banner banner banner
Winnetou 3
Winnetou 3
Оценить:
Рейтинг: 0

Полная версия:

Winnetou 3

скачать книгу бесплатно


»Nicht die geringste. Es müssen übrigens mehrere Personen gewesen sein, welche die Tat unternahmen.«

»Wo befindet sich Allan?«

»In San Francisco; wenigstens waren seine Briefe alle von daher datiert.«

»Well, so werdet Ihr ihn ja leicht finden. Werdet Ihr heut weiter gehen, oder behaltet Ihr hier Lager?«

»Es wurde ausgemacht, daß wir bleiben.«

»So will ich mein Pferd abtakeln.«

Ich erhob mich, und nahm dem Mustang Sattel und Zeug ab und gab ihm einige Handvoll Maiskörner zu fressen. Sam tat dasselbe mit seiner Stute. Wir hüteten uns dabei, ein Wort miteinander zu wechseln; es war dies ja auch gar nicht nötig, da wir uns auch ohne Rede verstanden. Wenn zwei Jäger einige Wochen lang beisammen gewesen sind, so lesen sie sich die Gedanken an den Augen ab. Auch mit Marshal sprach ich kein heimliches oder leises Wort. So verging der Rest des Tages unter meist gleichgültigen Gesprächen, und der Abend brach herein.

»Verteilt die Wachen, Sir,« sagte ich zu Williams. »Wir sind müde und wollen schlafen.«

Er tat es, und ich bemerkte, daß keiner der Doppelposten aus mir oder Sam oder Marshal und einem der Voyageurs zusammengesetzt war.

»Schlaft mitten unter ihnen, damit sie nicht heimlich sprechen können!« raunte ich Marshal zu, der mich sehr erstaunt bei dieser geheimnisvollen Weisung anblickte, aber ihr doch folgte.

Die Pferde hatten sich gelagert, da es kein Futter für sie gab. Ich legte mich, während die Anderen einen Kreis bildeten, zu meinem Mustang, dessen Leib ich als Kopfkissen benutzte, wozu den Übrigen die Sättel dienten. Ich hatte meinen Grund zu dieser Ausnahmestellung. Sam bedurfte keines Winkes von mir; er verstand mich und wählte sich seinen Platz so zwischen den Voyageurs, daß sie nur auf Posten heimlich miteinander zu sprechen vermochten.

Die Sterne gingen auf; aber es hing – vielleicht infolge des Regens – ein eigentümlicher Duft zwischen ihnen und dem Boden, so daß ihr Schimmer nicht so hell wie an andern Abenden herabzudringen vermochte. Zwei von den Kaufleuten hatten die erste Wache; sie verlief ohne irgend eine Auffälligkeit; Williams hatte die zweite Wache für sich und den jüngsten Voyageur gewählt. Als die Reihe an sie kam, waren sie noch nicht eingeschlafen. Sie erhoben sich, und jeder patrouillierte seinen Halbkreis ab; ich merkte mir genau die beiden Punkte, an denen sie regelmäßig zusammentrafen. Der eine Punkt lag ganz in der Nähe des Pferdes, welches dem Neger Bob gehörte, und dies erschien mir als ein günstiger Umstand, da nicht anzunehmen war, daß dem Schwarzen ein gutes Prairiepferd anvertraut worden sei, vor dessen Instinkt man sich in acht zu nehmen hatte.

Zu sehen, ob die beiden Männer miteinander sprachen, sobald sie sich berührten, vermochte ich nicht; aber es war mir, als verriete mir der Schall ihrer Schritte, daß sie sich einander stets beim Umkehren einige Worte zuraunten. Der Aufenthalt in der Savanne hatte mein Gehör geschärft, und wenn ich mich nicht täuschte, so hatte ich es hier mit zwei außerordentlich abgefeimten Männern zu tun.

Ich kroch vorsichtig in einem Bogen zu dem Pferde heran. Es schien ein höchst geduldiger und zutraulicher Klepper zu sein, denn er verriet mein Nahen weder durch das leiseste Schnauben noch durch die geringste Bewegung, und ich vermochte mich so eng an seinen Körper zu schmiegen, daß ich eine Entdeckung nicht zu fürchten hatte.

