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Tausend Und Eine Nacht
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Tausend Und Eine Nacht

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Tausend Und Eine Nacht

»Man verbrannte mich im Feuer, um mich sprechen zu lassen, man fand aber, daß ich jede Qual ertragen kann, deshalb ward ich nachher auf den Händen getragen und habe den Mund der Schönen berührt.«

Als der König dies gelesen hatte, sagte er: »Schade, daß diese Bildung nicht in einem Menschen sich findet, er würde alle Leute seines Jahrhunderts übertreffen.« Dann ließ der König ein Schachspiel bringen und winkte mir zu, ob ich spielen wolle. Ich küßte die Erde und machte einen bejahenden Wink, stellte die Figuren in Ordnung und verlor hierauf die erste Partie, die zweite und dritte gewann ich aber, so daß der König nicht wußte, was er von mir denken sollte, ich aber nahm wieder Tinte und Rohr und schrieb:

»Zwei Armeen kämpfen den ganzen Tag miteinander und ihr Kampf wird immer heftiger, bis sie Dunkelheit umhüllt, dann schlafen beide auf einem Lager.«

Als der König diese Verse gelesen, erstaunte er immer mehr und ward ganz entzückt von mir; er sagte dann einem Diener: »Geh zu deiner Gebieterin Situlhasan, sprich, sie solle herkommen und diese wunderbaren Dinge mit ansehen.« Der Verschnittene blieb eine Weile weg und kam dann wieder mit der Prinzessin. Als diese hereintrat und mich sah, bedeckte sie ihr Gesicht vor mir und sprach: »O Vater! hat deine Eifersucht so sehr abgenommen, daß du mich zu Männern hereinkommen läßt?« Der König erstaunte und sagte: »Meine Tochter! es ist niemand hier, außer dem kleinen Sklaven, diesem Verschnittenen, der dich erzogen, und ich, dein Vater; vor wem bedeckst du also dein Gesicht?« »Vor diesem junge Manne«, antwortete die Prinzessin, »dem Sohne des Königs Aftimerus, des Beherrschers der Ebenholzinseln; ein Geist, Sohn der Tochter des Iblis, hat ihn in einen Affen verzaubert, nachdem er seine Gemahlin, die Tochter des Königs getötet, und der, den du hier als Affe siehst, ist ein gelehrter, verständiger, gebildeter und tugendhafter Mann.« Der König sah mich an und fragte: ob es wahr sei; ich nickte mit dem Kopfe ja. Er wandte sich jetzt zu seiner Tochter mit den Worten: »Ich beschwöre dich bei Gott, sage mir, woher weißt du, daß er verzaubert worden?« Da antwortete sie. »O mein Vater! als ich noch klein war, ist eine alte, falsche, verräterische Zauberin bei mir gewesen, die mich die Zauberkunst lehrte. Ich beschäftigte mich damit, lernte siebzig Kapitel davon auswendig, so daß ich mit dem geringsten Kapitel jeden Stein aus deiner Stadt im Augenblick hinter den Berg Kaf und den Ozean versetzen könnte.« Der König war sehr erstaunt darüber und sprach: »Gottes Name sei mit dir! Wie, du besitztest diese hohe Kunst, ohne daß ich etwas davon weiß? Ich beschwöre dich bei meinem Leben, befreie diesen Affen, daß ich ihn zum Vezier ernenne und mit dir verheirate.« »Recht gerne«, antwortete die Prinzessin und nahm ein Messer. Das Messer war von Eisen und der Name Gottes mit hebräischen Buchstaben darauf eingegraben: die Prinzessin zog mit einem Zirkel einen Kreis mitten im Schlosse und zeichnete Figuren in kusischer Schrift hinein. Dann fing sie an, Beschwörungen und Zaubersprüche herzusagen; da ward es auf einmal dunkel und so schwarz und alles Licht verschwand vor unsern Augen, daß wir glaubten, die Welt verschließe sich vor uns. Als wir in diesem Zustande waren, erschien uns auf einmal der Geist in Gestalt eines Löwen, so groß wie ein Kalb. Wir fürchteten uns und erschraken vor ihm. Da rief ihm die Prinzessin zu: »Zurück, du Hund!« Der Löwe antwortete: »O Verräterin! brichst du so deinen Eid? Haben wir nicht geschworen, daß wir uns einander nicht widersetzen wollen?« Sie antwortete: »Habe ich dir etwas geschworen, du Verruchter?« Da antwortete der Geist: »Du sollst haben, was du verdienst!« und öffnete seinen Rachen und stürzte auf die Prinzessin los; diese nahm aber schnell ein Haar von ihrem Kopfe, bewegte es hin und her mit der Hand und murmelte etwas dazu mit ihren Lippen; das Haar ward sogleich zu einem schneidenden Schwerte, sie schlug den Geist damit und spaltete ihn in zwei Teile. Nun ward aber der Kopf zu einem Skorpion; die Prinzessin hingegen verwandelte sich in eine große Schlange, die lange mit ihm sehr heftig kämpfte; der Geist verwandelte sich dann wieder in einen Adler und flog aus dem Schlosse weg, und die Schlange nahm die Gestalt eines Falken an und folgte dem Adler; es blieben beide eine Weile aus, zuletzt spaltete sich die Erde, es kam eine gefleckte Katze heraus, die brummte, miaute und schnarchte, bald nachher kam ein schwarzer Wolf. Auch diese kämpften lange miteinander, bis zuletzt der Wolf Sieger blieb. Da schrie die Katze und verwandelte sich in einen Wurm und kroch in einen Granatapfel, der neben einem Springbrunnen lag; der Granatapfel schwoll bis zur Größe einer Wassermelone an; da ward der Wolf zu einem weißen Hahn, der hob den Granatapfel bis zur Höhe der Türe hinauf, ließ ihn dann auf den marmornen Boden fallen, daß die Körner sich weit und breit zerstreuten, der Hahn fiel darüber her und fraß eines nach dem andern, bis nur noch ein Körnchen übrig blieb, das neben dem Springbrunnen verborgen war; der Hahn fing an zu krähen, die Flügel zu schütteln und den Schnabel zu öffnen, als wollte er fragen: ob nicht noch ein Körnchen übrig geblieben? wir verstanden ihn aber nicht; er krähte hierauf so stark, daß wir glaubten, das Schloß würde mit uns zusammenstürzen; endlich entdeckte der Hahn das Körnchen neben dem Springbrunnen und sprang darauf los, um es aufzupicken.

