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ER: Wei?t du, was? Du redest zu viel. Schweig lieber und trink!
SIE: Ich will nicht. Ich mag keinen Wodka.
ER: Hast du etwa mit Champagner gerechnet?
SIE: (DenTon ?ndernd.) Ich rechnete wenigstens mit einfacher H?flichkeit. H?flichkeit eines Mannes in Beziehung zu einer Frau. Eines Menschen in Beziehung zu einem anderen Menschen. Ich habe Ihnen noch nicht meinen Preis genannt, aber Sie haben mich schon als Hure beschimpft. Dazu duzen Sie mich noch, obwohl ich Sie h?flich anrede. (Erhebtsich.) Und nun, leben Sie wohl. Ich werde Sie nicht l?nger langweilen. (L?sst ihn alleine und geht zu ihrem Tischchen zur?ck.)
Pause. SietrinktlangsamihrenkaltgewordenenKaffee. Er steht auf, setzt sich aber wieder, nimmt wieder ein Papier zur Hand, aber er kann sich offenbar nicht konzentrieren. Das Papier zur Seite werfend geht er mit entschlossenen Schritten zu ihr und setzt sich neben sie. Sie bremst ihn.
SIE: Ich erlaube Ihnen nicht, Platz zu nehmen.
ER: (Sicherhebend.) Entschuldigen Sie. (Geht um zwei Schritte zur?ck und tritt wieder an den Tisch. Sehr h?flich.) Verzeihen Sie, ist hier nicht besetzt?
SIE: Frei.
ER: Darf ich mich setzen.
SIE: Bitte.
ER: Ich danke Ihnen. (Setzt sich, schweigt.) Warum gingen Sie weg?
SIE: Von weitem schienen Sie mir ein intelligenter Mensch zu sein. Also entschloss ich mich wieder auf diese Entfernung zur?ckzugehen. Aber ach, die Illusion hat sich nicht wiederholt.
ER: Ich gebe zu, ich war wirklich ein bisschen grob zu Ihnen.
SIE: „Ein bisschen“?
ER: Sehr. Ich bedaure.
SIE: Freut mich, das zu h?ren.
ER: Wer immer Sie auch sind, ich h?tte mich h?flich benehmen sollen. Sie hatten Recht, mich zurechtzuweisen. Ich habe Sie nicht sofort gesch?tzt und mich zu Ihnen ziemlich nachl?ssig und herablassend verhalten.
SIE: Und ich war ziemlich direkt, was ich auch bedaure. Angenehm zu sehen, dass Sie sich jetzt wie ein richtiger Mann benehmen. Gehen sie davon aus, dass der Konflikt beigelegt ist.
ER: Ich war verpflichtet, mich zu entschuldigen, aber das ?ndert nichts am Charakter der Sache. Ihr Beruf weckt in mir nach wie vor keine Begeisterung, und an Ihren Diensten habe ich keinen Bedarf.
SIE: Nun gut, jetzt, nachdem wir uns beide entschuldigt haben, k?nnen Sie zu Ihrem Abendessen und Ihrer ?blichen Arbeit zur?ckkehren.
ER: (Erhebt sich, geht aber nicht weg.) Warum sollten wir nicht zusammen zu meinem Tischchen zur?ckgehen?
SIE: Und worin ist das besser, als meines?
ER: Und worin schlechter?
SIE: Sehen Sie, wenn sich eine Frau zu einem Mann setzt, dann wird das als unmoralisch empfunden, was Sie mir auch mit der Ihnen eigenen Feinf?hligkeit zu verstehen gaben. Und wenn sich ein Mann an den Tisch einer Frau setzt und beginnt, sie anzumachen, dann wird das, warum auch immer, als v?llig normal empfunden und wirft keinerlei Schatten auf einen von beiden. Deshalb bleibe ich wohl an meinem Tischchen. Hier f?hle ich mich wenigstens als Hausherrin. Und niemand kann sagen, ich w?rde mich irgendjemandem aufdr?ngen.
ER: Anders gesagt, Sie laden mich ein, mich hierher zu setzen?
SIE: Das habe ich nicht gesagt. Aber wenn Sie um meine Erlaubnis bitten, dann sage ich nicht ab.
ER: Verstehe. Also, erlauben Sie?
SIE: Ich gebe Ihnen eine Bew?hrungsfrist.
