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„Damon!“, schrie Alicia.
„Ich will nur sichergehen, dass wir uns verstehen“, sagte Damon und lehnte sich dann an die Wand auf der anderen Seite des Tischs.
„Wenn er es nicht verstanden hat… ich schon“, flüsterte Tasuki, obwohl die Gegensprechanlage im Moment stumm geschaltet war.
Alicia ging zu dem anderen Stuhl am Tisch und setzte sich hin, um dem Werwolf, der nun nachdenklich aussah, anzusehen.
„Was, zur Hölle, willst du?“, fragte der Wolf, der mittlerweile zu dem Schluss gekommen war, dass er sowieso sterben würde, egal ob er redete oder nicht. „Meinen sie, dass sie mich zum Reden bringen, indem sie ein hübsches Mädchen herschicken?“ Er lehnte sich ein wenig nach vor. „Es gibt nichts, was du tun kannst, wodurch ich mich gegen Lucca wenden würde. Ich muss dir etwas sagen, Süße, ich habe einen verdammten Harem, der da draußen auf mich wartet.“
Alicia lächelte sanft und beugte sich nach vor. „Da bin ich mir sicher, aber bevor du zu ihnen gehst, willst du noch meine Fragen beantworten. Ich suche eine Freundin von mir… sie ist verschwunden und ich wollte wissen, ob du sie gesehen hast.“
„Ich habe eine Menge Frauen gesehen“, sagte er mit einem gemeinen Grinsen, wobei er überhaupt nicht bemerkte, dass er schon gehorchte. „Aber ich habe schon lange keine Pumas unter meine liebenden Fittiche genommen.“
„Sie ist kein Puma“, sagte Alicia und legte ihren Kopf zur Seite, wurde ein wenig übermütig, als der Kopf des Wolfs ihrer Bewegung folgte. Sie zeigte ihre Überraschung nach außen nicht, als sie plötzlich ein merkwürdiges Bild von einer anderen Frau sah, und erkannte, dass es seine Gedanken waren, die sie sah… nicht ihre.
Alicia beschloss, die wenigen Erinnerungen, die sie wie Blitzlichter in seinem Kopf sehen konnte, zu ihrem Vorteil zu nutzen. „Meine Freundin ist ein Mensch, rotblondes Haar, grüne Augen und auf ihrem Rücken hat sie eine Tätowierung von Händen, die einen Kristall halten.“
Der Wachmann zog genervt seine Stirn in Falten. „Ja… diese heiße Nummer hatten wir vor ein paar Wochen. Lucca hat sie selbst genommen. Er nimmt sich die Guten immer selbst.“
Alicia legte ihren Kopf zur anderen Seite und er folgte ihr. „Wo ist Lucca?“, fragte sie sanft.
„Weiß nicht“, antwortete der Wolf mürrisch. „Er ist klug… erzählt nicht jedem alles… weißt du? Er hat so viele von uns, die in verschiedenen Bereichen arbeiten… niemand weiß, wo die anderen Bereiche sind. Damit wir, wenn wir auffliegen, die anderen nicht verraten können.“
Alicias Augen wurden größer, ihre Pupillen dehnten sich aus und sie zog den Werwolf noch tiefer in ihre Kontrolle. Seine Antworten wollten sie wütend machen, aber sie hielt die Emotion zurück.
„Wo findet ihr die meisten Frauen, die ihr entführt?“, wollte sie wissen.
„Manchmal in Tanzclubs oder dem schlechten Teil der Stadt, wo die Obdachlosen einfache Beute sind… niemand kümmert sich um sie und niemand wird sie vermissen.“
„In den Slums“, meinte Micah nachdenklich. „Das klingt logisch.“
„Wieso?“, fragte Titus.
„Alicia hat dort vor einiger Zeit schlechte Bekanntschaften gemacht“, antwortete Micah, als er sich an die beiden Werwölfe erinnerte, die sie in der Seitengasse ausgesaugt hatte. Er schob die Erinnerung weit weg. „Es ist keine schöne Gegend… viele Drogendealer und Prostituierte. Es gibt dort auch jede Menge Dämonenaktivität.“
„Und meine Freundin? Wo habt ihr sie gefunden?“, fragte Alicia, denn in der Erinnerung des Mannes hatte die Kleidung der Frau eher wie ein Abendkleid einer reichen Frau ausgesehen.
