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Mattes Blut
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Mattes Blut

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Mattes Blut
Amy Blankenship

Als eine Werwölfin hatte Jade schon immer den Eindruck gehabt, dass alle Alpha-Männer einfach nur selbst-verliebte, mordende, Macho-Tyrannen sind, die die Mitglieder des Rudels nur als Trittsteine benutzen, um selbst zum König der Sippe zu werden. Sie musste es wissen. Ihr Bruder, ihr Verlobter und ihr Geiselnehmer waren alle Alphas der ärgsten Sorte. Nachdem sie alle Beweise hatte, die sie brauchte, um zu wissen, dass Alphas nichts Gutes bedeuteten, schwor Jade sich, dass sie niemals einem Werwolf, welcher Art auch immer vertrauen würde… und sich schon gar nicht in einen verlieben wollte. Es wird schwierig, diesen Schwur zu befolgen, als sie von einem blonden, blauäugigen Alphamann gerettet wird, der den Körper eines Griechischen Gottes hat. Egal wie engagiert sie auch kämpft, Jade fürchtet sich vor diesem einen Alphamann, gegen den sie verlieren wird.

Table of Contents

Kapitel 1 (#ulink_3ce4115c-d06d-5751-9e4a-ac58990cb71f)

Kapitel 2 (#ulink_39068266-fbf7-5314-9e27-8b577db64d5c)

Kapitel 3 (#ulink_dcb4561e-b8f3-542d-84c2-12c203f92156)

Kapitel 4 (#ulink_417a02b6-c392-5be3-a9cf-26fa34ece2bc)

Kapitel 5 (#ulink_085796dc-85ad-538f-b438-451dbe968ddd)

Kapitel 6 (#litres_trial_promo)

Kapitel 7 (#litres_trial_promo)

Kapitel 8 (#litres_trial_promo)

Kapitel 9 (#litres_trial_promo)

Kapitel 10 (#litres_trial_promo)

Kapitel 11 (#litres_trial_promo)

Kapitel 12 (#litres_trial_promo)

Kapitel 13 (#litres_trial_promo)

Kapitel 14 (#litres_trial_promo)

Kapitel 15 (#litres_trial_promo)

Kapitel 16 (#litres_trial_promo)

Mattes Blut

Blutsbündnis-Serie Buch 10

Amy Blankenship, RK Melton

Translated by Martina Hillbrand (https://www.traduzionelibri.it/profilo_pubblico.asp?GUID=fed007dfaf061d98c1cfff6a25035574&caller=traduzioni)

Copyright © 2012 Amy Blankenship

Zweite Auflage herausgegeben von Amy Blankenship

Ins Deutsche übersetzt von Martina Hillbrand

Alle Rechte vorbehalten.

Kapitel 1

Vor elf Jahren… LA, der Hogo-Schrein.

Tasuki lauschte der Stille des Hauses und langsam trieb sie ihn in den Wahnsinn. Er könnte jetzt auch nicht schlafen, wenn sein Leben daran hängen würde. Er kletterte aus seinem Bett und schaltete das Licht an, sodass er das Bild sehen konnte, das er in den Rahmen des Spiegels seiner Kommode gesteckt hatte. Es war das Bild der Schwester seines besten Freundes, das er genommen hatte, als niemand hingeschaut hatte.

Das Foto war perfekt, hatte festgehalten, wie das Sonnenlicht ihre schönen, smaragdgrünen Augen beleuchtete. An dem Tag, wo es aufgenommen worden war, musste es windig gewesen sein, denn es schien, als würde ihr Haar sich wie ein Rahmen um ihr süßes Gesicht ausbreiten.

Er hatte sich nie eine Freundin gewünscht, aber das kleine Mädchen, das ihn aus dem Foto ansah, war das Einzige, woran er im Moment denken konnte. Während er die Hand nach dem Bild ausstreckte, hielt er plötzlich inne, als er etwas Weißes im Hintergrund seines Spiegelbildes sah, das sich bewegte. Er drehte sich um und ging zum Fenster, um zum Haus der Nachbarn hinüberzusehen.

