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Interviews Aus Dem Kurzen Jahrhundert
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Kurz vor der vereinbarten Zeit kam ein Audi 100 mit Düsseldorfer Kennzeichen. Das mussten sie sein: Vorne zwei Männer, auf dem Rücksitz die unvermeidliche Agentin, Aline Soulier. Enttäuschung machte sich breit: Wo ist sie? Nur ein kurzer Augenblick und hinter Aline kommt eine blonde Wolke zum Vorschein und beugt sich vor in Richtung Vordersitz. «Ciao, ich bin Claudia» sie reicht mir die Hand und lacht, ein Anblick, der einen in den Bann zieht, irgendwo zwischen einer Lolita und der Madonna.
Niemand steigt aus. «Ãberall lauern Paparazzi» flüstert mir die Agentin auf der kurzen Fahrt zum Haus, eine ziegelfarbene, einstöckige Villa, zu. Beim Eintreten betont Claudia dass bis zu diesem Tag kein Journalist jemals einen Fuà in das Haus der Schiffers gesetzt hat. Sie stellt vor: «Mein kleiner Bruder, meine
Schwester Caroline, meine Mutter». Eine sehr distinguierte Dame, ziemlich Deutsch, blonde kurze Haare, sogar noch etwas gröÃer als die 1,80 m groÃe Tochter. Beim Vorstellen fehlt der Vater, ein Düsseldorfer Rechtsanwalt, der im Hintergrund die Fäden zieht. Wenn man gut informierten Kreisen glauben darf, war er verantwortlich für den Erfolg seiner Tochter. Verdanken wir ihm die Entstehung eines Mythos der Schönheit?
Alles begann in einer Düsseldorfer Diskothekâ¦
Ich war sehr jung. Eines Abends sprach mich der Inhaber der Metropolitan Agentur an und fragte, ob ich Lust hätte, für ihn zu arbeiten...
Und wie haben Sie reagiert?
«Wenn es etwas Seriöses ist» habe ich geantwortet «dann sprechen Sie morgen mit meinen Eltern». Sie wissen ja, es gibt viele Anmachen in Discos, das hätte eine davon sein können, nicht mal besonders neu...
Haben Sie eine enge Beziehung zu Ihrer Familie?
Ja, eine sehr enge Bindung. Wir sind eine bodenständige Familie. Mein Vater ist Rechtsanwalt, meine Mutter hilft ihm in der Kanzlei. Mein Erfolg hat bei ihnen keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Sie sind nicht besonders leicht zu beeindrucken. Sie sind sehr stolz auf mich, das ja, aber für sie ist es nichts anderes als mein Beruf und sie erwarten von mir, dass ich meine Arbeit so gut wie möglich mache.
Und Ihre Geschwister, sind die nicht eifersüchtig?
Ach woher ! Sie sind vielmehr stolz auf mich. Besonders mein kleiner Bruder mit zwölf. Dann habe ich noch eine Schwester, sie ist neunzehn und geht auf die Uni; es gibt also keine Konkurrenz zwischen uns beiden. Dann ist da noch ein zwanzigjähriger Bruder: ein Freund.
Verbringen sie ihre Ferien immer gemeinsam mit ihnen auf Mallorca?
Ich liebe diesen Ort, seit ich Kind war.
Jetzt, nachdem Sie erwachsen sind, haben Sie scheinbar das eine oder andere Problem, wenn Sie in dieser Gegend spazieren gehenâ¦
In der Tat, die Paparazzi sind überall, sogar auf den Bäumen... es nervt. Jede meiner Bewegungen wird observiert, studiert, fotografiert, ... Urlaub ist das keiner, zumindest so gesehen! (sie lacht ).
Man nennt es den Preis des Ruhmes â¦
Ach ja, so ist es wohl, und trotzdem fahre ich oft mit dem Boot hinaus, mit der Mamma, mit meinen Brüdern. Auf dem Meer fühle ich mich sicher.
Ist es dort wirklich sicher?