„Sie und diese Werwölfin haben vor über einem Monat gemeinsam im Night Light getanzt. Parker hat eine Droge in ihre Getränke gegeben und die beiden wussten nicht mehr, wie ihnen geschah.“
Micahs Stuhl fiel um, als er so schnell aufstand. „Sie haben sie einen Monat lang in diesem Käfig gehalten!“, donnerte er, unbeschreiblich wütend darüber, dass Frauen aus seinem Club entführt worden waren. „Ich hatte schon den Verdacht. Darum habe ich Anthony damit konfrontiert.“
Titus hob seine Hand abwehrend in Richtung Micah und drückte den Knopf der Gegensprechanlage. „Alicia, kannst du die Erinnerungen dieses Mannes verändern?“
„Es gibt viele Dinge, die ich im Moment mit ihm machen könnte“, sagte sie, ohne den gefangenen Werwolf aus den Augen zu lassen.
„Wir können ihn vielleicht später noch gebrauchen“, bemerkte Titus.
„Also willst du, dass ich seine Erinnerungen so verändere, dass er den Rest seines Lebens brav ist?“
Titus hob eine Augenbraue. „Das ist keine schlechte Idee… überzeuge ihn, dass er Teil meines Rudels ist und dass Lucca sein Feind ist. Und wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich, dass du mit den anderen vier Wachen, die wir gefunden haben, dasselbe machst.“
„Du könntest ihn dir gegenüber loyal machen und dann als Spion zurück zu Lucca schicken“, schlug Damon vor, wissend, dass Titus ihn hören konnte.
Titus zögerte, bevor er die Gegensprechanlage wieder anschaltete. „Werde ich ihm vollständig vertrauen können?“
„Alicia?“ Damon grinste, denn er wusste, dass sie diesen Typen am liebsten dazu bringen würde, seine eigenen Augen auszukratzen und seine Zunge zu verschlucken.
„Klar doch“, sagte Alicia mit einem zuckersüßen Lächeln.
Titus lächelte zufrieden, als Alicia noch ein paar ihrer eigenen Regeln hinzufügte… etwa, dass er an seinen freien Abenden Schwulenbars besuchte, und nie wieder eine Frau jeglicher Rasse sexuell anziehend fand
„Autsch“, sagte Micah und grinste von einem Ohr zum anderen.
„Ich habe noch nie so etwas gesehen“, flüsterte Tasuki.
Micah grunzte, als er das Lachen zurückhalten wollte. „Willkommen in unserer Welt. Das ist noch der normale Alltag verglichen mit einigen Dingen, die hier vor sich gehen.“
„Sieht so aus, als wäre sie fertig“, sagte Titus und drückte sich von der Wand ab, gerade als die Tür aufging.
„War das gut genug für dich?“, fragte Alicia grinsend.
„Perfekt wie immer“, lobte Micah.
„Ich bringe dich rüber auf die Polizeiwache, damit du mit den anderen arbeiten kannst“, sagte Titus aber schielte hinüber zu Damon, um seine Zustimmung einzuholen.
Alicia ging zu ihrem Bruder und umarmte Micah noch einmal. „Danke, dass du mich hier helfen lassen hast. Ich fand es richtig schön, gebraucht zu werden, und wenn ihr noch mehr böse Jungs schnappt, die eine Verbesserung brauchen können, ruft mich einfach an.“ Schnell löste sie sich aus seinen Armen und folgte Titus zur Tür hinaus.
Micah grinste ihr nach, aber sein Gesichtsausdruck wurde sofort wieder ernst, als er Damons Blick sah, der ihn aufspießte. Mit einem schweren Seufzen schüttelte er seinen Kopf und verdrehte die Augen, ehe er sich von dem Mann abwandte. Micah lehnte sich neben die Glasscheibe und betrachtete den Werwolf ausführlich, plötzlich blinzelte er überrascht, als ein Sprung im Glas direkt vor seinem Gesicht erschien.
Tasuki entfernte sich einen Schritt von dem Puma, als er einen goldenen Glanz in seinen Augen erscheinen sah. Der Anblick von goldenen Augen stachelte seine Erinnerungen an und das Bild des Mannes mit den goldenen Augen, den Kyoko einen Engel genannt hatte, suchte ihn heim. Die Geräusche im Zimmer entfernten sich und Tasuki schüttelte die Vision schnell wieder ab, als Micah mit der Faust in die Glasscheibe schlug. Das Fenster zersplitterte und der Werwolf, der noch im Befragungsraum saß, fuhr erschrocken zusammen.
