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Satan und Ischariot III
Satan und Ischariot III
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Satan und Ischariot III

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»Allerdings.«

»Auf deren Südseite es Apatschen und Pimo-Indianer giebt?«

»Ja. Wir sind damals durch das Gebiet derselben gezogen.«

Sie ahnte nicht, mit welcher heimlichen Freude ich ihre Antworten hörte. Ich sprach meine Fragen mit der gleichgültigsten Miene aus, und sie war so vertrauensselig und unbefangen, sie mir ohne allen Anstand, ja ohne das geringste Zögern zu beantworten.

»Es ist eine sehr abgelegene Gegend,« fuhr ich fort. »Ich bezweifle, daß Hunter sich ohne Sie zurechtfinden wird.«

»Das hat er auch nicht nötig; ich werde ihn führen.«

»Sie? Befindet er sich denn noch hier?«

»Das fällt ihm natürlich nicht ein. Wir haben eine Zusammenkunft verabredet. Und selbst wenn ich ihn verfehle, so hat er zwei erfahrene Westmänner dort zu erwarten, welche mein Schloß ganz sicher finden würden.«

»Kennen Sie dieselben?« fragte ich in der Ueberzeugung, daß mit den Westmännern sein Vater und sein Oheim gemeint seien.

»Ich nicht.«

»Ist es da nicht unvorsichtig gewesen, sich ihnen anzuvertrauen?«

»Nein. Er hat mir versichert, daß sie die besten Freunde von ihm sind. Der eine ist der Diener, welcher hier bei ihm war.«

»Ah so! Die beiden sind mit ihm fort?«

»Nein. Jeder ist einzeln abgereist, weil die ganze Angelegenheit als Geheimnis behandelt werden muß, und weil drei Reisende weit mehr auffallen als einer. Sie treffen an unserm Rendezvous in Albuquerque zusammen.«

»Also droben in New-Mexico?«

»Ja, bei einem gewissen Plener, welcher einen großen, sogenannten Salon mit Kosthaus besitzt.«

»Da werden sie den Verhältnissen angemessen vortrefflich aufgehoben sein. Aber Sie – warum befinden Sie sich noch hier? Warum sind Sie nicht gleich mit?«

Sie machte eine komisch-wichtige Miene und antwortete:

»Ich habe noch einige Zeit als Sicherheitsposten hier sitzen zu bleiben.«

»Sicherheitsposten? Die Sache wird immer interessanter!«

»O, sie ist auch interessant, hochinteressant! Man wird nämlich nachforschen, ob Sennor Hunter, mein Verlobter, den Bedingungen etwa nicht nachkommt und, statt nach Indien zu gehen, sich hier im Lande versteckt.«

»Wirklich? Wer könnte ein Interesse haben, sich darum zu bekümmern?«

»Ein Verwandter, dem in diesem Falle die Erbschaft zufallen würde.«

»Wetter! So eine Person könnte freilich höchst störend werden. Wer ist denn der Mann?«

»Ein deutscher Prairiejäger, der sich mit einem englischen Westmanne und einem Indianer verbunden hat, die Nachforschungen anzustellen.«

»Wie heißen die drei?«

»Das weiß ich nicht; ich habe nicht nach ihren Namen gefragt.«

»Und doch sitzen Sie als Wächterin hier? Sie müssen doch die Leute kennen, auf welche Sie aufzupassen haben!«

»Ist nicht nötig. Zum Aufpassen ist ein anderer angestellt, welcher mir Nachricht geben wird. Ist dies bis jetzt und einer Woche nicht geschehen, so reise ich nach Albuquerque ab.«

»Aber Sie kennen doch wenigstens den Mann, welcher Ihnen die Nachricht bringen soll?«

»Gesehen habe ich auch ihn noch nicht. Er ist ein Handelsmann, welcher unweit von hier in einem Hinterhause wohnt. Der andere Freund Hunters hat bei ihm logiert und ihm den betreffenden Auftrag erteilt – entschuldigen Sie, Sennor, es hat geklingelt!«

Ich hatte das Klingeln auch gehört; sie stand vom Diwan auf und trat unter die Portiere, welche das Zimmer, in dem wir uns befanden, von dem vorderen trennte, durch welches ich gekommen war. Die Indianerin öffnete vorn und sagte einen Namen, den ich nicht verstand.