Er runzelte die Stirn, als er Kyoko erkannte, die ein weißes Nachthemd trug und auf ihrem Balkon stand. Was machte sie um diese Uhrzeit draußen? Tasuki öffnete vorsichtig das Fenster, wobei er hoffte, dass es nicht quietschen und seinen Vater aufwecken würde. Er stöhnte, als es auf halbem Wege stecken blieb, und er es mit Gewalt nach oben schieben musste, sodass es sich schließlich mit einem lauten Knall ganz öffnete.

Kyoko trat hinaus auf den kleinen Holzbalkon, der an ihr Schlafzimmer im oberen Stock grenzte. Die kühle Nachtluft fühlte sich angenehm an, als sie mit dem unteren Rand ihres knielangen Nachthemds spielte, und ihr nussbraunes Haar aus ihrem Gesicht blies. Smaragdgrüne Augen starrten hoch in den Sternenhimmel und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das nur ein glückliches Mädchen zustande brachte.

Es war schon fast Mitternacht, aber sie konnte nicht schlafen. Sie war zu aufgeregt. Es war fast ihr Geburtstag und dann würde sie zehn Jahre alt sein. All ihre Freunde aus der Schule würden zu ihrer Party kommen, sogar einige Freunde ihres Bruders Tama. Tama war ein Jahr jünger als sie, aber schon so viel größer. Doch sie war nicht eifersüchtig, sie liebte ihren Bruder über alles.

Tama hatte sie letztens verteidigt, als sie auf dem Heimweg von der Schule gewesen waren. Einige der Jungen aus der Schule hatten begonnen, sich über sie lustig zu machen, weil sie behaupteten, dass sie von einem verrückten alten Mann erzogen wurde, der jedem erzählte, dass es Dämonen wirklich gab. Einer der Jungen war sogar so weit gegangen, dass er behauptet hatte, dass er gehört hatte, wie sein Vater seiner Mutter erzählt hatte, dass die Leute aus dem Irrenhaus ihren Großvater mit einer Zwangsjacke holen kommen würden.

Kyoko hatte ihre Schultasche zu Boden geworfen und war auf den Jungen losgegangen, der solche Lügen erzählte. Er war ein böser Junge, dieser Yohji!

Die gemeinen Kinder hatten keine Chance gehabt, als Tama und Tasuki plötzlich aufgetaucht waren. Tasuki hatte sie von dem anderen Jungen weggezogen und sich zwischen sie und ihren Gegner gestellt, während Tama einen dicken Ast vom Boden aufgehoben und ihn wie einen Baseballschläger gehalten hatte.

Yohji hatte nur gelacht, wollte vor seinen Freunden gut aussehen und hatte Tama beschuldigt, dass er ebenso verrückt wäre, wie seine Schwester. Tama hatte ihm mit dem Ast auf den Arm geschlagen, sodass Yohji sich den Ellbogen hielt und vor Schmerz auf die Knie sank.

Als Yohjis großer Bruder ankam, um es Tama zurückzuzahlen, zögerte Tasuki keine Sekunde und schleuderte den größeren Jungen rückwärts gegen dessen Bruder. Kyoko hatte gedacht, dass der Kampf vorbei war, und war froh gewesen... aber Tama war noch nicht zufrieden.

Ihr Bruder hatte sich zu Tasuki umgedreht und geschrien: „Ich bin ihr Beschützer… ich! Nicht du!“

Kyoko kicherte über die Erinnerung an den wütenden Ausdruck auf Tasukis Gesicht. Es war dieser Ausdruck gewesen, der den bösen Jungs erst richtig Angst gemacht hatte. Sie hatte einschreiten müssen, um den Streit zwischen ihrem Bruder und Tasuki zu schlichten, ehe es alles vorbei war. Sie waren doch beste Freunde, um Himmels Willen, und es war einfach falsch, anzusehen, wie sie stritten.

Schlussendlich hatten sie sich beide darauf geeinigt, dass sie beide sie beschützen würden. Sie nannten sich jetzt ihre Beschützer… sie hatten sogar ein Blutsbündnis darüber geschlossen. Zumindest hatte Tama ihr das erzählt.

