.« Als die Frau dies hörte, geriet sie in Zorn und sagte dem Diener: »Du verdirbst mir meinen Sohn, läufst mit ihm in der Stadt herum und besuchst mit ihm die öffentlichen Wirtshäuser.« Der Diener sagte aus Furcht: »Wir waren in keinem Speisehause, sondern sind nur bei einem umherziehenden Koche vorübergegangen, haben aber nichts gegessen.« Adjib schwor aber, sie seien in den Laden des Kochs gegangen und hätten bei ihm dieses, wie das vorige Mal, Granatäpfel gegessen, viel besser, als die ihrigen. Die Frau kam in die höchste Wut und berichtete alles ihrem Schwager; dieser rief dem Diener aufgebracht zu: »Wehe dir! gestehe mir, wo du mit dem Kleinen warst.« Der Diener, aus Furcht, umgebracht zu werden, wollte nicht die Wahrheit sagen; Adjib aber zwang ihn, alles zu gestehen. »Wahrhaftig, Großvater«, sagte er, »wir haben in einem Laden bei einem Koche gegessen, bis wir so satt waren, daß uns die Speise zur Nase herausging, er brachte uns dann noch zwei Portionen Schnee und Zucker.« Der Vezier ward immer aufgebrachter. »Wie, du verfluchter Sklave, du leugnest noch, mit meinem Sohne in einem Wirtshause gewesen zu sein, während er selbst sagt, daß ihr euch ganz vollgegessen? Wenn du die Wahrheit gesagt, so iß diese Schüssel voll.« Der Diener aß einen Bissen, konnte aber schon den zweiten nicht mehr herunterbringen; er entschuldigte sich bei seinem Herrn, indem er sagte, er sei noch vom vorigen Tage satt. Der Vezier ließ sich aber nicht länger anlügen und befahl einem anderen Diener, dem Eunuchen die Bastonnade zu geben, was sogleich geschah. Als der Diener vor Schmerzen um Hilfe schrie und ganz wütend wurde, sagte er: »Wohl, mein Gebieter, es ist wahr, daß wir in dem Laden eines Kochs gewesen und dort bessere Granatäpfel gegessen haben, als diese hier sind.« Die Mutter Hasans geriet hierüber aufs neue in Wut und sagte: »Bei Gott, den ich anflehe, mich wieder mit meinem Sohne zu vereinen, du mußt uns von deinem Koche eine Schüssel voll Granatäpfel bringen; dein Herr muß sie kosten und dann urteilen welche besser gekocht sind.« Sie gab dem Diener sogleich eine Schüssel und einen halben Dinar; er lief in die Stadt zum Koche und sagte ihm: »O bester Koch, wir haben im Hause unseres Herrn über deine Speise gewettet, gib mir daher für einen halben Dinar Granatäpfelbeeren; nimm dich aber wohl in acht, daß wir nicht noch einmal wegen dieser Speise geprügelt werden, nachdem wir schon mißhandelt wurden, weil wir in deinem Laden gewesen sind.« Hasan erwiderte lachend: »Bei Gott! Niemand kann diese Speise so gut zubereiten, wie ich und meine Mutter, die jetzt weit von hier ist.« Er füllte ihm dann seine Schüssel und goß Butter darüber, und der Diener lief damit ins Zelt zurück. Die Mutter Hasans kostete sogleich davon und als sie sie sehr gut fand, erkannte sie den, der sie zubereitet; sie schrie laut und fiel in Ohnmacht. Der Vezier war erstaunt darüber und bespritzte sie mit Wasser; als sie wieder zu sich kam, rief sie: »Wenn mein Sohn noch am Leben ist, so hat kein anderer, als er, diese Speise gekocht; niemand außer ihm kennt diese Zubereitung!«

