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Der Räuber
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Der Räuber

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Jetzt kommt das Krachen schon aus dem dritten Stockwerk. Ich laufe die Treppe hinunter. In der Staubwolke sehe ich, wie sich die Brigade ins Zeug legt, vom Türrahmen fliegen die Splitter. Wenn die Tür massiv ist, schlägt die Ramme nicht gleich die ganze Tür ein. Dann zerstören die Jungs den Türpfeiler oder tragen die Teile der Wand ab, an der die Schlossriegel angebracht sind. In den meisten Fällen sind die Türen gleicher Bauart, eben Standardtüren.

Zweites Stockwerk. Ich habe furchtbaren Durst. Die Kehle ist trocken. Ich warte den passenden Moment ab und trinke eilig einen Schluck aus der Flasche. Normales Trinkwasser. Ich schleppe einen ganzen Kasten. Da es kein Wodka ist, interessiert sich die Wache nicht dafür und es wird auch nicht riechen.

„Weiter!“

Die Rammer gehen in das erste Stockwerk. Jetzt! Ich laufe an ihnen vorbei und trete einem der Rammer gegen das Schienbein. Er schreit und verliert das Gleichgewicht. Die schwere Eisenbohle neigt sich gefährlich.

Ah! Jetzt stürzt auch der zweite, dem ich ein Bein gestellt habe. Er fällt vornüber.

„Scheiße!“

Die Trägheit der Ramme ist unerbittlich. Sie trifft die Vordermänner mit voller Wucht (plus meinem Fußtritt). Die Glasscheiben fliegen geräuschvoll aus dem Fensterrahmen. Kurz darauf folgt ihnen die Ramme und nimmt die Vordermänner mit.

Ich hocke in Startposition am Rand des Treppenabsatzes. Etwas mehr links… und Absprung! Ich lande weich abgefedert auf einem Körper. Danke, mit einer weichen Landung hatte ich nicht gerechnet.

Auf dieser Seite des Gebäudes sind keine Wachen aufgestellt. Der Hauseingang ist auf der anderen Seite. Deshalb kann mich niemand aufhalten, höchstens eine Kugel. Ich biege um die Ecke und lege einen kurzen Zwischenstopp ein. Keine Schüsse, keine Hetzjagd. Sie haben mich noch nicht bemerkt! Umso besser, löffelt eure Suppe selbst aus!

Jeder normale Mensch wäre an meiner Stelle und unter diesen Umständen schnell nach Hause gelaufen, und wäre dabei sicher nicht weit gekommen. Wer weiß, wie viele Makare hier im Umkreis mit ihren Gehilfen unterwegs sind? Ich habe keine Lust, das selbst zu überprüfen. Und eine Baracke gegen die nächste eintauschen möchte ich auch nicht. Deshalb laufe ich nirgendwo hin.

Ich suche mir ein Haus mit fünf Stockwerken und steige über den Balkon des Erdgeschosses. Glücklicherweise haben die Bewohner des Erdgeschosses ein Gitter aufgestellt, dessen Enden mir jetzt als Leiter dienen. Es klappt nicht gleich beim ersten Versuch, aber schließlich klettere ich auf den Balkon. Noch reichen meine Kräfte. Ich lege mich auf den Boden und sehe mich um. In der Kommode liegen Klamotten. Ein Handbeil! Keine große Axt, die könnte ich auch gar nicht gebrauchen. Eine Kanne Schmieröl für das Auto und Hausrat. Gut, das sehe ich mir später an. Ich gieße das Öl großzügig auf die Klamotten und sehe mich vorsichtig um, ob jemand in der Nähe ist. Keine Spur. Dann drücke ich den Lappen mit dem Öl gegen das Fensterglas. Ein Schlag und das eingeschlagene Fenster zersplittert. Das habe ich in einem Buch gelesen, noch in meiner Schulzeit. „Die junge Garde“ hieß es. Auf diese Weise kann man das Glas geräuschlos einschlagen. Der Autor des Buches hat nicht gelogen. Ich steige vorsichtig über die Fensterbank. Geschafft, ich bin in der Wohnung. Hoffentlich hat niemand auf der Straße das Manöver beobachtet. Jetzt kann ich mich endlich umsehen, ohne mich direkt vor dem Fenster zu zeigen. In der Küche entdecke ich einen vertrockneten Laib Brot, verschimmelte Nudeln und ein paar Gläser eingelegte Tomaten. Genau das Richtige! Da kann ich auch gleich das Brot in der Salzlauge aufweichen. Es fand sich auch ein wenig Wasser, um auf den Sauerteig zu trinken. Der Wasserhahn dagegen knirscht nur traurig, als ich ihn aufdrehe. Die Rohre sind leer. Jetzt kann ich erstmal durchatmen.