Schon alleine der Gedanke, dass sie von Beschützern umgeben war, gab Kyoko ein so angenehmes Gefühl, dass sie meinte, dass ihr nie etwas zustoßen könnte. Nachdem Tasuki im Haus nebenan wohnte, konnten sie immer gemeinsam zur Schule und nach Hause gehen, und die anderen Kinder würden sie in Ruhe lassen.

Ihr Lächeln wurde sogar noch glücklicher, als sie die alte Standuhr unten zwölf schlagen hörte. Es war Mitternacht vorbei, damit war sie jetzt offiziell zehn Jahre alt.

Sie schielte hinüber zu Tasukis Haus und ihr Gesicht erhellte sich, als sie sah, wie er an seinem Fenster stand, und sie beobachtete. Sie wollte gerade winken, aber plötzlich drehte er sich um und das Licht in seinem Zimmer ging aus, gleich nachdem er hinter dem Vorhang verschwunden war.

Kyoko biss sich auf ihre Unterlippe und fragte sich, ob sein Vater ihn dabei ertappt hatte, dass er so spät noch auf war. Sie verstand nicht, wieso Tasukis Eltern ihm überhaupt vorschrieben, wann er im Bett sein musste. Er war zwölf Jahre alt und in ihren Augen war er damit ein großer Junge. Wenn sie groß waren, würden sie heiraten… das hatte er ihr gerade heute noch gesagt.

Sie blickte hinaus auf den Teich, der hinter dem Schreinhaus ihres Großvaters angelegt war, und seufzte leise, als sie das Spiegelbild des Mondes in dem stillen Wasser sah. Kyoko legte ihren Kopf ein wenig zur Seite, als etwas von dem Schreinhaus ihre Aufmerksamkeit erregte und sie fragte sich, ob ihr Großvater noch innerhalb der Holzwände war. Sie hätte schwören können, dass er schon im Bett lag.

Mit einem angestrengten Blick auf das kleine Häuschen konnte sie ein blaues Leuchten in dessen Inneren erkennen. Sie kaute auf ihrer Unterlippe, als sie sich über das Geländer lehnte, um besser sehen zu können. Das Licht, das durch die Spalten in dem Holz schien, war… wie schwarzes Licht, aber blauer. Ihre smaragdgrünen Augen wurden schmal, als sie dachte, dass sie einen Schatten sah, der sich vor dem Licht bewegte, sodass sie hinuntergehen wollte, um nachzusehen.

Kyoko verzog das Gesicht und blies sich ihre Stirnfransen aus den Augen, als sie sich daran erinnerte, was das letzte Mal geschehen war, als sie dem heiligen Schreinhaus zu nahe gekommen war. Ihr Großvater war hineingegangen, und hatte die Tür einen kleinen Spalt breit offengelassen. Alles, was sie getan hatte, war, hineinzuspähen und er war völlig ausgerastet.

„Ich verstehe nicht, wo das Problem ist… es ist doch nur eine Statue einer Prinzessin“, flüsterte Kyoko noch einmal dieselben Worte, wie an jenem Tag.

Großvater hatte daraufhin die Tür zugeschlagen und sie versperrt. Er hatte so besorgt ausgesehen, als er sich umgedreht und ihr gesagt hatte, dass sie nie, niemals dort hineingehen durfte. Sie hatte es ihm sofort versprochen, denn wenn etwas ihrem Großvater solche Angst machte… wollte sie nichts damit zu tun haben. Doch das war vor ein paar Monaten gewesen und ihre Neugier nagte schwer an ihr.

Mit einem verschmitzten Lächeln schaute Kyoko über ihre Schulter in ihr Schlafzimmer, um sicherzugehen, dass die Luft rein war, ehe sie auf das Geländer kletterte und ihre Füße auf der anderen Seite hinunterhängen ließ. Wenn irgendjemand wach gewesen wäre und dies gesehen hätte, hätte sie große Probleme bekommen. Aber so zu sitzen war es allemal wert, eine Standpauke zu bekommen. Nachdem alles andere hinter ihr war, wo sie es nicht sehen konnte, hatte sie fast das Gefühl, durch die Nacht zu schweben, während sie auf das Wasser blickte.