Eben kam Williams von der einen und der Voyageur von der andern Seite. Bevor beide sich umdrehten, vernahm ich sehr deutlich die Worte:

»Ich ihn, und du den Neger!«

Williams hatte diese Worte gesprochen. Als sie wiederkehrten, hörte ich:

»Natürlich auch sie!«

Es schien mir, als habe der Andere drüben am gegenüberliegenden Berührungspunkte eine Frage in Betreff auf mich und Sam ausgesprochen. Als sie sich mir wieder näherten, klang es:

»Pshaw! Der Eine ist klein, und der Andere – es geschieht ja im Schlafe!«

Mit dem ›Kleinen‹ war jedenfalls Sam und mit dem ›Andern‹ ich gemeint. Es war klar, wir sollten ermordet werden. Warum, das konnte ich mir nicht erklären, Wieder nahten sie, und ich vernahm die deutliche Antwort.

»Alle drei!«

Vielleicht war drüben die Frage ausgesprochen worden, ob die drei Kaufleute unser Schicksal teilen sollten oder nicht. Diese fünf Voyageurs wollten sich also über uns hermachen, fünf gegen fünf. Das Fazit zu dieser Aufgabe war sehr leicht zu finden: sie hätten uns kalt gemacht, ohne sich selbst nur die Haut zu ritzen, wenn ich nicht auf den Gedanken gekommen wäre, sie zu belauschen. Jetzt trafen die beiden Buschklepper wieder zusammen.

»Keine Minute eher – und nun gut!« sagte Williams.

Die interessante Unterhaltung war also zu Ende, und ich konnte mir leicht denken, daß sich die letzten Worte auf den Zeitpunkt bezogen, wann die Tat geschehen sollte. Wann war dies? Im Schlafe sollte es geschehen! Heut oder morgen? Ich ging jedenfalls sicherer, wenn ich das Erstere annahm, und da die beiden Schurken höchstens noch eine Viertelstunde zu lustwandeln hatten, so war es hohe Zeit, ihnen zuvorzukomrnen.

Ich machte mich sprungfertig. Sie trafen wieder zusammen, diesmal ohne ein Wort zu sprechen. Beide drehten sich zu gleicher Zeit um, und kaum war Williams an mir vorüber, so schnellte ich hinter ihm in die Höhe, schlug ihm die Linke um den Hals, so daß er keinen Laut auszustoßen vermochte, und traf ihn mit der geballten Rechten so an die Schläfe, daß er still an mir niederglitt.

Jetzt setzte ich an seiner Stelle den Weg fort und stieß am jenseitigen Berührungspunkte mit dem Andern zusammen. Er war vollständig ahnungslos und hielt mich für Williams. Ich nahm ihn gleich von vorn bei der Gurgel und schlug ihn nieder. Wenigstens zehn Minuten lagen die Beiden ohne Besinnung; das wußte ich. Daher schritt ich nun rasch auf die Gruppe der Schlafenden zu. Nur zwei waren wach, Sam natürlich und Bernard, der durch meine ihm zugeflüsterte Weisung in eine solche Unruhe versetzt worden war, daß er nicht hatte schlafen können.

Ich schnallte den Lasso von der Hüfte – Sam tat sofort ein Gleiches.

»Die drei Voyageurs bloß,« flüsterte ich, und dann rief ich laut: »Hallo, auf ihr Leute!«

Im Nu fuhren alle empor, sogar Bob, der Neger, aber ebenso schnell flogen auch die Schlingen unserer Lassos zweien der Voyageurs um die Arme und den Oberleib – eine zweite Schlinge, und die Riemen schlossen so fest, daß sie von den Gefangenen nicht gelöst werden konnten. Bernard Marshal hatte, mehr ahnend als begreifend, sich auf den dritten geworfen und hielt ihn fest, bis ich ihn mit seinem eigenen Lasso gebunden hatte. Und dies war so schnell geschehen, daß wir bereits fertig waren, als sich einer der drei Kaufleute ermannte und rief, zu seiner Büchse greifend:

»Verrat, zu den Waffen!«

Sam lachte laut auf.

»Laß deine Feuerspritze in Ruhe, meine Junge; es möchte dir und auch den Andern der Zünder fehlen, hihihihi!«

Der vorsichtige Kleine hatte während meines Lauschens von den drei Gewehren die Zündhütchen genommen, ein Beweis, wie scharf er mich verstand, ohne daß wir ein Wort gewechselt hatten.

»Seid ohne Sorge, ihr Leute, es wird euch nicht das Geringste geschehen!« beruhigte ich sie. »Diese Männer hier wollten uns und euch ermorden; daher haben wir sie bis auf Weiteres unschädlich gemacht.«

Trotz der Dunkelheit war der Schreck zu bemerken, den meine Worte auf sie hervorbrachten, und auch Bob trat eilig näher.

