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Winnetou 2
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Winnetou 2

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Er schob sich weiter fort, und ich folgte abermals. Er hielt sich nicht nahe der Mauer des Hauses, sondern kroch von derselben fort bis zu einem aus aufrecht stehenden Fenzriegeln, an denen wilder Wein oder eine ähnliche Pflanzenart emporrankte, errichteten Zaune, der den Garten umschloß. Diesen Zaun entlang krochen wir der Giebelseite des Hauses parallel, von derselben vielleicht zehn Schritte entfernt. Auf dem dadurch entstehenden Zwischenraume sah ich bald einen dunklen Haufen vor uns auftauchen, der fast wie ein Zelt geformt war. Wie ich später erfuhr, waren es zusammengestellte Bohnen- und Hopfenstangen. Am Fuße derselben wurde leise gesprochen. Old Death griff nach mir zurück, faßte mich beim Kragen, zog mich zu sich heran, so daß mein Kopf neben den seinigen kam, und raunte mir zu:

»Da sitzen sie. Wir müssen hören, was sie reden. Eigentlich sollte ich allein hin, denn Ihr seid ein Greenhorn, welches mir den ganzen Spaß verderben kann. Aber zwei hören mehr als einer. Getraut Ihr Euch, unvermerkt so nahe an sie heranzuschleichen, daß Ihr sie hört?«

»Ja,« antwortete ich.

»So wollen wir es versuchen. Ihr geht von dieser Seite an sie und ich von der andern. Wenn Ihr nahe seid, legt Ihr das Gesicht auf den Boden, damit sie nicht etwa Eure Augen funkeln sehen. Sollten sie Euch dennoch bemerken, vielleicht weil Ihr zu laut atmet, so müssen wir sie sofort unschädlich machen.«

»Töten?« flüsterte ich.

»Nein. Das müßte still geschehen, also mit dem Messer, und dazu habt Ihr kein Geschick. Ein Revolverschuß darf nicht gewagt werden. Sobald sie Euch oder mich entdecken, werfe ich mich auf den Einen, Ihr Euch auf den Andern, legt ihm beide Hände um den Hals und drückt ihm die Gurgel zu, daß er keinen Laut von sich geben kann. Dabei müßt Ihr ihn zur Erde niederreißen. Was dann geschehen Soll, werde ich Euch sagen. Aber nur ja keinen Lärm! Ich habe gesehen, daß Ihr ein starker Kerl seid, aber seid Ihr auch überzeugt, so einen Strolch still niederlegen zu können?«

»Unbedingt,« antwortete ich.

»Also vorwärts, Sir!«

Er kroch um die Stangen herum, und ich schob mich auf dieser Seite nach ihnen hin. Jetzt hatte ich die Stangenpyramide erreicht. Die beiden Strolche saßen dicht neben einander, mit den Gesichtern nach dem Hause zu. Es gelang mir, ganz lautlos so nahe an sie heranzukommen, daß mein Kopf sich kaum eine Elle weit von dem Körper des mir Nächstsitzenden befand. Nun legte ich mich auf den Bauch und das Gesicht nach unten in die Hände. Das hatte zweierlei Vorteil, wie ich bald bemerkte. Erstens konnte meine helle Gesichtsseite mich nicht verraten, und dann konnte ich in dieser Lage viel besser hören als mit erhobenem Kopfe. Sie sprachen in jenem hastigen Flüstertone, welcher die Worte auf einige Schritte hin verständlich macht.

»Den Kapitän lassen wir ungeschoren,« sagte eben derjenige, in dessen Nähe ich lag. »Er hat euch zwar auf das Trockene gesetzt, streng genommen aber seine Pflicht getan. Weißt du, Locksmith, er ist zwar auch ein verdammter Deutscher, aber es kann uns nichts nützen, sondern nur schaden, wenn wir ihm an den Kragen gehen. Wenn wir uns hier in Texas festsetzen und auch halten wollen, so dürfen wir es mit den Steamleuten nicht verderben.«

