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Tausend Und Eine Nacht
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Tausend Und Eine Nacht

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Tausend Und Eine Nacht

»Rette nur dein Leben schnell, wenn du Gewalt befürchtest, und lasse das Haus den Verlust seines Erbauers ausrufen; leicht findest du ein anderes Land für das deinige, aber für dein Leben findest du kein anderes zum Ersatz.«

Der junge Mann schlüpfte schnell in seine Pantoffeln und schlug die Schleppe seines Kleides um sein Gesicht, aus Furcht, erkannt zu werden, und da er nicht wußte, wohin er sich wenden sollte, ging er auf das Grab seines Vaters zu, ließ dann sein Oberkleid wieder herunter, an welchem goldgestickte Knöpfchen waren, auf denen geschrieben stand:

»O du mit leuchtendem Gesichte wie Sterne oder Tau, ewig daure dein Ruhm und deine Ehre.«

Als er so in Gedanken fortwanderte, begegnete er einem Juden, der eben zur Stadt zurückkehren wollte; es war ein Geldwechsler und er trug einen Korb in der Hand.

Als der Jude Bedruddin sah, grüßte er ihn und küßte ihm die Hand; dann fragte er ihn: wohin er so spät wolle und warum er so verstört aussehe? Hasan antwortete ihm: »Ich habe ein wenig geschlafen, da erschien mir mein Vater im Traume; als ich nun erwachte, wollte ich noch vor Nacht schnell sein Grab besuchen.« Hierauf sagte ihm der Jude: »Ich weiß, daß dein Vater, unser Herr, vor seinem Tode Waren auf dem Meere hatte; es müssen nun bald mehrere Schiffe mit seinen Ladungen ankommen, und ich bitte dich, sie keinem andern, als mir zu verkaufen; ich gebe dir sogleich 1000 Dinare, wenn du die Ladung des Schiffes, das zuerst einlaufen wird, mir verkaufen willst.« Als Bedruddin einwilligte, nahm er einen versiegelten Sack aus dem Korbe, öffnete ihn und wog Bedruddin 1000 Dinare vor, und bat ihn, ihm ein paar Worte über diesen Kauf aufzuschreiben. Hasan nahm ein Stückchen Papier und schrieb darauf: »Hiermit verkauft Bedruddin Hasan dem Juden Ishak die Ladung des ersten einlaufenden Schiffes um 1000 Dinare, die er schon bar erhalten hat.« Dann bat ihn der Jude, das Papier in den Sack zu werfen, den er hierauf wieder zuband, versiegelte und sich umhing. Bedruddin verließ nun den Juden, um die Gräber zu durchstreichen, bis er zu dem seines Vaters gekommen war; er ließ sich auf demselben nieder, weinte und sprach folgende Verse:

»Seitdem ihr von Hause fern, ist kein Bewohner mehr darin. Wir haben keine Nachbarn mehr, seitdem ihr abwesend seid. Der Freund, mit dem ich mich dort unterhielt, ist nicht mehr mein Freund, und meine Spielgenossen scheinen mir nicht mehr meine Spielgenossen. Ihr seid fern, darum ist‘s der ganzen Welt unheimlich, die weitesten Länder und Gegenden sind von Dunkelheit umgeben. O hätte doch der Rabe, der unsere Trennung verkündigte, niemals Federn gehabt, hätte nie ein Nest ihn geduldet! Meine Geduld hat abgenommen, mein Körper ist abgezehrt; wie manchen Schleier hat der Trennungstag schon durchbrochen! Bald wirst du vergangene Nächte wiederkehren sehen, denn bald wird eine Wohnung (das Grab) uns wieder umschließen.«

Bedruddin weinte noch lange auf dem Grabe seines Vaters und verzweifelte über seine Lage, denn er wußte gar nicht, was beginnen und wohin sich wenden; endlich legte er sein Haupt auf das Grab, und schlief (gepriesen sei der, der nie schläft), bis tiefe Nacht die Erde bedeckt. Im Schlaf glitt sein Haupt vom Grabe herunter, und er lag auf dem Rücken mit ausgestreckten Händen und Füßen. Nun bewohnte diese Begräbnisstätte ein Geist, der Tag und Nacht auf diesen Gräbern von einem zum anderen schwebte; als dieser Geist nun eben aus einem Grabe hervorkam und umherfliegen wollte, sah er einen angekleideten Menschen auf dem Rücken liegen, über dessen Schönheit er, bei näherer Betrachtung, in die höchste Bewunderung ausbrach.

