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Schmelzendes Eis
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Schmelzendes Eis

3

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Schmelzendes Eis

„Er ist immer noch verbittert und hat eine schlechte Meinung von den meisten Frauen.“

„Aber Jolie ist eine erstklassige Reiterin und liebt Tiere. Von ihrer Schönheit ganz zu schweigen. Er könnte gar nicht anders, als sie lieben. Wenn er sich die Zeit nehmen würde, um sie kennen zu lernen, natürlich.“

„Ich frage mich, warum er Jolie ausgewählt hatte. Eigentlich frage ich mich, warum er sich überhaupt dazu entschieden hat, wieder zu heiraten. Das passt so gar nicht zu ihm.“ Easton schüttelte den Kopf. „Wie dem auch sei. Er wird bald hier sein und kann diese Fragen beantworten. Soll ich ihn darum bitten, bei seiner Mutter unterzukommen? Ihr Landsitz ist nicht weit entfernt.“

„Lass mich darüber nachdenken“, sagte Elly. „Ich möchte erst mit Jolie darüber sprechen. Ich habe allerdings eine Idee.“

„Sollte ich Angst haben?“, neckte Easton sie.

„Natürlich nicht!“ Elly stieß ihn spielerisch mit dem Ellbogen an, wie sie es bei ihrem Bruder tun würde. „Ich werde dir Bescheid sagen, sobald ich sehe, wie aufgebracht sie ist und dann entscheiden, wie wir am besten mit der Situation umgehen.“

„Sehr wohl. Benedict ist einer meiner ältesten Freunde und ich würde ihn gerne wieder glücklich sehen. Jemanden zu verkuppeln ist wiederum eine vollkommen andere Sache.“

„Wir werden niemanden verkuppeln. Wir werden lediglich eine Gelegenheit anbieten.“

Easton schüttelte den Kopf. „Ich bin mir sicher, dass ich das bereuen werde.“

Elly antwortete mit einem Lachen.


Das Abendessen war eine kleinere Angelegenheit als gewöhnlich, da der alte Earl sein Essen in seinen Zimmern einnahm und der Rest der Familie Ashbury abreiste. Die einzigen Gäste beim Abendessen waren Lady Eastons Bruder Andrew und seine Frau Gwen, die nicht als Gäste angesehen wurden, da sie jetzt auf dem Grundstück lebten. Einige Jahre zuvor hatte Lord Easton eine Schule eröffnet, um Waisenkinder in Medizin auszubilden, und sein Cousin Nathaniel, Lord Fairmont, hatte nach Waterloo ein Veteranenheim hinzugefügt. Fairmont hatte in der grauenvollen Schlacht ein Auge und einen Arm verloren.

Sie züchteten ebenfalls Pferde auf dem Anwesen, und es war zu einer Familienangelegenheit für die Familien Loring, Abbott und Trowbridge geworden.

Gwen erwartete im nächsten Monat ein weiteres gesegnetes Ereignis, und sie zog es vor, dass Elly bei ihrer Entbindung bei ihr war. Sie war nicht nur ihre Schwägerin, sondern verfügte auch über medizinisches Wissen.

Aus diesem Grund würde sich Jolies Rückkehr nach London verzögern. Da das Abendessen eine intime Familienangelegenheit war, fühlte sich niemand dazu angehalten, auf seine Wortwahl zu achten. Speziell Elly und Andrew warfen spielerisch mit ihren Wortwitzen um sich und nahmen sich gegenseitig auf den Arm.

„Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, so schrecklich lange warten zu müssen, um nach London zurückzukehren", sagte Gwen zu Jolie. „Ich versichere Ihnen, ich bin genauso ungeduldig wie Sie, dass sich der kleine Abbott der Welt vorstellt."