Ach Sie meinen die Fotos âoben ohneâ? Ich weià wirklich nicht, wie das passieren konnte. Ich war auf dem Boot, zusammen mit der Mamma und meiner Schwester Carolina. Wir lagen vor Anker und haben uns gesonnt. Bei uns war noch Peter Gabriel, einer meiner guten Freunde...
Das haben wir mitbekommenâ¦
Ja, stimmt. Auch er war auf diesen Fotos. Ich möchte nicht da-rüber reden... ich habe bereits Anwälte eingeschaltet wegen der Schadenersatzklagen ...
Es wird gemunkelt, dass Sie Schauspielerin werden wollen.
Ich würde es gern mal probieren, das ist alles. Man bietet mir Drehbücher an und je mehr ich lese, umso mehr Lust bekomme ich, einen Versuch zu starten ... Heute habe ich Lust darauf, einen Film zu machen. Richtig Lust.
Aber Sie übernehmen keine Rolle im nächsten Jahr in Robert Altmans âPrêt-à -porterâ, einem Film, im Zeichen der Modewelt?
Es ist wirklich unglaublich. Die Weltpresse behauptet das immer wieder hartnäckig, aber es ist absolut unwahr. Und dann möchte ich keinen Film machen, in dem ich mich wieder selber spiele.
Wenn Sie die Wahl hätten zwischen dem Top-Model und der Schauspielerin, was würden Sie tun?
Model ist kein Beruf für ein ganzes Leben. Es ist ein Beruf für sehr junge Mädchen, den man nur wenige Jahre machen kann, etwa so wie Tennis spielen oder Schwimmen... d.h., man muss die Chancen nutzen, solange es geht. Danach würde ich gerne zurück an die Uni und Kunstgeschichte studieren.
Sie haben immer gesagt, Sie würden Ihre Privatsphäre verteidigen, koste es, was es wolle. Wenn Sie diesen Film über Ihr Leben drehen, in Ihrem Haus, im Haus Ihrer Eltern, empfinden Sie das nicht als Widerspruch?
Ich glaube nicht. Die wirklich privaten Momente sind es auch geblieben. Im Film sieht man das, was ich bewusst beschlossen habe, dem Publikum zu zeigen: meine Familie, meine Freunde, meine Ferien, meine Hobbies ... eben alles, was ich liebe. Und daneben die Reisen, der Catwalk, die Fotos, mit denen ich arbeite, die Pressekonferenzen...
Sie leben teils in Paris, teils in Montecarlo?
Im Grund genommen ist mein Wohnsitz Montecarlo und ich lasse keine Gelegenheit aus, dorthin zu fahren, wenn ich nicht arbeite, beispielsweise an den Wochenenden.
Reisen Sie immer in Begleitung Ihrer Agentin?
Normalerweise nicht. Ich brauche sie, wenn ich in Ländern arbeite, die ich nicht kenne. In Argentinien, Japan, Australien oder Südafrika. Bei diesen Gelegenheiten bin ich immer von vielen Fans umgeben, und dann sind da noch die Journalisten, Paparazzi...
Langweilen Sie sich auf den vielen Reisen?
Nein, denn ich lese gerne und mit einem Buch kann man sich immer die Zeit vertreiben, selbst im Flugzeug. Letztlich geht es hier um Arbeit und nicht um Urlaub!
Welche Art Bücher lesen Sie?
Vorwiegend Bücher über Kunst. Ich bevorzuge den Impressio-nismus und Pop Art. Ich habe auch eine Vorliebe für Geschichte und für die Biographien berühmter Männer. Ich habe die von Christoph Kolumbus gelesen â unglaublich!â
Man sagt Ihnen nach, Sie seien zur Hälfte Brigitte Bardot und zur anderen Hälfte Romy Schneider (Sissi). Sehen Sie sich in diesen beiden Figuren?
Ja. Aber nicht so sehr physisch betrachtet. Ich glaube vielmehr einige gemeinsame Charakterzüge zu haben, den Lebensstil... Die Bardot finde ich ganz auÃergewöhnlich, abgesehen von ihrer Schönheit, was für ein Charakter! Für Romy Schneider empfinde ich dagegen ein Gefühl der Verehrung. Ich habe alle ihre Filme gesehen und es war furchtbar, als sie starb. Nach einem so unglücklichen Leben ...