Der Hahn freute sich schon und glaubte das letzte Körnchen des Granatapfels aufpicken zu können, aber es verwandelte sich in einen Fisch und tauchte in dem Springbrunnen unter; der Hahn nahm hierauf die Gestalt eines Walfisches an und tauchte dem Fische nach; sie durchbohrten nun beide den Boden und verschwanden wieder vor unsern Augen. Nach einer Weile erschreckte uns ein gräßliches Geschrei, und auf einmal erschien der Geist von neuem als eine Feuerflamme und die Prinzessin ward ebenfalls zu einer Feuerflamme. Der Geist blies feurige Funken aus Mund, Augen und Nase. Die beiden Flammen kämpften nun miteinander, aber es verbreitete sich plötzlich ein starker Rauch im Schlosse, daß wir beinahe erstickten, nun sahen wir erst unser Unglück und glaubten uns dem Tode nahe. Indes nahm die Flamme immer zu, der Brand ward größer, ich sagte: es gibt keinen Schutz und keine Macht außer beim erhabenen Gott. Auf einmal schrie der Geist wieder und ging aus dem Feuer als eine einzelne Flamme hervor, schwang sich zu uns in den Saal und blies uns ins Gesicht; die Prinzessin jedoch holte ihn wieder ein und schrie in heftig an. Aber schon war durch das Blasen des Geistes ein Funke auf mein rechtes Auge gefallen und versengte es, als ich noch Affe war; ein anderer Funke traf den König, verbrannte ihm die Hälfte seines Gesichtes, seinen Bart mit dem Halse und schlug ihm seine ganze Zahnreihe aus, ein dritter Funke fiel auf die Brust des Dieners, der vollständig verbrannte und starb. Wir verzweifelten schon an unserm Leben, da hörten wir eine Stimme, welche rief: »Gott ist groß! Gott ist groß! er hat den Unglauben besiegt und zermalmt!« Und wirklich hatte die Prinzessin den Geist überwunden, der zu einem Haufen Asche geworden war. Die Prinzessin kam dann zu uns und sprach: »Bringt mir eine Schüssel Wasser!« und setzte hinzu: »du sollst bei dem Namen Gottes und den heiligsten Schwüren frei sein!« worauf ich folglich wieder zu einem Menschen wurde. Hierauf schrie die Prinzessin: »Ach, das Feuer! das Feuer! O mein Vater, es tut mir leid um dich, ich kann nicht mehr leben: denn es hat mich ein durchdringender Feuerpfeil getroffen; ich bin zwar nicht gewohnt, mit Geistern zu kämpfen, doch habe ich nur einmal zu lange gesäumt; denn als ich der Hahn war und den Granatapfel spaltete, da hatte ich das Körnchen, welches die Seele des Geistes war, nicht gesehen, hätte ich es aufgelesen, so hätte ich ihn längst vernichten können, darum habe ich dann unter der Erde und zwischen dem Himmel noch mit ihm Krieg führen müssen; freilich habe ich, so oft er auch eine neue Art Zauber benutzte, sogleich durch eine höhere Art seine Absicht vereitelt, bis ich zu der des Feuers meine Zuflucht genommen, was selten jemand tut, ohne dabei sein Leben einzubüßen; doch war ich geschickter als er und habe ihn getötet, die Bestimmung war mir dazu behilflich, nun mag Gott, statt meiner, euch beistehen!« Dann schrie sie wieder: »O das Feuer! das Feuer!«