»Massa, wollen sie morden auch Bob?«

»Auch dich!«

»Dann sie sterben, sie hängen in Estaccad‘, viel hoch an Pfahl!«

Die Gefangenen gaben keinen Laut von sich; sie mochten auf die Hilfe der Wachen rechnen.

»Bob, da drüben liegt Williams, und dort der Andere. Bringe sie herbei!« gebot ich dem Neger.

»Schon tot sie?« fragte er mich.

»Nein, aber ohne Besinnung.«

»Werden holen sie!«

Der riesige Schwarze schleppte Einen nach dem Andern auf seinen breiten Schultern herbei und warf sie zu Boden. Sie wurden augenblicklich gebunden. Nun konnten wir endlich sprechen, und ich klärte die drei Kaufleute über das auf, was wir getan hatten. Sie gerieten in eine außerordentliche Wut und verlangten den augenblicklichen Tod der Voyageurs. Ich mußte ihnen widersprechen.

»Auch die Savanne hat ihr Recht und ihre Gesetze. Ständen sie uns mit den Waffen gegenüber, wo dann unser Leben an einem Augenblick hing, so könnten wir sie niederschießen; wie die Dinge aber jetzt stehen, dürfen wir keinen Mord begehen, sondern müssen eine Jury über sie bilden.«

»Oh, oh, ja, eine Jury,« meinte der Neger, erfreut über ein solches Schauspiel, »und dann Bob aufhängen all‘ ganz‘ Fünf!«

»Jetzt nicht! Es ist Nacht; wir haben kein Feuer und müssen warten, bis der Tag anbricht. Wir sind sieben Männer. Fünf können also ruhig schlafen, während zwei immer wachen; dabei sind uns die Gefangenen vollständig sicher, bis die Sonne kommt.«

Ich hatte Mühe, mit meiner Ansicht durchzudringen, brachte es aber endlich so weit, daß fünf sich wieder zur Ruhe legten, während ich mit einem der Kaufleute die Wache bezog. Nach einer Stunde wurden wir abgelöst. Sam übernahm die letzte Wache allein, da um diese Zeit der Tag bereits zu dämmern begann und zwei Augen also vollständig hinreichten, uns die nötige Sicherheit zu bewahren.

Während der ganzen Nacht hatte keiner der Gefangenen einen Laut von sich gegeben; doch als wir uns erhoben, bemerkte ich, daß Williams und sein Kumpan die Besinnung wieder erlangt hatten. Jetzt wurde zunächst gefrühstückt; unsere Pferde erhielten ihre Portion Körner, und dann ward zur Verhandlung geschritten. Sam winkte nach mir und sagte:

»Das ist unser Sheriff ; er wird zum Beispiel jetzt die Jury beginnen.«

»Nein, Sam, den Vorsitz übernehme ich nicht; das wirst du tun!«

»Ich? Heigh-ho, wo denkst du hin? Sam Hawerfield und Sheriff! Wer Bücher schreibt, paßt besser dazu!«

»Ich bin kein Bürger der Vereinigten Staaten und nicht so lange in der Savanne gewesen wie du. Wenn du nicht willst, so muß Bob es tun!«

»Bob? Ein Schwarzer und Sheriff? Das wäre der dümmste Streich, den wir in diesem Sandloche machen könnten, und so muß ich wohl ja sagen, wenn du zum Beispiel gar nicht anders willst!«

Er setzte sich in Positur und nahm eine Miene an, aus welcher deutlich zu erkennen war, daß bei diesem Savannengerichte wenigstens dieselbe Sorgsamkeit und Gerechtigkeit obwalten solle, wie bei der Jury einer zivilisierten Grafschaft.

»Nehmt Platz im Kreise, Mesch‘schurs; ihr alle seid Schöffen, und Bob, der Neger, bleibt stehen, denn er wird der Constabel sein!«

Bob zog den Gurt seines Säbels fester an und suchte auf seinem Gesichte die möglichste Würde hervorzubringen.

»Constabel, nimm den Gefangenen die Fesseln ab, denn wir sind in einem freien Lande, und in einem solchen stehen selbst die Mörder mit freien Gliedern vor ihrem Richter!«

»Aber wenn ausreißen all‘ fünf, so – – —« wagte der Neger einzuwenden.

»Gehorchen!« donnerte ihn Sans-ear an. »Von diesen Männern wird keiner entfliehen, denn wir haben ihnen die Waffen genommen, und ehe sie zum Beispiel zehn Schritte getan hätten, wären unsere Kugeln schon bei ihnen!«

Die Riemen wurden abgelöst, und die Gefangenen richteten sich, noch immer kein Wort sprechend, in die Höhe. Jeder von uns Anderen hatte seine Büchse zur Hand; an eine Flucht war also wirklich nicht zu denken.