„Es macht mir nichts aus", beruhigte Jolie sie. „Ich genieße diesen Aufschub eher. Ich bin mir nicht sicher, wie unterhaltsam die Ballsaison ohne meine Schwestern sein wird.“

„Ah. Sie müssen sich der Gesellschaft als Einzelne präsentieren“, scherzte Andrew. „Es ist nicht so einfach, wenn man sich nicht hinter jemandem verstecken kann.“

„Und woher wollen Sie das wissen? Für Männer ist es wohl kaum das Gleiche wie für Frauen. Von uns erwartet man, dass wir still an der Seite stehen, bis wir zum Tanz aufgefordert werden. Bitte versuchen Sie sich daran zu erinnern, wann Sie sich jemals verstecken mussten“, beharrte Elly.

„Ich kann mich an einige Male erinnern, bei denen ich mich vor Müttern auf der Jagd verstecken musste, oder vor Großmutter. Meistens vor Großmutter“, sagte Andrew grinsend.

„Also haben Sie niemanden, zu dem sie ungeduldig zurückkehren wollen?“, fragte Gwen höflich.

Jolie, Easton und Elly sahen zur gleichen Zeit hoch. Andrew entging nicht der Blick, den sie untereinander wechselten.

„Sie können es uns ruhig sagen“, fügte Andrew hinzu. „Früher oder später wird es doch ans Licht kommen.“

„Es tut mir leid, wenn ich ein unpassendes Thema gewählt haben sollte“, sagte Gwen entschuldigend. „Ich bin davon ausgegangen, dass es Jolie nicht an Anwärtern mangelt.“

„Nur dumme oder unerträgliche”, murmelte Jolie.

„Ich glaube, die Neugierde sollte befriedigt werden“, sagte Andrew interessiert.

„Jolie hatte heute einen Antrag von Yardley“, sagte Easton.

Andrew sah überrascht aus.

„Nicht von Yardley persönlich, genau genommen - von seinem Anwalt“, erklärte Elly.

„Wann ist die Hochzeit?“ Andrew lächelte.

„Andrew! Jolie hat den Duke noch nicht einmal gesehen“, tadelte Elly ihren Bruder.

„Was hat das damit zu tun? Sie will eine Duchess sein, er ist ein Duke, er hat einen Antrag gemacht. So hat das schon über Jahrhunderte funktioniert. Es gibt nicht viele Dukes, unter denen sie auswählen kann, wenn man es genau nimmt. Davon abgesehen, wir können eine Vorstellung organisieren. Ich meine, ist er nicht ...“

Andrew spürte, wie ihn seine Schwester vors Schienenbein trat und sie ihren Kopf schüttelte.

„Ist er nicht ... charmant?“, fragte Andrew unbeholfen und fragte sich, warum Elly nicht wollte, dass er Yardleys Besuch ansprach.

„Ich will nicht vorgestellt werden, Andrew, trotz meinem Wunsch, eine Duchess zu werden.“ Jolie machte ein missbilligendes Gesicht. „Ich würde einen Ehemann vorziehen, der selbst für sich spricht.“

„Das würdest du nicht“, neckte Elly mit einem Zwinkern zu ihrem Ehemann.

„Heißt das, dass Yardley aus seiner Einsamkeit herauskommt?“, fragte Andrew.

„Er hat mich nicht über seine Absichten informiert. Ich bin genau wie der Rest von Euch über sein Angebot verblüfft. Ich würde nicht sagen, dass er ein Einsiedler war, aber er hielt sich gewiss nicht in der Gesellschaft auf.“

„Ich werde versuchen, höflich zu sein, wenn wir einander vorgestellt werden. Ich möchte nicht, dass Du dich in Gegenwart deines Freundes unbehaglich fühlst“, fügte Jolie anmutig hinzu.

„Die Gefahr besteht nicht. Genau genommen kannst du ihm gerne geradeaus sagen, was du von seinem Angebot hältst“, sagte Easton mit amüsiertem Lächeln.

„Bitte sorgt dafür, dass ich dabei bin, um zuzusehen“, bat Andrew.

Elly warf ihrem Bruder einen verärgerten Blick zu, legte ihre Serviette auf den Tisch und stand auf. „Sollen wir, meine Damen?“

Die Ladys zogen sich in den Drawing Room zurück und machten es sich bequem, während sie auf die Männer warteten.

„Darf ich offen sprechen, Jolie?“, fragte Elly in ihrer geraden Art.