ER: Danke. (Ersetztsich. Es entsteht ein lange Pause.)
SIE: Nun, was schweigen Sie denn?
ER: Und was sollte ich sagen?
SIE: Da Sie sich schon zu mir gesetzt haben ist die Reihe an Ihnen, mich zu unterhalten
ER: Ihnen gelingt das besser.
SIE: Danke. ?brigens, Sie kennen meine F?higkeiten noch nicht in vollem Umfang. Wie sagte eine prahlerische Primadonna eines Singspiels, „meine volle Stimme gebe ich abends“.
ER: Das klingt vielversprechend.
SIE: Ich halte meine Versprechungen immer.
ER: Gestatten Sie noch einmal zu wiederholen: Sie sind eine interessante Gespr?chspartnerin und mit Ihnen zu reden bin ich bereit, so lange Sie wollen. Aber nicht mehr als das. Wenn Sie also mit einem Verdienst rechnen, dann verlieren Sie besser keine Zeit und suchen sich einen anderen Klienten.
SIE: Sie verhalten sich sehr seltsam. Gew?hnlich wollen M?nner ohne Gespr?che direkt zur Sache kommen. Sie aber bevorzugen Gespr?che und weichen von der Sache ab.
ER: Das, was Sie Sache nennen, kann jede Dahergelaufene. Aber hier, klug und interessant eine Unterhaltung zu f?hren, das kann bei weitem nicht jede. Eine S?nde, so eine Gelegenheit auszulassen.
SIE: Unter kluger und interessanter Unterhaltung verstehen Sie offenbar den Austausch von Grobheiten.
ER: Ich kann erkl?ren, warum ich so schroff mit Ihnen war. Ich sp?rte, dass man mich entern will. Das gefiel mir nicht, und ich war gezwungen, mich zu verteidigen. Wenn unsere weitere Unterhaltung ohne erotische Anspielungen verlaufen wird, werde ich mich frei f?hlen und mit Vergn?gen mit Ihnen ?ber Gott und die Welt plaudern.
SIE: Sagen Sie mir direkt, was Ihnen an mir nicht passt? Bin ich h?sslich? Langweilig? Unangenehm?
ER: ?berhaupt nicht.
SIE: Und wo ist dann das Problem?
ER: Nun, ?berlegen Sie selbst, warum sollte ich mich auf ein Abenteuer mit einer unbekannten Frau einlassen? ?u?erlich sind Sie anziehend, zweifelsohne. Wahrscheinlich wird es angenehm, mit Ihnen einzuschlafen, aber, vielleicht wache ich morgen auf und finde weder Geld noch Dokumente. Und vielleicht arbeiten Sie als Paar, mit einem Freund, der mir wegen meines Geldbeutels den Kopf einschl?gt.
SIE: Was sind Sie f?r ein gescheiter und vorsichtiger Mensch. An alles denken Sie.
ER: In Ihren Augen ist das ein Nachteil, ich wei?. „Aber bedauernswert ist der, der alles vorhersieht“…
SIE: Und warum f?rchte ICH Sie nicht? Sie k?nnen mich doch auch ausrauben.
ER: Ich – Sie?
SIE: Warum nicht? Ich habe ?brigens nicht wenig Geld bei mir. Hier, schauen Sie! (?ffnet die Handtasche.)
ER: (In die Tasche schauend.) Oho! Woher so viel?
SIE: Das habe ich in den letzten vier Tagen verdient. Ihr Freund schl?gt mir deshalb den Kopf nicht ein?
ER: Ich sehe, man bezahlt Ihnen nicht wenig.
SIE: Ich beklage mich nicht. Die Arbeit ist aber auch nicht leicht. Und erfordert eine hohe Qualifikation.
ER: Falls das kein Geheimnis ist, wie viel nehmen Sie?
SIE: Machen Sie sich keine Sorgen, wir einigen uns irgendwie.
ER: Ich frage nicht wegen mir, sondern im Allgemeinen.
SIE: Das h?ngt von der Zeit ab, von den finanziellen M?glichkeiten des Auftraggebers, von meiner Stimmung und noch von vielem mehr.
ER: Und trotzdem, wie viel?
SIE: Und wie viel ist es Ihnen wert?
ER: Gar nichts. Ich brauche das auch umsonst nicht. Ich interessiere mich nur aus Neugier.
