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Atropos
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Atropos

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„Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen."

„Wir wollen nur nachvollziehen können, was passiert ist", erklärte der jüngere Beamte. „Diese Person ist ziemlich verängstigt."

„Wann soll das gewesen sein?"

„Vor einer Weile... sagen wir, vor zwei Stunden?"

„Lassen Sie mich kurz nachdenken."

Der Blumenhändler machte eine kurze Pause, dann begann er wieder zu sprechen.

„Ich arbeite allein, es gibt hier keine Mitarbeiter oder ähnliches. Das kann ich mir nicht leisten. Ich mache alles alleine: Ich begrüße die Kunden, bediene sie und liefere, wenn nötig, nach Hause".

„Als wir hier ankamen, waren Sie nicht da. Haben sie eine Lieferung gemacht?"

„Natürlich."

„In unserem Beruf ist nichts offensichtlich", sagte ein Beamter, als wolle er andeuten, dass es sich nicht um einen Höflichkeitsbesuch handele.

„Entschuldigen Sie", sagte der Mann, „Ja, ich war vielleicht zehn, fünfzehn Minuten weg, um eine Lieferung zu machen".

„In Ordnung. Können Sie uns jetzt sagen, ob Sie vor etwa zwei Stunden eine Lieferung gemacht haben?"

Nach einer kurzen Pause antwortete der Blumenhändler: „Ich glaube schon. Es war eine Dame, vielleicht eine junge Dame. Das kann ich nicht genau sagen. Ich schnüffle ja nicht in dem Privatleben meiner Kunden herum. Auf jeden Fall war es eine Frau."

„Erinnern Sie sich an den Namen?"

„Nein, tut mir leid."

„Überlegen Sie noch einmal. Denken Sie noch einmal nach. Diese Informationen könnten für uns nützlich sein".

„Ich bestätige, dass ich mich nicht erinnern kann", sagte er nach einer Minute. „Leider sehe ich täglich viele Leute und kann mir ja schließlich nicht alle Namen merken.

„Nun gut ", beruhigte ihn einer der Beamten. „Wissen Sie zumindest, wer die Lieferung bestellt hat?"

„Ein Mann. Ja, es war ein Mann."

„Könnten Sie uns weitere Einzelheiten mitteilen?"

„Ähm... kultiviert. Er war ein kultivierter Herr".

„Weitere Einzelheiten?"

„Da muss ich nachdenken. Wissen Sie, diese Person kam gestern Abend herein, als ich den Laden schloss, es ist also schon eine Weile her".

„Machen Sie sich keine Sorgen, Sie haben alle Zeit der Welt. Wenn Ihnen etwas einfällt, zögern Sie nicht, es uns mitzuteilen".

„Da können Sie sicher sein", sagte der Mann. „Nun, wenn es Ihnen nichts ausmacht, ich bin beschäftigt", fügte er hinzu, als er eine Frau den Laden betreten sah.

„Nur zu, Kunden haben Vorrang. Entschuldigen Sie die Störung."

Die beiden Beamten verließen den Blumenladen und gingen unter den Arkaden in Richtung der Due Torri.

„Der Kerl verschweigt uns was ", meinte der ranghöhere Polizist, „ich glaube, er verbirgt etwas vor uns.

„Ja, das denke ich auch", stimmte der andere zu, „aber ich wüsste nicht, was".

XIII

Die erste Anhörung, an der Davide Pagliarini teilnahm, weil er den Jungen auf den Alleen der Umgehungsstraße von Bologna überfahren hatte, war für ihn ziemlich peinlich. Die Tatsachen wurden dargelegt, und anschließend wurde der Schuldige vor dem Richter verhört.

Nach den Fragen des Staatsanwalts und der Verteidigung ertönte ein schrilles „Schämen Sie sich!“ aus dem Publikum.

Pagliarini erbleichte und saß wie festgenagelt auf seinem Stuhl, ohne zu wissen, wo er hingucken sollte. Er hätte sich liebend gerne in Luft aufgelöst und hätte jeden anderen Ort dem Gericht vorgezogen.

Nach einigen Augenblicken wandte er sich an seinen Anwalt und sein stummer Blick schickte ein flehendes ‚was soll ich tun?‘ Der andere antwortete ebenfalls stumm mit einem fragenden Blick, da er selbst nicht wusste, was besser gewesen wäre: Sicherlich wäre es wesentlich unproblematischer, überhaupt nicht auf diesen Vorfall zu reagieren, als die Scham zu zeigen, die von dieser Person mutig und mit lauter Stimme öffentlich in einem Gerichtssaal gefordert wurde.

Am Ende stand Pagliarini von dem Stuhl auf, der für die Verhöre benutzt wurde, und ging relativ langsam neben seinem Anwalt her, ohne jedoch irgendwelche Anzeichen zu zeigen, die den anonymen Zwischenrufer glauben ließen, er hätte ins Schwarze getroffen.

Die Anhörung endete mit nichts Endgültigem, da eine spätere Anhörung noch ausstand.

Der Anwalt eskortierte seinen Mandanten buchstäblich zum Ausgang, um unangenehme Episoden wie die im Gerichtssaal zu vermeiden, und teilte ihm dann mit, dass sie sich in Kürze wieder treffen würden, um zu entscheiden, welcher Linie bei der nächsten Anhörung zu folgen sei.

Ispettore Zamagni und der Polizeibeamte Finocchi gingen gemeinsam zu dem Arbeitgeber von Lucia Mistroni, um mit ihm zu sprechen.

Das Mädchen war bei Piazzi & Co. als Büroangestellte beschäftigt und in der Buchhaltung tätig gewesen.