»Gut! Ganz wie Ihr wollt, Capt‘n. Der Indsman ist uns entgangen, wie ich vermute. Kein Indianer setzt sich nach La Grange, um eine ganze Nacht lang auf das Abgehen des Bootes zu warten. Aber die beiden Andern sind noch da, die deutschen Hunde, welche wir aufknüpfen wollten. Sie sind Spione und müssen gelyncht werden. Könnte man nur erfahren, wo sie sind. Sie sind wie Luft aus ihrer Gaststube verschwunden, zum Fenster hinaus, diese Feiglinge!«

»Wir werden es erfahren. Die »Schnecke« ist ja deshalb im Wirtshause sitzen geblieben, und er wird nicht ruhen, als bis er erfährt, wo sie stecken. Er ist ein schlauer Patron, Ihm haben wir es auch zu danken, daß wir wissen, daß dieser Lange hier von dem Mexikaner das Geld für sein Haus erhalten hat. Wir werden also ein sehr gutes Geschäft machen und vielen Spaß haben. Der Junge hat als Offizier gegen uns gekämpft und soll dafür aufgeknüpft werden. Der Alte hat ihn in die Uniform gesteckt und muß dafür bezahlt werden; aber hängen wollen wir ihn nicht. Er wird soviel Prügel bekommen, daß ihm das Fleisch vom Rücken springt. Dann werfen wir ihn heraus und stecken die Bude an.«

»Ihm bringt das keinen Schaden, denn sie gehört ihm nicht mehr,« entgegnete der Andere.

»Desto mehr wird es den Mexikaner ärgern, der sicherlich niemand mehr über den Rio grande hinüberschickt, um Juarez zu dienen. Wir räumen auf und geben ihm einen Denkzettel, den er sicher nicht hinter den Spiegel steckt. Die Leute sind instruiert. Aber bist du wirklich überzeugt, Locksmith, daß deine Schlüssel passen werden?«

»Beleidigt mich nicht, Capt‘n! Ich verstehe mein Geschäft. Die Türen, um welche es sich in diesem Hause handelt, können meinem Dietrich nicht widerstehen.«

»So mag es gehen. Wenn die Kerle sich nur bald zur Ruhe legten. Unsere Leute werden ungeduldig sein, denn es sitzt sich verteufelt schlecht in den alten Hollunderbüschen dort hinter dem Stalle. Lange‘s haben alle ihre Scherben dort hingeworfen. Ich wollte, Ihr könntet bald gehen und unseren Kameraden ein Zeichen geben. Will doch noch einmal an dem Laden horchen, ob sie wirklich noch nicht im Bette sind, diese deutschen Nachteulen.«

Der Capt‘n stand auf und ging leise zu dem einen Laden der Wohnstube. Er wurde von seinen Gefährten Capt‘n genannt; diese Bezeichnung und auch die Unterredung, welche ich eben gehört hatte, gaben Grund zu der Vermutung, daß er der Anführer sei. Der Andere war mit dem Worte »Locksmith« bezeichnet worden. Das heißt Schlosser. Vielleicht hieß er so; wahrscheinlich aber war er Schlosser, da er gesagt hatte, daß er sich auf den Gebrauch des Dietrichs verstehe. Und eben jetzt machte er eine Bewegung, bei welcher ich ein leises Klirren hörte. Er hatte Schlüssel bei sich. Aus diesen Gedanken wurde ich aufgestört durch ein leises Zupfen an meinem Bein. Ich kroch zurück. Old Death lag hinter den Stangen. Ich schob mein Gesicht an das seinige, und er fragte mich leise, ob ich alles gehört und verstanden hätte. Ich bejahte.

»So wissen wir, woran wir sind. Werde diesen Burschen einen Streich spielen, über den sie noch lange die Köpfe schütteln sollen! Wenn ich mich nur auf Euch verlassen könnte!«

»Versucht es einmal mit mir! Was soll ich denn tun?« antwortete ich.

»Den einen Kerl bei der Gurgel nehmen.«

»Well, Sir, das werde ich!«

»Gut, um aber ganz sicher zu gehen, will ich Euch erklären, wie Ihr es anzufangen habt. Horcht! Er wird doch nicht hierher hinter die Stangen kommen!«

Der Capt‘n kehrte vom Laden zurück. Glücklicherweise setzte er sich gleich wieder nieder.