Als die Prinzessin so schrie, fuhr der Kalender fort, sprach ihr Vater: »Mein Kind! auch wenn ich am Leben bliebe, wäre es ein Wunder, da doch dieser Diener gleich starb, und dieser junge Mann sein Auge verloren hat;« er fing dann an zu weinen und ich mußte mit ihm weinen. Nach einer Weile schrie die Prinzessin wieder: »Das Feuer! das Feuer!« und siehe da, ein Funken blieb an ihrem Kleide hängen zwischen ihren Füßen, dann zog er sich zwischen ihre Lenden, sie schrie dabei immerfort: »Das Feuer! das Feuer!« Nun ergriff es ihre Brust und sie schrie dabei immerfort, bis sie ganz verbrannte und zu einem Haufen Asche geworden war. Und bei Gott, meine Gebieterin! ich wurde sehr betrübt darüber und wünschte, lieber ein Hund oder ein Affe geblieben, oder gar gestorben zu sein, um nur nicht die Prinzessin nach so vielen Kämpfen sterben zu sehen.

Als der Vater sie tot sah, schlug er sich ins Gesicht, ich tat dasselbe und rief die Diener herbei, die sehr erstaunt waren, den Sultan in einem bewußtlosen Zustande neben zwei Haufen Asche zu sehen. Sie umgaben den König, bis er wieder zu sich kam, und er erzählte ihnen, was seiner Tochter widerfahren war. Ihr Jammer war sehr groß; sie hielten sieben Trauertage, bauten ein Grabmal über die Asche der Prinzessin, die Asche des Geistes streuten sie aber in die Luft. Der Sultan war einen Monat krank, dann näherte er sich der Genesung, sein Bart wuchs wieder und Gott schrieb ihn unter die Geretteten ein. Er ließ mich dann rufen und sagte mir: »Höre, junger Mann, was ich dir sage, gehorche mir aber, sonst bist du des Todes!« Als ich ihm versprach, zu tun, was er befehlen würde, fuhr er fort: »Höre! wir brachten unsre Zeit im angenehmsten Leben zu und waren sicher vor allen Launen des Schicksals, bis deine unselige Gegenwart uns Unglück brachte; da verlor ich meine Tochter um deinetwillen, auch mein Diener wurde getötet, nur ich entging allein dem Tode. Durch dich ist all dies geschehen! Seitdem wir dich gesehen, ist aller Segen verschwunden. O, wäre es doch nie geschehen! Nun wünschte ich, da du doch nur unsrem Untergang deine Rettung zu verdanken hast, daß du in Frieden unser Land verlassest; denn sollte ich dich einst wieder schauen, so brächte ich dich um!«