Ihre Aufmerksamkeit kehrte wieder zurück zum Schreinhaus, als das blaue Licht plötzlich viel heller wurde, als würde ein Stern geboren werden. Mit einem blendenden Blitz explodierte es plötzlich. Die Tür des Schreinhauses wurde aus ihren Angeln gerissen und landete mit einem dumpfen Knall, der von einem lauten Platschen gefolgt wurde.

‚Ein Platschen?‘, dachte Kyoko.

Sie riss ihren Kopf wieder herum und schaute auf das glitzernde Wasser des Teiches, wo nun kreisförmige Wellen zu sehen waren, die sich von dem Punkt ausdehnten, wo etwas gerade hineingefallen war. Ohne an die gefährliche Höhe ihres Balkons zu denken, drehte sie sich um und ließ sich von den Händen von der Unterkante des Geländers hängen, ehe sie sich fallen ließ.

Kaum, dass ihre kleinen Füße im Gras landeten, lief sie los, aus Angst, dass ihr Großvater irgendwie ins Wasser geschleudert worden war. Von der kleinen Brücke aus sprang Kyoko ins Wasser, in die Richtung, von wo aus sich die Wellen kreisförmig ausbreiteten. Sie nahm sich nicht die Zeit, über das eisige Stechen des kalten Wassers nachzudenken, als sie mit kräftigen Stößen zum tiefsten Punkt des Teichs tauchte.

Sie wusste, dass es zu dunkel sein würde, um etwas zu sehen, aber trotzdem öffnete sie ihre Augen in dem trüben Wasser. Ihr Großvater war hier irgendwo und sie musste ihm helfen. Ihre Lippen öffneten sich überrascht, als sie doch etwas im Wasser sah… etwas, das so hell war, dass es fast blendete. Genau da, in der Mitte des Lichts war ein Engel und er sank langsam zum Grund des Teichs.

Sie konnte fühlen, wie das eiskalte Wasser in ihre Lungen schoss, als sie verzweifelt nach der leuchtenden Hand griff. Er war wunderschön und sah aus, als würde er schlafen. Flügel… er hatte silberne Flügel. Nachdem sie seine Hand fest gepackt hatte, zog sie so fest sie konnte, aber dadurch kam sie ihm nur näher. Sie versuchte, ihm etwas zuzurufen, aber dadurch gelangte nur noch mehr Wasser in ihre Lungen. Es tat nicht weh, aber ihr war kalt… und sie war so müde.

Kyoko fühlte, wie sich seine Finger um ihre Hand schlossen, und ihr letzter Gedanke war, dass ein Engel gekommen war, um sie in den Himmel zu bringen, damit sie wieder bei ihrer Mami und ihrem Papi sein konnte.

Toya kam ruckartig wieder zu Bewusstsein und öffnete seine Augen. Wasser? Wieso war er im Wasser? Er fühlte, wie jemand seine Hand berührte, und wandte seinen Kopf herum, um ein kleines Mädchen bei ihm im Wasser zu sehen. Ihr Haar, das an der Oberfläche trieb, umrahmte das hübscheste Gesicht, aber ihre Augen waren geschlossen, und ihre herzförmigen Lippen leicht geöffnet.

Als ihm klar wurde, was das bedeutete, zog Toya sie in seine Arme und schoss so schnell aus dem Wasser heraus, dass er riesige Wellen schlug.

Als er auf das kleine Bündel in seinen Armen hinuntersah, setzte sein Atem aus… sie war wunderschön und sah so zerbrechlich aus. Er streckte seine Flügel nach oben und sank hinunter auf das weiche Gras, wo er sie vorsichtig hinlegte. Toya legte seine Hand auf ihr Herz und betete, dass er es schlagen fühlen könnte.

Seine goldenen Augen wurden groß, und sein eigenes Herz begann zu rasen, als er fühlte, wie seine Beschützermacht sich in seiner Handfläche sammelte. Heiße Tränen traten in seine Augen, sodass das Bild vor ihm verschwamm. Seine Augen verfärbten sich leicht silbern, als er fühlte, wie seine Beschützermacht nach ihr griff.

