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Im Lande des Mahdi II
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Im Lande des Mahdi II

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»Das ist eigentlich nicht notwendig,« lachte ich. »Die Hauptsache ist, daß ich es weiß. Ich habe noch mehr gehört. Dein Sohn Ibn Asl soll mit seinen Leuten und seinem Schiffe bis Makaui oder Katena nilabwärts gehen und dann links in die Steppe marschieren, um uns zu überfallen und euch zu befreien. Du siehst, daß meine Adlerohren mir sehr gute Dienste leisten.«

»Du bist ein Teufel, ja, du bist der richtige und wirkliche Scheitan!« rief er jetzt in seinem grimmigsten Tone aus. »Gehört hast du nichts; das weiß ich genau; dennoch bist du von allem unterrichtet, und das kann nur die Folge davon sein, daß du mit der Hölle im Bunde stehst!«

»Oder mit Allah. Du bist ein schauderhafter Bösewicht; also kann die Macht, welche mir gegen dich beisteht, keine böse, sondern sie muß eine gute sein. Deine Anschläge sind entdeckt, und ich werde dafür sorgen, daß sie zunichte werden; deinem Sohne werde ich einen Besuch abstatten, ohne zu fragen, ob ich ihm willkommen bin, und wehe ihm, wenn ich finde, daß er dem Reïs Effendina auch nur ein Haar gekrümmt hat! Euch beide werde ich jetzt wieder hinüber zum Feuer schaffen lassen. Ihr habt zu wenig Gehirn, zu erraten, weshalb ich euch von den anderen absonderte. Hättet ihr euch Ueberlegt, daß, wie ihr nun schon oft erfahren habt, alles, was ich thue, einen bestimmten Zweck hat, so wäret ihr nicht in die Falle gegangen, welche ich euch damit stellte.«

Als sich die beiden wieder in der Nähe des Feuers befanden, nahm ich mich der Wunde des Dschelabi sorgfältiger an, als es vorhin geschehen war. Günstigen Falles blieb er für das ganze Leben lahm; da aber in jenen Gegenden die geringste Verletzung leicht einen gefährlichen Charakter annehmen kann, so war eine schlimmere Wendung gar nicht ausgeschlossen.

Nun war ich neugierig, wie der Fakir el Fukara sich verhalten werde. Teilte er mir den Plan des Alten mit, so war es gut; im andern Falle aber mußte ich ihn hindern, den ihm gewordenen Auftrag auszuführen. Er hatte sich wieder abseits von den übrigen gesetzt und gab mir, als die an der Wache nicht beteiligten Asaker sich zu schlafen niederlegten, einen Wink, zu ihm zu kommen. Als ich dieser Aufforderung gefolgt war, sagte er.

»Setze dich für einige Augenblicke zu mir, Effendi! Ich möchte über eine Angelegenheit, welche mir sehr wichtig ist, mit dir sprechen.«

Ich nahm in der Erwartung neben ihm Platz, daß er mir sein Gespräch mit dem Alten mitteilen werde, aber schon der Anfang zeigte, daß ich mich geirrt hatte, denn er begann:

»Du bist ein Christ. Kennst du euer Kitab el mukaddas[17 - Heilige Buch = Bibel.] genau?«

»Ja. Ich habe es mit besonderem Fleiße studiert.«

»Und kennst du auch die Erklärungen, welche eure Schriftgelehrten dazu gegeben haben?«

»Ja.«

»So sage mir, ob ihr Muhammed für einen Propheten haltet!«

»Nach unserer Ueberzeugung ist er kein Prophet, sondern nur ein gewöhnlicher Mensch.«

»So giebt es bei euch wohl gar keine Propheten?«

»O doch! Wir verstehen unter den Propheten diejenigen vom heiligen Geiste erleuchteten Männer, welche Gott zu seinem Volke sandte, um dasselbe über die ewigen Wahrheiten zu belehren und es auf den Weg des Heils zu leiten.«

»Das hat Muhammed doch auch gethan!«

»Nein. Der Weg, auf welchen er seine Anhänger wies, ist ein Irrweg.«

»So haltet ihr seine Lehre für durchaus falsch?«

»Ich möchte diese Frage freilich nicht mit einem kurzen ja beantworten. Er hat Richtiges und Falsches zusammengeworfen. Da, wo er lebte, gab es Juden und Christen. Von diesen lernte er den Inhalt unserer Bibel kennen und konstruierte sich aus derselben und aus allerlei heidnischen Anschauungen, welche er vorfand, die Lehre, welche ihr Islam nennt. Was davon aus unserer heiligen Schrift stammt, ist richtig, das übrige aber falsch. Da nun selbst die reinste Wahrheit, wenn sie mit der Lüge verquickt wird, nicht mehr Wahrheit ist, so muß der Kuran trotz vieler Stellen, mit denen wir einverstanden sind, verworfen werden.«