Als der Vezier dies hörte, sagte er voll Freude: »Gott wird uns gewiß wieder mit meinem Neffen vereinen!« Er rief sogleich alle seine Leute zusammen, Sklaven, Kammerdiener und Stallknechte, an die fünfzig Mann, und sagte ihnen: »Geht in den Laden des Kochs, nehmt Stöcke, Prügel und ähnliches mit euch, zerschlagt alles Geschirr, was ihr bei ihm findet, verwüstet den Laden völlig, bindet den Koch dann mit feinem Turban und fraget ihn, ob er die schlechten Granatäpfelbeeren zubereitet. Ich gehe indessen in den Palast der Seligkeit und komme dann wieder zu euch; keiner von euch soll ihn aber schlagen, noch sonst mißhandeln; bindet ihn nur und bringt ihn mit Gewalt hierher.« Die Leute freuten sich dieses Auftrags und der Vezier bestieg sogleich sein Pferd, ritt in den königlichen Palast, traf dort den Gouverneur von Damaskus, zeigte ihm seine Empfehlungsschreiben; dieser küßte sie und fragte dann nach dem Lesen derselben: »Wer ist der Schuldige?« – »Ein Koch«, erwiderte der Vezier. Hierauf schickte der Gouverneur sogleich seinen Adjutanten mit vier anderen Offizieren, vier Janitscharen und sechs Polizeisoldaten ab. Als sie aber in den Laden des Kochs kamen, war schon alles zertrümmert und verwüstet, denn während der Vezier im königlichen Palaste war, liefen seine Leute, der eine mit einem Stocke, der andere mit einem Pfosten eines Zeltes, der dritte mit einem Spieße, der vierte mit einem Schwerte bewaffnet, in den Laden Hasans, zerbrachen, ohne ihm ein Wort zu sagen, alle seine Schüsseln, Teller, Töpfe und Kessel. »Was bedeutet dies, ihr Gemeinde der Frommen?« fragte Hasan. »Bist du es nicht«, erwiderten sie ihm, »der die Granatäpfel zubereitet, die eben ein Diener hier kaufte?« – »Freilich bin ich‘s!« antwortete Hasan; »niemand kann sie so gut, wie ich, zubereiten.« Sie schrieen ihn an, schimpften ihn, zerschlugen alles, was noch ganz war; eine Menge Leute sammelte sich um den Laden und alle sagten: »Hier geht etwas Großes vor.« Hasan schrie immerfort: »O ihr Muselmänner, warum habe ich mir denn durch meine Speise eine solche Behandlung zugezogen? Warum zerbrecht ihr alle meine Geschirre und verwüstet meinen ganzen Laden?« Man antwortete ihm wieder: »Bist du es nicht, der Granatäpfel zubereitet?« – »Freilich«, erwiderte er, »doch was ist daran Böses?« Die Leute schrieen wieder auf ihn ein und schmähten ihn, umgaben ihn von allen Seiten, nahmen die Binde von seinem Turban, banden ihn damit fest und schleppten ihn mit Gewalt zum Laden hinaus.

Hasan geriet in den heftigsten Zorn; er schrie laut weinend: »Was war denn mit diesen Granatäpfeln, daß ihr mich deshalb so mißhandelt?« Die Leute gaben ihm wieder dieselbe Antwort. Als sie mit ihm in die Nähe des Zeltes kamen, holte sie der Adjutant des Sultans mit seinen Schergen ein; er trieb die Leute weg, die sich um Hasan versammelt hatten, schlug ihn mit dem Stocke auf die Schultern und fragte ihn auch wieder: »Hast du nicht die Granatäpfel zubereitet?« Hasan taten die Schläge so weh, daß er weinend fragte: »Was ist denn mit diesen Granatäpfeln?« Der Adjutant stieß und schimpfte ihn und sagte seinen Leuten: »Schleppt diesen Hund nur immer fort!« So wurde Hasan unter Toben, Schimpfen und Schlägen in das Zelt geschleppt. Man wartete dort, bis der Vezier vom Statthalter von Syrien, bei dem er sich verabschiedet hatte, zurückkam, und stellte ihm dann Hasan vor. Als Hasan seinen Oheim Schemsuddin sah, weinte er und fragte wieder, was er verschuldet? »Hast du nicht die Granatäpfel zubereitet?« erwiderte ihm der Vezier, ihn dabei so heftig anschreiend, daß ihm fast der Atem ausging. »Jawohl!« antwortete Hasan; »doch sagt mir endlich, was ich dabei für ein Verbrechen begangen; soll ich etwa deshalb hingerichtet werden?« – »Du sollst es bald erfahren«, antwortete der Vezier. Er rief dann seine Leute und gab ihnen Befehl, aufzubrechen. Sie legten sogleich die Zelte zusammen, ließen die Kamele und Dromedare niederknien und sperrten Hasan in eine Kiste, schlossen sie zu und luden sie auf ein Dromedar; die Reise ging immerfort bis sie nach Ägypten kamen. Vor der Stadt Kahirah ließ der Vezier die Kamele niederknien, und Hasan aus der Kiste herauskriechen. Er ließ dann Holz herbeischaffen, berief einen Schreiner zu sich und sagte zu diesem: »Mache mir einen hölzernen Galgen.« Hasan fragte: »Mein Herr, was willst du mit diesem Galgen?« —»Dich hängen, daran nageln und dich dann so in der Stadt herumführen lassen«, erwiderte der Vezier, »weil du so schlechte Granatäpfel gekocht, und zu wenig Pfeffer dazu genommen hast.«