Wenn wir das Unglück mal weglassen, würden Sie die neue Romy Schneider sein wollen?
Noch so ein schönes Kompliment! Die einen sagen so, die anderen sagen so: Ãhnlichkeit mit der oder jenen schönen Frau. Das sind alles sehr schöne Komplimente, aber ich möchte vor allem ich selbst sein. Ich setze alles daran, ich selbst zu sein.
Träumten Sie als Kind von einem bestimmten Beruf?
Eine Karriere als Model hatte ich absolut nicht in der Planung. Ich wäre gerne Anwältin geworden.
Wie Ihr Vater?
Ja, ich hätte mit Freuden in seiner Kanzlei gearbeitet. Dann wurden aber alle meine Pläne über den Haufen geworfen. Als mir bewusst wurde, was für ein Glück ich hatte, habe ich beschlossen, darauf zu verzichten.
Ihre Geschichte klingt wie ein Märchen der Neunziger. Gab es auch schwierige Momente?
Die gibt es, natürlich. Aber es kommt beispielsweise niemals vor, dass ich mich einer Situation nicht gewachsen fühle...
Wie lautet Ihr Geheimnis?
Sehr viel Disziplin und die Lust an Geselligkeit. Ich bin gerne unter Menschen. Es macht mir Spaà mich auf Pressekonferenzen dem Kreuzverhör der Journalisten zu stellen. Da fordert mich heraus. Ich will damit sagen, ich habe keine Angst.
Nur eine Frage der Disziplin?
Auch ein groÃes inneres Gleichgewicht. Hierbei ist es wichtig, dass man eine Basis hat, durch die Erziehung, die einem die Familie mitgegeben hat: Mir hat das enorm viel geholfen. Es hat meinen Charakter geformt, mir Sicherheit, einen Sinn fürs Praktische und inneres Gleichgewicht gegeben. Und man darf in schwierigen Momenten niemals die Selbstbeherrschung verlieren. Es ist das Verdienst meiner Eltern, das ich heute zum Beispiel frei vor Publikum reden kann.
Wenn man den Medien glauben darf, verlieben Sie sich rasch und wechseln ebenso rasch die Partner: heute Albert von Monaco, morgen Julio Boca. Wie sieht die echte Claudia aus?
Die echte Claudia ist ein Mädchen mit vielen Freunden. Prinz Albert ist einer davon, Julio Boca ein anderer. Dann gibt es aber auch noch Placido Domingo oder Peter Gabriel und viele andere Personen, die im Rampenlicht stehen. Kaum bin ich mit einem von ihnen zusammen auf einem Foto, macht die Internationale Presse sofort einen Verlobten daraus! Das stimmt aber nicht.
Und gibt es in Ihrer Zukunft einen Verlobten, einen Ehemann, Kinder?
Ich bin mehr als bereit, mich zu verlieben, auch möglichst bald. Im Moment habe ich aber keinen Lebensgefährten, aus dem einfachen Grund, weil ich in niemanden verliebt bin.
Worauf achten Sie bei einem Mann am meisten?
Für mich gibt es keinen Idealtyp â ich meine, ästhetisch betrachtet. Als erstes schaue ich auf den Charakter und vor allem auf den Sinn für Humor. Von einem Mann erwarte ich, dass er Charme hat dass er mich erobert, mit Intellekt, also mit dem Kopf, um es klar zu sagen. Er muss ein Verständnis für Ironie haben und die Fähigkeit, mir solche Gefühle zu vermitteln. Wenn man im Leben nicht miteinander lachen kannâ¦
Sind Sie anspruchsvoll - bräuchte Ihr Verlobter besondere Qualitäten â¦
Jeder Partner eines berühmten Menschen braucht einen starken Charakter. Ich liebe Männer mit Charakter, aber sie müssen auch gefühlsbetont sein. Wer mit mir ausgehen will, muss Lärm ertragen, Verletzungen der Privatsphäre, Klatsch, die Journalisten...