Die Flucht ist gelungen. Improvisation, aber mir blieb kein anderer Ausweg. Einen der Rammer habe ich verletzt und den zweiten möglicherweise sogar umgebracht, als ich zwischen dem zweiten und dem dritten Stockwerk aus dem Fenster sprang und auf ihm landete. Die Moralapostel können sich ruhig aufspielen, ich habe kein schlechtes Gewissen. Heute Nacht hielten mich meine sogenannten Zellenkameraden an Händen und Füßen fest. Einer von ihnen schlug auf mich ein. Offenbar quälten sie dabei keinerlei Gewissensbisse. Auf Befehl des Brigadiers hätte einer der Rammer gewissenlos den schweren Stahlbalken fallen gelassen und wäre darüber nicht traurig gewesen. „Stirb du heute, ich bin morgen dran!“. Mit dem Sterben warten wir noch. Ich habe keine Lust, dem bärtigen Brigadier diese Freude zu bereiten. Der wird jetzt Prügel beziehen, das volle Programm.

Die Banditen kennen meine Adresse und werden sie höchstwahrscheinlich nicht vergessen haben. Dort werden sie auf mich warten. Viel Spaß! Sie dürfen sogar in meine Wohnung, ich habe nichts dagegen. Sie finden dort ohnehin nichts Wertvolles. Was ich brauche, kann ich mir auch andernorts besorgen zum Beispiel in verlassenen Wohnungen. Sie dürfen nicht ausschließlich den Banditen vorbehalten sein.

Makar und seine Kumpane bereinigen die Häuser planmäßig und mit Methode. Sie übersehen nichts. In diesem Tempo laufen sie noch lange hin und her, ehe sie hier ankommen. Ich habe genug Zeit, um mich zu besinnen. Direkt in der Nähe ihrer Besitzungen werden sie kaum nach mir suchen. Sie sind aber dazu fähig, ein paar Halsabschneider zu meinem Haus zu schicken. Ein unvermeidlicher Reinfall. Noch habe ich alle Tassen im Schrank.

Nachts gab es Schießereien und ich schlief unruhig. Zum Glück hat sich das nicht direkt vor dem Haus abgespielt. Aber es ist ein weiterer Grund, sich aus dem Staub zu machen.

Die Resultate der Hausdurchsuchung gemäß Banditenmethode waren bescheiden. Die Bewohner waren offenbar nicht eben reich. Außer den sauren Gurken, fanden sich drei Gläser eingelegte Äpfel, Makrelen, Buckellachs und Tee. Übrigens gar nicht so schlecht! Zucker und allerlei Kleinigkeiten. Den Mantel konnte ich bei dieser Jahreszeit nicht gebrauchen, aber die Lederjacke nahm ich mit (auch gebraucht). Leider fanden sich in meiner Größe keine Schuhe.

Ich warte, bis die Nacht hereinbricht. Ich sehe nachts zwar nicht so gut wie eine Eule, aber auch alle anderen sind im Nachteil. Den Weg finde ich, denn ich habe ein gutes visuelles Gedächtnis. Mit kleinen Schritten, kriechend und immer in Richtung meines Zuhauses und raus aus diesem Stadtbezirk.

Ich bin eingeschlafen, um ehrlich zu sein. Als ich aufwachte, war das Nachbarhaus hinter dem Fenster bereits in der Dunkelheit verschwunden. Ich hätte mir diese Dunkelheit mitten in der Stadt nie träumen lassen. Eine Stadt ist ohne Licht unvorstellbar. Selbst wenn der Strom ausfällt, leuchtet es in den Fenstern. Aber jetzt ist es absolut dunkel! Kein Feuer, keine Lampen. Es ist unheimlich.

Auch die Geräusche in Tarkow haben sich verändert. Selbst den Wind draußen nimmt man plötzlich anders wahr. Eine vergessene Tür knarrt. Der Müll fegt über die Straße und raschelt. Keine Schritte oder Motoren zu hören.

Aber ich muss raus. Lange kann ich hier nicht bleiben. Ich brauche Essen. Falls ich wie die Banditen die Wohnungen ausweide, besteht immer das Risiko, auf jemanden zu treffen, der das besser kann als ich. In diesem Fall ist das Schleppen der Ramme vielleicht noch das beste Angebot, das sie mir machen. Nein, danke… darauf kann ich verzichten.