»Mag hereinkommen!« sagte Judith, indem sie vorwärts ging und die Portiere hinter sich fallen ließ. Ich war allein und hörte nun folgendes Gespräch, obgleich ich derjenige war, der es am wenigsten hören sollte:

»Sind wir allein?« fragte nach der kurzen Begrüßung eine männliche Stimme englisch.

»Redet!« forderte sie den Sprecher auf.

»Ich habe Mrs. Silverhill mitzuteilen, daß sich die drei Personen, auf welche Ihr wartet, hier befinden. Mein Sohn hat es mir sofort gemeldet. Er ist da angestellt, wo sie vernommen worden sind.«

»Vernommen? Haben sie sich an die Behörde gewendet?«

»Allerdings.«

»Um zu erfahren, ob Mr. Hunter wirklich nach Indien gereist ist?«

Er zögerte mit der Antwort und meinte dann zweideutig-

»Von der Reise ist auch mit die Rede gewesen. Ich habe Euch nur zu sagen, daß die drei da sind; weiter erstreckt sich mein Auftrag nicht. Höchstens könnte ich Euch die Namen sagen, die Euch aber schon bekannt sein werden.«

»Ich kenne sie noch nicht.«

»Nun, der Indianer ist der Apatschenhäuptling Winnetou.«

»Winnetou?« fragte sie im Tone des Erstaunens. »Den kenne ich freilich. Ich habe ihn früher gesehen.«

»Sodann ein Engländer, welcher Bothwell heißt – —«

»Ist mir fremd.«

»Und der deutsche Prairiejäger ist der Westmann, welcher Old Shatterhand genannt zu werden pflegt.«

»Old Shat-ter-hand!« rief sie, nach jeder Silbe innehaltend. »Das – das – das ist ja – – kommt, kommt schnell heraus!«

Ich hörte eine Thür gehen, und es wurde still. Die Jüdin hatte den Boten in ein anderes Zimmer geführt, damit ich das Weitere nicht verstehen sollte. Meine Rolle als Old Firefoot war ausgespielt. Der Mann, mit welchem sie jetzt sprach, war jedenfalls der Händler, bei welchem Melton, der Onkel, gewohnt hatte. Als er den Namen Old Shatterhand nannte, war ihr eingefallen, daß dies der meinige sei und daß ich nicht Old Firefoot heiße. Sie hatte mich damals in der Sonora mit Winnetou beisammen gesehen und wußte nun, daß ich der Deutsche sei, dem, ihrer Meinung nach, das Erbe Hunters zufallen mußte, falls er nicht nach Indien ging. Und sie hatte mir so vertrauensvoll erzählt, daß er wirklich die Absicht hatte, hier im Lande zu bleiben! Ich war neugierig, was sie nun thun werde.

Es dauerte fast eine Viertelstunde, ehe sie wiederkam. Ihre Wangen waren bleich; in ihren Augen glänzte ein drohendes Licht; sie befand sich in großer Aufregung, gab sich aber Mühe, dies nicht merken zu lassen.

»Sennor, Sie haben den Teil des Gespräches gehört, welcher da im Nebenzimmer stattfand?« fragte sie mich.

Ihre Stimme zitterte. Sie mußte sich sehr anstrengen, ihren Zorn zurückzuhalten.

»Ja«, antwortete ich ruhig.

»So haben Sie also gelauscht!«

»Fällt mir nicht ein. Sie waren so gütig, mit dem Manne nebenan zu sprechen, und nur ein vollständig Tauber hätte da nichts hören können.«

»Gut, ich war unvorsichtig. Aber Sie haben mich belogen! Sie nannten sich Old Firefoot!«

»Steht es mir nicht frei, mir einen Kriegsnamen zu geben, der mir gefällt und beliebt?«

»Aber Sie sind Old Shatterhand!«

»Man nennt mich allerdings auch bei diesem Namen.«

»Warum haben Sie ihn mir nicht genannt?«

»Weil ich keinen triftigen Grund dazu hatte.«

»Sie haben mich getäuscht. Wissen Sie, wie ich das nenne? Eine Dame in dieser Weise zu hintergehen, das ist —«