Bei diesem Anblick dachte der Geist, dies ist gewiß eine Huri, ein göttliches Geschöpf, um die Welt zu verführen. Er betrachtete ihn noch eine Weile, flog davon und erhob sich hoch in die Luft bis er in der Mitte zwischen Himmel und Erde schwebte. Hier stieß er an die Flügel eines anderen Geistes; er fragte: »Wer ist da?« – »Eine Fee!« ward ihm zur Antwort. – »Willst du, o Fee!« erwiderte hierauf der Geist, »mit mir auf meine Gräber kommen? du wirst sehen, was für einen Menschen der erhabene Gott geschaffen.« Als sie einwilligte, ließen sie sich miteinander auf das Grab nieder; da sprach der Geist zur Fee: »Hast du wohl in deinem ganzen Leben einen schönern Jüngling gesehen?« Als sie ihn näher betrachtete, sprach sie: »Gelobt sei der, dem nichts ähnlich ist; bei Gott! mein Bruder, erlaube mir, dir eine wunderbare Begebenheit zu erzählen, bei welcher ich diese Nacht in Ägypten zugegen war.« Als der Geist sie zu erzählen bat, fing sie wie folgt an: Wisse, daß der König von Kahirah einen Vezier hat, der Schemsuddin Mohammed heißt; dieser hat eine Tochter, die nun bald zwanzig Jahre alt wird und die größte Ähnlichkeit mit diesem Jüngling hat; vollkommen schön ist ihr Gesicht und ihr Wuchs ausgezeichnet. Als der Sultan von Kahirah von diesem schon erwachsenen Mädchen sprechen hörte, ließ er den Vezier rufen und sagte zu ihm: »Ich habe vernommen, du habest eine schöne Tochter; ich begehre sie von dir zur Gattin.« – Der Vezier antwortete: »Entschuldige, mein König, daß ich deinem hohen Willen nicht willfahren kann; du wirst mich nicht tadeln, gewiß wird deine Milde mir beistehen, wenn ich dir meine Gründe angebe. Du weißt, ich habe einen Bruder, der Nuruddin heißt und neben mir in deinen Diensten Vezier war. Einst saßen wir beisammen und plauderten über die Ehe und über unsere zukünftigen Kinder, da gerieten wir in so heftigen Streit, daß mein Bruder den folgenden Tag entfloh. Nachdem ich seit zwanzig Jahren keine Nachricht von ihm gehabt habe, hörte ich vor kurzem, daß er in Baßrah als Vezier gestorben und einen Sohn hinterlassen habe. Nun hatte ich aber von dem Tage an, wo meine Frau eine Tochter gebar, diese meinem Neffen bestimmt; mein Herr, der Sultan, kann ja unter vielen anderen Frauen und Mädchen wählen.«