Haben Sie ein schlechtes Gewissen?
In welcher Beziehung?
Naja, so wie es aussieht, haben Sie alles: Schönheit, Ruhm, Geldâ¦
Ich fühle mich vom Glück begünstigt, das stimmt, ich danke Gott und meinen Eltern, dass ich in diese Verhältnisse hineingeboren bin. Wenn ich kann, versuche ich daher, etwas Gemeinnütziges, etwas Soziales zu tun.
Auf dem Modesektor ist nicht alles Gold was glänzt. Es gibt auch Drogen, Alkohol, Rivalitätenâ¦
Drogen und Alkohol interessieren mich nicht. Eifersüchteleien dagegen sind schon ein Thema, aber ich verstehe es nicht. Meiner Ansicht nach sind Models vom Physischen, vom Charakter und von der Mentalität her so unterschiedlich, dass Platz für alle ist. Und man braucht auch nicht herausragend schön zu sein. Jede Frau hat etwas Schönes an sich. Man muss es nur würdigen.
Was braucht es, um den Durchbruch zu schaffen?
Vor allem Charakter, denn schöne Mädchen gibt es viele auf der Welt... Dann Bildung, Persönlichkeit und Disziplin.
Disziplin auch bei der Ernährung?
Nicht übermäÃig. Ich rauche nicht und ich trinke keinen Alkohol, aber nur, weil es mir keinen Spaà macht. Ich esse nicht viel Fleisch, weil ich glaube, dass es ungesund ist und ich bin vorsichtig mit Fetten. Dafür liebe ich Schokolade... Oh! Ich liebe natürlich auch Fanta! (sie lacht ).
Welche Beziehung haben Sie zu Geld?
Es ist nicht das Wichtigste, aber es wird mir in meiner Zukunft die Möglichkeit geben, das zu tun, was ich möchte. Geld ist Freiheit.
Was verbinden Sie mit dem Wort Sex â welche Bedeutung hat es für Sie?
Für mich? (sie scheint wirklich verblüfft zu sein ).
Ja, für Sie
Was soll ich sagen, etwas, das ganz natürlich zwischen zwei in-einander Verliebten passiert. Mehr nicht.
Glauben Sie, dass Sie eine starke erotische oder eine mehr sinnliche Ausstrahlung haben?
Hundertprozent.
Hundertprozentig nein?
Hundertprozentig ja!
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Gong Li
Mondsüchtig
Anfang 1996, ich arbeitete erst kurz als Korrespondent für den Fernen Osten, besuchte ich häufig zusammen mit einigen befreundeten Journalisten John Colmey, den Kollegen von Time in Hong Kong. John vermittelte den Kontakt zum Manager der wunderschönen chinesischen Schauspielerin Gong Li und es gelang mir, mit ihr am Set des Films, den sie gerade in der Nähe von Shanghai drehte ein Exklusivinterview für die Zeitschrift Panorama zu arrangieren.
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Chen Kaige drehte gerade eine der letzten Szenen seines sehn-lichst erwarteten Films Verführerischer Monde ( Temptress Moon ) in Suzhou, am Ufer des Tai-Sees, hundert Kilometer westlich von Shanghai, drei Jahre nach dem Welterfolg von Lebewohl meine Konkubine . Die Assistenten bewegen sich im Laufschritt zwischen den über zweihundert Komparsen, gekleidet im Stil der Zwanziger Jahre, die den Hafenkai bevölkern. Die Frauen tragen den typischen cheongsam aus Seide, einige Gentlemen sitzen lesend in einer Sänfte und im Hintergrund siehe man Hafenarbeiter, die ein Dampfschiff beladen. Gedreht wird eine groÃe Abschiedsszene: Gong Li, die im Film Ruyi heiÃt und die schöne und verwöhnte Erbin einer superreichen Familie aus Shanghai spielt, in der Inzest und Opium-Rituale praktiziert werden und jeder jeden mit dem jeweils anderen Partner betrügt, ist kurz davor, mit ihrem Verlobten, Zhongliang, nach Peking aufzubrechen, gespielt von Leslie Cheung, dem Schauspieler aus Hong Kong, der schon in Lebewohl meine Konkubine an ihrer Seite spielte.
