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Onnen Visser
Onnen Visser
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Onnen Visser

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Mehr wurde nicht gesprochen, aber Frau Douwe blieb verstimmt und auch am folgenden Morgen war sie sehr einsilbig.

Die kleine Familie saß eben beim Frühstück, als auf der Straße ein plötzliches Geräusch entstand. Die Leute liefen hin und her, bald kam der Lärm näher heran – es war das Gewirbel der französischen Trommeln.

Wieder ein neues Gesetz, irgendeine Bosheit, um den armen Leuten noch das letzte zu nehmen.

Die alte Folke Eils schüttelte den Kopf. »Was mögen sie denn jetzt verbrennen wollen, die Unmenschen? Ach, man führt doch ein trauriges Leben! Die Waren ins Feuer geworfen, das Bett weggenommen, den Handel verboten – was soll so eine arme alte Frau anfangen?«

Und sie weinte bitterlich, wie immer, so oft die Trommel erklang.

Der Kapitän ging in Onnens Begleitung zur Sammelstelle. Das mußte etwas sehr Wichtiges sein, was heute verkündet werden sollte; die gesamte Besatzung war aufmarschiert, das Offizierkorps in voller Uniform, der Präfekt Jeannesson in seiner Amtstracht, der Dolmetscher mit Papieren in der Hand. Sie bildeten vor dem alten Badehause einen weiten Halbkreis, dessen letzten Hintergrund die Mastspitzen der Kanonenboote ausmachten; es glänzte und flimmerte überall von Uniformen, Waffen und Schmuck.

Neben dem Obersten Jouffrin stand ein Unteroffizier, der die französische Fahne an einer langen Stange in der Hand trug.

»Potz Blitz!« flüsterte der Kapitän, »das wird ja wichtig.«

Er ließ sich nicht träumen, welch eine Verfügung eben jetzt getroffen worden war.

Neuer Trommelwirbel, dann ein ängstliches Schweigen rings umher. Die Leute horchten voll geheimer Furcht.

Nun begann auf ein Zeichen des Obersten der Amtsschreiber seinen Vortrag.

»Proklamation!

Seine Majestät der Kaiser geruhen zu befehlen wie folgt: In anbetracht der immer wiederholten und beharrlich trotz aller erlassenen Gesetzesvorschriften fortgeführten Schmuggeleien wird hierdurch nachstehende Verordnung publiziert und männiglich zur Kenntnis gebracht. Wer von heute an bei einem Unternehmen, das mit der verbotenen Einführung englischer Waren direkt oder indirekt zusammenhängt, bei irgendeiner Art von Schmuggelei oder Steuerhinterziehung betroffen wird, der soll nach Gesetz und Recht öffentlich vor allem Volke die Todesstrafe erleiden und durch Pulver und Blei verdientermaßen gerichtet werden, er sei wer er wolle.«

Wie der Blitz in das Pulverfaß, so fielen die wenigen Worte in aller Herzen. Ein Aufschrei, ein Laut des Entsetzens, halb unterdrückt, ging durch die Menge.

Erschossen! Hingerichtet! War es denn möglich?

Und um einiger Pfunde Tee, um eines Zuckerhutes willen!

Der Präfekt Jeannesson sah musternd über die Gruppen der Eingeborenen hinweg. »Leute«, sagte er mit hallender, ermahnender Stimme, »Leute, ihr wißt nun, woran ihr seid. Hoffentlich wird kein Blut fließen, kein einziger unter euch mit so ernsten Dingen ein vermessenes Spiel treiben wollen. Wir leben im Kriege, das bedenkt und hütet euch vor Übertretungen.«

Todesstille lag auf den Versammelten, ein eisiges Grauen hielt die Herzen in Banden. Hinter den Reihen der Franzosen erhob sich ein spähendes Antlitz, aschfahl und verzerrt, aber doch voll heimlichen Triumphes. Unnatürlich glänzten die weitgeöffneten Augen, unnatürlich atmete in schweren Zügen die Brust. Es war Peter Wirt, der alles mitangehört hatte und der für sich den Erfolg, das Gelingen herankommen sah.

Kain – wie ihn Aheltje nannte.

Der Kapitän wandte den Blick. Es war sein eigenes Haus, über das er heute im Traume die Blutwellen dahingehen sah – jetzt fiel‘s ihm wieder ein.