„Natürlich“, versicherte ihr Jolie.

„Warum hast du Yardley direkt abgewiesen? Du hättest doch über eine Vorstellung verhandeln können.“

Jolie sah auf ihre Hände hinab. „Ja, vermutlich, aber es hat mich so wütend gemacht. Ich weiß, dass es dumm aussieht, aber es fühlte sich nicht richtig an.“

„Ich finde es überhaupt nicht dumm“, sagte Gwen. „Ich würde immer nach meinem Gefühl gehen.“

Jolie lächelte sie an.

„Hast du so viele Gerüchte in der Stadt gehört?“, fragte Elly.

„Ich muss gestehen, das hat bestimmt zu meiner Reaktion beigetragen. Man sagt, dass er kaltherzig sei und seine erste Frau sehr schlecht behandelt hatte.“

Gwen stieß einen mitfühlenden Seufzer aus. Elly dachte einen Moment nach.

„Man sagt sogar, dass er einen Mann im Duell getötet hat, obwohl natürlich niemand etwas davon weiß.“

„Ich bitte dich nur um eines.“ Elly ergriff Jolies Hand und drückte sie. „Bilde dir dein eigenes Urteil, wenn du ihm begegnest, und lass dich nicht von Gerüchten beeinflussen. Das würdest du auch nicht für dich wollen.“


Benedikt ritt mit seiner Stute durch die Tore, die zum Anwesen seiner Mutter führten, das hoch über dem Kanal lag. Er hatte versucht, sich auf sie und seine Schwester vorzubereiten, aber kurz nachdem er von Yardley nach Süden abbog, hatte er den Gedanken bereits wieder verworfen. Sein Geist war durch die bevorstehenden Beinfesseln, die er erwerben wollte, abgelenkt worden, und durch die Tatsache, dass die Nachricht von seinem Anwalt über die Siedlungen auf ihn warten würden. Er freute sich auf seinen Freund Easton, wenn ihn auch sonst nichts anderes auf dieser Reise begeisterte.

Er hatte sich entschieden, allein zu reisen, nachdem er sein Gepäck und seinen Kammerdiener vorausgeschickt hatte. Er könnte nie in einer Kutsche reisen, wenn er die Wahl hatte zu reiten. Pferde hatten ihn gerettet, nachdem seine Ehe in einer Katastrophe endete, und er zog sie definitiv den Menschen vor. Benedikt lachte, als er sah, wie seine Mutter aus der Haustür kam und ihm wild zuwinkte, mit einer recht uncharakteristischen Übertreibung. Sie war eine einzigartige Duchess, ein bisschen eigenartig und träge, aber sie war trotzdem eine Duchess. Benedikt konnte nie aufhören, sich für seine Einsiedelei schuldig zu fühlen, da er wusste, wie sehr seine Mutter seine Gegenwart schätzte.

Er zügelte sein Pferd und überreichte dem wartenden Stallburschen die Zügel.

„Mutter“, sagte Benedict, als er die von ihr angebotene Hand küsste.

Sie atmete tief durch und lächelte ihn an. „Jetzt kann ich wieder glücklich sein.“

„Du bist immer glücklich, Liebste“, versicherte er ihr, als sie seinen Arm nahm und begann, ins Haus zu gehen.

„Es ist meine Pflicht, das zu sein. Es ist jedoch nicht dasselbe, wenn du fort bist und in diesem schrecklichen, kalten Haus ganz allein.“

„Ich bin wohl kaum allein, Mutter.“

„Ich weiß nicht, wo deine Schwester ist“, murmelte die Herzogin und schaute sich um. „Vermutlich steckt sie wieder irgendwo mit der Nase in einem Buch.“

„Das wird wohl kaum schaden. Ich werde sie beim Abendessen sehen“, sagte er unbesorgt.

„Sie interessiert sich mehr für ihre Bücher als für mögliche Ehepartner. Vielleicht kannst du sie dazu überreden, nach London zu gehen. Sie hat sich geweigert, dieses Jahr dorthin gebracht zu werden“, erklärte die Duchess, als ob er das nicht schon durch ihre wöchentlichen Briefe wüsste.