Old Death hielt es nicht für notwendig, sie weiter zu belauschen. Er raunte mir zu:

»Also, ich will Euch sagen, wie Ihr den Kerl zu fassen habt. Ihr kriecht zu ihm hin und befindet Euch also hinter ihm. Sobald ich einen halblauten Ruf ausstoße, legt Ihr ihm die Hände um den Hals, aber richtig, versteht Ihr? Die beiden Daumen kommen ihm in den Nacken, so daß sie mit den Spitzen zusammenstoßen, und die andern acht Finger, je vier von jeder Seite, an die Gurgel. Mit diesen acht Fingerspitzen drückt Ihr ihm den Kehlkopf so fest, wie Ihr könnt, einwärts!«

»Da muß er doch ersticken!«

»Unsinn! Das Ersticken geht nicht so schnell. Schufte, Schurken und ähnliches Gelichter gehören in eine Raubtierklasse, welche ein ungeheuer zähes Leben besitzt. Wenn Ihr ihn festhabt, drückt Ihr ihn nieder, weil Ihr dann weit mehr Kraft anwenden könnt, aber ja nicht falsch! Ihr befindet Euch, wie gesagt, hinter ihm und dürft ihn nicht etwa nach Euch niederziehen, sondern Ihr müßt ihn seitwärts nach links niederdrücken, so daß er erst auf die Seite und dann auf den Bauch und Ihr auf ihn zu liegen kommt. So habt Ihr ihn am sichersten. Da Ihr an solche Kunstgriffe nicht gewöhnt seid, so ist es möglich, daß es ihm doch gelingt, einen Laut auszustoßen. Das wird aber höchstens ein kurzes verzweifeltes »Bäh« sein. Dann ist er still, und Ihr haltet ihn so lange fest, bis ich bei Euch bin. Werdet Ihr das fertig bringen?«

»Gewiß. Ich habe früher viel gerauft.«

»Gerauft!« höhnte der Alte. »Das will ganz und gar nichts sagen! Und Ihr müßt auch noch bedenken, daß der Capt‘n länger ist als der Andere. Macht Eurem Lehrer Ehre, Sir, und laßt Euch von denen da drin nicht auslachen! Also vorwärts! Wartet auf meinen Ruf!«

Er schob sich wieder fort von mir, und ich kroch dahin zurück, wo ich vorhin gelegen hatte; ja, ich näherte mich dem Capt‘n noch weiter und zog die Kniee an den Leib, um mich augenblicklich aufrichten zu können.

Die beiden Kukluxer setzten ihre Unterhaltung fort. Sie sprachen ihren Ärger darüber aus, daß sie und ihre Gefährten so lange zu warten hatten. Dann erwähnten sie uns beide und äußerten die Hoffnung, daß die »Schnecke« unsern Aufenthaltsort ausspähen werde. Da hörte ich Old Deaths halblaute Stimme:

»Da sind wir ja, Mesch‘schurs! Paßt doch auf!«

Schnell richtete ich mich hinter dem Capt‘n auf und schlug ihm die Hände in der Weise, wie der Scout es mir gesagt hatte, um den Hals. Mit den Fingerspitzen fest auf seinem Kehlkopfe, drückte ich ihn seitwärts zu Boden nieder, stieß ihn mit dem Knie noch weiter um, so daß er auf das Gesicht zu liegen kam, und kniete ihm dann auf den Rücken. Er hatte keinen Laut ausgestoßen, zuckte krampfhaft mit den Armen und Beinen und lag dann still. Da kauerte sich Old Deaths Gestalt vor uns hin. Der Alte versetzte dem Capt‘n einen Schlag mit dem Revolverknaufe auf den Kopf und sagte dann:

»Laßt los, Sir, sonst erstickt er wirklich! Ihr habt es für den Anfang gar nicht übel gemacht. Anlagen scheint Ihr zu besitzen, und ich kalkuliere, daß einmal ein famoser Bösewicht oder aber ein tüchtiger Westmann aus Euch wird. Nehmt den Kerl auf die Achsel, und kommt!«

Er nahm den Einen, ich den Andern auf die Schulter, und wir kehrten nach der Hintertüre zurück, wo Old Death, wie es besprochen worden war, zu kratzen begann. Lange ließ uns ein.

»Was bringt Ihr denn da?« fragte er leise, als er trotz der Dunkelheit bemerkte, daß wir Lasten trugen.