„Kyoko?“ Toya konnte fühlen, wie sich ihre Macht mit der seinen vermischte, sich zwischen seiner Hand und ihrem Herzen sammelte, und er wusste, dass er recht hatte. Er hatte sie endlich wiedergefunden, aber in dieser Welt war sie erst ein Kind. Er hob seinen Blick zum Himmel und flehte: „Du hast mich doch nicht grundlos hierher gebracht… oder? Bitte sag, dass ich nicht nur gekommen bin, um wieder zuzusehen, wie sie stirbt. Ich kann es nicht… ich werde es nicht tun.“

Als nichts geschah, drückte Toya sie fest an sich und das Echo seines verzweifelten Winselns war zu hören, als sie reglos blieb. Er drückte sein Gesicht in ihren Hals und schmiegte seine Brust an ihre, wollte, dass ihr Herz das seine schlagen fühlte.

„Verdammt, Kyoko, ich bin hier… fühle mich.“ Toyas Nerven zerbröckelten mit jeder Sekunde mehr, bis er schließlich nicht mehr konnte und schrie: „Bitte…lass mich sie diesmal retten!“

Instinktiv wandte er sein tränenverschmiertes Gesicht dem kleinen Häuschen zu, das ein paar Meter entfernt stand. Dort… gleich hinter der Tür war die Jungfernstatue. Als er den leuchtenden Blick des Herzens der Zeit sah, fühlte Toya, wie seine Wut ihn übermannte und er setzte alles auf eine Karte.

„Es ist mir egal, wenn die Dämonen kommen, und du kannst deinen verdammten Kristall haben. Es ist mir alles egal… ich will nur sie! Ich liebe sie. Ich habe sie schon immer geliebt. Wage es nicht, sie mir wieder wegzunehmen!“

Die leuchtenden Augen der Statue schienen ihn einen Moment lang nachdenklich zu betrachten, dann leuchteten sie heller. Ohne ein Wort wusste Toya, was das Herz der Zeit von ihm wollte. Er fühlte sich völlig ruhig, sein Ärger wie weggeblasen, als er seinen Blick von der Statue löste und auf das sterbende Kind in seinen Armen sah.

„Wenn ich sie damit rette“, flüsterte Toya, war bereit, alles zu opfern, solange sie nur leben durfte. Ihr kleiner Körper begann im gleichen blauen Licht zu leuchten, wie seiner. Indem er seine Lippen auf die ihren presste, schenkte Toya ihr seinen Atem… besiegelte ihr Schicksal, gerade als ihr Herz wieder zu schlagen begann.

Das Wasser in ihren Lungen verdampfte, als Kyoko die warme Luft einatmete und sich aus der zähen Dunkelheit nach oben kämpfte. Wärme, sie war davon umgeben. Sie bemühte sich, ihre Augen zu öffnen, als sie sich an den Engel erinnerte, den sie retten hatte wollen.

Während sie das Wasser wegblinzelte, wartete sie darauf, dass das blendend blaue Licht erlosch. Als es endlich dunkler wurde, erkannte sie, dass der Engel sie in den Armen hielt und sie beobachtete. Nachdem sie fühlte, wie ihre Lippen kribbelten, berührte sie sie staunend mit ihren Fingerspitzen.

Toya konnte seinen Blick nicht von ihr losreißen, nachdem sie diese smaragdgrünen Augen geöffnet hatte, die ihn mit einer liebenden Neugier und Intelligenz betrachteten. Er fühlte, wie sich seine Brust schmerzhaft verkrampfte, als sie ihn anlächelte. Er fühlte den ganzen Schmerz seiner inneren Wunden, als sie ihre Finger hob, um ihre Lippen zu berühren, als wüsste sie, dass er sie geküsst hatte.

„Was bringt einen Engel zum Weinen?“, fragte Kyoko, als sie die Tränen sah, die über seine Wangen liefen.

Toya sah, wie ihr Lächeln verblasste, und erkannte… er weinte. „Ich weine nicht.“ Er blinzelte die Tränen weg und wischte mit der Hand über seine Wange. Er musste noch mehr Tränen wegwischen, konnte sie nicht aufhalten. „Versprich mir einfach nur, dass du nicht mehr ins Wasser gehst, bevor du schwimmen lernst.“

Er konnte schon fühlen, wie er aus ihrer Welt verschwand… aber solange sie lebte, war das egal.