»Bitte, schweigen Sie!« unterbrach ich sie schnell. »Ich dulde von Ihnen kein beleidigendes Wort. Sie sind die Braut eines Schwindlers. Was hindert mich, Sie der Polizei zu übergeben?«

»Wer oder was Sie hindert? Das werde ich Ihnen gleich zeigen. Warten Sie nur einen Augenblick. Ich habe vorher dem Boten nur ein Trinkgeld zu geben, und meine Börse liegt im Schlafzimmer. Dann sollen Sie hören, was ich Ihnen zu sagen habe!«

Sie verließ das Boudoir durch eine mir und dem Diwan gegenüberliegende Thür. Ich hörte ein leises Geräusch, als ob ein Riegel vorgeschoben werde. Schnell huschte ich nach der Thür und klinkte; sie öffnete sich nicht. Nun eilte ich leisen Schrittes durch das Boudoir zurück und hinaus in das Nebenzimmer. Auch dieses war von außen verschlossen. Da die Jüdin durch dasselbe zu mir zurückgekehrt war, mußte die Indianerin, ihre Dienerin, den Schlüssel im Schlosse umgedreht haben.

»Ah, sie hat dich gefangen, um auszureißen!« lachte ich mir selbst zu. »Sehr gut! Sie mag gehen!«

Ich öffnete ein Fenster und sah hinaus, doch so, daß ich von unten nicht gesehen werden konnte. Kaum waren fünf Minuten vergangen, so kam sie unten aus der Thür. Sie hatte in größter Eile Toilette gemacht, und jedenfalls all ihr Geld und ihre Wertsachen zu sich gesteckt. Ihre Gestalt war in einen grauen Regenmantel gehüllt; ein einfacher Hut saß auf ihrem Kopfe. Hinter ihr kam eine Indianerin, welche eine Tasche in der Hand hatte, und dann folgte ein schwarzbärtiger Mann, der einen kleinen Koffer trug. Das war jedenfalls der Bote, mit dem sie gesprochen hatte. Die drei hoben die Köpfe, um zu den Fenstern emporzublicken; ich zog den meinigen schnell zurück. Als ich dann wieder hinaussah, waren sie schon weit fort; ich sah sie eiligen Schrittes unter den Passanten verschwinden.

Ein anderer als ich hätte vielleicht die Thüren ausgesprengt, um ihnen augenblicklich zu folgen; mir aber fiel dies nicht ein; sie, nämlich die Jüdin, war mir sicher, obwohl ich mir sagte, daß sie New-Orleans augenblicklich verlassen werde.

Ich probierte zunächst noch einmal die Thüren; sie waren wirklich verschlossen. Dann sah ich mich genauer, als es bis jetzt geschehen war, in den beiden Zimmern um, die für mich offen waren. Auf einem kleinen Tischchen im Boudoir lag ein Photographiealbum. Ich öffnete es und schlug die einzelnen Bilder um. Wahrhaftig, da steckte Jonathan Meltons Lichtbild im Visitenformat. Und dabei lag ein zusammengefalteter Zettel. Ich war keineswegs so diskret, ihn liegen zu lassen, sondern ich las ihn. Da stand in kalligraphisch schönen Buchstaben geschrieben:

»Ich erkläre hiermit durch die Unterschrift meines Namens, daß ich Mrs. Silverhill die Ehe versprochen habe. Small Hunter.«

Wer die in Beziehung auf Eheversprechungen so strengen Gesetze der Vereinigten Staaten kennt, der weiß, was zwei oder drei solche Zeilen zu bedeuten haben. Ja, der sonst so kalt und gefühllos berechnende Mann befand sich vollständig in ihren Fesseln, und ich war überzeugt, daß ich ihn, wenn nicht in Albuquerque, so doch in ihrem »Schlosse« treffen würde.

Ich durchsuchte die beiden Zimmer weiter, fand aber nichts, was mir dienlich sein konnte. Die Photographie und den Zettel steckte ich zu mir und untersuchte dann die Schlösser der beiden Thüren. Man brauchte kein Einbrecher zu sein, um das eine öffnen zu können. Nachdem ich einen kleinen Stift aus dem Drücker gezogen hatte, konnte ich den letzteren entfernen. Ich hatte in dem Necessaire ein kleines Messer gesehen, dessen Spitze ich abbrach, worauf es mir als Schraubenzieher diente, mit dessen Hilfe ich die vier kleinen Schrauben entfernte, welche das Schloß festhielten; dann konnte ich dieses abnehmen; die Thür war offen, und ich trat in den Korridor, mit dessen Thür ich ganz ebenso verfahren konnte.