„Ich fange an zu glauben, dass meine Schwester mehr Verstand hat, als ich ihr zugestehen wollte“, bemerkte er.

„Du sollst dich nicht mit ihr verbünden! Sie wird achtzehn diesen Sommer“, gab seine Mutter zu bedenken.

„Hallo, Walters“, sagte Benedict, als er dem Butler seinen Hut und den Mantel gab.

„Willkommen, Eure Gnaden. Mr. Norton ist schon seit einiger Zeit hier. Ich habe mir die Freiheit genommen, ihn ins Arbeitszimmer zu geleiten und ihm einen Imbiss zu reichen.“

„An ihn habe ich nicht mehr gedacht. Ich wünschte, du würdest dich nicht den ganzen Tag in deinem Arbeitszimmer verstecken, wenn ich dich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe!“, sagte seine Mutter enttäuscht.

„Ich glaube, diese Art von Geschäften würde auf deine Zustimmung treffen“, erwiderte er vage.

Benedict wandte sich dem Arbeitszimmer zu, als seine Mutter protestierte. „Es zeugt von schlechten Manieren, jemanden zu necken!“ Aber sie würde ihn nicht länger ausfragen.

Er lachte in sich hinein und betrat das Arbeitszimmer mit relativ guter Laune, obwohl er wusste, dass sein Schicksal auf ihn warten würde.

„Eure Gnaden!“ Mr. Norton sprang aus dem Lehnstuhl hoch, in dem er geschlafen hatte.

„Setzen Sie sich, Mr. Norton. Ich nehme an, Sie haben Neuigkeiten?“

Der Mann druckste nervös herum und Benedict hatte nur wenig Geduld für Schüchternheit.

„Nun denn, lassen Sie hören. Ich beiße nicht“, sagte Benedict ungeduldig.

„Sehr wohl. Die Lady hat Ihr Angebot abgelehnt, Eure Gnaden“, stieß der Anwalt aus, als ob er von einer schweren Last befreit worden wäre.

„Ich verstehe.“ Benedict brauchte einen Moment, um diese unerwartete Wendung der Ereignisse zu verarbeiten. Als er wieder hochsah, druckste der Anwalt erneut. „Möchten Sie noch etwas sagen?“

„Ich möchte es nicht unbedingt sagen, Eure Gnaden. Aber die Lady gab mir eine Nachricht für Sie mit.“

Benedict hob die Augenbrauen. „Und was für eine Nachricht war das?“

„Dass sie lieber in der Hölle schmoren würde, als Euer Angebot anzunehmen“, murmelte der Anwalt.“

„Und darf ich fragen, welche Lady dieses wunderbare Vokabular benutzte?“, fragte er spöttisch.

„Lord Ashburys Tochter, Eure Gnaden. Soll ich zu dem nächsten Namen auf der Liste gehen?“

„Hat sie genauer gesagt warum?“ Benedict war seltsamerweise interessiert.

„Sie hat es nicht weiter erläutert“, antwortete der Anwalt.

„Das wäre alles für jetzt, Mr. Norton. Ich werde Ihnen Bescheid sagen, wenn ich fortfahren möchte.“

Ein Ausdruck der Überraschung flog über das Gesicht des Anwaltes, bevor er sich verbeugte und das Zimmer verließ.

Benedict saß, starrte aus dem Fenster und überlegte, was er als Nächste tun wollte.

Drei

„Guten Morgen“, begrüßte Jolie ihre Cousins und Cousinen, die den Frühstücksraum betraten, nachdem sie ihren morgendlichen Spaziergang mit den Kindern beendet hatten.

„Du bist heute ein Frühaufsteher“, bemerkte Easton.

„Ich wollte die Klippen im frühen Licht der Morgensonne sehen. Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mir eines deiner Reitkostüme ausleihe, Elly? Es sieht aus, als hätte ich bei meinem den Saum aufgerissen und ich habe keinen Ersatz mitgebracht.“

„Aber sicher. Du kannst dir alles borgen, was du möchtest“, sagte Elly, als sie ihren Toast mit Butter bestrich.