Kyoko richtete sich in seinen Armen auf und schaute auf den Teich, dann zurück in sein Gesicht. „Ich hatte vergessen, dass ich es nicht kann“, flüsterte sie, während sie sich innerlich fragte, wie man so etwas vergessen konnte.

Toya konnte das Leuchten der Statue über ihre Schulter sehen, und wusste, dass seine Zeit knapp wurde. Die Hände der Jungfer hatten noch heller zu leuchten begonnen, und in der Ferne konnte er die Monster seiner Welt hören, die versuchten, durch den Spalt zu kommen. Die Barriere zwischen den Welten war immer dort am schwächsten, wo Kyoko war.

Ohne Vorwarnung drückte er Kyoko fest an sich, vermisste sie jetzt schon. Er rieb seine Wange an ihrem nussbraunen Haar und seine Stimme zitterte, als er flüsterte: „Ich muss zurück auf die andere Seite gehen, um die Dämonen davon abzuhalten, hierherzukommen.“

„Du klingst wie Opa… er weiß alles über die Dämonen“, sagte Kyoko und drückte ihr Ohr an seine Brust, damit sie seinem Herzschlag lauschen konnte. Sie legte einen ihrer Arme um seinen Rücken und fragte sich, wieso sie seine Flügel nicht fühlen konnte, wenn sie doch wusste, dass sie da waren.

Während er wieder auf diese Unschuld hinunterblickte, hob er ihr Kinn, um in diese umwerfenden, grünen Augen sehen zu können. „Habe keine Angst vor den Dämonen, Kyoko… du hast die Macht, sie aus dieser Welt wegzuschicken.“ Mit dieser Offenbarung schielte Toya wieder zurück zu der Jungfernstatue. Er konnte fühlen, wie die Dämonen gefährlich schnell durch das Herz der Zeit kamen.

Nachdem er sie im Gras abgesetzt hatte, stand Toya auf und ging zur Statue, während er schon seine Zwillingsdolche zog. „Und ich bin kein Engel… ich bin dein Beschützer. Mein Name ist Toya.“

Immer noch auf ihren Knien beugte Kyoko sich nach vor und sah zu, wie er das Schreinhaus betrat und es in einem blauen Nebel zu leuchten begann. Sie schrie, als ein paar Arme plötzlich aus dem Licht ragten und den Engel packten, woraufhin mehrere Dämonen neben ihm erschienen. Als ihr Schrei und das Brüllen des Engels durch die Nacht hallten, begann das Licht der Statue nach innen zu implodieren, als würde es von einem Staubsauger aufgesaugt werden.

Kyoko konnte hören, wie die Hintertür des Hauses zugeschlagen wurde, aber sie konnte ihren Blick nicht von dem Engel und den Dämonen lösen. Stolpernd kam sie auf die Füße und rannte auf den offenen Eingang des Schreinhauses zu. Sie konnte ihren Großvater und ihren Bruder ihren Namen schreien hören, aber es war Tasuki, der sich ihr schnell näherte.

Genau in dem Moment, wo sie die Hand ausstreckte, um den Engel zurückzuhalten, schlossen sich Tasukis Arme um sie, sodass sie den Boden unter den Füßen verlor, aber eine Sekunde zu spät. Als Kyokos Zeigefinger die ausgestreckte Hand der Statue nur kurz streifte, schossen dicke Lichtstrahlen aus genau dem Punkt, den sie berührt hatte. Für Tasuki sah es so aus, als wäre gerade ein ganzer Eimer voll Feuerwerke auf einmal direkt vor seinem Gesicht gezündet worden.

Einer dieser Lichtstrahlen traf Tasukis linke Brust, sodass der Junge vor Schreck den Kopf einzog. Doch statt Schmerz zu fühlen, fühlte er sich, als würde etwas sein Inneres auffüllen… so, als ob er sein ganzes Leben lang etwas vermisst hätte, und es endlich zurückgekommen wäre.

Seine Augen wurden groß, als er ein schönes Band aus fluoreszierend blauem Licht sah, das noch immer Kyokos Fingerspitzen mit den Händen der Statue verband, als wollte es versuchen, die Verbindung aufrecht zu erhalten. Tasuki blinzelte, als er einen Augenblick lang einen hübschen Kristall sah, der in dem Band kreiste. Nachdem er Kyoko davon entfernen wollte, stolperte er rückwärts, seine Arme fest um sie geschlungen.