Die Leute ringsumher flüsterten, die Männer standen in Gruppen beieinander. Schlimmer, als es nun war, konnte es nicht mehr werden.

Wieder rasselten die Trommeln; das war der Befehl zum Auseinandergehen. Es gab für die Inselbewohner keinen freien Willen mehr, sie mußten gehorchen wie Kinder.

»Onnen«, flüsterte der Kapitän, »erzähle lieber deiner Mutter gar nichts von dem, was wir eben gehört haben. Es gibt sonst nur unnötige Aufregung.«

»Vater!« rief erschreckend der Knabe, »du wirst doch unter den gegenwärtigen Umständen nicht mehr an —«

»Pst! Ein Mann, ein Wort, Onnen. Sollten mich meine Freunde für feige halten?«

»Für vernünftig und besonnen, Vater! Du kannst nicht daran denken, dein Leben auf das Spiel setzen zu wollen.«

»Schweig!« befahl der Kapitän. »Das sind Dinge, von denen ein Knabe wie du noch nichts versteht. Ich werde schon die nötige Vorsicht im Auge behalten.«

Sie kamen nach Hause und trafen Frau Douwe bereits in voller Verzweiflung. Das Gerücht eilt schnell – es war eher angelangt als sie selbst. Die arme Frau sah ihre Lieben schon von französischen Kugeln zerrissen und weinte bitterlich.

Als der Kapitän eintrat, warf sie sich ihm schluchzend zu Füßen und umklammerte seine Knie. »Vater! Vater! gib mir dein Wort, nie wieder schmuggeln zu wollen, oder ich sterbe vor Furcht – sage mir, daß die Fahrt nach Neßmersiel unterbleiben soll!«

Sie weinte so heftig, ihr Flehen hätte ein Herz von Stein erschüttern können; leise, bittende Worte stammelnd, beugte sie das graue Haupt fast bis zu den Füßen ihres Mannes und beschwor ihn, Erbarmen zu üben.

Eine Wolke flog über die Stirn des Kapitäns; er hob die Weinende auf und streichelte gutmütig das blasse Gesicht.

»Ich kann nicht, Mutter, bei Gott, ich kann nicht. Die Franzosen werden übrigens keinen erschießen, es sei denn, sie hätten ihn! Kümmere du dich um gar nichts, hörst du; ich bin am Sonntag unversehrt wieder hier und habe in ein paar Stunden mehr verdient, als mir der Fischfang in Jahr und Tag einbringt.«

Jetzt mischte sich Onnen in das Gespräch. »Du meinst doch ›wir‹, nicht wahr Vater? Wo du bist, dahin gehe auch ich.«

Frau Douwe schrie laut auf. »Um Gotteswillen, Klaus, das darfst du dem Jungen nicht erlauben!«

»Auf keinen Fall!« bestätigte der Kapitän. »Onnen bleibt hier.«

Unser Freund kannte diesen Ton. Für den Augenblick war nichts zu machen, das wußte er und schwieg weislich.

Ein Schatten verdunkelte draußen die Fenster, dann öffnete sich die Tür und Heye Wessel trat in das Zimmer. Er sah von einem zum andern; die Mütze in der Hand und das kluge Gesicht glänzend vor Aufregung, so stand er da.

»Klaus Visser«, sagte er, bei seiner Rede immer mit dem Kopfe nickend, »Klaus Visser, wie ist es, gibst du nach?«

Der Kapitän reckte seine hohe Gestalt. »Nein!« antwortete er mit festem Tone. »Tausendmal nein!«

Ein tieferer Atemzug hob die Brust des Riesen. »Ich auch nicht«, rief er. »Sollen uns die Hunde für Feiglinge halten? Wagen sie sich heran, dann brechen wir ihnen als ehrliche Ostfriesen die Hälse.«

»Genau was ich denke, Heye Wessel. Du bist also mit von der Partie? Ich kann mich auf dich verlassen?«

»Wie auf deine Augen, Visser. Ein Schuft, wer sein Wort bricht!«

»Siehst du, Mutter, so denken alle – sollte da dein Mann zurückstehen?«

Aber die alte Frau weinte, als müsse ihr das Herz brechen. Sie schüttelte nur den Kopf; über die zuckenden Lippen kam kein Laut.