Als der Sultan diese abschlägige Antwort hörte, ward er sehr zornig. »Wehe dir!« schrie er seinem Vezier zu: »ein Mann wie ich will deine Tochter heiraten, und du weisest ihn mit nichtigen Reden ab? Ich schwöre, daß sie den letzten meiner Sklaven heiraten soll!« Der Sultan sah jetzt zufällig einen jungen Stallknecht, der vorn und hinten bucklig war, im Hofe, und ließ ihn herbeirufen, sogleich wurden Zeugen bestellt, und der Vezier war gezwungen, den Ehekontrakt zwischen dem Buckligen und seiner Tochter auf der Stelle zu unterschreiben. Der Sultan schwur hierauf, daß der Bucklige sie noch diese Nacht umarmen müsse, nachdem er mit seiner Braut den Hochzeitszug in der Stadt gehalten haben würde. Es wurden nun alsbald Mamelucken mit Wachskerzen abgeschickt, die an der Türe des Bades den Buckligen erwarten sollten, um vor ihm herzugehen, der Tochter des Veziers wurden Kammerzofen gesandt, um sie anzukleiden und zu schmücken, und ihr Vater wurde streng bewacht, bis der Bucklige zu seiner Tochter kommen sollte. »Ich sah des Veziers Tochter«, fuhr die Fee fort, »und nie hatte mein Auge etwas Schöneres erblickt.« – »Du lügst!« erwiderte hierauf der Geist; »dieser Jüngling ist schöner als sie.« – »Beim Herrn des Himmels«, versetzte hierauf die Fee, »nur dieser Jüngling ist ihrer würdig, und es wäre schade, wenn sie in die Hände jenes Buckligen fiele.« Hierauf erwiderte der Geist: »Willst du, so vereinen wir die beiden jungen Leute, und tragen diesen Jüngling zu des Buckligen Braut.« – »Recht gern«, antwortete die Fee. »Wohlan«, sprach der Geist, »ich will ihn hintragen, du bringst ihn dann wieder zurück;« und sogleich umfaßte er Bedruddin und flog mit ihm in Begleitung der Fee in die Höhe, dann ließ er sich mit ihm an dem Tore der Stadt Kahirah nieder und setzte ihn auf eine Bank. Als ihn der Geist aufweckte, wollte er fragen, wo er wäre, weil er gleich sah, daß er in einer ihm ganz unbekannten Stadt sich befand; aber der Geist ließ ihm dazu keine Zeit, sondern überreichte ihm sogleich eine dicke Wachskerze mit den Worten: »Gehe in dieses Bad und mische dich unter die Besucher und ihre Sklaven, und folge ihnen bis ins Hochzeitsgemach, dann gehst du mit deiner Wachskerze wie ein Fackelträger voraus, zur Rechten des buckligen Bräutigams, und so oft dir Zofen und Sängerinnen begegnen, so greife in deine Tasche und werfe ihnen eine Hand voll Gold zu; sei nicht erstaunt über meinen Rat, denn er kommt von Gott, der zeigen will, wie er das, was seine Weisheit beschlossen, unter den Menschen ausführt.« – Hasan tat alles, was ihm der Geist befohlen.

Als er so dem Hochzeitszug voranging und Hände voll Gold ausstreute, ja sogar den Tamburin der Sängerinnen damit überschüttete, wußten die Leute nicht, was sie von ihm denken sollten, denn sie waren über seine Schönheit beinahe so sehr entzückt, als über seine Freigebigkeit. Als sie nun vor das Haus des Veziers, seines Oheims, kamen und die Türsteher denen, die nicht zur Hochzeit gehörten, den Eingang versperrten, weigerten sich die Sängerinnen, das Haus zu betreten, wenn dieser fremde junge Mann, der schönste und freigebigste, den sie je gesehen, nicht auch hineingelassen würde und schworen, die Braut dürfe sich nicht zeigen, wenn er, der sie so mit Gold überschüttete, nicht zugegen wäre. Als die Türsteher dies vernahmen, ließen sie Bedruddin in das Haus der Lust eintreten und setzten ihn auf die Bühne, die der Bucklige einnahm, und zwar zu seiner Rechten in dem Saal, wo die verschleierten Frauen der Fürsten, der Veziere, der Kammerbeamten und der übrigen Großen vom Fuße der Bühne bis zum Brautgemach zwei Reihen bildeten. Jede Frau trug eine große Wachskerze, und alle bewunderten den schönen Hasan, dessen Angesicht wie der Vollmond leuchtete und der schmiegsam wie die Zweige des Ban war; als sie mit den Kerzen ihn näher beleuchteten, waren sie noch mehr von seinem schönen Ansehen, als von dem gespendeten Golde entzückt. Sie winkten ihm freundlich zu, und wurden so bezaubert, daß jede von ihnen sich an seine Seite wünschte; dann aber sagten alle: »Kein anderes Weib, als unsere Braut, ist dieses jungen Mannes würdig, wie schade, daß sie diesem elenden Buckligen preisgegeben werden soll. Gottes Fluch erreiche den, der daran schuld war!« und alle verwünschten laut den Sultan; dann verspotteten die Frauen den Buckligen, der dasaß, mit dem Kopf tief in den Schultern. Nach einer Weile kamen die Sängerinnen mit Tamburinen und anderen Musikinstrumenten und führten die Braut in den Saal.