Nun ging ich hinab ins Parterre zu der Witwe und teilte derselben soviel mit, wie ich für nötig hielt. Sie war zunächst ganz betroffen über die fluchtmäßige Entfernung der Jüdin, setzte aber meiner Verabschiedung keine Schwierigkeiten in den Weg. Ich ging, aber nicht etwa schon zu Emery und Winnetou, sondern die Straße abwärts nach dem Hinterhause, welches der Advokat mir als die Wohnung seines »Bureauvorstandes« bezeichnet hatte. Der Wirt sollte mich bei seiner Rückkehr von seinem mehr als zweideutigen Ausgange in seiner Stube finden. Ich war der Jüdin nicht gefolgt, weil ich sicher gewesen war, von ihm mehr zu erfahren, als was ich hätte sehen und beobachten können.

Eine Inschrift über den Fenstern des Parterres verriet mir, daß er Jeffers hieß und alte Goldsachen und Uhren zu verkaufen hatte. Die Thür war von innen verriegelt; auf mein Klopfen öffnete eine Frau.

»Mr. Jeffers daheim?«

»Nein. Was wollt Ihr?«

»Ein Armband oder so etwas als Geschenk für eine Dame.«

»Wie hoch vielleicht im Preise?«

»Ich gehe bis zehn oder fünfzehn Dollars.«

»Kommt herein, Sir; mein Mann muß gleich wiederkommen.«

Hätte ich eine niedrigere Summe genannt, so wäre ich von ihr fortgeschickt worden, um später wieder vorzusprechen. Ich trat in einen kleinen Vorsaal, in welchem es zwei Thüren gab; die eine führte in einige Hinterstuben, wo ich bedient werden sollte; die andere ging jedenfalls in die vordern Zimmer, welche Harry Melton bewohnt hatte.

Die Frau war sauber gekleidet und machte den Eindruck von Willenlosigkeit und Niedergeschlagenheit. Ich mußte wohl drei Viertelstunden warten, ehe ihr Mann nach Hause kam. Sie öffnete ihm und sagte ihm draußen, was ich kaufen wollte. Er kam in die Stube und führte mich in einen kleinen Nebenraum, in welchem sich seine Kostbarkeiten befanden.

»Also ein Armband wollt Ihr, Sir,« meinte er.

»Ich möchte Euch hier die Granaten empfehlen; es giebt auch eine Broche dazu. Sie stehen wunderbar, besonders zu blond.«

»Mrs. Silverhill ist leider nicht blond,« bemerkte ich.

Er ließ die Hand, mit der er mir das Armband entgegenhielt, sinken und fragte rasch.

»Mrs. Silverhill? Kennt Ihr eine Dame dieses Namens?«

»Natürlich! Das Geschenk soll ja für sie sein! Wundert Ihr Euch darüber?«

»Nein, gar nicht! Wo wohnt Mrs. Silverhill, Sir?«

»Auf dieser Straße, nur einige Häuser weiter aufwärts.«

»Ihr scheint mit ihr befreundet zu sein?«

»Alte Bekanntschaft, weiter nichts.«

»Well, geht mich nichts an; aber unsereiner interessiert sich natürlich für die Personen, welche die Sachen, die man verkauft, bekommen, und da ich zufällig erfahren habe, daß Mrs. Silverhill sehr reich sein soll, so möchte ich Euch raten, das Beste auszusuchen, was ich habe.«

»Sehr richtig. Ich hätte eigentlich zu einem der großen Juweliers gehen sollen, bin aber doch zu Euch gekommen, weil ich mein Geschenk nur mit Eurer Hilfe anbringen kann.«

»Wieso?«

»Die Dame ist verreist und nur Ihr wißt, wohin.«

»Ich?« fragte er, indem sein Gesicht den Ausdruck ängstlicher Spannung annahm. »Was habe ich mit Mrs. Silverhill zu thun?«

»Das fragt die Polizei auch!«

»Die Po – —?!«

Er wollte das Wort aussprechen; es blieb ihm aber im Munde stecken.