Am Kai steht ihr Jugendfreund Duanwu (interpretiert von dem künftigen Stern am Kinohimmel, Taiwan Lin Chìen-hwa), der schon immer heimlich in Ruyi verliebt war: «Denk dran: du siehst sie jetzt hier zum letzten Mal! Das muss man auf deinem Gesicht ablesen können, und das will ich von dir sehen!» ermahnt ihn Chen Kaige, sechsundvierzig, Lederjacke, schwarze Jeans. «Gut... Yu-bei ... (Anm . also los, ) ... Action !». Als Lin Chien-hwa sich umschaut und dem ablegenden Dampfschiff nachsieht, kann man den Abschiedsschmerz in seinen Augen lesen. « Okay! » ruft ein zufriedener Kaige. Und die letzte Klappe fällt an diesem Tag.
Ãber zwei Jahre sind vergangen, in denen er das Drehbuch umgeschrieben hat. Jetzt arbeitet Kaige wie ein Besessener, damit sein Streifen bis zum Filmfestival von Cannes im Mai im Kasten ist. Er ist die Nummer Eins des chinesischen Kinos der Neunziger und trat in die FuÃstapfen seines Vaters (sein Vater, Chen Huaiâai, war ein Monument des Kinofilms der Nachkriegszeit). Chen Kaige ist dafür bekannt, dass er das Maximum aus seinen Darstellern herausholt und ihre Geduld zuweilen auf eine harte Probe stellt. Das gilt gleichermaÃen für die chinesische Regierung, die seine Filme jahrelang auf den Index gesetzt-, geschnitten und zensiert hat, bis sie am Ende seine Qualitäten als Meister des zeitgenössischen Kinos anerkennen musste.
Der neue Film Temptress Moon, der bislang bereits sechs Millionen Dollar gekostet hatte, repräsentiert in gewisser Hinsicht symbolisch die aktuelle Realität des chinesischen Kinos, eine Gratwanderung zwischen Liberalismus und Repression, projiziert auf die Weltmärkte, die FüÃe fest verwurzelt am Boden des Vaterlandes; Kosmopolit und engstirniger Patriot zugleich. Der Filmset erscheint einem wie ein Mikrokosmos des modernen China.
Die Protagonisten sind vom Feinsten was aktuell von den «drei Chinas» geboten wird: Hong Kong (Leslie Cheung), Taiwan (Lìn Chien) und die Volksrepublik China (Gong Li). Der Regisseur ist ein Intellektueller aus Peking und die Produzentin, Hsu Feng, ein ehemaliger Kinostar aus Taiwan, verheiratet mit einem Ge-schäftsmann aus Hong Kong, wo sie in den Siebziger Jahren die Tomson Film gründete (und sie war es auch, die Kaige vor acht Jahren davon überzeugte, die Novelle von Lilian Lee, Lebewohl meine Konkubine auf die Leinwand zu bringen).
Selbst wenn die Erwartungen an die neue Regiearbeit von Kaige hoch sind, die des Publikums und der Kritik, was die schauspielerische Leistung des unbestrittenen Kinostars Gong Li anbelangt, sind ungleich höher. Die einunddreiÃigjährige Schauspielerin ist zweifellos in diesem Moment die bekannteste Chinesin der Welt. In ihrer Kinovergangenheit finden wir Filme wie Roter Mohn (1987), rote Laterne (1991) und Lebewohl meine Konkubine (1993). Und eine lange, soeben zu Ende gegangene Love Story mit Zhang Yimou, ihrem Begleiter über acht Jahre, dem Regisseur, der sie zu einem Weltstar gemacht hat und mit dem sie im vergangenen Jahr den letzten Film gedreht hat, Shanghai Serenade .
Trotz des Erfolges, den sie beim westlichen Publikum genossen hat ist Gong Li zu hundert Prozent Chinesin geblieben.