Da er mir dies in einem heftigen Tone sagte, ging ich weinend aus der Stadt. Ich war halb blind, sah und hörte nichts, wußte nicht, wohin ich mich wenden sollte. Ich rief alles, was mir widerfahren, in mein Gedächtnis zurück: wie ich als Affe in die Stadt gezogen war und nun als Mensch in einem solchen Zustande sie verließ; dies alles machte mich sehr traurig. Aber ehe ich aus der Stadt heraus war, ging ich noch in ein Bad, ließ mir meinen Bart und meine Augenbrauen abscheren, hing dann einen schwarzen Sack um und ging planlos vor mich hin, Noch, o Gebieterin! denke ich jeden Tag an den unglücklichen Tod der Prinzessin und an den Verlust meines Auges, dann weine ich heftig und spreche folgende Verse:

»Ich verlor die Besinnung; Das Unglück kam ganz unerwartet, doch kennt gewiß der Barmherzige meine Lage; ich habe daher Geduld, bis Gott anders über mich verfügen wird, so bitter auch mein Schicksal sein mag.«

Ich durchreiste nun viele Länder, um nach Bagdad zu kommen, wo ich hoffte, jemanden zu finden, der mich dem Fürsten der Gläubigen vorstellen werde, damit ich ihm meine Geschichte erzählen könnte. Ich kam nun diese Nacht an, fand meinen Bruder hier stehen, grüßte und fragte ihn, ob er auch ein Fremder sei? Nach einer Weile kam dieser Dritte, der uns ebenfalls so anredete; so gingen wir miteinander, bis uns die Nacht überfiel. Das Schicksal trieb uns dann zu euch. Dies ist die Ursache des Verlustes meines Auges und des Abscherens meines Bartes.« Da sagten die Frauen: »Rette dein Leben und gehe!« Er aber erwiderte: »Bei Gott! ich weiche nicht, bis ich höre, was den übrigen geschehen.« Man entfesselte ihn hierauf und er stellte sich neben den ersten.