»Du nennst dich Williams,« begann Sam. »Ist dies dein richtiger Name?«

Der Gefragte entgegnete mit grimmiger Miene:

»Ich werde euch nicht antworten. Ihr selbst seid Mörder; ihr selbst habt uns überfallen; ihr selbst gehört vor ein Savannengericht.«

»Tue, was du willst, mein Junge; du hast deinen freien Willen. Aber ich sage dir, daß Schweigen als ein Geständnis gilt. Also – bist du ein wirklicher Voyageur?«

»Ja.«

»Beweise es! Wo hast du deine Briefe?«

»Ich habe keine.«

»Gut, mein Junge, das genügt vollständig, um zu wissen, woran man mit dir ist! Willst du mir wohl sagen, was du gestern abend während deiner Wache mit deinem Kameraden gesprochen und beschlossen hast?«

»Nichts! Kein Wort ist gesprochen worden.«

»Dieser ehrenwerte Mann hier hat euch belauscht und alles deutlich gehört. Ihr seid keine Westmänner, denn ein echter Savannenläufer würde die Sache viel gescheiter angefangen haben.«

»Wir keine Westmänner? All devils, bringt Eure Komödie zu Ende, und dann wollen wir euch zeigen, daß wir uns vor keinem von euch fürchten. Wer seid denn ihr? Greenhorns, die uns im Schlafe überfallen haben, um uns zu ermorden und zu berauben!«

»Rege dich nicht unnötig auf, mein Sohn! Ich werde dir sagen, wer die Greenhorns sind, die hier über Leben und Tod entscheiden werden. Dieser Mann hat euch, nachdem er euch belauscht hatte, ganz allein mit seiner Faust niedergestreckt, und das ist zum Beispiel so korrekt geschehen, daß es kein Mensch gemerkt hat, nicht einmal ihr selbst. Und Derjenige, der diese schöne Faust besitzt, nennt sich Old Shatterhand. Jetzt seht mich einmal an! Darf sich wohl einer, dem die Navajoes einst die Ohren genommen haben, Sans-ear heißen lassen? Wir sind also die Zwei, die sich ganz allein in den Llano estaccado wagen dürfen. Und auch das ist wahr, daß wir es gestern regnen ließen; wer sonst sollte es denn gewesen sein? Oder hat man jemals gehört, daß es in dem Estaccado freiwillig geregnet hat?«

Es war sichtlich kein ermutigender Eindruck, welchen unsere Namen auf die fünf Männer machten. Williams ergriff zuerst das Wort; er hatte sich die Situation überlegt, und grad unsere Namen mochten den Gedanken in ihm erwecken, daß er eine Vergewaltigung bei uns nicht zu erwarten habe.

»Wenn ihr wirklich Diejenigen seid, für welche ihr euch ausgeht, so haben wir Gerechtigkeit zu erwarten. Ich werde euch die Wahrheit sagen. Ich habe früher anders geheißen, als Williams, aber das ist kein Verbrechen, denn ihr heißt eigentlich auch anders, als Old Shatterhand und Sans-ear; ein jeder kann sich heißen lassen, wie es ihm beliebt.«

»Well, wegen des Namens bist du aber auch nicht angeklagt!«

»Und wegen eines Mordes könnt ihr uns auch nicht anklagen; wir haben weder einen begangen, noch einen begehen wollen. Ja, wir haben gestern abend miteinander gesprochen, haben von einem Mord gesprochen; haben wir aber eure Namen genannt?«

Der gute Sam blickte lange vor sich nieder und meinte endlich ziemlich verdrießlich:

»Nein, das habt ihr allerdings nicht getan; aber aus euren Worten ließ sich alles deutlich schließen.«

»Ein Schluß ist kein Beweis, ist keine Tatsache. Ein Savannengericht ist ein löbliches Ding, aber auch eine solche Jury darf nur nach Tatsachen und nicht nach Vermutungen urteilen. Wir haben Sans-ear und Old Shatterhand gastfreundlich bei uns aufgenommen, und zum Dank dafür werden sie uns unschuldig töten. Das werden alle Jäger erfahren von der großen See bis zum Mississippi, vom mexikanischen Meerbusen bis zum Sklavenfluß, und alle werden sagen, daß die beiden großen Jäger Räuber und Mörder geworden sind.«

Ich mußte innerlich gestehen, daß der Schurke seine Verteidigung ganz ausgezeichnet führte. Sam wurde von derselben so überrumpelt, daß er aufsprang.