»Werdet es sehen,« antwortete Old Death lustig. »Schließt zu, und kommt mit herein!«

Wie staunten die Männer, als wir unsere Beute auf die Diele legten.

»Alle Wetter!« fuhr der alte Deutsche auf. »Das sind ja zwei Kukluxer! Tot?«

»Hoffentlich nicht,« sagte der Scout. »Ihr seht, wie recht ich tat, daß ich diesen jungen Master mit mir nahm. Er hat sich brav gehalten, hat sogar den Anführer der Bande überwältigt.«

»Den Anführer? Ah, das ist prächtig! Aber wo stecken seine Leute, und warum bringt Ihr diese Beiden herein?«

»Muß ich Euch das erst sagen? Es ist doch sehr leicht zu erraten. Ich und der junge Sir da, wir werden die Kleider der beiden Lumpen anlegen und die Bande, welche sich am Stalle versteckt hält, herein holen.«

»Seid Ihr des Teufels! Ihr riskiert das Leben. Wenn man nun entdeckt, daß ihr gefälschte Kukluxer seid?«

»Das wird man eben nicht entdecken,« entgegnete der Alte in überlegenem Tone. »Old Death ist ein pfiffiger Kerl, und dieser junge Master ist auch nicht ganz so dumm, wie er aussieht.«

Old Death erzählte, was wir belauscht und getan hatten, und erklärte ihnen dann seinen Plan. Ich sollte als Locksmith hinter den Stall gehen, um die Kukluxer herein zu holen. Er wollte die Verkleidung des Capt‘ns, welche grad für seine Länge paßte, anlegen und den Anführer spielen. »Es versteht sich von selbst,« fügte der Scout hinzu, »daß nur leise gesprochen wird, und beim Flüstern sind alle Stimmen gleich.«

»Nun, wenn Ihr es wagen wollt, so tut es!« sagte Lange, »Ihr tragt nicht unsere Haut zu Markte, sondern Eure eigene. – Was aber wollen wir inzwischen tun?«

»Zunächst leise hinausgehen und einige starke Pfähle oder Stangen hereinholen, welche wir gegen die Kammer- oder Stubentüre stemmen, damit diese nicht von innen geöffnet werden kann. Sodann verlöscht Ihr die Lichter und versteckt Euch im Hause. Das ist alles, was Ihr zu tun habt. Was dann noch geschehen muß, läßt sich jetzt noch nicht bestimmen.«

Vater und Sohn gingen in den Hof, um Pfähle zu holen. Inzwischen nahmen wir den beiden Gefangenen ihre Verkleidungen ab. Dieselben waren schwarz und trugen weiße, aufgenähte Abzeichen. Diejenige des Capt‘ns war an Kapuze, Brust und Oberschenkel mit einem Dolch, die des Locksmith an denselben Stellen mit Schlüsseln versehen. Der Dolch war also das Abzeichen des Anführers. Derjenige, welcher in der Schenke saß, um unsern Aufenthaltsort zu erfahren, war »Schnecke« genannt worden. Er trug also wohl vorkommenden Falls eine mit Schnecken ausgezeichnete Verkleidung. Eben als wir dem Capt‘n seine Hose, welche den Schnitt der Schweizer Wildheuerhosen hatte und über dem eigentlichen Beinkleid befestigt war, vom Leibe zogen, erwachte er. Er blickte wirr und erstaunt umher und machte dann eine Bewegung, aufzuspringen, wobei er nach der Leibesgegend griff, in welcher sich vorher die Tasche mit dem Revolver befunden hatte. Old Death aber drückte ihn schnell wieder nieder, hielt ihm die Spitze des Bowiemessers auf die Brust und drohte:

»Ruhig, mein Junge! Nur einen unerlaubten Laut oder eine Bewegung, so fährt dir dieser schöne Stahl in den Leib!«

Der Kuklux war ein Mann im Anfange der Dreißiger mit militärisch geschnittenem Bart. Sein scharf gezeichnetes, dunkel angehauchtes und ziemlich verlebtes Gesicht ließ einen Südländer in ihm vermuten. Er griff mit den beiden Händen an den schmerzenden Kopf, wo ihn der Hieb getroffen hatte, und fragte: »Wo bin ich? Wer seid Ihr?«

»Hier wohnt Lange, den Ihr überfallen wolltet, Boy. Und ich und dieser junge Mann sind die Deutschen, deren Aufenthalt die »Schnecke« erkunden sollte. Du siehst, daß du dich da befindest, wohin deine Sehnsucht dich trieb.«

Der Mann kniff die Lippen zusammen und ließ einen wilden aber erschrockenen Blick umherschweifen. In diesem Augenblick kam Lange mit seinem Sohne zurück. Sie brachten einige Stangen und eine Säge mit. »Material zum Binden ist da, ausreichend für zwanzig Mann,« sagte der Erstere.