Geschichte des dritten Kalenders

Der dritte Kalender sprach hierauf: Gebieterin! meine Geschichte ist nicht wie die der andern, sondern viel wunderbarer und befremdender; aber sie enthält auch die Ursache meines ausgestochenen Auges und abgeschorenen Bartes. Denn während meine Freunde vom Schicksal und der Bestimmung überfallen wurden, habe ich mir selbst ein trauriges Geschick bereitet. Mein Vater war nämlich ein mächtiger, angesehener König, und nach seinem Tode erbte ich sein Reich. Unsere Stadt war sehr groß, das Meer dehnte sich neben ihr aus und es waren in der Nähe mitten im Meere viele große Inseln. Mein Name war: König Adjib, Sohn des Königs Haßib. Ich hatte für meinen Handel fünfzig Schiffe auf dem Meere, fünfzig kleinere zur Belustigung und dabei noch fünfzig Kriegsschiffe. Als ich einmal eine Spazierfahrt nach den Inseln machen wollte, nahm ich auf einen Monat Lebensmittel mit, begab mich auf die Reise, belustigte mich einen Monat lang und kehrte dann wieder in mein Land zurück. Hierauf bekam ich Lust zu einer zweiten Reise, und diesmal nahm ich Proviant auf zwei Monate mit, und so gewöhnte ich mich an Seereisen, bis ich einst mit zehn Schiffen auslief und 40 Tage lang immer fort segelte; da kamen aber in der 41. Nacht heftige Gegenwinde, das Meer trieb uns mächtige Wogen entgegen, und schon verzweifelten wir an unserem Leben, denn es war ganz finster um uns. Da dachte ich: Wer sich in Gefahr begibt, verdient kein Lob, wenn er auch glücklich durchkommt. Wir flehten und beteten zu Gott; der Wind blies bald von dieser, bald von jener Seite und die Wellen schlugen immerfort gegen unser Schiff, bis der Morgen heranbrach, da legte sich endlich der Wind und das Meer ward wieder klar. Nach einer Weile schien die Sonne und das Meer lag ruhig, wie das Blatt eines Buches, vor uns; wir näherten uns dann einer Insel und bestiegen das Land, kochten, aßen, tranken und verweilten zwei Tage dort, dann reisten wir wieder zehn Tage lang; das Meer dehnte sich jeden Tag weiter vor uns aus und wir entfernten uns immer mehr vom Lande, so daß der Lenker des Schiffes zuletzt die Küste gar nicht mehr kannte. Er sprach nunmehr zu dem Späher: »Steige auf den Mastkorb und sieh dich einmal um!« Der Späher ging hinauf, blieb eine Weile oben und sah sich um, kam dann wieder herunter und sagte: »O Hauptmann! ich habe zu meiner Rechten nichts als den Himmel über dem Wasser gesehen, und zu meiner Linken sah ich vor mir etwas Schwarzes leuchten, sonst aber nichts.« Als der Hauptmann dies hörte, warf er seinen Turban vom Kopfe, riß sich den Bart aus, schlug sich ins Gesicht und sagte weinend: »O König, wir sind alle verloren, es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer beim erhabenen Gott.« Er weinte dann lange und wir weinten mit ihm; hierauf sagten wir: »O Hauptmann, erkläre uns doch die Sache ein wenig!« Da sprach er: »Mein Herr, von dem Tage an, wo der Sturm so heftig war, sind wir vom rechten Wege abgeirrt und nun können wir nicht mehr zurückkehren; morgen gegen Mittag werden wir an einen schwarzen Berg kommen, der aus einem Mineral besteht, das Magnet heißt. Das Wasser wird uns mit Gewalt an diesen Berg hintreiben, das Schiff wird zerschellen und jeder Nagel wird sich am Berge befestigen, denn der erhabene Gott hat dem Magnetsteine die Kraft verliehen, das Eisen anzuziehen; am Berg ist viel Eisen, denn mit der Zeit ist der größte Teil desselben durch die vielen Schiffe, die vorüberfuhren, damit bedeckt worden. Auf dem Gipfel des Berges ist eine Kuppel aus andalusischem Messing, die von zehn messingenen Säulen getragen wird; auf der Kuppel ist ein messingenes Pferd und ein messingener Reiter, auf der Brust des Reiters ist eine bleierne Tafel, auf der viele Eidesformeln gemalt sind.« Der Hauptmann setzte dann noch hinzu: »Dieser Reiter ist‘s, der alles tötet, sobald der fällt, werden die Menschen Ruhe haben.« Er weinte dann wieder heftig und wir sahen unsern Untergang mit Gewißheit vor uns und bangten um unser Leben. Einer nahm vom anderen Abschied, jeder von uns übergab dem anderen sein Testament für den Fall, daß einer gerettet würde; wir schliefen die ganze Nacht nicht. Gegen Morgen waren wir dem Magnetberge sehr nahe und gegen Mittag schon am Fuße des Berges. Da trieb uns das Wasser mit Gewalt hin, und sogleich zerschellten die Schiffe, die Nägel fuhren heraus und flogen gegen den Berg und befestigten sich darin, manche von uns ertranken, andere kamen davon, doch unter diesen Letztern wußte einer vom anderen nichts. So, ihr Frauen, hat auch mich Gott zu meiner Qual und meinem Elend gerettet! Ich bestieg nämlich ein Brett vom Schiffe, der Wind trieb es gegen den Berg, ich fand einen Pfad, der, wie eine Treppe mit ausgehauenen Stufen, auf die Höhe des Berges führte.