Ich steige nicht über den Balkon. Wozu gibt es Türen? Es ist ein einfaches Schloss. Vorsichtshalber sperrte ich den Schnapper des Türschlosses mit einem Stück Papier, damit er beim Schließen nicht einrastet. Auch in den Spalt zwischen Rahmen und Tür steckte ich Papier, damit sie nicht bei jedem Luftzug aufgeht, jedenfalls nicht sofort. Ich brauche einen Ort, an den ich zurückkehren kann, wenn es gefährlich wird und den habe ich jetzt.

Im Hauseingang war es unheimlich. Das Sausen des Windes klang hier ganz anders als in der Wohnung. Vorsichtig öffnete ich die Tür zur Straße und lauschte. Kein Laut.

* * *

Auf der Straße schlug mir die Kälte entgegen und ich lobte mich insgeheim dafür, dass ich mir die Lederjacke zugelegt hatte. Ich sah mich um (besser ich lauschte) und lief zum Nachbarhaus. Noch eine Straße, jetzt aber breiter. Ich starre in die Dunkelheit. Meine Augen gewöhnten sich langsam daran. Ich erkenne bereits die Umrisse der Häuser und der Bäume in der Nähe. Noch ist es still… Ich warte auf den richtigen Moment und überquere schnell die Straße, dann drücke ich mich an der Häuserwand entlang. Sehr gut… Keiner hat nach mir gerufen und überhaupt hat niemand auf mich geachtet. Also weiter…

Im Morgengrauen habe ich die vertrauten Orte fast erreicht. Es hatte keinen Sinn, zu einem Hafen zu laufen und natürlich ging ich auch nicht zum Haus. Ein Zusammentreffen mit den Boten Makars hat mir gerade noch gefehlt. Es wird Zeit, mein Versteck aufzusuchen. In das Büro auf halber Kellertreppe wurde nicht eingebrochen. Das unscheinbare Schild mit der Aufschrift „Sanitärtechnik – Anlagen und Wartung“ ist offensichtlich ein Hinweis darauf, dass hier niemand etwas verloren hat. Die üblichen Papiertiger. Wer sich hier nicht auskennt, für den ist das „offensichtlich“. Aber ich war hier schon einmal. Nicht oft, aber ab und zu habe ich vorbeigeschaut. Tja, ich habe keine Brechstange, aber dafür das Handbeil! Außerdem kenne ich mich in den Räumen der Immobilie aus. Mit etwas Einfallsreichtum würde ich es auch ohne Brecheisen schaffen. Wie üblich kommt der gute Einfall dann, wenn man ihn nicht braucht, das heißt „danach“!

Ich musste die Tür gar nicht aufbrechen. Es gibt noch einen anderen Eingang am gegenüberliegenden Flügel über den ich ohne Einbruch in das Haus gelange. Der Keller ist relativ sauber und aufgeräumt. Es lag nur wenig von dem sonst an diesen Orten üblichen Gerümpel herum. Durch das Fenster drang sogar etwas Licht. Ich schlüpfte zügig durch die engen Räume.

Wie weiter? An der Wand hängt ein dunkler Metallkasten. Auf den ersten Blick nichts Besonderes, ein an diesem Ort häufig anzutreffender Verteiler. Er hängt hier schon seit einer Ewigkeit. Einst war das ausschließlich ein Klemmkasten für die Telefonanschlüsse, aber jetzt… Das ist ein veralteter Schaltschrank des örtlichen Telefonnetzes, wie sie früher überall hingen. Später wurden die Schaltschränke auf der Straße aufgestellt Dadurch wurde es einfacher, sie abzuhören. Diese neuen Schränke sind mit moderner Technik ausgestattet. Der Kasten hier wurde einfach vergessen. Erst viel später kam man auf die Idee, ihn für den illegalen Anschluss an die Telefonleitungen zu verwenden. Die Abzweigung der Telefonleitung war nicht vollständig abgeschaltet worden. Das hätte zusätzliche Installationsarbeiten erforderlich gemacht… Im Gebäude befanden sich viele Geschäftsräume, die nachts geschlossen waren. Diese Telefone wurden für den illegalen Anschluss an das Internet genutzt. Kurz, sie wurden von Hackern verwendet, die genau in dem Raum saßen, in den ich jetzt zu gelangen versuche. Damals hießen die Internetarbeiter aber anders.

