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Im Lande des Mahdi II
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Im Lande des Mahdi II

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Meine Fragen waren derart gewesen, daß er aus denselben mein Mißtrauen herausfühlen mußte; ja, sie waren sogar beleidigend für jeden ehrlichen Mann. Sein Auge hatte einigemale schnell und zornig aufgeblitzt, aber der Ton, in dem er mir antwortete, war stets ein höflicher und scheinbar unbefangener gewesen. Dieser Unterschied zwischen Blick und Ton verriet mir, daß er sich beherrschte, Beherrschung ist Verstellung; hatte der Mann Ursache, sich zu verstellen, so gab er mir damit allen Grund, vorsichtig gegen ihn zu sein.

Ihm zu glauben, daß er ein Dschelabi sei, fiel mir gar nicht ein; auch war ich fast überzeugt, daß er nicht aus El Feky Ibrahim, sondern aus Chartum kam. Seine Begegnung mit uns schien ihn gar nicht überrascht zu haben; seine ganze Art und Weise ließ vielmehr beinahe vermuten, daß er erwartet habe, auf uns zu treffen. Wie war das zu erklären? Ich gab mich jetzt nicht mit Vermutungen ab; es galt, ihn zu beobachten. Er hatte mich belogen, darum hielt ich es für das beste, ihm nicht die ganze Wahrheit zu sagen, und antwortete auf seine Frage:

»Ich komme aus Badjaruja.«

»Dort waren auch die Asaker?«

»Nein. Ich traf hier auf sie, und sie erlaubten mir, den Brunnen zu benutzen.«

Um seine Mundwinkel spielte ein listiges Zucken, doch that er so, als ob er mir glaube, und fragte weiter:

»Woher kommen sie? Wo sind sie gewesen?«

»Ich weiß es nicht.«

»Du weißt es, denn du mußt doch mit ihnen gesprochen haben!«

»Ich bat sie um die Erlaubnis, mich hier niederlassen zu dürfen. Weiter habe ich nichts gesagt. Ich halte es auch für eine Unhöflichkeit, Unbekannte sofort nach der Begegnung nach allem möglichen auszufragen.«

»In der Wüste und Steppe ist die Neugierde eine Pflicht, welche man gegen sich selbst zu erfüllen hat. Darum bitte ich dich um die Erlaubnis, dich fragen zu dürfen, welcher Ort das Ziel deiner Reise ist.«

»Ich will nach Kamlin am blauen Nil.«

»So wirst du wohl bei EI Salayiah über den weißen Nil gehen?«

»Ja.«

»Und die Asaker, wohin reiten sie?«

»Das weiß ich nicht. Ich sagte dir bereits, daß ich sie nicht gefragt habe.«

Da machte er eine schnelle Wendung gegen den Führer, welcher an meiner Seite saß, und fragte ihn:

»Und wer bist du? Jedenfalls ein Ben Arab?«

Ich hoffte, daß der Befragte mein Mißtrauen beobachtet habe und sich infolgedessen hüten werde, die richtige Auskunft zu erteilen, aber er gab gegen diese meine Erwartung zur Antwort:

»Ich bin allerdings ein Ben Arab, denn ich gehöre zu den Beni Fessarah.«

»Du kommst jetzt aus deiner Heimat?«

»Ja.«

»Wo weiden jetzt eure Herden?«

»Zwischen Bir es Serir und dem Dschebel Modjaf.«

»Ich habe von den Beni Fessarah gehört. Sie sind tapfere Männer, und das Glück wohnt unter ihren Zelten.«

Er wollte den Führer aushorchen. Nun dieser so unvorsichtig gewesen war, den Stamm, zu welchem er gehörte, zu nennen, konnte es mir gleich sein, was er für weitere Auskünfte gab. Ich streckte mich also lang aus, legte den Ellbogen in das Gras und den Kopf in die Hand und gab mir den Anschein der Gleichgültigkeit, wobei ich aber jedes Wort und jede Miene des angeblichen Dschelabi scharf beobachtete. Auf die letztere Bemerkung antwortete der Führer »Ja, das Glück wohnte bei uns, hat uns aber verlassen.«