Als ich diesen Pfad erblickte, nannte ich den Namen Gottes und stieg langsam den Berg hinan. Der erhabene Gott half mir ihn ersteigen, ich kam glücklich auf den Gipfel, freute mich sehr über meine Rettung und trat in die Kuppel, wusch mich hier, betete und dankte Gott, der Gefahr entronnen zu sein. Als ich unter der Kuppel einschlief, hörte ich eine Stimme zu mir sagen. »O Adjib! wenn du von deinem Schlafe erwachst, grabe unter deinen Füßen, dort wirst du einen kupfernen Bogen und drei bleierne Pfeile finden, auf denen mancherlei Talismane gemalt sind. Nimm den Bogen und die Pfeile, stürze damit den Reiter von seinem Pferd ins Meer; wenn dann das Pferd neben dir hinfällt, so begrabe es an dem Orte, wo der Bogen gelegen. Auf solche Weise wirst du die Welt von diesem großen Unheil befreien. Wenn du dies getan hast, so wird das Meer so hoch steigen, bis es die Kuppel erreicht; ist das Wasser bis zum Berge hinauf gestiegen, so wird ein Nachen auf dich zukommen, in welchem ein kupferner Mann sitzen wird, aber nicht der, den du vom Pferde geworfen; er hat zwei Ruder in den Händen; besteige seinen Nachen, nenne aber den Namen Gottes nicht; er wird ungefähr zehn Tage lang mit dir fortrudern, bis er dich in das Land des Friedens bringen wird, dort findest du jemanden, der dich in deine Heimat zurückführen kann. Dies alles wird so enden, wenn du den Namen Gottes nicht nennst.« Als ich erwachte stand ich freudig auf und tat, was mir die Stimme gesagt; ich warf den Reiter vom Pferd und er fiel ins Meer, aber das Pferd stürzte neben mir hin; hierauf beerdigte ich es an dem Orte, wo der Bogen gelegen; das Meer ward nun emporgehoben und stieg bis zu mir herauf; nach kurzer Zeit bemerkte ich den Nachen im Meere, der auf mich lossteuerte, und als ich ihn sah, dankte und lobte ich Gott, denn er ruderte immer fort, bis er bei mir war. Es saß ein kupferner Mann darin mit einer bleiernen Tafel auf der Brust, auf der mannigfaltige Namen und Talismane geschrieben waren; ich bestieg den Nachen, ohne ein Wort zu sprechen, und der Mann ruderte bis zum neunten Tage mit mir fort, da freute ich mich sehr, denn schon sah ich Inseln und Berge, die mir als ein Zeichen der Rettung galten. Meine Freude hierüber war so groß, daß ich den erhabenen Gott lobte und groß nannte. Kaum aber hatte ich dies getan, so stürzte der Nachen mit mir um und sank unter. Ich mußte den ganzen Tag bis zum Abend schwimmen. Als aber die Nacht herankam, meine Arme schon ermüdet, meine Schultern kraftlos waren und ich immer noch nicht wußte, wo ich war, und mich schon darauf gefaßt machte, zu ertrinken, erhob sich plötzlich ein heftiger Sturm, das Meer fing an zu toben, es kam eine Welle, so hoch wie ein Berg, auf mich zu und stieß mich ans Land hin, weil Gott auf diese Weise mich retten wollte. Als ich nun im Trocknen war, preßte ich meine Kleider aus, breitete sie auf den Boden hin und brachte hier eine lange Nacht zu. Des Morgens kleidete ich mich wieder an, um zu sehen, in welchem Land ich mich befand. Ich sah mich in einer fruchtbaren, mit Bäumen bepflanzten Gegend, und als ich darin umherging, bemerkte ich, daß ich auf einer kleinen Insel mitten im Meere war. Ich sagte: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei dem erhabenen Gott.« Während ich nun so über meine Lage nachdachte und schon den Tod herbeiwünschte, gewahrte ich in der Ferne ein Schiff mit Menschen, das auf die Insel zukam. Ich stieg auf einen Baum, verbarg mich im Laub und sah, als das Schiff anlandete, zehn Sklaven heraussteigen mit Schaufeln und Körben. Als sie mitten auf der Insel waren, gruben sie die Erde auf, bis sie auf eine Platte stießen. Sie kehrten dann zum Schiffe zurück, brachten Brot und andere Lebensmittel, Mehl, einen Wasserschlauch, Öl, Honig, mehrere Schafe, Früchte, auch allerlei Hausgerätschaften, Schüsseln, Betten, Teppiche, Matten und was man sonst in einer Wohnung braucht, wie Spiegel und ähnliche Dinge. Die Sklaven gingen stets hin und her, vom Schiffe in die Höhle, bis sie alles herbeigebracht hatten. Zuletzt kamen sie wieder mit einem ganz alten Manne, den das Schicksal so hart mitgenommen, daß wenig mehr von ihm übrig geblieben war; er glich einem Gegenstand in einen blauen Lumpen gehüllt, den der Wind hin und her bläst, wie ein Dichter sagte:

»Ich zittere heftig von dem Schicksale, denn es ist mächtig und furchtbar; früher konnte ich gehen, ohne zu ermüden, jetzt bin ich müde, auch wenn ich mich gar nicht bewege.«

Der alte Mann führte einen hübschen Jüngling an der Hand, der nach der schönsten Form gebildet war: er glich einem grünen Baumzweige, bezauberte jedes Herz durch seine Anmut und war eben so gebildet, als schön, so daß er alle Leute an Reizen und Tugenden übertraf, wie ein Dichter sagte:

»Er kam, sich mit der Schönheit selbst zu messen, und sie beugte beschämt ihr Haupt. Man fragte dann: O Schönheit! hast du je so etwas gesehen? Und sie antwortete: Nein, so etwas niemals.«