»Effendi, ihr begeht den großen Fehler, den Kuran zu verurteilen, ohne ihn zu kennen.«

»Das ist nicht wahr. Ich kann diese deine Behauptung mit vollem Rechte umdrehen. Giebt es eine einzige muhammedanische Medresse[18 - Universität.], an welcher die Schüler unsere Bibel kennen lernen?«

»Nein, denn es ist Lehrern und Schülern verboten, sich mit den Lehren Andersgläubiger zu beschäftigen. Sie würden eine große Sünde begehen, wenn sie dies thäten.«

»An unsern Medressen aber giebt es sehr gelehrte und sehr berühmte Männer, welche mit ihren Schülern den Kuran studieren und denselben wenigstens, ich sage wenigstens, ebenso genau kennen wie eure Professoren. Ihr könnt die Bibel gar nicht kennen und nennt uns dennoch Giaurs; wir aber kennen den Kuran und sind also sehr wohl im stande, über den Islam ein Urteil zu fällen.«

»Bist du auch der Schüler eines solchen Lehrers gewesen?«

»Ja, und zwar des berühmtesten. Er hat Abu ‚l feda, Beidhawi, Alis hundert Sprüche, Samachschari und andere eurer Gelehrten übersetzt. ich lernte bei ihm eure Sprache, den Kuran, die Sunna und die von euren Religionslehrern dazu gegebenen Erläuterungen kennen und bin bereit, dir über den Islam jede gewünschte Aufklärung zu geben.«

»Wunder über Wunder! Ein Christ will mir, dem gelehrten Fakir el Fukara, Erklärung des Kuran, der Sunna und aller heiligen Schriften geben! Sollte man so etwas für möglich halten! Du bist nicht nur in Thaten, sondern auch in Worten verwegen, Effendi!«

»Von einer Verwegenheit kann da gar keine Rede sein. Was ich sage, hat alles Grund und vollständige Berechtigung. Versuche es!«

»Nein. Ich werde mich hüten, mit einem Christen über den Islam zu disputieren. Du lässest dich doch nicht bekehren. Es waren nur einige wenige Fragen, welche du mir beantworten solltest. Selbst dem weisesten der Weisen ist es unmöglich, ein endgültiges Urteil über unsern Glauben zu fällen, denn Muhammed hat das Werk nur begonnen. Zu Ende führen wird es ein anderer.«

»Wer?«

»Das fragst du? Und doch behauptest du, den Kuran und alle seine Erläuterungen zu kennen! Durch diese Frage hast du bewiesen, daß du sie noch nicht kennst.«

»Du irrst dich abermals. Ich weiß, daß du den Paraklet, den Ma‘dijj meinst, den viele von euch erwarten.«

Dieses Wort darf nicht Mahdi, sondern es muß Ma‘diji geschrieben werden; es kommt von dem arabischen Verbum hahdaja her, welches »führen« heißt, und bedeutet: der auf den rechten Weg Geführte, der Helfer, der Vermittler. Doch werde ich dem einmal gewohnten Gebrauche folgen und Mahdi schreiben.

»Du, weißt das also doch?« fragte er. »Hast du gehört, daß ein Mahdi kommen wird?«

»Gehört und auch gelesen. Der Kuran erwähnt nichts von ihm, und auch den Kommentaren ist die Sendung eines Mahdi unbekannt; er lebt nur in der mündlichen Ueberlieferung, auf die ich nichts gebe.«

»Ich desto mehr. Allah wird einen Propheten senden, welcher das von Muhammed begonnene Werk zu vollenden hat. Dieser Prophet wird die Ungläubigen entweder bekehren oder, wenn sie sich nicht bekehren lassen, sie vernichten und dann die Güter dieser Erde so verteilen, daß ein jeder nach seiner Frömmigkeit erhält, was ihm gebührt.«

»Das sind mehr weltliche als religiöse Hoffnungen und Wünsche. Wäre ich Moslem, ich würde mich nur an den Kuran halten, nach dessen Lehren ein solcher Mahdi nicht erwartet werden kann.«