»‘s death, das wird niemand sagen, denn wir werden euch nicht verurteilen. Ihr seid frei, so viel ich meine! Was sagt ihr Andern dazu?«

»Sie sind frei; sie sind unschuldig!« meinten die drei Kaufleute, deren Überzeugung von der Schuld der Angeklagten gleich von vornherein nicht groß gewesen war.

»Auch ich kann, nach dem, was ich weiß, nichts auf sie bringen,« entschied Bernard. »Was sie sind und wie sie heißen, das geht uns nichts an, und für unsere Anklage haben wir nur Vermutungen, keineswegs aber Beweise.«

Bob, der Neger, machte ein höchst verblüfftes Gesicht; er sah sich auf einmal um die Hoffnung betrogen, die Delinquenten aufhängen zu dürfen. Was mich betraf, so war ich mit dieser Wendung der Dinge ziemlich zufrieden; ich hatte sie sogar vorhergesehen und daher nicht nur gestern zum Aufschub geraten, sondern heut auch dem guten Sam den Vorsitz gelassen. Er besaß als Jäger eine seltene Schlauheit; einen Mörder aber durch Kreuzfragen festzunehmen, dazu war er nicht der Mann. In der Prairie ist man niemals seines Lebens sicher; warum also fünf Menschenleben auslöschen, wenn noch nicht einmal die geringste feindselige Tat vorliegt? Dann müßte überhaupt jeder Feind schon auf seine bloße Gesinnung hin getötet werden. Es lag mir weniger an dem Tode dieser Männer, als vielmehr an unserer Sicherheit, und für dieselbe konnten geeignete Maßregeln sehr leicht getroffen werden. Einen kleinen Stich aber mußte ich Sam doch dafür geben, daß er sich das abringen ließ, was wir besser aus Milde oder Gnade hätten bewilligen sollen. Als er sich daher mit der Frage an mich wandte, was ich dazu sage, antwortete ich:

»Weißt du noch, Sam, was der Vorzug deiner Tony ist?«

»Welcher?«

»Daß sie Grütze im Kopfe hat.«

»Egad, ich besinne mich, und auch du scheinst ein gutes Gedächtnis für dergleichen Dinge zu haben. Aber was kann ich dafür, daß ich ein Jäger und kein Rechtsgelehrter bin? Du hättest aus diesen Leuten vielleicht etwas herausgekniffen; warum hast du den Sheriff nicht gemacht? Nun sind sie frei, denn was einmal gesagt ist, das muß auch gelten.«

»Natürlich, denn meine Meinung könnte nun doch nichts mehr entscheiden. Frei sind sie, nämlich von der Anklage auf Mordversuch, doch frei in anderer Beziehung noch nicht. Master Williams, ich werde jetzt eine Frage an Euch richten, und auf Eure Antwort soll es ankommen, was mit Euch weiter geschehen wird. in welcher Richtung erreicht man am schnellsten den Rio Pecos?«

»Grad nach West.« An welcher Zeit?«

»In zwei Tagen.«

»Ich halte euch für Stakemen, obgleich ihr uns gestern vor denselben warnen wolltet und obgleich ihr mit eurer Truppe, allerdings nachdem sie gehörig abgeschwächt war, die richtige Richtung eingehalten zu haben scheint. Ihr werdet als unsere Gefangenen zwei Tage lang bei uns bleiben. Sind wir dann noch nicht am Flusse, so ist es um euch geschehen, denn ich selbst werde euch die Kugel oder den Riemen zu kosten geben, oder eine Jury über euch abhalten. Jetzt wißt ihr, woran ihr seid! Bindet sie auf ihre Pferde, und dann vorwärts!«

»Oh, ah, das sein gut!« meinte Bob. »Wenn nicht kommen an Fluß, Bob werden hängen sie an Baum!«

Bereits nach einer Viertelstunde befanden wir uns unterwegs; die auf ihre Pferde gebundenen Gefangenen waren natürlich in der Mitte. Bob schien sein Amt als Constabel nicht niederlegen zu wollen; er wich nicht von ihnen und hielt sie unter der strengsten Beaufsichtigung. Sam befehligte den Nachtrab, und ich ritt mit Bernard Marshall voran.

Natürlich war das gestrige Ereignis der Gegenstand unseres Gespräches, doch hatte ich keine Lust, mich sonderlich darüber zu verbreiten. Endlich meinte er, von den Voyageurs abbrechend:

»Ist es wahr, was Sans-ear behauptete, daß Ihr den Regen gemacht habt?«

»Ja.«

»Mir unbegreiflich, obgleich ich weiß, daß Ihr nicht die Unwahrheit sagt.«