Es gingen nun alle zusammen in die Höhle und blieben mehr als zwei Stunden darin; dann kam der Alte mit den Sklaven wieder herauf, der Jüngling aber war nicht mit ihnen; sie schaufelten die Erde wieder eben, wie sie gewesen war, gingen aufs Schiff, und ich sah sie nicht mehr. Als sie weg waren, stieg ich vom Baume, ging auf die Höhle zu, grub mit großer Geduld die Erde weg, bis ich an die Platte kam; als ich diese wegschob, fand ich eine Treppe, und als ich diese hinuntergestiegen war, kam ich in ein reinliches Zimmer mit verschiedenen Betten, Teppichen und Seidenstoffen bedeckt; ich sah den Jüngling auf einem hohen Polster sitzen mit einem Fächer in der Hand. Um ihn herum lagen Früchte, Gemüse und wohlriechende Kräuter. Da er allein in diesem Zimmer war, ward er ganz blaß, als er mich erblickte. Ich grüßte ihn und sprach: »Erschrick nicht, mein Herr! es geschieht dir nichts, ich bin ein Mensch wie du, auch Sohn eines Königs, wie du; das Schicksal hat mich hierhergetrieben, um dir in deiner Einsamkeit Gesellschaft zu leisten; nun erzähle mir, warum du hier so allein unter der Erde wohnst.«