Während nun Bedruddin neben dem Buckligen auf einer Tribüne saß, kamen die Zofen mit seiner Base, die sie schon mit wohlriechenden Wassern gewaschen und die von Wohlgerüchen duftete. Schon hatte sie ihre Haare mit Moschusstaub bestreut und ihre Kleider mit dem feinsten Aloe und Ambra beräuchert. Es kamen dann Mädchen, um ihre Haare zu flechten und sie mit einem Schmucke zu zieren, der einer Kaiserin würdig gewesen wäre; sie trug ein goldgesticktes Kleid, mit allen möglichen Blumen, Vögeln und wilden Tieren gestickt, wobei die Augen und Schnäbel der Vögel aus Edelsteinen und ihre Füße aus rotem Rubin und grünem Smaragd waren; sie hingen ihr dann eine so prächtige Halskette um, aus großen Juwelen, daß das Auge ihren Glanz nicht ertragen und der Geist ihren hohen Wert nicht fassen konnte; die Braut war schöner als der Mond, wenn er in der vierzehnten Nacht des Monats scheint. Die Kammermädchen zündeten dann vor ihr weiße mit Kampfer besteckte Wachskerzen an, doch überstrahlte ihr Antlitz das Licht der Kerzen, ihre Augen waren schärfer als ein gezogenes Schwert, ihre dicht herabhängenden Augenbrauen bezauberten alle Herzen, rosig waren ihre Wangen, sanft schmiegten sich ihre Hüften, über den liebevollen Ausdruck ihrer Augen konnte man von Sinnen kommen; so zog sie, von vielen Mädchen mit verschiedenen Musik-Instrumenten umgeben, sich stolz wiegend daher, während die Frauen einen Kreis um Hasan bildeten, dessen vollkommene Schönheit aller Bewunderung anzog. Er war wie der Mond unter Sternen, mit glänzender Stirne, rosigen Wangen, marmornem Halse, strahlendem Gesichte, mit einem Ambramal auf den Wangen. Als der Bucklige seine Braut küssen wollte, kehrte sie ihm den Rücken und warf sich vor ihrem Vetter Hasan nieder; als darüber alle Anwesenden laut aufschrien, griff Hasan wieder in seine Tasche und warf Hände voll Gold unter sie, so daß sie ihn alle segneten und ihm durch Winke zu verstehen gaben, daß sie herzlich wünschten, er möge diese schöne Braut heimführen; alle Frauen freuten sich mit ihm und ließen den Buckligen allein sitzen, als wäre er ein Affe. Als Hasan die Braut näher betrachtete fiel ihm die Schönheit auf, mit der sie Gott vor allen anderen Geschöpfen ausgezeichnet; während die Diener neues Gold unter den Anwesenden auswarfen, worüber sich alle nicht wenig ergötzten.

Hasan war vor Freude ganz außer sich, als er die Braut sah, die ein strahlendes Licht verbreitete; sie hatte ein rotes Atlaskleid an, daß sie so gut kleidete, daß sie nicht nur Männern, sondern auch Frauen den Kopf verwirrte. Man nahm ihr aber nach einer Weile dieses Kleid ab und legte ein blaues Kleid an; wie der Mond strahlten dann ihre Wangen, freundlich lächelte ihr Mund, schwarze Haare schmückten ihr Haupt, fest eingeschnürt war ihr Busen und Arm und Hüfte waren schön geformt. In diesem Kleide konnte man folgende Verse auf sie anwenden:

»Sie erschien in einem blauen Gewande, azurfarbig wie der Himmel, aus ihrem Kleide erblickte ich einen Sommermond mitten aus einer Winternacht hervorleuchten.«

Als sie ihr nun ein drittes Kleid anzogen, ließen sie ihre langen, schwarzen Haarflechten über ihren Hals und einen Teil ihres Gesichtes herunterhängen; sie durchbohrte jedes Herz mit den Pfeilen ihrer Augäpfel; in diesem Aufzuge konnte man von ihr folgende Verse sagen:

»Als sie erschien und die Haare ihr Gesicht bedeckten, fragte ich: Hat sie wohl den Morgen mit der Nacht bedeckt? Man antwortete mir: Nein, sondern es verhüllen dunkle Wolken den Vollmond.«

Als sie das vierte Kleid anzog, glich sie der aufgehenden Sonne, sie warf sich hin und her wie ein Reh, und gefiel so, daß ihre Augenlider wie Pfeile das Herz der Anwesenden durchbohrten; wahr ist sie in folgenden Versen beschrieben:

»Die Sonne ihrer Schönheit umstrahlt so lieblich die Welt, daß, wenn sie mit lächelndem Gesichte sich zeigt, die helle Tagessonne sich wie eine Wolke verbirgt.«

Im fünften Kleid glich sie einem Zweige des Baumes Ban oder einer schmachtenden Gazelle, sie wußte durch ihre Bewegungen ihre stillsten Reize hervorzuheben; trefflich ist sie in folgenden Versen geschildert:

»Sie erscheint wie der Vollmond in einer freundlichen Nacht, mit zarten Hüften und schlankem Wuchse, ihr Auge fesselt die Menschen durch ihre Schönheit, die Röte ihrer Wangen gleicht dem Rubin, schwarze Haare hängen ihr bis zu den Füßen herunter; hüte dich wohl vor diesem dichten Haar! Schmiegsam sind ihre Seiten, doch ihr Herz ist härter als Felsen. Aus ihren Augenbrauen schleudert sie Pfeile, die immer richtig treffen und nie fehlen, so fern sie auch sein mögen.«

Der sechste Anzug, den sie nun anlegte, war grün, und so war sie schöner als der leuchtende Vollmond; die Sonne schämte sich vor ihren Wangen, sie war biegsamer als eine Lanze und bezauberte jedes Herz durch ihre Anmut.

So oft die Braut in einem neuen Anzuge erschien und des Buckligen ansichtig wurde, kehrte sie ihm den Rücken zu und trat vor Hasan hin, der dann die Sänger mit Gold überschüttete. Als man ihr nun das siebente Kleid angezogen, verabschiedeten sich alle Gäste, nur der Bucklige, Hasan und einige Hausbewohner blieben zurück; die letzteren gingen mit der Braut in ein Nebenzimmer, entkleideten sie und lösten ihre schönen Haare von dem glänzenden Schmucke ab. Da sagte der Bucklige zu Hasan: »Du hast durch deine angenehme Gesellschaft uns unterhalten, nun aber bitte ich, dich zu entfernen.« Hasan verließ das Gemach mit den Ausrufe: »In Gottes Namen!« Kaum betrat er den Hausgang, so traten die Geister zu ihm und fragten: »Wohin willst du? Sogleich wird ein Bedürfnis den Buckligen aus dem Kabinet entfernen, benutzte diesen Augenblick und erscheine im Gemache; wenn die Braut dich erblickt und dich anspricht, so sage: du seist ihr Mann, und der Sultan habe nur mit dem Buckligen seinen Scherz getrieben, dem man für seine Mühe schon eine Schüssel voll Speisen und zehn Silberstücke gegeben; begib dich dann zu ihr und genieße dein Glück, denn diese Geschichte ärgert uns, weil wir wohl wissen, daß nur du ihrer würdig bist.« Während sie dieses sagten, trat der Bucklige zur Türe heraus. Als er sich nach einiger Zeit wieder dem Saale nähern wollte, trat der Geist, in der Gestalt einer schwarzen Katze, aus einem Becken hervor und fing an zu miauen; als der Bucklige sie verscheuchen wollte, ward sie immer aufgeblasener, so daß sie bald die Größe eines jungen Esels erreichte. Der Bucklige erschrak und schrie um Hilfe; die Katze aber ward bald so groß wie ein Büffel, und sprach dann mit einer Menschenstimme: »Wehe dir, du Buckliger!« Der Bucklige, der aus Furcht seine Kleider verunreinigte, sagte: »Was willst du von mir, König der Büffel?« – »Wehe dir!« erwiderte der Geist, »du scheußlicher Buckel, die Welt möge dir zu eng werden! Wie wagst du es, meine Geliebte zu heiraten?« – »Was kann ich dafür, mein Herr Büffel?« erwiderte der Bucklige; »ich bin ja gezwungen worden, sie zu heiraten, auch wußte ich nicht, daß sie schon einen Büffel zum Geliebten habe; übrigens befehle nur, was ich tun soll.« – »Nun«, antwortete der Geist, »du sollst bis zu Sonnenaufgang diesen Ort nicht verlassen, aber ich schwöre dir, daß ich dich erwürge, wenn du von hier weichest; nach Sonnenaufgang kannst du deines Weges gehen, komme aber nie mehr in dieses Haus zurück, sonst werde ich dir bald ein schnelles Ende bereiten.« Er nahm hierauf den Buckligen, stellte ihn auf den Kopf, mit den Beinen in die Höhe, und sagte: »Ich werde hier bei dir Wache halten, rührst du dich vor Sonnenaufgang, so nehme ich dich an den Beinen und schlage dich in die Wand, als wärst du ein Nagel.« Während dieses Vorgangs zwischen dem Geiste und dem Buckligen versteckte sich Hasan, der den Augenblick der Entfernung des Buckligen schnell benutzte, hinter dem Fliegenvorhange des Bettes; nicht lange hernach trat die Braut mit einer alten Frau aus dem Nebengemache; die Alte blieb vor dem Vorhange stehen und sagte: »Hier hast du die, welche dir Gott geschenkt, du schmutziger Krüppel!« und verließ das Gemach. Als die Braut, die Sittulhasan hieß, Bedruddin erblickte, sagte sie zu ihm: »O mein Geliebter! bist du noch da? Bei Gott! ich wünschte, daß du mein Gatte wärest, oder wenigstens, daß du es gemeinschaftlich mit dem Buckligen sein könntest.« – »Wie«, erwiderte Bedruddin, »dieser Verdammte soll neben mir dein Gatte sein?« – »Ja, ist er denn nicht mein Mann?« fragte Sittulhasan. »Keineswegs«, versetzte Bedruddin, »wir haben nur gescherzt; hast du nicht bemerkt, wie die Kammerzofen und Sängerinnen dich immer nur mir vorstellten, als sie dich schmückten, und den Buckel verspotteten? Dein Vater weiß, daß wir diesen Buckligen um zehn Silbermünzen und eine Schüssel voll Speisen gemietet, und nun, da wir ihm seinen Lohn gegeben, bereits entfernt haben.« Als Sittulhasan dies hörte, lächelte sie und sagte: »Ich freue mich darüber unaussprechlich; du hast mit diesen Worten ein höllisches Feuer in mir ausgelöscht. Komm und rücke mich an deine Brust.« Bedruddin wickelte den Geldbeutel des Juden vorsichtig in seine Kleider und legte diese unter die Kissen, den Turban legte er auf den Stuhl zu dem übrigen und behielt nur ein baumwollenes Käppchen auf dem Kopfe. Sittulhasan streckte dann ihren Arm aus und sagte: »Komm, mein Teurer! und beglücke mich mit deiner Nähe.« Dann sprach sie folgende Verse:

»Komm in meine Arme, dann bin ich mit dem Schicksale zufrieden, wiederhole mir deine süßen Worte, denn meine Ohren lieben dein Gespräch, wie ich dich selbst liebe; so möchte nur meine Rechte dich immerfort umarmen!«

Bedruddin und Sittulhasan hielten sich fest umschlungen in seligem Entzücken, so daß wohl folgende Verse auf sie anzuwenden sind:

»Geh‘ zu deiner Geliebten und frage nichts nach dem Gerede mißgünstiger Leute, die nie der Liebe Hilfe gewähren. Keinen schöneren Anblick hat der Barmherzige geschaffen, als den zweier Liebenden, die sich fest umschlungen halten. Hat einmal ein Herz der Liebe sich geweiht, so vermögen die Leute eben so wenig gegen dasselbe, als gegen kaltes Eisen. Schenkt dir das Schicksal einen schönen Tag, so kannst du zufrieden sein; doch wo ist dieser Tag? O ihr, die ihr die Liebenden tadelt, könnt ihr denn so leicht ein verdorbenes Herz bessern?«

Als das Paar einige Stunden geschlafen, sagte der Geist zur Fee: »Geh, nimm Bedruddin und trage ihn vor Anbruch des Tages wieder an den Ort, wo er gestern war.« Die Fee ergriff ihn und flog mit ihm davon, so wie er war, in einem kostbaren Hemde mit goldenen Borten und in einem blauen Käppchen, und der Geist flog auf der anderen Seite. Als der erhabene Gott die Morgenröte heranbrechen ließ und die Gebetrufer die Minarette bestiegen, um des Allmächtigen Einheit zu verkünden, da schleuderten die Engel einen feurigen Stern gegen die Geister: der männliche Geist verbrannte, die Fee aber ließ Bedruddin schnell auf den Boden nieder und flog davon. Nun wollte das Schicksal, daß, als die Fee sich herunter ließ, sie gerade über einem Tore von Damaskus war; Bedruddin ward also hier niedergelegt. Als nach Tagesanbruch die Tore der Stadt geöffnet wurden und viele Leute herauskamen, sahen sie Bedruddin liegen, der, von den ausgestandenen Abenteuern des vorigen Tages ermüdet, noch fest schlief. Sie versammelten sich um ihn und sagten: »Das ist schön, die Geliebte dieses Jünglings hat ihm nicht einmal Zeit gelassen, sich anzukleiden.« Einer der Leute sagte: »Diese vornehmen jungen Herrn sind zu bedauern; gewiß war er betrunken und von einem Bedürfnisse getrieben, ist er auf die Straße gegangen und hat die Haustüre nicht mehr finden können.« So vermutete jeder etwas anderes; endlich erhob sich ein sanfter Wind, der Bedruddins leichte Kleidung aufwehte und den Leuten seinen schönen Körper zeigte; sie schrien alle: »Ach wie schön!« und dieses Geschrei weckte Hasan auf. Als er die Augen aufschlug und bemerkte, daß er auf der Straße lag, von vielen Leuten umringt, fragte er die Umstehenden: »Wo bin ich? und was wollt ihr von mir?« – Einige antworteten: »Als wir bei Tagesanbruch hierher kamen, fanden wir dich hier liegen, weiter wissen wir nichts von dir; sage du selbst, wo du diese Nacht geschlafen hast.« – »Bei Gott! ich habe in Kahirah geschlafen«, antwortete er. »Bist du närrisch?