Die Zeit verging, die Leute kamen auf die Beine und zu Geld und vernachlässigten ihr altes Hobby. Es war auch nicht ungefährlich und den staatlichen Behörden unterdessen nicht mehr gleichgültig. Die Jungs hinter der Wand befassten sich jetzt mit der nützlichen und einträglicheren Geldwäsche. Natürlich wurde das Geld nicht direkt hergeschafft oder hier aufbewahrt. Hier entstanden lediglich die „Waschmaschinen“, massenweise und mit großem Enthusiasmus. Der Zoll von Tarkow war in der Lage, große Mengen des Schwarzgelds zu schlucken.

Der Kasten mit den Leitungen ist alles, was davon übriggeblieben ist. Selbst die ältesten Mieter des Büros ahnten nicht, dass der Keller nur durch diese Blechwand des alten Schaltschranks vom Büro getrennt war. Aber ich wusste es. Ich hatte diese Leitungen früher selbst verlegt bzw. den Experten dabei geholfen. Ich habe schon viel nebenbei und schwarz gearbeitet, sogar als Packer und Entlader! Ich reparierte alle möglichen Geräte, heute kann ich mir das kaum noch vorstellen. Das hätte mir auch eher einfallen können.

Die Wand des Schranks führte direkt in den Wirtschaftsraum. Als ich den Wirtschaftsraum betrat, klopfte ich lange den Staub und Müll von der Kleidung, der sich in dem alten Schaltschrank angesammelt hatte. Künftig muss ich mir für die Reinigung etwas einfallen lassen.

Im Büro war es dunkel, auch hier gab es keinen Strom. Eigentlich seltsam… Die Stromversorgung ist offenbar selektiv abgeschaltet. Kein Problem, es fällt genug Licht durch die Fenster, um sich zurechtzufinden.

Ich ignorierte die Räume der Geschäftsführung, die im Allgemeinen nicht interessant sind. Die Fluktuation war hoch und keiner schaffte es, seinen Arbeitsplatz häuslich einzurichten. Es war sinnvoller, die Räume der Abteilungsleiter zu durchsuchen, in denen ich mich früher aufgehalten hatte.

Ich stehe auf der Schwelle des Arbeitszimmers von Witja. Ich habe den Eindruck, dass hier gleichzeitig die Sondereinheiten der Polizei und des SEK und anschließend auch noch die Steuerpolizei zu Besuch waren. Während die Sonderheiten höchstwahrscheinlich auf der Jagd nach Dokumenten waren, hatte die Steuerpolizei, weil keine Dokumente zu finden waren, gleich alles mitgenommen, was nicht niet— und nagelfest war. Aufgerissene Schränke, umgestülpte Schubladen auf dem Boden und eine offene Safetür wiesen darauf hin, dass das Büro nicht nur schnell, sondern mit unvorstellbarer Geschwindigkeit verlassen wurde. Hm, hm… offen gesagt, das hatte ich nicht erwartet.

Ich durchwühle das Arbeitszimmer nur oberflächlich, außer Zigarettenschachteln und verstreutem Papier finde ich lediglich eine versiegelte Wodkaflasche. Das ist alles. Ok, hier hat schließlich nicht nur Witja gearbeitet. Es gibt bestimmt noch mehr Arbeitszimmer. Es gab sie, aber sie ähnelten dem bereits durchsuchten Zimmer, obwohl hier weniger Chaos herrschte.

Ich fand offene Konfektschachteln, geöffnete Kognakflaschen und ein paar Bierbüchsen. Kurz… Ramsch und Kram. An der Garderobe entdeckte ich eine Tasche mit einem Notebook. Auf den ersten Blick, ein altes Gerät, aber funktionstüchtig. Der Akkustand war miserabel. Mist! War denn alles umsonst gewesen.

Witja liebte Annehmlichkeiten und ich hatte erwartet, auf seine Vorräte zu stoßen. Das war ein Reinfall. Egal, ich wandte mich den Zimmern der Geschäftsführung zu.

Der Versuch war nicht der Rede wert. Zurück im Chefzimmer mache ich es mir auf dem eindrucksvollen Sessel bequem. Wenigstens der ist unbeschadet davongekommen. Mit Kognak und Konfekt heiterte sich meine düstere Stimmung auf.

Über welche Aktiva verfüge ich? Mit diesen Vorräten kann ich zwei, drei Tage überleben. Das ist ein Plus. Ich habe ein Dach über dem Kopf und kein schlechtes. Ich bezweifle, dass hier in den nächsten Tagen eingebrochen wird. Am besten ich sammle Müll auf und werfe ihn vor die Eingangstür. Die benutze ich ohnehin nicht. Der Eingang durch den Schrank ist sicherer.