»Wieso? Wenn der Kuran nicht von einem Mahdi redet, so ist das doch kein triftiger Grund, anzunehmen, daß es keinen solchen geben kann und geben wird.«

»O doch, denn die Prophetologie des Kuran ist vollständig abgeschlossen. Nach Muhammeds eigenen Worten ist er der letzte Prophet, den Allah gesandt hat und senden wird; seine Lehre, der Islam, ist in sich vollendet und kann nicht durch Zusätze ergänzt oder gar verbessert werden, und nach ihm wird, wie er sagt, nur einer kommen, nämlich Isa Ben Marryam[19 - Jesus, Mariens Sohn.], und zwar am jüngsten Tage, an welchem er sich auf die Moschee der Ommijaden in Damaskus niederlassen wird, um zu richten die Lebendigen und die Toten. Ganz abgesehen davon, daß Muhammed da den Heiland der Christen als Weltenrichter hoch über sich selbst stellt, macht er damit eure Mahdi-Hoffnung ganz und vollständig zu schanden.«

»Das sprichst du als Ungläubigen«

»Nein, sondern als Kenner des Islam, als welcher ich mich in die Anschauung eines Moslem gedacht habe. Wenn jetzt ein Mahdi erstände, welcher beabsichtigte, die sogenannten Ungläubigen, falls sie sich nicht von ihm bekehren ließen, zu vernichten, so wäre das einfach lächerlich. Es giebt weit über tausend Millionen Menschen, welche nicht Muhammedaner sind; ich will aber nur von uns Christen sprechen. Wie wollte euer Mahdi es anfangen, uns zu vernichten?«

»Mit Feuer und Schwert!«

»Er mag kommen! Und das ist es ja eben, daß er gar nicht kommen kann, nämlich nicht zu uns. Kann eine Quelle der Wüste sich herausnehmen, zum Nile zu kommen, um ihn zu verschlingen? Kann sie die Wüste überwinden und dann die Felsenberge, durch welche sie vom Nile getrennt wird? Sie muß, sobald sie sich aus der Oase hervorwagt, schamrot im Sande verlaufen.«

»Allah wird ihre Wellen mehren und ihre Kräfte stärken, daß sie tausendmal breiter wird als der Nil!«

»Gott ist allerdings allmächtig; aber er läßt nicht der Ueberhebung eines Moslem zuliebe ein Meer aus dem dürren Boden quellen und die Höhen der Gebirge überfluten.«

»Ihr kennt uns nicht. Wir sind unwiderstehlich, wenn wir uns im Kriege über eure Länder ergießen!«

»Pah! Euer Strom würde elend versiechen, noch lange ehe er unsere Grenzen erreichte. Kennt ihr unsere Länder? Wo liegen sie? Kennt ihr unsere Völker, unsere Einrichtungen, unsere Heere? Ein Wüstenfloh hat den Gedanken, mit den Elefanten und Flußpferden des Sudan, den Büffeln und Bären Amerikas, den Löwen und Tigern Indiens anzubinden! Wahnsinn! Und kämt ihr zu Hunderttausenden, so hast du gar keine Ahnung, wie schnell wir mit euch aufräumen würden.«

»Allah‘l Allah! Hast du einmal einen Moslem im Kampfe gesehen? Wir würden euch im Augenblick zermalmen!«

»Aber einen Augenblick vorher würdet ihr aus den Mündungen unserer Gewehre und Kanonen bis auf den letzten Mann den Tod getrunken haben. Ehe du vom Zermalmen redest, besuche die Länder der Christen, um da Umschau zu halten! Du redest wie der Fisch vom Wüstensturm; sobald er nur aus dem Wasser kommt, ist‘s mit ihm vorbei. Zähle die Millionen und aber Millionen Krieger, welche wir haben. Und was sind das für Männer! Was sind zehn von euch gegen einen von ihnen! Du fragst mich, ob ich einen Moslem im Kampfe gesehen habe. Nicht einen, sondern viele sah ich schon. Ich selbst habe mit Moslemin gekämpft und wundere mich sehr, daß du mich so fragen kannst. Nimm doch das nächste Beispiel, welches dir zur Verfügung steht, nämlich mich selbst! Man wollte und will mich hier verderben. Ist es gelungen? Sind diese großen Helden nicht alle in ihre eigenen Gruben gefallen? Ich bin der einzige Christ unter euch. Sagt Abd Asl nicht selbst, daß ich mehr zu fürchten sei, als alle Asaker zusammen? Man wollte mich fangen. Was geschah? Ich habe diese sechzig tapfern Moslemin gefangen, und zwar hier, wo sie daheim sind und alle Verhältnisse kennen. Dein Mahdi mag kommen, um uns zu vernichten. Meinst du, daß wir uns gegen ihn zu wehren brauchten? O nein! Wir würden lachen, nur lachen, und vor dem Schalle dieses Spottgelächters würde er samt seinen Helden Hals über Kopf davonlaufen.«