„Ich muss zugeben, ich würde sehr gerne einen deiner Hosenröcke ausprobieren“, gab Jolie zu.

„Du wirst nie wieder in einem Damensattel reiten wollen, wenn du ihn einmal anhattest“, sagte Elly grinsend.

„Du könntest Hector ausprobieren, wenn du im normalen Sattel reiten möchtest“, bot Easton an.

„Oh, Adam! Du bist der beste aller Cousins“, rief Jolie aus.

„Du wirst mit ihm zurechtkommen, aber du musst einen Stallburschen mitnehmen. Ich habe einen Freund, der eine Stute zur Zucht mit Hector vorbeibringen wird, und er könnte einen guten Ausritt vertragen, bevor sie ankommt.“ Er lachte in sich hinein.

„Ich werde dafür sorgen, dass er sich gut verausgabt“, sagte sie, als sie aus dem Zimmer eilte.

Nachdem sie gegangen war, sprach Easton Elly auf die Unterhaltung an, die sie am Vortag hatten.

„Wirst du mir jetzt erzählen, was deine Pläne für Yardley und Jolie sind? Er hat eine Nachricht geschickt, dass er heute herkommt.“

„So schnell?“, Elly sah von ihrem Kaffee auf. „Wird er hierbleiben?“

„Er wohnt bei seiner Mutter und seiner Schwester in der Nähe von Rottingdean. Das sind keine acht Meilen“, bemerkte Easton.

„Ich weiß noch nicht, wie ich am besten mit der Situation umgehen soll. Ich glaube, wenn sie die Gelegenheit hätten, sich kennenzulernen, würden sie selbst feststellen, wie gut sie zueinander passen.“

„Yardley wird ihr vielleicht ihre Worte nicht verzeihen, falls dieser Anwalt dumm genug war, sie ihm zu wiederholen“, wies Easton sie hin.

„Vielleicht will sie ihn auch nicht kennenlernen“, antwortete Elly, die sich den Kopf über eine mögliche Lösung zerbracht.

„Wenn sie sich nur beide ohne ihre Titel kennenlernen könnten“, sagte Easton scherzend.

„Vielleicht können wir dafür sorgen.“

„Wie denn? Sie sind beide zu korrekt, als dass sie ohne offizielle Vorstellung miteinander sprechen würden“, sagte er zweifelnd.

„Selbst wenn es im Stall wäre?“

„Das weiß ich nicht. Dazu müsste man die Bediensteten einweihen“, sagte er zögernd. „Und deinen Bruder.“

„Das geht schnell. Yardley zieht es vor, dass man ihn in nicht öffentlichen Situationen nicht mit seinem Titel anspricht“, erklärte sie.

„Aber meinst du nicht, dass sie es merkwürdig findet, wenn wir sie als Jolie vorstellen?“

„Ich vertraue dir. Sag einfach: „Dies ist meine Cousine Jolie Winslow“, und wechsle das Thema.“

„Und was passiert, wenn wir einen Fehler machen?“, fragte er.

„Dann bitten wir um Vergebung für unsere schlechten Manieren und schieben Exzentrik als Ausrede vor.“

Easton seufzte und schüttelte den Kopf. „Leider habe ich nicht den Vorteil, in Amerika gelebt zu haben, um das als Ausrede nehmen zu können.“ Dann wechselte er das Thema, bevor seine Frau etwas erwidern konnte, aber sie knüllte ihre Serviette und warf sie nach ihm. „Vater sagte, dass Livvy nächste Woche aus der Schule kommt. Meinst du, wir sollten sie mit uns nach London nehmen?“

„Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass wir sie im Herbst vorstellen?“

„Ich habe das Gefühl, dass sie uns begleiten möchte, sobald sie herausfindet, dass du Jolies Anstandsdame bist.“

„Ja, vermutlich hast du recht. Hast du mit Vater darüber gesprochen?“, fragte sie.