»So gebt her, einstweilen nur für diese Beiden.«

»Nein, binden lasse ich mich nicht!« rief der Capt‘n, indem er abermals versuchte, sich aufzurichten. Aber sofort hielt ihm Old Death wieder das Messer vor und sagte:

»Wage es ja nicht, dich zu rühren! Jedenfalls hat man vergessen, dir zu sagen, wer ich bin. Man nennt mich Old Death,,und du wirst wissen, was das zu bedeuten hat. Oder meinst du gar, daß ich ein Freund der Sklavenzüchter und Kukluxer sei?«

»Old – Old Death seid Ihr!« stammelte der Capt‘n aufs höchste erschrocken.

»Ja, mein Junge, der bin ich. Und nun wirst du dir keine unnützen Einbildungen machen. Ich weiß, daß du den jungen Lange aufknüpfen und seinen Vater bis auf die Knochen peitschen lassen wolltest, um dann dieses Haus in Brand zu stecken. Wenn du noch irgend welche Nachsicht erwartest, so kannst du sie nur dann haben, wenn du dich in dein Schicksal ergibst.«

»Old Death, Old Death!« wiederholte der leichenblaß gewordene Mann. »Dann bin ich verloren!«

»Noch nicht. Wir sind nicht ruchlose Mörder wie ihr. Wir werden euer Leben schonen, wenn ihr euch uns ohne Kampf ergebt. Tut ihr das nicht, so wird man morgen eure Leichen in den Fluß werfen können. Ich teile dir jetzt mit, was ich dir zu sagen habe. Handelst du danach, so mögt ihr das County und meinetwegen Texas verlassen, um nicht wiederzukommen. Verachtest du meinen Rat, so ist es aus mit euch. Ich hole jetzt deine Leute herein. Sie werden ebenso unsere Gefangenen sein, wie du es bist. Befiel ihnen, sich zu ergeben. Tust du das nicht, so schießen wir euch zusammen, wie einen Baum voll wilder Tauben!«

Der Kuklux wurde gebunden und erhielt ein Taschentuch in den Mund. Der Andere war auch zu sich gekommen, zog aber vor, kein Wort zu sagen. Auch er wurde gefesselt und geknebelt. Dann trug man die Beiden hinaus in die Betten, in denen Lange und sein Sohn zu schlafen pflegten, und band sie noch besonders fest, so daß sie sich nicht regen konnten, und deckte sie bis an den Hals zu.

»So!« lachte Old Death. »Nun kann die Komödie beginnen. Wie werden die Kerls sich wundern, wenn sie in diesen sanften Schläfern ihre eigenen Genossen erkennen. Es wird ihnen ein ungeheures Vergnügen machen! Aber sagt, Master Lange, wie könnte man denn, wenn wir sie haben, mit den Leuten reden, ohne daß sie einen sehen und fassen können, aber doch so, daß es möglich ist, sie dabei zu beobachten?«

»Hm!« meinte der Gefragte, indem er nach der Decke deutete, »von da oben. Die Decke besteht nur aus einer Bretterlage. Wir könnten eins der Bretter lossprengen.«

»So kommt alle heraus, und nehmt eure Waffen mit. Ihr steigt die Treppe hinauf und bleibt oben, bis es Zeit ist. Vorher aber wollen wir für passende Stemmhölzer sorgen.«

Es wurden einige der Stangen mit der Säge so verkürzt, daß sie genau für den beabsichtigten Zweck paßten, und dann bereit gelegt. Ich zog die Hose und Bluse des Locksmith an, während Old Death die andere Verkleidung anlegte. In der weiten Tasche meiner Hose steckte ein eiserner Ring mit einer Menge falscher Schlüssel.