In Neßmersiel klang Musik durch die einzige am Kanal gelegene Dorfstraße. Es wurde eins der vielen, in damaliger Zeit noch üblichen Gelage gefeiert, das Knechtsbier, bei dem die jungen Leute zuerst einen Umzug durch das Dorf vornahmen und dann im Kruge zum Schmaus zusammentrafen.

Derartige »Biere« gab es bei sehr vielen Gelegenheiten, z.B. der Ernte und der Beendigung des Dreschens; auf den Fehnen (Kanaldörfern) meistens nach Schluß der Torfgewinnung, die den Bauern Geld ins Haus gebracht hatte, die Knechte und Mägde aber von der sauersten Arbeit ihres Daseins auf Monate hinaus erlöste.

Sie wollten nun nach harter Plage einmal bei Spiel und Tanz das Leben genießen. Alle Knechte des Dorfes hatten sich im Wirtshaus versammelt; Blumen und Bänder nickten von den Hüten, Spielleute gingen voran, der jüngste Bursche trug einen ungeheuren, ganz leeren Sack auf der Schulter und schon vor dem nächsten Bauernhause hielt der lustige Zug.

Als die lustige Schar den Rundgang durch das Dorf beendet hatte, wurde der gefüllte Schnappsack in das hellerleuchtete Wirtshaus getragen und dort die eingeheimsten Schätze überzählt. Auf dem Tanzplatz, der großen Lehmdiele, versammelten sich die Mägde, eine gewaltige Tafel wurde gedeckt und der Schmaus konnte beginnen.

Mettwurst, gebratene Kartoffeln und Warmbier bildeten die ganze Herrlichkeit, aber der Frohsinn würzte das Mahl, als enthalte es die kostbarsten Gerichte. Im Hintergrunde flammte auf dem Backsteinherd das mächtige Torffeuer, ganze Haufen von Eierschalen lagen umher und zeigten, wieviel Bier vertilgt wurde; lustig fiedelten und bliesen die Dorfmusikanten, denen immer etliche von den erbeuteten Talern in die Hände fielen, hin und her mit großen Krügen eilte Jakob Brahms, der geschäftige Wirt, dem es gelungen war, das Knechtsbier gerade auf diesen Tag zu verlegen.

Er selbst zeigte die größte Freigebigkeit. Das Bier und die Kartoffeln wurden ihm bezahlt, aber den Branntwein schenkte er umsonst – sogar die beiden französischen Zollwächter, welche im Hause ihr Quartier hatten, wurden ganz unmerklich in das Fest mit hineingezogen und erhielten besonders reichliche Mengen Branntwein, während denen, die draußen auf dem Deiche Posten standen, ihr Anteil hinausgebracht wurde.

»Sie sind ja auch Menschen«, sagte in gutmütigem Tone der Wirt, »was können die armen Jungen dafür, daß uns ihr Kaiser mit Krieg überzieht?«

»Nichts!« rief der Altknecht, indem er eine ungeheure Wurst auf die Gabel spießte. »Gar nichts! – da, Jakob Brahms, bringt den Franzosen auch einen Bissen!«

Der Wirt übermittelte das stattliche Geschenk den Empfängern und dann, als die Tafel aufgehoben war, ließ er den Tanz beginnen. Je mehr die allgemeine Fröhlichkeit überging in den Rausch, das tolle Treiben, desto leichteres Spiel hatte er selbst.

Einer der beiden Franzosen, ein junger hübscher Pariser, war artig genug, die wohlgerundete Frau Wirtin zum Tanze zu führen, das sicherte ihm die Gunst der ganzen Gesellschaft. Er sprudelte über vor lauter guter Laune, konnte tanzen wie nie ein Knecht von Neßmersiel gewalzt und Polka getanzt hatte, er sprach das Deutsch so urkomisch, daß sich die jungen Leute vor Lachen ausschütten wollten. Monsieur Guillaume – »Gilm« nannten ihn die übrigen – war der Held des Abends.

Ganz anders verhielt sich‘s mit seinem Genossen. Während der Pariser den Genever beinahe wie Wasser trank und am lautesten schwatzte und lachte, saß Bertrand, der andere Zollwächter, in einer Ecke und stützte den Kopf. Er hatte noch das erste Glas unberührt neben sich stehen, und als ihn Jakob Brahms aufforderte, doch an der allgemeinen Fröhlichkeit teilzunehmen, da wandte er sich ab.