„Nein. Ich habe Angst, dass er sich dazu verpflichtet fühlt, uns zu begleiten. Und er ist dazu nicht stark genug.“

„Dann, so glaub ich, solltest du ihr das gegenüber erwähnen. Aber wir müssen damit rechnen, dass Livvy ihre Vorstellung verschieben muss, da sie in Trauer ist“, sagte sie sanft.

„Ja, ich fürchte, du hast recht. Dank dir hatten wir so viele zusätzliche Jahre, mehr als wir glaubten.“

Sie ergriff seine Hand. „Dann lass uns beten, dass wir noch viel mehr haben werden.“


Benedict ritt den Weg am Meer entlang, zwischen Rottingdean und dem Wyndham-Anwesen in der Nähe von Seaford. Es war ein wunderschöner später Frühlingsmorgen, und er genoss die Sonne, die auf sein Gesicht schien und den Wind, der gegen ihn peitschte. Das Gefühl von Geschwindigkeit und Freiheit erzeugte immer wieder eine Welle der Aufregung in ihm, die jedes Problem winzig erscheinen ließ.

Er hatte eine Nacht über sein Heiratsantrag-Dilemma geschlafen und beschlossen, sich von seinem ältesten Freund beraten zu lassen. Easton würde ihm die richtige Richtung weisen. Es war viel zu lange her, seit er sich jemand anderem als sich selbst anvertraut hatte.

In der Ferne erspähte er einen anderen Reiter, und der Anblick reichte aus, um ihn dazu zwingen, sich zu konzentrieren und im Sattel zu bleiben und noch zusätzlich seine Stute zu bändigen. Er bog vom Weg ab, um die Aussicht zu bewundern. Er wusste nicht, was er mit dem Anblick anfangen sollte: eine zierliche Frau, die auf einem riesigen Pferd ritt. Sie saß breitbeinig im Sattel und unter ihrem Kastorhut wehte ihr wildes, schwarzes Haar. Sie ritt geradewegs auf ihn zu, tippte an ihren Hut und lächelte ihn strahlen an, als sie vorbeiritt.

Benedict versuchte immer noch einen klaren Gedanken zu fassen, als ein paar Minuten später ein Stallknecht an ihm vorbei ritt, der versuchte, seine Herrin einzuholen. Keine Chance, dachte er bei sich. Als er endlich auf das Wyndham Anwesen ritt, hatte er sich fast davon überzeugt, dass das Mädchen lediglich seiner Fantasie entsprungen war. Er ging direkt in den Stall, weil er vermutete, dass er dort wie gewohnt seinen Freund vorfinden würde. Er konnte es kaum abwarten den Hengst zu sehen, von dem ihm Easton erzählt hatte.

„Benny!“, rief Easton ihn bei seinem Kindheits-Spitznamen und ging auf ihn zu, um ihn zu begrüßen. Er und Andrew hatten ein Pferd eingeritten und noch die Ärmel hochgekrempelt und Schlamm an den Stiefeln. Der Stallmeister nahm Andrew die Zügel ab.

„Easton, Abbot.“ Er begrüßte die Männer gleichermaßen freudig.

„Wo ist der Hengst, von dem ich geträumt habe?“, fragte Benedict und sah sich um.

„Es tut mir leid, aber meine Cousine ist mit ihm ausgeritten. Ich wusste nicht, wann du ankommen würdest und ich wollte, dass Hector sich von seiner besten Seite zeigt, wenn er deine Stute trifft. Ist das die Schöne?“ Easton streckte seine Hand aus, um das weiße Pferd zu grüßen, das wieherte und seine Nase in seine Brust stieß.

„Ja, das ist Dido“, sagte Benedict, als er abstieg und sie in den Stall führte, wo er ihr Heu gab und sie abrieb.

„Sie ist alles, was ich mir gewünscht habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hector ihr widerstehen kann“, sagte Easton fröhlich.

„Möchtest du dich ein wenig auffrischen?“, fragte Andrew.

Benedict sah die anderen Männer an und lachte. „Nein, ich glaube, ich werde mich zu euch gesellen. Ich brauche ein wenig harte Arbeit und ein paar Ratschläge.“

„Ratschläge? Das klingt ernst“, hakte Easton nach.