»Wie«, sagte Hasan, »weil an den Granatäpfeln zu wenig Pfeffer war, habt ihr meinen Laden verwüstet und mein Geschirr zerbrochen? O ihr Muselmänner, um ein bißchen Pfeffers willen habt ihr mich also gebunden und in diese Kiste gesperrt, in der ich Tag und Nacht geplagt wurde, indem ich selbst das wenige Essen, das ihr mir hineingereicht, darin verzehren mußte: darum habt ihr mich gefesselt und wollt mich nun hängen lassen? O ihr Muselmänner, und dies alles, weil die Granatäpfel nicht genug gepfeffert waren; verdient denn ein solches Vergehen eine so grausame Strafe? Nie«, setzte Hasan laut weinend hinzu, »ist einem Menschen etwas ähnliches begegnet. Man schlägt mich, verwüstet meinen Laden, plündert mich aus und will mich noch dazu hängen, weil ich die Granatäpfel nicht genug gepfeffert habe! Gott verdamme die Granatäpfel, wäre ich doch gestorben, ehe ich sie gekocht!« Immer heftiger flossen seine Tränen, als er schon die Nägel womit er angenagelt zu werden fürchtete, vor seinen Augen liegen sah; als aber die Nacht heranbrach, ließ der Vezier Hasan wieder in die Kiste sperren, schloß sie zu und sagte ihm: »Wir haben jetzt doch nicht mehr Zeit, dich festzunageln, du kannst also diese Nacht noch in der Kiste bleiben.« Hasan hörte nicht auf zu weinen, und tröstete sich endlich damit, daß er sagte: »Es bleibt mir keine andere Zuflucht als die himmlische Macht übrig. Ich soll angenagelt werden, und habe weder gemordet, noch gelästert, noch Gott verleugnet, nur zu wenig Pfeffer an die Granatäpfel getan!« Während Hasan so jammerte, ließ der Vezier die Kiste wieder auf ein Dromedar laden und in die Stadt tragen, nachdem schon alle Bazare geschlossen waren; er ließ dann vor seinem Hause still halten, wo auch die übrigen Kamele niederknieten. Während nun alles abgeladen ward, sagte der Vezier zu seiner Tochter Sittulhasan: »Meine Tochter, gelobt sei Gott! der dich wieder mit deinem Gatten und Vetter vereint; laß im Hause sogleich alles in Ordnung bringen und so wieder einrichten, wie vor zwölf Jahren an deiner Hochzeitsnacht.« Es wurden dann Wachskerzen und Lampen angezündet, der Vezier nahm das Papier, worauf geschrieben war, wie alles in der Hochzeitsnacht geordnet gewesen, zur Hand, und las es den Dienern vor und es ward alles an den nämlichen Ort gestellt, wie vor zwölf Jahren; auch der Turban Hasans wurde auf den Stuhl gelegt, wie er es selbst in jener Nacht getan; die Beinkleider und der Beutel mit 1000 Dinaren wurden ebenso unter die Matratze gelegt. Der Vezier sagte hierauf zu seiner Tochter: »Gehe in das Nebenzimmer, ziehe dich gerade so an, wie in der Nacht, wo dein Gatte bei dir ruhte, sage ihm dann: du bist wohl lange ausgeblieben, mein Herr« bitte ihn auch, daß er sich wieder niederlege, unterhalte dich mit ihm bis morgen früh, dann erst wollen wir ihm die ganze Geschichte entdecken.«