Moment! Ich bin mit einem Satz hellwach! Der Erholungsraum! Witja hatte einen Erholungsraum! Früher stand hier der Server. Als es mit der Hackerei vorbei war, schleppte er ein extrabreites Schlafzimmerbett an, sein Sexodrom. Wie hat das Bett damals überhaupt durch die Tür gepasst? Wahrscheinlich in Teilen. Die Tür… hier irgendwo muss die Tür sein. Die Tür war schnell gefunden, aber es dauerte eine Weile, bis ich herausbekommen hatte, wie sie sich öffnet. Ich hatte nicht vor, sie einzutreten, vielleicht brauche ich sie später. Endlich bewegte sich das Regal von der Stelle und drehte sich geräuschlos in den Angeln. Aha, das Bett befand sich an Ort und Stelle. Ein riesiges Luxusbett (her mit dem Mädchen auf dem Foto)! Es lagen sogar ein Stapel frische Bettwäsche und eine Schachtel Kondome bereit! Echte Waren des Grundbedarfs! Wo sind nur die Frauen hin… Makar hat bestimmt welche. Ich habe den BH auf der Leine gesehen und die Toilettenartikel… Makars Kumpanen werden sicher keine Verwendung dafür haben. Und ich auch nicht.

Ein luxuriöser Breitbildfernseher, der die halbe Wand einnahm, Dusche (ohne Wasser) in der Kammer. Weiter nichts, abgesehen von Rasiercreme, Rasierer und einem Paket Rasierklingen, mit denen ich mich endlich rasieren kann und den Bart loswerde. Das Waschen wird ohne Wasser schwierig. Auch die Toilette kann ich deshalb nicht benutzen, andernfalls ersticke ich hier schnell.

In Summe habe ich jetzt ein gut getarntes Versteck, ein prächtiges Bett und vorrätige Bettwäsche, einen kleinen Vorrat Rasierklingen, Rasiercreme usw. Ach ja! Außerdem die Kondome! Französische Kondome sind eine teure Ware! Wo finde ich dafür Abnehmer…

Moment! Abnehmer! Durch meinen Kopf flimmerten Assoziationen. Nein keine Reise nach Frankreich, um die Ware zu verkaufen (obwohl ich diese Variante sympathischer finde), sondern ein Absatzkanal, der viel realistischer war.

Durch meine Ausflüge mit der Ausschlächterbrigade kenne ich die geplünderten Geschäfte. Ich hatte gleich meine Zweifel! Die Evakuierung und die Flucht aus der Stadt, es war zu schnell gegangen.

Wir saßen fast zwei Wochen von der Welt abgeschnitten im Büro, um unseren dringenden Auftrag zu erfüllen. In dieser Zeit soll die gesamte Stadt einfach durchgebrannt sein? In einer Reihe von Wohnungen, die wir ausschlachteten fanden sich keine Spuren eines eiligen Aufbruchs. Das kann nur bedeuten, dass die Leute wegeschafft wurden, möglicherweise mehr oder weniger organisiert. Aber wo ist die Polizei geblieben? Gute Frage!

Die Geschäfte wurden geplündert. Das ist offenbar geschehen, als die Polizei nicht mehr eingreifen konnte, also nicht während der Evakuierung. Zu diesem Zeitpunkt wären sie besonders wachsam gewesen, um die Ordnung zu gewährleisten.

Es dauert mindestens zwei Tage, um eine Stadt wie Tarkow zu evakuieren, vielleicht sogar länger. Wir saßen fast zwei Wochen im Hotel! Ich schlief mich zu Hause aus. Dann sah ich mit gemütlich die Nachrichten im Fernsehen, anstatt wie alle anderen davonzulaufen! Ich hörte mir die Märchen der aufgezeichneten Fernsehsendungen an. Dann der Fluchtversuch mit Galperin und die schlaflose Nacht auf der Treppe, neben der verminten Wohnung…