„Beruhige dich“, sagte Tasuki leise.
Micah schüttelte seinen Kopf. „Er hält Alicia von ihrer Familie fern und denkt, dass alle nur auf eine Gelegenheit warten, sie ihm wegzunehmen.“
Tasuki verließ das kleine Zimmer und ging zum Aufenthaltsraum, sein Ziel… die Kaffeemaschine. Er hatte das Gefühl, dass, mit all den Visionen, die er hatte… Schlaf wohl keine gute Idee wäre. Bisher hatte er es zwei Tage ohne Schlaf durchgehalten… was würde ein weiterer schon ausmachen? Es war ja nicht so, als könnte er plötzlich verrückt werden, oder so… man musste normal sein, damit das geschehen konnte.
Nach ein paar Minuten völliger Stille ging Tasuki zu den Gefängniszellen, aber blieb stehen, als die Eingangstür geöffnet wurde, und Titus mit einem Grinsen auf seinem Gesicht eintrat.
„Damon scheint es ein wenig eilig zu haben, also programmiert er drei der Wachmänner gleichzeitig um, während Alicia den letzten bearbeitet“, erklärte er.
„Typisch“, rief Micah aus dem Beobachtungsraum.
Tasuki beschloss, die Bemerkung zu ignorieren. „Was ist mit dem ‚Herrn gehe nur noch in Schwulenbars‘, da drinnen?“, fragte er, wobei er mit dem Kopf in die Richtung des Befragungsraums nickte, wo der Werwolf noch immer an den Stuhl gekettet war.
„Wir werden ihn und die anderen Wachleute zu einem größeren Gefängnis auf der anderen Seite der Stadt transportieren. Nur zu dumm, dass sie den Fahrer überwältigen und unterwegs entkommen können werden“, antwortete Titus grinsend.
Tasuki runzelte die Stirn. „Was, wenn Lucca Verdacht schöpft?“
„Wenn wir nur einen der Wachmänner gehen lassen hätten, dann hast du recht… Lucca würde schnell Verdacht schöpfen. Darum lasse ich sie als Gruppe entkommen, sich gewaltsam den Weg aus dem Polizeigewahrsam kämpfen. Lucca wird ihnen wahrscheinlich noch eine verdammte Beförderung geben, dafür, dass sie uns eins auswischen“, antwortete Titus, der im Stillen Damon für die Idee dankbar war. „Übrigens, du musst etwas für mich tun.“
„Was denn?“, fragte Tasuki.
Titus hielt ihm die leere Parfumflasche hin. „Fahr zum Hexenbräu und kauf noch eine Flasche von dem Zeug.“
Tasuki griff nach der Flasche und hob eine Augenbraue über die geringe Größe. „Soll ich gleich mehr als nur eine kaufen?“
„Keine schlechte Idee“, antwortete Titus und drehte den Kopf, als er Micah knurren hörte. „Ich sollte wohl besser da reingehen, bevor Micah seine Frustration an diesem armen Typen auslässt.“
Kapitel 5
Jade zuckte, als sie Glas brechen hörte und öffnete ihre Augen einen Spalt weit. Nachdem sie erwartete hatte, den Käfig zu sehen, in dem sie den letzten Monat eingesperrt gewesen war, war sie im ersten Moment sehr verwirrt, als sie erkannte, dass sie auf einer kleinen Liege lag. Man hatte ihr wieder Drogen verabreicht… so viel wusste sie. Sie erinnerte sich noch an das Stechen des Betäubungspfeils, der auf sie geschossen worden war.
Langsam atmete sie ein, schnüffelte an der Luft, um eine Vorstellung von ihrer Umgebung zu bekommen. Die Gerüche hier waren anders… sauberer… nicht schmutzig wie in der Lagerhalle, in der sie gewesen war.
Je mehr die Wirkung des Betäubungsmittels nachließ, umso klarer wurde ihre Sicht. Jade bemerkte, dass die Gitterstangen anders waren, und weiter weg. Ohne sich zu bewegen, um nicht zu verraten, dass sie wieder wach war, suchte sie mit ihrem Blick die Umgebung ab und erkannte, dass sie recht hatte… sie war in einer Gefängniszelle, nicht mehr in dem normalen Käfig. Es war keine große Verbesserung, aber immerhin konnte sie sich weit genug von den Gitterstäben entfernen, sollten sie sie wieder mit diesem dummen Viehtreiber angreifen.