»Du nimmst den Mund sehr voll, Effendi; aber wenn du ihn kommen sähest, so würden deine Zähne vor Entsetzen aufeinander klappen.«

»So? – Hat er ein so fürchterliches Angesicht?«

»Ja, du hast keine Ahnung davon, wie schrecklich er sein kann.«

»Aber du hast diese Ahnung? – So kennst du ihn?«

»Gerade weil du nicht glaubst, daß ein Mahdi kommen wird, gerade weil du über ihn spottest, will ich dir diese Frage beantworten: ja, ich kenne ihn.«

»So, ist er also schon da?«

»Er ist schon da und hat bereits von Allah die Weisung empfangen, sich auf die Eroberung der Erde und die Vernichtung der Ungläubigen vorzubereiten.«

»Willst du ihm einen guten Rat von mir überbringen?«

»Welchen?«

»Er mag in Ruhe und Frieden seine Herde weiden oder sein Feld bebauen, aber in Allahs Namen auf seine eingebildete Prophetie verzichten. Er ist in einer gewaltigen Selbsttäuschung befangen, in einem Selbstbetruge, welchen seine Anhänger, falls er welche fände, mit ihrem Eigentume, ihrem Leben bezahlen würden.«

»Du täuschest dich, aber nicht er sich! Seine Sendung ist ihm von Allah geworden, und er wird dem Befehle, der vom Himmel kam, gehorchen.«

»So will ich dir sagen, was er zu erwarten hat. Er wird sich zunächst gegen den Vicekönig empören. Vielleicht gelingt der Aufstand. Chartum ist weit von Kahira entfernt, und ehe der Khedive Truppen sendet, kann dem Mahdi die an den Nilarmen liegende Gegend zugefallen sein, aber gewiß nur für kurze Zeit; er wird sie bald wieder räumen müssen.«

»Gewiß nicht! Er verachtet den Khedive und wird ihn unterjochen. Dann wird er Mekka nehmen und hernach nach Stambul ziehen, um den Sultan abzusetzen und sich als den wahren Beherrscher der Gläubigen auszurufen.«

»Das wird er bleiben lassen! Du hast ja nicht die mindeste Ahnung von den Verhältnissen, mit denen er zu rechnen hätte und von den Hindernissen, auf welche er stoßen würde. Hier am obern Nile, ja, da könnte er ein wenig Krieg spielen; aber sobald er die Nase über die nubische Grenze steckte, würde man ihn darauf klopfen.«

»Wer?«

»Diejenigen Mächte, welche nicht zugeben können, daß der Vicekönig oder gar der Sultan abgesetzt wird. Es giebt noch ganz andere Kerle, als der Mahdi sein würde, welche es nicht gern sehen, daß der Sultan in Stambul sitzt. Da ist zum Beispiel der Kaiser von Rußland, welcher Stambul gern für sich haben möchte. Er hat gar nicht weit dorthin, denn sein Reich stößt an die Türkei; er besitzt mehrere Millionen Soldaten und nimmt Stambul doch nicht weg, und zwar nicht etwa aus Angst vor den Türken, den Muhammedanern, sondern weil andere, christliche Fürsten es nicht erlauben würden. Und was der große Zar nicht fertig bringt, das soll der Mahdi fertig bringen? Das wäre, wie wenn ein Kind die Hand nach dem Monde ausstreckt; es mag nach ihm verlangen, es mag jammern und schreien, aber es kann ihn eben auf keinen Fall bekommen. Sage also dem Manne, daß es nichts mit diesem Plan ist. Und auch hinter dem Khedive stehen Mächte, welche ihn nicht fallen lassen werden. Ein Mahdi würde höchstens bis Assuan kommen, dort aber auf europäische, also auf christliche Truppen stoßen, an deren Kanonen und Bajonetten seine Macht zerschellen müßte.«

»Wie aber nun, wenn er im Heere des Khedive einen Freund hätte, auf den er sich verlassen kann?«

»Da meinst du jedenfalls einen hohen Offizier, der bereit ist, sich in Kahira zu empören, sobald der Mahdi sich in Chartum erhebt?«