»Ich mag nicht tanzen, Herr Wirt. Nix Vergnügen!«

»Aber warum denn nicht, Lothringer? Sie sind doch ein halber Deutscher, gehören ebensoviel zu uns wie zu den Franzosen, daher lassen Sie sich‘s wohl sein; trinken Sie und lachen mit den anderen.«

Bertrand schüttelte den Kopf. »Ab gehabt großen Kummer«, seufzte er.

Jakob Brahms setzte sich zu ihm. »Erzähle mir das, mein Junge«, flüsterte er vertraulich, »heraus damit! Hast du Schulden?«

Eine fahle Blässe überzog die Wangen des jungen Menschen. »Aben ich keine Schulden«, antwortete er, »nix ich, aber alte Mutter, das bringt mir Kummer. Mag ich nicht sehen tanzen und trinken!«

Jakob Brahms schien zu überlegen, in seinen Augen begann ein heimliches Funkeln und Glänzen.

»Lothringer«, flüsterte er, »schreibt dir deine Mutter, daß sie sich in Not befinde? Bittet sie dich um Geld?«

»Sie wohl wissen, ich nix haben! – Ach Gott, ach Gott, alles umsonst. Lassen ich anwerben mich pour la douane, geben alte Mutter Geld – aber sterben Vieh, große Mißernte haben in Weinstock, – nun alte Frau gepfändet werden, hinaus, fort, ganz arm. Pauvre femme!«

Jakob Brahms rückte immer näher. »Trinke doch erst einmal, mein Junge! Der Branntwein wird nicht schlechter, weil deine Frau Mutter in Ungelegenheiten gekommen ist. Wie hoch beläuft sich die Summe, mein Lieber?«

Bertrand seufzte wieder. »Sind große Geld, Monsieur. Fünfzig Taler!«

»Hm, das ist allerdings eine hübsche Summe. Höre einmal, Bertrand, mein guter Freund, was würdest du sagen, wenn dir jemand noch in dieser selben Stunde die fünfzig Taler bar und blank auf den Tisch zählen wollte?«

Der arme Junge schüttelte den Kopf, in seinem Auge glänzte es feucht. »Aben nicht so gute Freund«, seufzte er.

»Das weißt du noch nicht, Lothringer!«

Der Franzose mußte jetzt die Bedeutsamkeit in dem Tone des Wirtes doch wohl bemerken, etwas verlegen sah er ihn an. »Plait-il, monsieur?«

»Ich meine, was würdest du wohl dafür tun, wenn dir jemand das Geld gäbe, Bertrand?«

»Ach Gott, ich sein ihm dankbar ewig!«

Die heiße Hand des Wirtes legte sich auf seine Schulter. »Läßt du mit dir reden, Lothringer? – Das Geld ist gegen eine bestimmte Dienstleistung für dich bereit, hörst du wohl, es ist bereit! Jetzt gleich, in diesem Augenblick!«

Der junge Zollwächter horchte auf. »Große Geld!« flüsterte er. »Nix möglich! Was das sein, Monsieur Brahms?«

»Das ist wenig genug, Bertrand, aber doch für mich sehr viel. In drei Stunden habt ihr beide draußen auf dem Deiche den Dienst, du und der Pariser, nicht wahr?«

»Ja, Monsieur.«

»Gut Sieh dir deinen Kameraden an, Lothringer, er taumelt schon jetzt; in drei Stunden schläft er wie ein Murmeltier und du hast die Wache allein.«

»Diable m‘emporte! Monsieur Brahms wollen – wollen —« »Schmuggeln!« zischte der Wirt, indem er den anderen unausgesetzt im Auge behielt. »Ja, ich will schmuggeln, Bertrand, aber vorher gebe ich das Geld, welches deiner alten Mutter Haus und Hof erhalten soll. Du siehst zehn Minuten lang zufällig gerade nicht nach derjenigen Seite, von woher ein paar Lastwagen gefahren kommen – ist das so schwer?«

Der junge Mensch nickte traurig. »Sein Betrug«, seufzte er. »Nix möglich, Monsieur!«