Am Ende dieses Tages am Set hat sie eingewilligt, für Panorama dieses Exklusivinterview zu geben.
Wieder ein groÃer Film, aber wieder eine antike Geschichte, die im China der Zwanziger Jahre spielt und nicht Fakten der jüngsten Geschichte beleuchtet ..
Ich denke der Grund liegt darin, dass China sich dem Rest der Welt erst vor wenigen Jahren geöffnet hat. Als das geschah, hat in unserem Land auch das Kino stilistisch und kulturell eine Ãffnung erfahren. Sicherlich hat die Zensur über Jahre eine wesentliche Rolle gespielt, wenn es um die Themenwahl ging und um die Zukunft des Kinos. Es gibt aber auch einen eher künstlerischen Grund, wenn man das so sagen kann: viele chinesische Regisseure sind der Ansicht, es sei gut, Filme aus einer Epoche vor der Kulturrevolution zu machen. Dies dient einer Art Rehabilitation jener Fakten und der Vergangenheit. Vermutlich glauben sie auch, es sei noch zu früh, für ein internationales Publikum Episoden zu verfilmen, Bilder, die noch zu frisch sind, die noch zu weh tun und die allen noch im Gedächtnis sind.
Sie sind weltweit die populärste chinesische Frau. Empfinden Sie ein Gefühl der Verantwortung in dieser Rolle als Botschafterin?
Das Wort Botschafterin macht mir ein wenig Angst... dieser Titel ist meiner Ansicht nach eine Nummer zu groà für mich. Sagen wir mal, ich fühle mich auf dem Umweg über meine Filme eher wie eine Brücke zwischen unserer Kultur und unserer Geschichte und der des Westens. Das ja: da ich glaube, dass man bei Ihnen nicht viel von der Realität des heutigen China weiÃ. Wenn also einer meiner Filme helfen kann, dem Westen unser Leben, unser Volk, uns selbst etwas näher zu bringen, dann ist das etwas, worauf ich in der Tat stolz bin.
In letzter Zeit ist das Image Chinas in der Welt allerdings nicht eines der besten: Massenexekutionen, Waisenhäuser des Todes ⦠Entspricht das alles der Wahrheit?
China hat viele Probleme, das ist sicher. Insbesondere, wenn man nur die negativen Dinge betrachtet und die positiven Seiten vergisst. Wenn man von einem Land nur die Missstände kennt, dann muss man klar sagen, dass das Image, das man sieht, unvollständig ist. Mein Land ist ein groÃes Land, hier leben über eine Milliarde Menschen und daher gibt es im Inneren von China enorme Unterschiede. Es ist alles andere als einfach, hier ein Urteil abzugeben.
Wann haben Sie sich entschlossen, die Rolle der Ruyi in Temptress Moon zu spielen?
Es war mehr oder weniger ein Zufall. Oder eine Fügung des Schicksals, denn es war auch für mich eine «Versuchung». Man hat mir die Rolle im letzten Moment angeboten, als die Dreharbeiten bereits begonnen hatten und nachdem die taiwanesische Darstellerin nicht weiter machen wollte. Wissen Sie, dass chinesische Kritiker Temptress Moon mit Vom Winde verweht verglichen haben?
Ach ja â und warum?
Nicht wegen des Inhalts. Wegen der Wahl der Akteure. Chen hat sich zig Darsteller für meine Rolle angeschaut, genauso wie bei Vom Winde verweht , als eine Schauspielerin nach der anderen ausgemustert wurde, bevor er sich entschied und die Rolle der Scarlett OâHara mit Vivian Leigh zu besetzen. So kam auch ich dazu, als die Dreharbeiten bereits begonnen hatten. Und das war nicht leicht. Man wollte, dass ich einen völlig anderen Part verkörpere, als ich das für Gewöhnlich tue: hier muss ich ein reiches und verwöhntes Mädchen spielen.
Das chinesische Kino erlebt zurzeit einen magischen Moment. Das ist das Verdienst von Regisseuren wie Kaige und von Darstellern wie Sie. Daneben auch Namen wie John Woo oder Ang Lee, die in Hollywood arbeiten .