»Ja.«

»Selbst wenn dieser Offizier zunächst Glück hätte, es würde ihn sehr bald verlassen, denn es würden europäische Truppen landen, denen er mit seinen Anhängern nicht gewachsen wäre.«

»Wenn er sie nun aber nicht landen ließe?«

»Was kann er dagegen thun? Sie landen unter dem Schutze ihrer Schiffe.«

»Die zerstört er!«

»Womit? Wie denn? Das sind keine hölzernen Nilbarken, sondern ungeheure Riesenpanzer aus Stahl. Eure Kugeln prallen davon ab; ihre Kanonenkugeln aber, welche fast bis nach Kahira fliegen, säubern in einer Viertelstunde die ganze Gegend. Wollte dein Mahdi den Sudan erobern, um die heidnischen Schwarzen zum Islam zu bekehren, so hätte er es mit Menschen und Verhältnissen zu thun, die er vielleicht kennt, und es wäre am Ende ein Gelingen möglich; aber von anderen Eroberungen mag er die Hände lassen, wenn er nicht tüchtig darauf geklopft sein will. Ein Mahdi, welcher den Erdkreis erobern will, müßte die Summe aller gegenwärtigen europäischen Bildung nicht nur in sich tragen, sondern dieselbe sogar noch überragen. Wo giebt es hier einen solchen Mann?«

»Es giebt einen!« antwortete er in selbstbewußtem Tone, »welcher zehnmal gescheiter ist, als ihr Europäer alle miteinander.«

»Hm! Meinst du etwa dich selbst? Fast klingt es so.«

»Wen ich meine, das werde ich natürlich nicht sagen; aber Allah hat ihm den Geist, die Kenntnisse und alle Eigenschaften, welche zu einer so heiligen Sendung gehören, gegeben, und es wird gar bald die Zeit kommen, in welcher die Kunde von ihm in alle Länder erschallt und alle Kaiser, Könige und Fürsten Boten zu ihm senden, um ihm Geschenke zu geben und ihn um Frieden zu bitten. Darauf kannst du dich bei meinen heiligsten Schwüren verlassen!«

»Was das betrifft, so habe ich oft und auch heute wieder erfahren, was die Schwüre eines Moslems gelten. War dies alles, was du mir zu sagen hattest?«

»Ja. Ich wollte die Ansicht eines unterrichteten Christen über die Sendung des Mahdi hören.«

»Du hast sie gehört. Dann habe auch ich dich um etwas zu fragen. Wovon hast du mit dem alten Abd Asl gesprochen?«

»Von einem großen Fehler, den er einmal begangen hat. Er bat mich, denselben gut zu machen.«

»Wirst du das thun?«

»Ja.«

»Es fragt sich aber wohl, ob du das thun kannst.«

»Ich kann es, denn er hat mir die nötigen Anweisungen gegeben.«

»Darf ich davon erfahren?«

»Warum, Effendi? Es war die Beichte eines Sterbenden, und du selbst bist so zartfühlend gewesen, es nicht hören zu wollen. Willst du jetzt auf einmal diese Großmut bereuen?«

»Nein; aber ich befürchte, daß diese Angelegenheit mir nicht gleichgültig sein kann.«

»Sie geht dich ganz und gar nichts an.«

»Es wird nichts gegen mich geplant?«

»Wie kommst du zu dieser Frage? Du hast mir das Leben gerettet, und ich bin dir Dankbarkeit schuldig. Darum würde ich dich sicher warnen, wenn Abd Asl etwas gegen dich vorhätte.«

»Aber er ist dein Freund!«

»Meine Dankbarkeit gegen dich steht mir höher als diese Freundschaft. Ich bitte dich, mir zu vertrauen!«

»Ich traue nur dem, den ich vollständig kenne; dich aber habe ich heute zum erstenmal gesehen.«

»So thut es mir leid, daß du jetzt nicht Zeit finden wirst, mich besser kennen zu lernen. Ich habe ausgeruht und werde jetzt meine Reise nach Chartum fortsetzen. Ich bitte dich, mir eins der Kamele auszuwählen.«

»Das werde ich thun, doch erst beim Anbruch des Tages.«

»Jetzt nicht? Du hast es mir ja doch versprochen!«

»Allerdings, und ich werde mein Versprechen auch halten.«

»So kann es dir gleich sein, ob du mir das Kamel jetzt oder später giebst.«

»Dir ebenso.«

»Nein, denn ich muß jetzt fort.«

»Und ich bin überzeugt, daß du erst am Morgen abreisen wirst.«