« versetzten die Leute; »du willst die Nacht in Kahirah zugebracht haben und bist morgens darauf in Damaskus?« – »Wahrhaftig«, erwiderte er, »ich war gestern den ganzen Tag in Baßrah, vergangene Nacht in Kahirah und nun bin ich hier.« Die Leute lachten ihn aus und behaupteten, er sei von Sinnen; dann bedauerten sie ihn, weil er so jung und so schön war und sagten ihm: »Nimm doch dein bißchen Verstand zusammen; gibt es denn einen Sterblichen auf der Welt, der des Tages in Baßrah, abends in Kahirah und den anderen Morgen in Damaskus sein kann?« – »Freilich!« antwortete Hasan; »gestern war mein Hochzeittag in Kahirah.« – »Du wirst dies geträumt haben«, sagten seine Zuhörer. Er dachte eine Weile: soll ich denn wirklich geträumt haben, daß ich nach Kahirah gekommen und daß man die Braut vor mir geschmückt hat? »Nein, bei Gott!« rief er dann, »es war kein Traum: wo ist denn der Beutel mit Gold gefüllt? wo ist mein Turban, mein Oberkleid und mein Sacktuch?« Er kam dann vor Verwirrung ganz außer sich.

Da die Leute abermals schrien: »Der Mensch ist besessen!« lief ihnen Hasan davon in die Stadt, durchzog viele Straßen, immer von einer Menge Volks gedrängt, bis er in den Laden eines Kochs sich flüchtete, der ehemals ein gefürchteter Räuber und noch jetzt allen Bewohnern von Damaskus ein Gegenstand des Schreckens war; da zerstreuten sich die Leute, die Hasan verfolgten. Auf die Frage des Kochs: wer er sei? erzählte Hasan seine ganze Geschichte, die wir nicht zu wiederholen brauchen. »Deine Erzählung ist wunderbar«, sagte ihm der Koch, »doch verheimliche sie, bis dir Gott seinen Beistand verleihen wird, und bleibe indessen bei mir hier im Laden; ich habe ohnehin kein Kind und will dich daher an Kindes Stelle annehmen.« Als Hasan darein willigte, kaufte der Koch sogleich Kleider für ihn und erklärte vor Zeugen, daß er ihn als seinen Sohn anerkenne; so galt er denn in der ganzen Stadt für den Sohn des Kochs. So weit, was Hasan betrifft; nun kehren wir zu seiner schönen Base Sittulhasan zurück. Als diese bei Tagesanbruch erwachte und Hasan nicht an ihrer Seite fand, dachte sie, er sei hinauszugehen gezwungen worden. Sie saß eine Weile aufrecht im Bette, ihn erwartend; da kam ihr Vater Schemsuddin, der noch über den gestrigen Vorfall beim Sultan und über die darauf erfolgte gezwungene Ehe seiner Tochter mit einem gemeinen buckligen Sklaven bestürzt war. Er blieb an der Türe des Kabinets stehen und rief: »Sittulhasan!« Sie antwortete: »Hier bin ich zu deinen Diensten!« sprang vom Bette auf, lief ihm entgegen und küßte ihm die Hand. Ihr Gesicht hatte durch die Umarmungen der schönen Gazelle noch an Schönheit und Glanz zugenommen. Als ihr Vater sie so munter sah, rief er aus: »Verdammtes Weib, wie kannst du mit diesem verfluchten Buckligen dich so freuen?«

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