Ich erinnere mich an das erste geplünderte Geschäft, das hatten sie zu diesem Zeitpunkt schon erledigt. Offenbar erschossen unbekannte MPi-Schützen einen zu spät gekommenen Marodeur. Aber das war im zweiten Geschäft! Ich war zuvor an einem anderen Geschäft vorbeigekommen. Es hatte mich mit versperrten Eingängen und zugezogenen Gardinen vor dem Fenster empfangen. Seltsam, das ist unglaublich. Alle Geschäfte wurden umgekrempelt und geplündert, aber dieses nicht. Jedenfalls wirkte es damals völlig unberührt und übrigens auch nicht so, als ob es verlassen worden sei. Wer hat sich dort eingenistet? Jetzt erinnere ich mich auch an den Schriftzug über der Tür. Genau! Da stand „Einzelhändler A. A. Ogrysko“ oder A. W.? Sieh mal an! Sein Geschäft wurde nicht dem Erdboden gleichgemacht. Das bedeutet, dass der Händler es geschafft hat, das Chaos zu überleben. Möglicherweise öffnet er die verschlossenen Türen seines Ladens, um Luft zu schnappen.

Ich beabsichtige jedenfalls, mit ihm zu gegenseitig vorteilhaften Bedingungen ins Geschäft zu kommen. Wenn es ein Laden ist, dann werde ich wenigstens Nahrungsmittel ergattern, im Tausch gegen die Kondome.

Kapitel 3

Das Gebäude hatte sich grundlegend verändert. Vor den Fenstern liegen Sandsäcke und die Tür ist von einem Betonblock versperrt. Wer sich auf diese Weise verbarrikadiert, erledigt an diesem Ort wichtige Angelegenheiten. Hm, auch das Schild hängt noch über dem Eingang! Es ist niemand zu Hause. Nur der Wind weht den Müll über die Straße.

Lauschen. Ich verlasse mich in letzter Zeit hauptsächlich auf mein Gehör. Es ist schwierig, einen dieser Protagonisten zu sehen, wenn er nicht entdeckt werden möchte, aber man kann ihn hören…. Wie heißt es in den Büchern der Brüder Strugazki: „Kein Hinterhalt ohne Lärm“. Hier kratzt und räuspert sich niemand wie im Buch, aber es sind genug andere Laute zu hören. Das ist kein Kettenklirren, sondern hier vertritt sich jemand die Beine.

Jetzt läuft der ungeduldige Kollege ganz in der Nähe herum, schätzungsweise in zwanzig Metern Entfernung. Ich liege auf dem Balkon des dritten Stockwerks, auf den ich über das Dach geklettert bin. Glücklicherweise ist das Haus alt und der Balkon hat kein Wetterdach. Dafür gibt es eine Feuerleiter, die direkt zum Boden führt. Vom Boden ist es ein Kinderspiel, auf den Balkon zu gelangen. Stapf du ruhig da unten herum, ich breche unterdessen vorsichtig mit dem Handbeil die Balkontür auf. Ich möchte das Fenster nicht einschlagen, denn das ist ein Ort, der mir noch nützlich sein kann. Hier oben ist die Aussicht gut.

Ich bin immer noch ein miserabler Einbrecher, aber das ist auch nicht gerade Fort Knox. Die Tür quietscht beim Öffnen in den Angeln und der Typ unten am Haus reagiert sofort. Er läuft zur Seite und gerät für einen Augenblick in mein Sichtfeld.

Das ist keiner der Schergen von Makar. Er ist schlecht gekleidet, ärmlich und auf den ersten Blick unbewaffnet. Das hat im Prinzip keine Bedeutung. Möglicherweise hat er die Pistole in der Jackentasche versteckt. Was treibt der da unten? Zweifellos hat er nicht vor, jemanden zu fangen oder umzulegen, aber er wird sich auch kaum ein Schild mit der entsprechenden Ankündigung um den Hals hängen.

Schnell die Wohnung nach nützlichen Gegenständen durchsuchen: Marmelade, trockenes Brot, Streichhölzer, drei Zigarettenschachteln. Ab damit in den Rucksack! Ich bin kein Raucher, aber vielleicht kann ich sie eintauschen. Aber wo tausche ich sie ein? Unten im Geschäft natürlich! Alles andere lasse ich liegen. Die Lebensmittel kann ich selbst gebrauchen. Außerdem kenne ich den Bedarf des örtlichen Händlers nicht.

Unten quietscht es. Ich schaue über das Fensterbrett nach draußen. Alles beim Alten, keine Veränderungen. Der Typ unten hat nicht durchgehalten. Die Schuhe scharren im Sand. Er geht weg. Warten.