»Allah führe es zurück! Was ist denn geschehen?«

»Ibn Asl hat unsere Frauen und Töchter geraubt.«

»Ich weiß kein Wort davon.«

»Aber den Namen dieses Sklavenräubers hast du gewiß schon oft vernommen?«

»Gewiß! Seine Thaten sind derart, daß man wohl von ihm hören muß. Also er hat euch überfallen? Das ist ja ganz undenkbar. Ihr seid strenggläubige Moslemin, und so darf und kann er bei euch keine Sklavinnen suchen. Du irrst dich. Es muß ein heidnischer Stamm gewesen sein, der die That begangen hat.«

»Ich irre mich nicht; es ist vollständig erwiesen, daß es Ibn Asl war. Wenn du es nicht glaubst, kann ich es dir sehr leicht beweisen, denn dieser – —«

Ich sah es ihm an, daß er auf mich deuten und »dieser Effendi« sagen wollte, glücklicherweise blickte er dabei zu mir herüber, und ich gab ihm einen warnenden Wink. Er hielt infolgedessen inne und fuhr, sich verbessernd, fort:

»Denn dieser Vorfall kann mir von den Asakern bezeugt werden, welche bei uns waren und deren Führer ich bin.«

Er begann zu erzählen. Natürlich kam auch meine Person in seinem Berichte vor, doch war er so vorsichtig, mich stets den »fremden Effendi« zu nennen und mit keinem Blicke oder Fingerzeige zu verraten, daß ich derselbe sei. Als er geendet hatte, brach der Fremde in die erstaunten Worte aus-

»Sollte man eine solche Schandthat für möglich halten! Ibn Asl hat eure Frauen und Töchter überfallen; er hat diejenigen Personen, welche nicht zu verkaufen waren, ermordet! Das ist ein fluchwürdiges Verbrechen, für welches ihn die Strafe Allahs treffen wird.«

»Ja, Allahs Arm wird ihn zu finden wissen, und der Effendi und der Reïs Effendina haben ihm Rache geschworen.«

»O, er ist nicht bloß kühn, sondern auch listig, er wird ihnen entgehen!«

»Das glaube ich nicht. Der fremde Effendi ist ein Mann, der jeden findet, den er sucht.«

»Da müßte er allwissend sein!«

»Das ist nicht nötig; aber sein Auge sieht alles, und aus dem, was es gesehen hat, macht sich sein Scharfsinn den Zusammenhang klar. Er konnte den Weg, den die Frauenräuber einschlugen, nicht wissen, hat ihn aber so genau berechnet, daß es so stimmte, als ob sie es ihm mitgeteilt hätten.«

»Wo befindet er sich jetzt?«

»Er ist – ist – ist noch in unserm Dorfe,« antwortete der Gefragte zögernd.

»Noch in eurem Dorfe?« wiederholte der Fremde mit einem nicht ganz zu unterdrückenden Lächeln, bei welchem sein Blick mich kritisch streifte. »Ich möchte diesen Mann einmal sehen. Wenn ich Zeit hätte, würde ich nur zu diesem Zwecke nach Bir es Serir reiten; aber meine Stunden sind so gezählt, daß ich selbst hier nicht länger verweilen kann, sondern nun aufbrechen muß.«

Er erhob sich und ging zu seinem Kamele. Obgleich er von mir unausgesetzt beobachtet worden war, hatte ich auch das Tier betrachtet. Dabei war mir aufgefallen, daß es einen Fehler hatte, den man das »Rupfen« nennt. Ein solches Tier öffnet und schließt beim Laufen die Zehen abwechselnd, dabei rauft es die Grashalme aus, welche zwischen den Zehen stecken bleiben. Großen Schaden verursacht dieser Fehler freilich nicht, doch daß ich ihn bei diesem Tiere bemerkte, sollte mir großen Nutzen bringen und andern ihre bösen Pläne verderben.

Der Mann sattelte sein Hedschihn, stieg auf, trieb es zu uns herbei und sagte zu mir:

»Sallam, Herr! Du hast mir zwar gesagt, woher du kommst und wohin du gehst, aber ich glaube es dir nicht. Nicht gesagt hast du mir, wer du bist; ich denke aber, daß ich es errate und daß du mich bald kennen lernen wirst.«

Ich blieb, ohne mich zu rühren, in meiner vorhin beschriebenen Stellung liegen und antwortete ihm nicht.

Er nickte mir höhnisch zu und ritt, mit der Hand verächtlich hinter sich nach mir winkend, von dannen.