Der Wirt legte sein Gesicht in die ernsthaftesten Falten. »Betrug?« wiederholte er. »Was du dir einbildest, mein guter Junge! Zuerst bist du der Sohn deiner schutzlosen alten Mutter, das ist für dich die nächste heiligste Pflicht, später kommt dann der Untertan des Kaisers, das wirst du ja nicht bestreiten wollen. Übrigens – ganz unter uns! – wer ist denn dieser sogenannte Kaiser? Puh! ein Advokatensohn, ein Emporkömmling, gar nichts!«

»Einerlei, Monsieur, ich aben gegeben mein Versprechen und das muß halten ein ehrlich Mann notwendig.«

Jakob Brahms nickte sehr kräftig. »Notwendig!« wiederholte er. »Bedingungslos, mein lieber Junge – denke also bitte darüber nach, wie oft du wohl deiner alten Mutter geschworen hast, ihr zu helfen, wo immer es dir möglich sei!«

Der Franzose schien betroffen. »Das ist wahr«, stammelte er.

»Siehst du wohl! Also nimm jetzt das Geld und du hast ein gutes Werk vollbracht. Was kümmert dich der Korse?«

Bertrand fuhr mit der Rechten durch das dichte Haar. »Sein ich unglücklich«, stammelte er.

Jakob Brahms hatte ihn keinen Augenblick außer acht gelassen; er erkannte seinen Vorteil und schmiedete das Eisen, weil es eben glühte.

»Wie du willst, Lothringer«, sagte er. »Laß deine Mutter im Stiche, ich kann es nicht ändern. Vielleicht habe ich auch alles nur zum Scherz gesagt.«

Der Zollwächter erschrak. »Monsieur Brahms«, seufzte er, »das gewiß sein, nur zehn Minuten auf die Seite sehen? Nix sprechen, nix helfen Schmuggler, keine déclaration abgeben?«

»Durchaus nichts. Wenn du die Pferdeköpfe siehst, wendest du dich ab, das ist alles.«

»Und Monsieur geben Geld vorher?«

»Auf der Stelle! Aber so trinke doch, Freund!«

Der junge Mensch nahm den Inhalt des Glases auf einen Zug. »Eh bien!« antwortete er. »Ich so tun.«

Jakob Brahms schenkte ihm aufs neue ein. »Sieh deinen Genossen, Lothringer, er sitzt in der Ecke und singt; du hast die Wache allein. Es ist jetzt für mich die allerhöchste Zeit, ich muß fort – komm mit in mein Zimmer.«

Er ging hinaus und der Zollwächter folgte ihm. Oben in der Giebelkammer stand die bäuerliche buntbemalte Holzkiste, diese wurde geöffnet und ein leinener wohlgefüllter Geldbeutel hervorgezogen.

Auf dem Tisch brannte das Talglicht, die Fenster standen weit offen. Jakob Brahms zählte. »Fünfundvierzig, achtundvierzig, fünfzig! – So, da hast du noch einen Taler mehr, mein Junge, das Postgeld will ja auch bezahlt sein. Nimm hin und Gott gesegne es deiner alten Mutter.«

»Danke! Danke!« flüsterte mit heißem Gesicht der junge Franzose. »Aber Monsieur wissen doch, was Präfekt bekannt gemacht hat? Erschießen die Schmuggler – fangen heute, exécution morgen.«

Ein tieferer Atemzug hob die Brust des Wirtes. »Ja, ich weiß es, Lothringer! Aber das kann mich nicht schrecken – die Sache ist schon zwanzigmal, hundertmal gelungen, sie wird auch heute nicht fehlschlagen.«

Noch während er sprach, fuhr ein Windstrom in das offene Fenster, verlöschte das Licht und streifte wie eine kalte Hand seine Stirn – er schauderte unwillkürlich, bezwang sich aber sogleich.

»Laß mich vorausgehen, Bertrand. So, dahin – und nun: Ein Mann, ein Wort! nicht wahr, du?«

»Gewiß! Gewiß!«

Sie gingen zur Gesellschaft zurück, der Wirt verständigte sich mit seiner Frau und eilte dann, nachdem er die Kleider gewechselt hatte, hinab zum Meer, wo an einer dunkeln Stelle eines jener schlanken langgestreckten Fahrzeuge lag, die mit ihren weißen Segeln wie Möwen über das Wasser dahinschießen.