Ein Geräusch! Die sich öffnende Tür des Ladens knarrt. Eine weitere Gestalt betritt den Platz. Ein Blick genügt und ich kenne den Grund, aus dem der Beobachter verschwunden ist. Da steht ein starker, großer Kerl im militärischen Tarnanzug (offensichtlich Importware), mit kugelsicherer Weste und anderen Gerätschaften, die ich nicht kenne. Er hat eine futuristische Knarre, auf die zahlreiche Details aufgeschraubt sind. Tja, da kann ich mit meinem Handbeil kaum brillieren. Da muss ein Maschinengewehr her, damit sich dieser Bulle wenigstens mal nach mir umdreht. Ein harter und arroganter Typ.

Wieder quietscht die Tür und es taucht noch so ein schwerbewaffneter Protagonist auf. Ist hier ein Nest? Ich entferne mich kriechend vom Fenster, falls es denen einfällt, auf mich zu schießen. Nein, unten knarren die Schuhe. Sie gehen. Wieder der alte Trick mit dem Schloss und der Tür. Ich steige langsam nach unten.

Hoppla! Keinen Schritt weiter! Quer über die Treppe ist eine dünne Schnur gespannt. Sofort tauchen unangenehme Erinnerungen auf wie Sprengfalle, Mine und andere Scheußlichkeiten. Ich setze mich vorsichtig hin und sehe mir die Treppe genauer an. Eine Sprengfalle zündet, wenn am Draht gezogen wird, oder? Wenn ich die Schnur nicht berühre und nicht daran ziehe, geht sie nicht hoch. Hier kann nichts hochgehen! An der Schnur ist eine gewöhnliche Konservendose befestigt, in der sich einfache Löffel und Gabeln befinden. Wird daran gezogen, scheppert es. Das ist eine gewöhnliche Klapperrassel. Das bedeutet, dass derjenige, der die scheppernde Rassel angebracht hat, den Lärm hört und sich in unmittelbarer Nähe befindet. Vielleicht wohnt er sogar in diesem Hauseingang. Auch aus einem anderen Grund ist Vorsicht geboten.

Sofern solche bewaffneten Killer dieses Geschäft besuchen, wäre es mehr als dumm dort meine „Waffe“ zu präsentieren. Wen will ich damit beeindrucken? Es wirkt höchstens lächerlich! Ich möchte mich auf keinen Fall lächerlich machen. Ich verstecke das Handbeil deshalb in einem Müllhaufen, als ich durch den Torbogen des Hauses laufe. Es ist keine wirkungsvolle Waffe, aber Türen und Fenster lassen sich bequem damit öffnen. Als Werkzeug hat es für mich deshalb einen gewissen Wert.

Ich laufe um die Häuserblöcke herum und bleibe vor der Tür stehen. Sie war auch früher schon kein Schmuckstück, aber jetzt erinnert sie an die schwere und robuste Tür eines Safes. Ich sehe keine Klingel, aber es gibt ja auch nirgendwo Strom. Ich klopfe mit dumpfen Schlägen an die Tür. Quietschend öffnet sich ein vergittertes Fensterchen. Von diesem Geräusch also wurde mein Beobachter erschreckt!

„Was willst du!“

„Ich möchte handeln.“

„Ach?!“, sagt mein unsichtbarer Gesprächspartner verwundert: „Führe deinen Handel, wie es dir beliebt – wir stören dich bestimmt nicht dabei.“

Und wieder quietscht das Fensterchen.

„He! Vielleicht möchte ich ja bei euch einkaufen!“

„Ach, ja?“ Wieder öffnete sich die Fensterluke und ich wurde aufmerksam gemustert. „Halte Abstand zur Tür!“

Mein Gegenüber war mit der Sichtprüfung zufrieden. Der Türriegel klirrt.

„Komm rein.“

Die Ladenräume haben sich grundlegend verändert. Links und rechts stehen Gitter, die beinahe bis zur Decke reichen. Hinter einem dieser Gitter hat es sich ein Mann mit Maschinenpistole bequem gemacht. Vor mir steht noch einer, der aber offenbar unbewaffnet ist.

„Griffel hoch!“ Ich werde professionell durchsucht. „Keine Waffe?“

„Wozu?“

Der Kerl lacht und tritt zur Seite und gibt den Weg frei.

Von der Theke steht nur noch ein kleines Stück und auch dieser Teil ist mit einem Gitter aus dicken Eisenstangen versperrt. Alles andere ist mit frischem Ziegelstein verkleidet. Die Mauern wurden eben erst errichtet, ich rieche den frischen Putz.

Hinter der Theke ein Gesicht, an das ich mich dunkel erinnere. Den habe ich schon einmal gesehen. Er trägt eine Wollmütze und über dem dicken Pullover hat er ein Schal um den Hals geschlungen.