Als sie beim Empfang vorsprachen, wurden sie gebeten, auf den Ledersesseln vor dem Tresen Platz zu nehmen, und nur wenige Minuten später wurden sie vom Besitzer des Unternehmens begrüßt.

Er war ein Mann in den Fünfzigern, mit einer sehr einfachen Erscheinung und nicht aufdringlichen oder arroganten Manieren, der den Polizeibeamten bei ihrer Arbeit gerne behilflich war.

„Mit was genau beschäftigen Sie sich hier eigentlich?", fragte Zamagni.

„Import und Export von verschiedenen Artikeln", sagte der Mann.

„Und hat Fräulein Mistroni schon lange mit Ihnen zusammengearbeitet?"

„Ich erinnere mich nicht genau, aber ungefähr ein paar Jahre".

Zamagni und Finocchi nickten.

„Wissen Sie, ob das Mädchen gut mit den anderen Kollegen auskam?

„Soweit ich mich erinnern kann, ja. Unter diesem Gesichtspunkt schätze ich mich glücklich: Anscheinend verstehen sich alle Mitarbeiter dieses Unternehmens gut, es herrscht immer eine entspannte Atmosphäre".

„Ich verstehe", sagte der Ispettore.

„Und können Sie uns sagen, ob Frau Mistroni außerhalb des Unternehmens irgendwelche Probleme hatte?", fragte Finocchi, „Ich meine irgendwelche früheren Vorfälle, über die das Mädchen mit Ihnen oder jemand anderem gesprochen haben könnte".

„Sie war ein sehr reservierter Mensch."

„Und es gibt unter den Kollegen niemanden, dem sie sich eher anvertraute?"

„Mir wurde gesagt, dass sie mit einem ehemaligen Mitarbeiter von uns verlobt war, der bis vor einem Monat noch hier gearbeitet hat. Mir ist nicht bekannt, dass sie sich irgendjemand anderen anvertraut hat".

Zamagni und Finocchi tauschten einen Blick miteinander: Paolo Carnevali hatte ihnen nichts davon gesagt, und vielleicht wäre es angebracht, das Thema zu vertiefen.

Da sie merkten, dass das Gespräch sie anscheinend nicht weiterbrachte dankten sie dem Mann, mit dem Zamagni die Visitenkarten austauschte, und verließen das Gebäude.

XIV

Am nächsten Morgen erhielt Zamagni einen Anruf der Spurensicherung, die ihn weitere Informationen über Lucia Mistroni geben wollte: Eine eingehendere Analyse hatte eine nicht vernachlässigbare Menge an Melatonin ergeben, und als der Ispettore um Erklärungen bat, teilte ihm sein Gesprächspartner mit, dass es sich um ein Beruhigungsmittel handelte, welches das Einschlafen erleichtern würde, aber in zu hohen Dosen zu bestimmten Kontraindikationen, darunter Schwindel, führen könne.

„Das Mädchen hat also möglicherweise absichtlich zu viele Tabletten dieser Substanz genommen, sich den Kopf gestoßen und ist gestorben", sagte Zamagni.

„Ja. Eigentlich gibt es aber vielleicht noch eine andere Möglichkeit."

„Welche?"

„Es gibt auch Melatonin in Tropfen. Wenn Fräulein Mistroni ihren Mörder wirklich gekannt hat, hätte dieser, da das Mädchen völlig ahnungslos war, vielleicht zu viele Tropfen in ein Getränk geben können, das Mädchen hat getrunken und... schwupps -schon war es geschehen".

„Diese Möglichkeit kann nicht ausgeschlossen werden. Wir werden es in Betracht ziehen, vielen Dank."

Nach dem Telefongespräch begab sich Zamagni auf die Suche nach Marco Finocchi, um ihm die letzten Neuigkeiten mitzuteilen.

„Es scheint mir, dass es immer komplizierter wird", sagte der Polizist.

Der Ispettore nickte.

„Was, wenn das Mädchen aus irgendeinem Grund nicht mehr damit fertig wurde, wie die Dinge für sie liefen? Aus irgendeinem uns unbekannten Grund wünschte sie sich vielleicht..."

„Selbstmord?"

„Ja."

„Ohne auch nur eine Notiz mit irgendeiner Erklärung zu hinterlassen?"

Beide dachten darüber nach, bis Zamagni, wenn auch widerwillig, erklärte: „Vielleicht müssen wir noch einmal ganz von vorne anfangen".

„Wie meinen Sie das?"

„Noch einmal alles neu aufrollen, alle noch einmal befragen und versuchen, jedes Element neu zu bewerten, wo wir jetzt von dem Melatonin wissen".

„Ich verstehe", sagte Finocchi.

„Wir haben keine Zeit zu verlieren", drängte ihn der Ispettore, „Lassen Sie uns noch einmal bei Null anfangen".

„Kann ich Ihnen das geben?", sagte das kleine Mädchen zu einer Dame, die sie auf dem Heimweg traf.

Die Dame bedankte sich und steckte das Flugblatt in ihre Tasche.

Auch an diesem Tag hatte das Mädchen seine Pflicht getan und war glücklich, denn der Mann, mit dem es gesprochen und der ihr die Aufgabe übertragen hatte, hatte ihr erklärt, dass sie etwas Geld verdienen könne, indem sie etwas Nützliches für die Gesellschaft tue, wofür ihr viele Menschen danken könnten, wenn sie ihr auf der Straße begegneten.

Als sie nach Hause kam, erklärte sie ihren Eltern, dass sie nicht einmal mehr ein Flugblatt übrig hatte und dass sie nur ein Glas Saft trinken wollte, um dann ganz schnelle ihre Hausaufgaben für den nächsten Tag zu erledigen.

Sie waren stolz auf sie, als sie sahen, wie glücklich sie war.


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