»Ihr werdet sie gar nicht gebrauchen« sagte Old Death. »Ihr seid kein Schlosser und auch kein Einbrecher und würdet Euch durch Euere Ungeschicklichkeit verraten. Ihr müßt also die echten Schlüssel hier abziehen und mitnehmen. Dann tut Ihr so, als ob Ihr mit dem Dietrich öffnetet. Unsere Messer und Revolver stecken wir bei; unsere Büchsen aber nehmen hier die Masters zu sich, die, während wir draußen unsere Aufgabe erledigen, droben ein Brett lossprengen werden. Dann aber müssen alle Lichter verlöscht werden.«

Dieser Weisung wurde gefolgt. Man ließ uns hinaus, und draußen verschloß ich die Türen. Ich hatte nun die drei Schlüssel zur Haus-, Stuben- und Kammertüre bei mir. Old Death instruierte mich jetzt genauer, als es vorher geschehen war. Als wir den Knall hörten, welcher durch das Lossprengen des Brettes verursacht worden war, trennten wir uns. Er ging nach der Giebelseite des Hauses, wo die Stangen standen, und ich begab mich über den Hof hinüber, um meine lieben Kameraden zu holen. Ich wendete mich zum Stalle. Ich trat dabei nicht allzu leise auf, denn ich wollte gehört und angesprochen sein, um nicht etwa mit meiner Anrede einen Fehler zu machen. Eben als ich um die Ecke treten wollte, erhob sich eine Gestalt, über welche ich beinahe hinweggestolpert wäre, vom Boden.

»Stop!« sagte er. »Bist du es, Locksmith?«

»Yes. Ihr sollt kommen; aber sehr leise.«

»Will es dem Leutnant sagen. Warte hier!«

Er huschte fort. Also auch einen Leutnant gab es! Der Ku-Klux-Klan schien eine militärische Organisation zu besitzen. Ich hatte noch keine Minute gewartet, so kam ein Anderer, In leisem Tone sagte er:

»Das hat lange gedauert. Schlafen denn die verwünschten Deutschen endlich?«

»Endlich! Aber nun auch desto fester. Sie haben miteinander einen ganzen Krug Brandy ausgestochen.«

»So werden wir leichtes Spiel haben. Wie steht es mit den Türen?«

»Klappt alles aufs trefflichste.«

»So wollen wir gehen. Mitternacht ist schon vorüber, und dann wird es auch drüben bei Cortesio losgehen, wofür die erste Stunde nach Mitternacht festgesetzt war. Führe uns!«

Hinter ihm tauchten eine Menge vermummter Gestalten auf, die mir folgten. Als wir an das Haus kamen, trat Old Death leise zu uns, dessen Gestalt in der Dunkelheit nicht von derjenigen des Capt‘n zu unterscheiden war.

»Habt Ihr besondere Befehle, Capt‘n?« fragte der zweite Offizier.

»Nein,« antwortete der Alte in seiner sichern, selbstverständlichen Weise. »Wird sich alles danach richten, wie wir es drinnen finden. Nun, Locksmith, wollen wir es mit der Haustüre versuchen.«

Ich trat zur Türe und hielt den richtigen Schlüssel in der Hand. Doch tat ich, als ob ich erst einige andere versuchen müsse. Als ich dann geöffnet hatte, blieb ich mit Old Death stehen, um die Andern an uns vorbei zu lassen. Auch der Leutnant blieb bei uns. Als alle leise eingetreten waren, fragte er:

»Laternen heraus?«

»Nur die Eurige einstweilen.«

Wir traten ebenfalls ein; ich machte die Türe wieder zu, doch ohne sie zu verschließen, und der Leutnant zog eine brennende Blendlaterne aus der Tasche seiner weiten Hosen. Sein Anzug war mit weißen Figuren von der Gestalt eines Bowiemessers gezeichnet. Wir hatten fünfzehn Personen gezählt. Jeder trug ein anderes Zeichen. Da waren Kugeln, Halbmonde, Kreuze, Schlangen, Sterne, Frösche, Räder, Herzen, Scheren, Vögel, vierfüßige Tiere und viele andere Figuren zu sehen. Der Leutnant schien gern zu kommandieren. Er leuchtete, während die Andern regungslos standen, umher und fragte dann:


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