Der Vezier, fuhr Djafar in seiner Erzählung vor dem Kalifen fort, ging dann zu Hasan, entfesselte ihn und zog ihm seine Kleider bis auf das Hemd aus. Dieser ging langsam vorwärts, bis er an die Türe des Zimmers kam, in welchem man vor zwölf Jahren die Braut vor ihm geschmückt hatte; als er den Kopf ins Zimmer steckte, erkannte er den Vorhang, das Bett und den Stuhl; er war sehr erstaunt, trat dann mit dem einen Fuße ins Zimmer, und war ganz verwirrt im Kopf. »Gelobt sei der erhabene Gott!« rief er dann aus, »wache oder träume ich?« Er rieb sich die Augen, Sittulhasan hob aber den Vorhang ein wenig in die Höhe und sagte: »O mein Herr! wie lange bist du ausgeblieben, lege dich doch wieder ins Bett!« Wie Hasan ihre Stimme hörte und ihr Gesicht sah, wunderte er sich sehr und sagte lachend: »Bei Gott! das ist gut. Ich bin wirklich lange weggeblieben.« Er trat sodann ins Zimmer, und alles, was ihm seit zwölf Jahren widerfahren, drehte sich ihm im Kopfe herum, er konnte mit der Geschichte nicht ins klare kommen. Als er nun gar den Stuhl mit seinem Turban, Oberkleid und Tuch erblickte, und unter der Matratze seine Beinkleider und den Beutel wiederfand, lachte er wieder und sagte: »Bei Gott! das ist gut.« Sittulhasan aber fragte ihn: »Was lachst du so, mein Herr, und worüber bist du so verwundert?« Er lachte wieder, als er dies hörte, und fragte: »Wie lange bin ich wohl ausgeblieben?« Sittulhasan aber rief: »Hast du die Besinnung verloren? Es ist kaum eine kleine Weile, daß du dich von meiner Seite rissest, und ins Nebengemach gingst.« Er lachte wieder und sagte: »Bei Gott! du hast Recht, meine Gattin, es ist mir aber doch, als wäre ich von dir fort gewesen; ich habe wohl in meiner Abwesenheit die Besinnung verloren, dann geschlafen, und mir ist‘s, als hätte ich geträumt, daß ich in Damaskus gewesen und dort zehn Jahre als Koch gelebt habe; es kam dann ein Knabe mit einem Sklaven —« Hasan griff hier mit der Hand an seine Stirne und fand die Narbe, die ihm Adjib gemacht und sagte: »Es ist doch wahr, bei Gott! er hat mich mit einem Steine getroffen und meine Stirne geritzt; ich muß also doch gewacht haben.« Er setzte hinzu: »Beim Allmächtigen: mir ist‘s, nachdem ich an deiner Seite geruht, als wenn ich geträumt habe, ich sei nackt nach Damaskus gegangen und sei dann dort Koch geworden; ferner habe ich geträumt, daß ich Granatäpfel gekocht, die nicht genug gepfeffert waren; wahrhaftig, ich habe sehr lange geträumt.« – »Was hast du denn noch im Traume gesehen?« fragte Sittulhasan; »erzähle mir alles.« – »O meine Gebieterin«, fuhr er fort, »wenn ich nicht schnell erwacht wäre, so hätten sie mich an den Galgen genagelt.« – »Und weshalb?« fragte Sittulhasan. – »Weil ich die Granatäpfel nicht genug gepfeffert habe«, antwortete er; »sie haben auch deshalb meinen Laden verwüstet und mein Geschirr zerbrochen, auch haben sie mich gefesselt, in eine Kiste gesperrt, bei einem Schreiner einen Galgen bestellt, um mich daran zu nageln, weil an den Granatäpfeln nicht genug Pfeffer gewesen war. Nun gottlob! daß mir alles dies nur im Traume widerfahren und nicht in der Wirklichkeit.« Sittulhasan lachte und drückte ihn an ihr Herz. Dann sagte er wieder: »Ich habe doch alles dies wachend erlebt, und kann aus dieser Geschichte nicht klug werden; es gibt keine Zuflucht und keine Macht, außer bei Gott.«