Als ich den Jüngling nach seiner Geschichte fragte, fuhr der Kalender fort, und er sich überzeugte, daß ich seinesgleichen war, freute er sich und sein Gesicht färbte sich wieder; er hieß mich näher treten und sagte: »O, mein Bruder! meine Geschichte ist wunderbar. Wisse, mein Vater ist Juwelenhändler und besitzt viele Güter und Sklaven. Auch hat er Kaufleute, die für ihn mit Schiffen umherreisen; er macht Geschäfte mit Königen, er ward aber nie mit einem Sohne beschenkt. Einmal aber träumte er, daß er einen Sohn bekommen werde, der aber nicht lange leben könne. Mein Vater stand sehr traurig auf, und in derselben Nacht ward meine Mutter mit mir schwanger und als ihre Zeit zu Ende war, gebar sich mich zur großen Freude meines Vaters. Als die Sterndeuter meine Geburt aufzeichneten, sagten sie meinem Vater: »Dein Sohn wird fünfzehn Jahre leben, er wird dann in Gefahr kommen, und wenn er ihr entgeht, so ist er eines langen Lebens sicher.« Als Beweis fügten sie noch hinzu: es sei im Ozean ein Berg, den man den Magnetberg nenne, auf dem ein kupfernes Pferd und ein kupferner Reiter sei, mit einer bleiernen Tafel am Hals, und sein Sohn werde 50 Tage nachher, nachdem der Reiter vom Pferde gefallen, sterben, und zwar wird der, der den Reiter vom Pferde geworfen und Adjib, Sohn des Königs Haßib, heißt, ihn umbringen. Mein Vater ward hierüber sehr betrübt; er gab mir aber dennoch die sorgfältigste Erziehung, bis ich fünfzehn Jahre alt war. Vor zehn Tagen erhielt mein Vater Nachricht, daß der kupferne Reiter von Adjib, Sohn des Königs Haßib, gestürzt worden sei. Als er dies hörte, weinte er heftig, aus Furcht, mich zu verlieren und wurde wie ein Rasender. Er ließ mir dieses Haus unter der Erde bauen, nahm dann ein Schiff und brachte hinein, was ich für viele Tage brauchte. Nun sind von den fünfzig Tagen schon zehn vorüber, es bleiben mir noch vierzig gefährliche Tage, dann wird mein Vater mich wieder holen, denn alles geschah nur aus Furcht vor dem König Adjib, Sohn des Königs Haßib, damit er mich nicht umbringe. Dies ist die Geschichte meiner Absonderung und Einsamkeit.« Als ich, o meine Gebieterin! diese Geschichte hörte, dachte ich bei mir: Ich habe ja den Reiter gestürzt und heiße Adjib, Sohn des Königs Haßib; aber, bei Gott! ich werde diesen hier niemals umbringen. Ich sagte ihm dann: »Mein Herr! du wirst nicht sterben und vor jedem Übel bewahrt sein, es wird alles zum Besten enden, fürchte nur nichts und mache dir keine Sorgen; ich werde diese vierzig Tage bei dir bleiben, dich bedienen und unterhalten, dann mit dir in dein Land gehen, von welchem du mich in das meinige führen lassen wirst, und du wirst dir dadurch Gottes Lohn verdienen.« Der Jüngling freute sich über meine Rede. Ich setzte mich zu ihm und unterhielt mich mit ihm; dann zündete ich eine Wachskerze an und machte drei Laternen zurecht, reichte ihm eine Schachtel mit Süßigkeiten, und so aßen und unterhielten wir uns den größten Teil der Nacht; dann schlief er ein, ich deckte ihn zu und legte mich hierauf auch schlafen. Des Morgens wärmte ich ihm ein wenig Wasser; weckte ihn leise, und als er erwachte, brachte ich ihm das warme Wasser; er wusch sein Gesicht, dankte mir und sprach: »Bei Gott, wenn ich Adjib, dem Sohne des Königs Haßib, glücklich entkomme und Gott mich aus seiner Hand befreit, so wird mein Vater dich durch alle möglichen Wohltaten belohnen.« »O, möchte Gott ein Unglück, das dir begegnen sollte, mir einen Tag früher zuschicken!« sagte ich. Ich holte dann etwas zu essen, und wir aßen miteinander, dann durchräucherte ich das Zimmer und reinigte es, wie spielten und scherzten und belustigten uns und aßen und tranken, bis es Nacht ward; da stand ich endlich auf, zündete die Wachskerzen an, reichte ihm süße Speisen und so aßen und unterhielten wir uns wieder, bis wir zu Bette gingen. So lebten wir Tag und Nacht; ich gewöhnte mich so sehr an ihn, daß ich meinen Kummer und alles, was mir begegnet war, vergaß: die Liebe zu ihm bemächtigte sich meines ganzen Herzens. Ich dachte, gewiß haben die Sterndeuter gelogen, als sie seinem Vater sagten: Dein Sohn wird von Adjib, Sohn des Königs Haßib, umgebracht werden; denn, bei Gott, ich sehe nicht ein, wie ich diesen Jüngling umbringen sollte, den ich schon seit 39 Tagen bediene und so gut unterhalte. Als der 40. Tag herbeikam, freute sich der Jüngling über seine Rettung und sprach: »O, mein Bruder! nun sind 40 Tage vorüber, gelobt sei Gott, der mich vom Tode befreit, dies verdanke ich deiner gesegneten Ankunft bei mir: aber bei Gott, mein Vater soll dir die Wohltaten verdoppeln, die du mir erzeigt, und dich reich und unversehrt in dein Land zurückbringen lassen. Nun aber bitte ich dich noch, mir Wasser zu wärmen, damit ich mich wasche und meine Kleider wechsle.« Ich antwortete ihm: »Recht gern!« machte Wasser warm, ging dann mit dem Jüngling in sein Gemach, wusch ihn sauber, zog ihm andere Kleider an, machte ihm ein hohes Lager zurecht und breitete einen Himmel darüber. Der Jüngling kam und legte sich aufs Bett, denn das Bad hatte ihn schläfrig gemacht. Er sprach: »Mein Bruder, zerschneide doch eine Wassermelone und streue ein wenig Zucker darauf.« Ich holte eine schöne, große Melone herbei, legte sie auf eine Schüssel und sagte: »Mein Herr, wo ist das Messer?« Er antwortete mir: »Es ist vielleicht auf dem Gesimse über meinem Kopfe.« Ich machte schnell einen Schritt über ihn und nahm das Messer aus der Scheide, aber als ich wieder zurückschreiten wollte, glitt mein Fuß aus und ich fiel auf den Jüngling mit dem Messer in der Hand, das gerade ihm ins Herz fuhr, so daß er augenblicklich den Geist aufgab. Als ich sah, daß er tot war und ich selbst ihn getötet hatte, fing ich an, heftig zu schreien, schlug mir ins Gesicht, zerriß meine Kleider und sagte: »O, ihr Geschöpfe Gottes! es blieb von den 40 Tagen nur noch dieser einzige übrig, und ich mußte ihn noch mit eigener Hand töten! Gott verzeihe mir! O wäre ich doch vor ihm gestorben! Nichts, als Unglück und Jammer! Mag Gott, was geschehen soll, vollziehen!

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