SIE: Wissen Sie, was ich Ihnen sage? Wenn, zum Beispiel, in Spanien eine Dame einem Herren ein Treffen anbot – selbst in stockdunkler Nacht und an unbekanntem Ort – dann ging er dorthin, ohne zu z?gern, ohne an den Geldbeutel zu denken oder an Gefahren. So handelten richtige Caballeros.
ER: Aber wir sind nicht in Spanien und geben keine Mantel-und-Degen-Vorstellung. Wir sind in unserer tr?ben, t?glichen Wirklichkeit, wo es viel Hinterlist, Betrug, Verbrechen und Grausamkeit gibt. Zudem geht es nicht nur um meine Vorsichtigkeit.
SIE: Um was denn?
ER: Um offen zu sein, den L?ffel in den Brei zu stecken ist angenehm auf einem sauberen Teller und nicht in einem ?ffentlichen Spucknapf. Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht beleidigen.
SIE: Vielleicht wollten Sie das nicht, aber Sie haben beleidigt. Aber nicht mit groben Worten, nein, die habe ich schon von Ihnen geh?rt, sondern damit, dass Sie mich einfach nicht wollen. Und f?r eine Frau gibt es keine gr??ere Beleidigung, als zu wissen, dass sie unerw?nscht ist.
ER: Bitte, verlassen wir dieses Thema. Wir haben uns doch geeinigt.
SIE: Wir haben uns auf nichts geeinigt.
ER: Sprechen wir von irgendetwas anderem.
SIE: Lassen Sie uns lieber ?ber irgendetwas anderes schweigen. (Pause.)
ER: Da Sie keinen Wodka m?gen, bestellen wir vielleicht wirklich Champagner?
SIE: Nicht jetzt.
ER: Und wann dann?
SIE: Morgen fr?h.
ER: Den morgigen Morgen wird es nicht geben.
SIE: Wird es.
ER: Wird es nicht.
SIE: Und was wird? Nur die Nacht?
ER: Nichts wird. Ich hab? doch gesagt – kein Bett.
SIE: Das habe ich Ihnen auch nicht versprochen. Aber ?berhaupt, ein verheirateter Mann ist in zwei F?llen nicht zum Bett geneigt: Entweder hat ihn die Ehefrau so verzaubert, dass es ihn nicht zu anderen Frauen zieht, oder sie hat ihn so sehr abgestumpft, dass er daran den Geschmack verloren hat. Mit welcher dieser M?glichkeiten haben wir es in unserem Fall zu tun?
ER: (Br?sk.) Ich habe Sie, scheint es, gebeten, mein privates Leben nicht zu ber?hren. Kein Wort ?ber meine Frau. Und ?berhaupt, nicht ?ber mich zu reden.
SIE: Wor?ber dann?
ER: ?ber was Sie wollen, nur nicht ?ber mich.
SIE: Aber ich m?chte gerade nur ?ber Sie reden.
ER: Wozu brauchen Sie das?
SIE: Das brauchen SIE. SIE sind ungl?cklich. Sie haben niemanden, um die Seele auszusch?tten.
ER: Ich bin v?llig in Ordnung.
SIE: Und Sie f?rchten mich.
ER: Ich – Sie?
SIE: Ja, Sie f?rchten sich mir nachzugeben, aber noch mehr f?rchten Sie sich, mich zu verlassen, zur?ckzukehren in Ihr Zimmer und mit sich und Ihrer Schlaflosigkeit alleine zu bleiben. Gerade deshalb sitzen Sie mit mir und bieten mir Champagner an, obwohl Sie mich in Ihrer Seele verachten. Verachten und wollen. So ist es doch?
ER: Quatsch.
SIE: Das ist die Wahrheit.
ER: Nein, Sie irren sich.
SIE: Sie verachten nicht, sondern wollen nur?
ER: Nein.
SIE: Sie wollen nicht, sondern verachten nur?
ER: Sie k?nnen erstaunlich leicht reizen und sich an jedes Wort klammern.
SIE: Ich klammere, weil ich Sie angeln will. Ist das denn nicht verst?ndlich?
ER: Und das geben Sie zu?
SIE: Habe ich das etwa verheimlicht? Ich habe Sie doch von Anfang an darin best?tigt. Aber Sie f?rchten mich, warum auch immer.