So brachte Hasan diese Nacht zu; bald sagte er, ich habe geträumt, dann wieder, ich habe gewacht; er betrachtete eine Weile das Zimmer, die ganze Einrichtung und die Braut und sagte: »Bei Gott! ich habe nicht einmal eine ganze Nacht hier geschlafen.« So war er in Verwirrung bis zum Morgen, da kam sein Oheim und wünschte ihm einen guten Tag. Als Hasan ihn betrachtete und ihn für den Vezier von gestern erkannte, schrie er erschrocken: »O weh! o weh! hast du nicht befohlen, daß man mich schlage, mißhandle, fessle und annagle, weil meine Granatäpfel nicht genug gepfeffert waren?« Der Vezier antwortete ihm: »Nun ist alles klar und die ganze Wahrheit bekannt; du bist mein echter Neffe, und alles, was ich getan, war nur, um die Wahrheit zu ergründen, du hast meine Tochter in jener Nacht umarmt, du kennst deinen Turban und deine Beinkleider, den Brief, den dein Vater, mein Bruder, geschrieben, und den du in dem Käppchen aufbewahrt, es ist kein Zweifel, mehr, daß du es bist, denn ein anderer hätte von all dem nichts gewußt.« Er sprach dann folgenden Vers:

»Das Schicksal bleibt sich nicht immer gleich, es geht nicht anders: bald kommt Trauer bald Freude.«

Er führte dann auch seine Mutter zu ihm; als sie ihn sah, fiel sie über ihn her, weinte und sprach folgende Verse:

»Bei unserem Wiedersehen klagten wir einander, was wir gelitten. Nicht durch die Zunge eines Boten lassen sich Klagen gut mitteilen. Die Trauer einer gemieteten Klagefrau gleicht nicht der eines wirklich betrübten Herzens, und nicht mein Bote mir selbst.«

Sie erzählte ihm dann, was sie ausgestanden, seitdem er von ihr sich entfernt, er verkündete ihr, was er gelitten; sie lobten Gott über ihre Wiedervereinigung. Den folgenden Tag berichtete der Vezier alles dem Sultan; er wunderte sich so sehr über diese Geschichte, daß er sie aufschreiben und aufbewahren ließ. Der Vezier mit seiner Tochter und seinem Neffen lebte noch lange Jahre in den besten und angenehmsten Verhältnissen, sie aßen und tranken und belustigten sich, bis sie den Todeskelch leeren mußten. Dies, Beherrscher der Gläubigen! ist die Geschichte des Veziers aus Kahirah und des Veziers aus Baßrah. – Der Kalif sagte: »O Djafar, diese Geschichte ist höchst wunderbar.« Auch ließ er sie sogleich aufschreiben und aufbewahren und schenkte dem Sklaven die Freiheit und dem jungen Manne eine seiner schönsten Sklavinnen, und gab ihm so viel, als er zu leben brauchte; er blieb in der Umgebung des Kalifen, bis der Tod sie trennte.

Geschichte des Buckligen

Es lebte einst in den Städten Baßrah und KaschgarWahrscheinlich lebte er zuerst in Baßrah und zog später nach Kaschgar, in anderen Ausgaben liest man entweder nur »Baßrah« oder nur »in einer chinesischen Stadt.« ein Schneider, der eine schöne und ganz für ihn passende Frau hatte. Eines Tages, als er in seinem Laden saß, kam ein buckliger Mann, setzte sich neben seinen Laden, fing an zu singen und dabei auf eine Trommel, die er bei sich hatte, zu schlagen. Der Schneider dachte: Wie wäre es, wenn ich diesen Buckligen mit mir nähme, um mich und meine Leute diese Nacht mit ihm zu belustigen? Er ging dann sogleich auf den Buckligen zu und sagte ihm: »Willst du wohl mit mir nach Hause gehen und diese Nacht mein Gast sein?« – »Recht gern«, erwiderte der Bucklige, »es verwirklichen sich dadurch meine schönsten Träume.« Der Schneider nahm ihn mit nach Hause und gab ihm etwas Fische zu essen, die er gerade im Hause hatte. »Während des Essens nahm ich«, so erzählt der Schneider, »ein Stück Fisch und stopfte es dem Buckligen in den Schlund; es blieb ihm aber im Halse stecken und er starb daran augenblicklich. Da ich mich sehr fürchtete, ging ich mit meiner Frau zu einem jüdischen Arzte, der in unsrer Nähe wohnte; ich klopfte an seine Türe, es kam eine Sklavin herunter und machte uns auf; ich sagte ihr: »Geh, sage deinem Herrn, es sei hier ein Mann mit seiner Frau und einem kranken Menschen, den er untersuchen möge.« Ich gab der Sklavin für ihren Herrn auch sogleich einen halben Dinar. Während nun die Sklavin sich entfernte, trug ich den Buckligen die Treppe hinauf, ließ ihn an der Treppe liegen und machte mich mit meiner Frau aus dem Staube. Die Sklavin war indessen zu ihrem Herrn gegangen und hatte ihm gesagt, »Mein Herr, man hat unten einen kranken Mann vor das Haus gebracht, und hier schickt man dir einen halben Dinar, damit du nach ihm sehen und ihm verschreiben mögest, was ihm gut ist.« Als der Jude sah, daß man ihm einen halben Dinar gab, bloß um die Treppe hinabzusteigen, freute er sich so sehr, daß er schnell im Dunkeln aufstand; er gebot der Sklavin, ein Licht anzuzünden, ging einstweilen ohne Licht schnell hinunter, aber bei seinem ersten Tritt stolperte er an den Buckligen hin, so daß er die ganze Treppe hinunterrollte. Der Jude rief erschrocken der Sklavin, sie solle doch geschwind ein Licht bringen. Als die Sklavin Licht brachte und der Jude den Buckligen unten an der Treppe tot fand, schrie er: »O Esra! o Moses! o Aron! o Josua, Sohn Nuns! ich bin an diesen kranken Menschen gerannt, so daß er die ganze Treppe hinuntergefallen und getötet ist: Wie kann ich nun den Erschlagenen aus meinem Hause bringen? O Esel Esra‘s!D. h. könnte er doch wie Esras Esel wieder zum Leben zurückkehren! Vergleiche darüber Koran II. 261.« Er brachte dann den Toten hinauf ins Zimmer und erzählte die ganze Geschichte seiner Frau; diese sagte ihm: »Was zauderst du so lange? es ist bald Tag, und ist dann der Tote noch bei uns, so ist‘s um uns geschehen? du bist ein unbeholfener Mensch und weißt dir nicht zu raten.« Sie sprach dann folgende Verse:

»Du hast eine gute Meinung von der Zeit, wenn du einen schönen Tag siehest, und fürchtest sogleich kein Unglück mehr vom Schicksale. Du läßt dich durch einige ruhige Tage leicht täuschen, doch trifft das Unglück auf einmal in den heitersten Nächten ein.«

Dann sagte die Frau zu ihrem Manne: »Besinne dich nicht lange; komm, wir wollen sogleich den Toten auf das Dach tragen und ihn in das Haus unseres Nachbarn, des ledigen Muselmanns, werfen.« Der Nachbar des Juden war Aufseher über die Küche des Sultans; er brachte oft viele Fettigkeiten nach Hause, weshalb er sehr von Katzen und Mäusen geplagt wurde, die fressen kamen, was er nach Hause gebracht und manches fortschleppten. Der Jude und seine Frau trugen also den Buckligen aufs Dach, gingen langsam damit bis ans Zimmer des Aufsehers und ließen ihn ganz gerade hinunter, bis er mit den Füßen auf den Boden kam; sie lehnten ihn dann an die Wand und gingen davon. Aber kaum waren sie wieder in ihrem Hause zurück, als der Aufseher von einer Mahlzeit,Eigentlich eine Schlußmahlzeit, d. h. ein Essen, das bei Gelegenheit der Vollendung des Korans oder auch irgend eines anderen heiligen Buchs gegeben wird. der er mit einigen Freunden beigewohnt, zurückkehrte; es war Mitternacht und er hatte eine brennende Kerze in der Hand. Als er in sein Zimmer kam und einen Menschen in der Ecke an der Mauer unter dem Luftloche stehen sah, sagte er: »Bei Gott« das ist gut; nun sehe ich, daß ein Mensch und nicht Katzen und Mäuse mir mein Schmalz, mein Fleisch und mein Schwanzfett stehlen, nun habe ich ungerechterweise Katzen und Hunde gemordet, während du durch das Luftloch und das Dach herunter zu mir ins Zimmer kommst, um mich zu bestehlen. Aber bei Gott! ich will mit meiner eigenen Hand mich an dir rächen.« Er nahm dann einen Hammer, sprang auf den Buckligen zu, schlug ihn auf die Brust, so daß er umfiel, und dann schlug er ihn noch auf den Rücken. Als er ihm aber hierauf ins Gesicht sah und ihn tot fand, da schrie er laut und sagte: »Wehe mir! ich habe ihn erschlagen, nur beim erhabenen Gott gibt es nun Schutz und Kraft.« Er ward ganz blaß vor Furcht und sagte: »Gott verdamme das Fett und das Schwanzstück! Ich vertraue nur noch auf Gott und überlasse mich seiner Bestimmung.«

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