„Ich wünschte, dem wäre nicht so“, sagte Benedict bedauernd.

„Möchtest du lieber ins Haus gehen?“, Easton sah besorgt aus.

„Nein. Ich bin sicher, dass ich hier draußen besser denken kann.“

„Sehr wohl. Wir reiten gerade ein Jungpferd ein. Wir könnten ein Paar extra Hände gebrauchen“, gab Easton zu.

„Mit uns ist er scheu. Vielleicht wird er dich annehmen“, sagte Andrew.

Die Männer gingen zurück auf die Koppel, die gegenüber den Ställen und auf der anderen Seite der Kutscheneinfahrt lag. Eine große Eiche bewachte das Tor und ein Zaun aus Holzpfosten und Geländern erstreckte sich entlang der Kurve der Einfahrt, um in einer Weißdornhecke zu münden, die mit süß riechenden weißen Blumen bedeckt war. Die Hecke schloss die Weide ein und traf auf der anderen Seite auf die Eiche. Schwaden von wilden Möhren und Butterblumen schmückten die Unterseite der Hecke.

Ein Stallknecht versuchte, das junge Pferd an seiner Trense zu führen, aber jedes Mal, wenn der Mann vorwärts ging und einen leichten Druck auf das Gebiss ausübte, warf der Hengst seinen Kopf hoch und bäumte sich auf. Ein anderer Stallknecht, der ein langes Seil am Kappzaum des Pferdes hielt und in der Mitte eines Kreises stand, schnippte mit einer langen Peitsche in seine Richtung. Das Hengstfohlen, ein hübscher Brauner, bockte und hob fast seinen Halter - einen muskulösen Mann von überdurchschnittlicher Größe - von den Füßen. Das Weiße in den Augen des Pferdes war sichtbar, als es zum Tor schwang und der Stallknecht fluchte. Seine Stiefel rutschten auf dem schlammigen Boden, der durch die trampelnden Hufe verursacht worden war.

„Er ist scheu. Ich habe noch nie ein Pferd getroffen, das vor dir Angst hatte. Hat Elly versucht ihn zu führen?“, fragte Benedict.

„Noch nicht. Das steht als nächstes auf dem Plan, aber ich bin noch nicht bereit aufzugeben.“

„Und die normalen Belohnungen interessieren ihn nicht?“, fragte Benedict, als er beobachtete, wie das Pferd seinen Kopf schüttelte, um das Zaumzeug abzubekommen.

„Nicht genug, um freiwillig her zu kommen.“

„Wir haben ihn vor dem Schlachthof gerettet. Ich habe keine Ahnung, was er durchmachen musste, bevor wir ihn fanden. Irgendwann werde ich ihn schon überreden“, sagte Easton, als er den Stallburschen zusah, wie sie versuchten, den Hengst dazu zu bewegen, ruhig an der Longe zu gehen.

„Lässt er sich nur an einem Halfter oder dem Kappzaum führen?“, fragte Benedict.

„Normalerweise ja.“

„Du solltest vielleicht ein oder zwei Schritte zurückgehen und dann erneut versuchen, sein Vertrauen zu erhalten.“ Nach einer kurzen Pause schlug er vor. „Lass ihn los, während wir entfernt stehen und sehen, ob er sich entspannt.“

„Es ist einen Versuch werde. So wie jetzt kommen wir keinen Schritt weiter“, stimmte Andrew zu und signalisierte den Bediensteten, das Pferd loszulassen.

Andrew und Easton gesellten sich zu Benedict und lehnten sich ebenfalls auf den Zaun. Die Stallknechte befreiten den Hengst schnell vom Geschirr, ließen ihn frei und gingen fort.

„Ich denke, jetzt könnte ich um den Ratschlag bitten, den ich brauche“, sagte Benedict zögernd.

„Ich muss zugeben, ich bin neugierig“, gab Easton zu, während Andrew schwieg und das Pferd beobachtete.

„Ich muss wieder heiraten“, gestand er.

„Ich gehe davon aus, dass nun auch der allerletzte Erbberechtigte gestorben ist?“, fragte Easton zynisch.

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