Sie konnte in der Ferne dumpf Stimmen vernehmen und hielt still, wartete darauf, dass all ihre Sinne wieder ganz wach wurden, sodass sie versuchen konnte, zu verstehen, was sie sagten. Sie erkannte den Geruch des Menschen, der sie aus ihrem Käfig befreien hatte wollen, und fühlte sich beruhigt, weil er in der Nähe war. Es gab keine Möglichkeit, die Sorge und das Mitgefühl, das aus seinen Poren geströmt war, vorzutäuschen.
Sie verzog leicht die Nase, als sie den Geruch von einem der Wachmänner aus der Lagerhalle in der Nähe wahrnahm, aber das war nichts im Vergleich zu dem unnachahmlichen Geruch eines Alpha-Mannes. Sie schluckte ihr Knurren hinunter, hasste alle Alpha-Männer und mit gutem Grund… es war der Verrat von mehr als nur einem Alpha gewesen, durch den sie überhaupt erst in dieser Situation gelandet war.
Sie beobachtete durch ihre langen Wimpern wie einer der Männer… offensichtlich der Alpha-Mann, aus dem Zimmer trat und an ihrer Zelle vorbeiging. Sie erinnerte sich daran, wie er neben dem älteren Werwolf gestanden hatte, der mit dem Betäubungspfeil auf sie geschossen hatte. Wieder musste sie ein Knurren zurückhalten, als sein mächtiger Geruch ihr direkt in die Nase strömte. Er hatte wahrscheinlich den Befehl gegeben, ihr ein Betäubungsmittel zu geben.
Nicht weit hinter ihm war der Menschenmann. Sie hielt den Atem an, als der Mann lange genug stehenblieb, um sie anzusehen und zu seufzen, ehe er weiterging.
„Geh und hol ihn da raus“, befahl Titus. „Und sieh zu, dass du dich nicht mit Damon in die Haare kriegst, wenn er noch da ist. Er und deine Schwester waren wirklich eine große Hilfe.“
Jade wartete, als sie Bewegungen hörte und eine neue Stimme etwas darüber murmelte, dass er Urlaub brauchte, ehe Schritte sich ihrer Zelle näherten. Sie sah zuerst den Katzenmenschen… einen stark aussehenden Mann mit schmutzig-blondem Haar und merkwürdig blauen Augen, der mit einer der Wachen aus der Lagerhalle vorbeiging.
Alles um sie herum schien zur Polizei zu gehören, aber hier war der Mann, der sie gefoltert hatte, und lief auf freiem Fuß herum, während sie noch immer in einem Käfig saß. Unfähig ihre Reaktion zu kontrollieren, sprang Jade von der Liege und warf sich auf die Gitterstäbe, die sie von dem Mann trennten.
„Nein!“, rief Tasuki, als er sah, dass die Wölfin wach war und sich gegen das Gitter warf, um zu dem bösen Mann, der zu einem Rudelmitglied geworden war, zu gelangen. „Beruhige dich“, sagte Tasuki und näherte sich vorsichtig der Zelle. „Du wirst dich verletzen.“
Jade fauchte und knurrte noch immer ihren einstigen Folterknecht an, während sie versuchte, sich zwischen den Gitterstangen hindurch zu quetschen. Dies war das Arschloch, dem es eine kranke Freude bereitet hatte, ihr ständig zu erzählen, was er mit ihr machen wollte, wenn die Hormone, die man ihr gespritzt hatte, zu wirken begannen. Wenn sie je in seine Nähe kommen konnte, würde er das eine Körperteil verlieren, mit dem er am meisten geprahlt hatte.
Der Wachmann erstarrte und starrte auf die Gefängniszelle und die Wölfin, als er fühlte, wie sein neues Gewissen sich so stark bemerkbar machte, dass ihm fast übel wurde wegen der Art, wie er sie behandelt hatte. Er atmete schnell ein und hob seine Schultern, fest entschlossen, zu helfen, die anderen Frauen zu befreien, um wiedergutzumachen, was er in der Vergangenheit getan hatte.
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