„Na?“, fragt er skeptisch: „Was hast du mitgebracht?“

Er sah sich die Zigarettenschachteln an und schob sie beiseite. Ich hatte sechs volle Schachteln und eine Schachtel war zur Hälfte gefüllt. Die Kondome riefen unverfälschte Heiterkeit hervor.

„Tolle Defizitware! Vor allem heutzutage! Wo soll ich damit hin?“

Die Schachtel rutscht zurück auf meine Seite der Theke.

„Kein Bedarf. Die kannst du behalten. Vielleicht brauchst du sie noch. Was noch?“

„Was wird denn gebraucht?

Der Verkäufer grinst.

„Alles. Was hast du konkret anzubieten?“

„Klamotten, alle möglichen.“

Der Bedarf an dieser Ware wird mit einem skeptischen Grinsen quittiert.

„Elektronik.“

Dieselbe Reaktion.

„Machen wir es kurz.“, er nickt in Richtung der Zigaretten: „Das nehme ich. Ich kann dir Lebensmittel und Patronen anbieten… aber nicht viel.“

„Ich brauche Fleischkonserven.“

„Zwei Büchsen! Und ein Päckchen Zwieback obendrauf.“

Unter diesen Umständen lege ich es nicht darauf an, mich zu streiten und stimme zu.

„Diese Ware kannst du ruhig vorbeibringen. Wasser, Bier, Mineralwasser nehme ich auch. Alkohol ist immer gefragt. Alles andere kommt für dich sowieso nicht in Frage. Du durchstöberst die Wohnungen, oder?“

„Ja, auch das.“

„Dann einigen wir uns darauf. Komm nicht mit Kleinigkeiten. Wenn du ein Dutzend zusammen hast, kannst du vorbeikommen. Zwei, drei Schachteln interessieren mich nicht.“

Die Tür fällt hinter mir ins Schloss. Der Handel ist beendet nicht zu meinem Nachteil. Zigaretten benötige ich nicht, weil ich nicht rauche. In den leeren Wohnungen stoße ich häufig auf Zigarettenschachteln.

Außerdem… liegen überall leere Kunststoffflaschen herum, für die sich niemand interessiert. Selber schuld! Ich sammle recht schnell ein paar Dutzend Gefäße aller Art. Jetzt sitze ich neben dem Rohr und fülle die Behältnisse mit Wasser. Ich habe eine Gasflasche mit Brenner. Damit versuche ich vorsichtig, die Ringe am Flaschenhals mit den eigenen, farblich passenden Deckeln zu verlöten (zu sintern?). Ich bin bereits geübt und es gelingt mir ganz gut. Das ist natürlich kein Mineralwasser und hoffentlich kein Abwasser. Der Geschmack erinnert an Trinkwasser. Auch das wird nachgefragt.

Um ehrlich zu sein, ich konnte es mir nicht verkneifen, zu Hause vorbeizuschauen. Natürlich nachts und nicht direkt in meiner Wohnung… ich sah sie mir vom Hof an. Das Fensterglas hat nicht gelitten und das bedeutet, dass das scheußliche Zeug, dass die unbekannten Bösewichter installiert haben, noch an Ort und Stelle ist. Es wartet, bis seine Zeit gekommen ist. Wenn das Teil losgeht, bleibt nicht ein Fenster der Wohnung oder der Treppe ganz.

Neben dem ausgebrannten Auto fand ich meine Jacke mit dem Klappmesser und der Feldflasche. Die Feldflasche hänge ich mir an den Gürtel, das Messer stecke ich in die Hosentasche, aber die Jacke ist leider unbrauchbar geworden. Sie hat Brandflecken und überhaupt… dann landet sie in den Sträuchern vorm Haus.

Ein Topf ist bereits voll. Ich gieße ihn in die Flasche um. Damit habe ich bereits ein Dutzend Flaschen und kann beim Händler vorbeischauen. Um mich nicht zu blamieren, wähle ich die sympathischsten Flaschen aus. Wer A sagt, muss auch B sagen! Zehn Flaschen ergeben ca. 15 Liter. Das ist fast die Menge, die der Händler verlangt hat. Seit der letzten Wohnungsplünderung besitze ich einen Rucksack, in dem das Wasser Platz findet.

Wieder stehe ich vor der bekannten Tür. Ich werde mit dem gleichen Verfahren kontrolliert, Taschen abklopfen und schon stelle ich die Wasserflaschen auf den Tisch.