Der Kristall drehte sich schneller, bis er explodierte und Lichtsplitter diesmal gerade in die Höhe schossen und sich über die Stadt verteilten… es sah aus wie eine überwältigende Wunderkerze in der dunklen Nacht.

Tasuki atmete schwer. Als er wieder zurück zu seinem Schlafzimmerfenster geschlichen war, hatte er den fremden Mann mit Kyoko in seinen Armen gesehen und die Panik hatte ihn ergriffen, als er erkannt hatte, wie schlaff ihr Körper war. Er wusste nicht genau, was der Mann gemacht hatte, aber er war froh gewesen, als das Licht ihn weggesaugt hatte, zusammen mit den rotäugigen Dämonen.

„Der Engel braucht unsere Hilfe!“, schrie Kyoko und versuchte, sich von Tasuki loszureißen, aber er war zu stark. Als sie sah, wie ihr Großvater zwischen sie und die Statue trat, rief sie verständnislos: „Da sind Dämonen in der Statue und sie werden ihn verletzen. Du kämpfst doch gegen Dämonen… geh und hilf ihm… bitte!“

Sie lehnte sich zurück an Tasuki und schluchzte, als sie den ängstlichen Ausdruck wieder über das Gesicht ihres Großvaters flimmern sah, nur dass er diesmal noch viel schlimmer war. „Du kannst… ihm nicht helfen?“

Opa Hogo drehte sich um und schaute in den Schrein. Die Schutzsiegel, die er im ganzen Schreinhäuschen verteilt hatte, rauchten noch, aber hatten sich großteils in Asche verwandelt. Nachdem er dem Schrein wieder den Rücken zugekehrt hatte, betrachtete er den Jungen, der seine Enkelin in seinen Armen hielt, und fühlte einen kalten Schauder über seinen Rücken kriechen. Tasukis Augen waren normal weich und braun… nicht so wütend violett wie jetzt, wo er die Statue mit seinem Blick aufspießte.

Sein Blut war kälter als Eis geworden, als er die Verbindung gesehen hatte, die Kyoko mit der Jungfernstatue gehabt hatte, und Großvater wusste, dass ihre Zeit abgelaufen war. Die Erscheinung des Kristalls war schon schlimm genug, aber mit anzusehen, wie er so zersplitterte, erweckte eine große Angst in ihm. Es war ihm auch nicht entgangen, dass ein Stück des Kristalls in die Brust des kleinen Tasuki geschossen war.

„Die Schriften hatten recht“, flüsterte er heiser, wünschte sich, dass es eine Lüge wäre.

Opa Hogo richtete seinen Blick zum Himmel und schickte ein stilles Gebet an welche Gottheit auch immer ihn erhören wollte, bat um Hilfe. Er musste die Kinder hier wegbringen und, noch wichtiger… er musste Kyoko von Tasuki trennen. Ohne es zu wollen, würde der Junge die Dämonen geradewegs zu Kyoko führen und die Beschützer des Kristalls würden ihm bald folgen.

Tasuki zuckte, als Kyoko aus seinen Armen gerissen wurde. Er richtete seine violetten Augen auf denjenigen, der sie ihm weggenommen hatte… ihren Großvater. Er sollte ihre Schultern wirklich nicht so brutal festhalten.

„Tasuki, du solltest in der Nacht nicht hier draußen sein. Wenn du nicht willst, dass ich deinen Vater aufwecke, dann solltest du nach Hause gehen. Jetzt“, befahl Opa Hogo mit barscher Stimme. Er schob Kyoko in Tamas Arme und wandte sich dann den zwei Enkeln zu, deren Vormund er war.

Tasuki starrte Kyoko an, beobachtete, wie sie ihr Gesicht an Tamas Brust vergrub und weiterhin um den Engel weinte, von dem sie meinte, dass er von den Dämonen getötet worden war.

„Kyoko, ich werde dich morgen zur Schule begleiten“, erklärte Tasuki, warf dem Schrein einen letzten bösen Blick zu und drehte sich um, um in sein eigenes Haus zu gehen.