»Was war das?« fragte der Führer.. »Was meinte er? Das war ja eine Beleidigung!«

Ich zuckte die Achsel.

»Er glaubt dir nicht, und er errät, wer du bist! Begreifst du, was er will?«

»Wahrscheinlich mein Leben.«

»Allah ‚l Allah!«

»Und dasjenige der Asaker dazu.«

»Effendi, du erschreckst mich!«

»So steig auf dein Kamel, und reite heim! Wahrscheinlich wird es bald zu einem Kampfe kommen, und da dir deine Visionsflinte dabei wohl nicht gehorchen wird, so rate ich dir zu deinem eigenen Besten, dich in Sicherheit zu bringen.«

»Beschäme mich nicht! Ich habe dich nach Chartum zu bringen und werde dich nicht eher verlassen, als bis wir dort eingetroffen sind. Wie kannst du denn auf den Gedanken kommen, daß wir Feindseligkeiten zu erwarten haben? Die Stämme dieser Gegend leben gerade jetzt im tiefsten Frieden miteinander.«

»Der Dschelabi hat es mir gesagt.«

»Ich habe kein Wort gehört!«

»Er hat es mir weniger in Worten als vielmehr durch sein Benehmen gesagt. Hast du ihn wirklich für einen Dschelabi gehalten?«

»Natürlich! Warum sollte er sich für einen solchen ausgeben, wenn er keiner ist?«

»Um uns zu täuschen. Ein Kundschafter hat alle Veranlassung, zu verschweigen, was er ist.«

»Kund – – schaf – – Du hältst ihn für einen Kundschafter? Wer sollte ihn gesandt haben?«

»Vielleicht In Asl, der sich an mir rächen will.«

»Wie kann der wissen, daß du dich hier befindest?«

»Für ihn ist es wohl nicht allzu schwer gewesen, zu erfahren, daß ich die ihm abgenommenen Sklavinnen nach ihrer Heimat geleitet habe. Ebenso leicht ist es, zu erraten, daß ich nach Chartum kommen werde. Ich muß also auf der zwischen diesen beiden Orten liegenden Strecke zu finden sein.«

»Wenn du so redest, beginne ich, zu begreifen. Er hat eine große Rache gegen dich; ja ja, es ist schon denkbar. Er ist höchst wahrscheinlich nach Chartum, wo er viele Bekannte hat. Unter hier wohnenden Stämmen hat er zahlreiche Freunde, welche Nutzen aus seinem Geschäft ziehen und also zu ihm halten. Wenn er dich überfallen will, findet er genug Leute, welche bereit sind, ihm dazu beizustehen. Aber es soll ihm nicht gelingen; ich werde euch einen Weg zeigen, auf dem eine Begegnung ausgeschlossen ist.«

»Ich bin dir dankbar, kann mich aber nicht darauf einlassen.«

»Warum? Es geschieht zu deiner Sicherheit.«

»Wie könnte es mir einfallen, einem Menschen, den ich ergreifen will, aus dem Wege zu gehen! Nun ich mir fast mit Sicherheit sagen kann, daß man mir auflauert, wird man meiner nicht habhaft werden. Und wenn es ihrer hundert sein Sollten, bin ich mit meinen Erfahrungen und meiner List ihnen überlegen. Ich weiche ihnen nicht aus, sondern ich werde sie geradezu aufsuchen. Ich überlasse es natürlich dir, ob du dich der dabei allerdings unvermeidlichen Gefahr aussetzen willst.«

»Ich bleibe bei dir, Effendi. Sprich nicht mehr davon. Wir haben dir so Großes zu danken; wie könnte ich dich verlassen! Aber du sprichst vom Aufsuchen. Wir kannst du wissen, wo die Feinde sich befinden?«

»Hast du nicht selbst vorhin gesagt, daß ich die Sklavenjäger gefunden habe, obgleich ich nicht wissen konnte, welchen Weg sie eingeschlagen hatten? Hier ist es noch viel leichter als dort, denn ich habe einen Führer.«

»Meinst du mich? Ich habe keine Ansicht in dieser Sache; ich ahne nicht, wo wir zu suchen hätten.«

»Ich meine nicht dich, sondern den Dschelabi.«

»Den, den nennst du deinen Führer? Das verstehe ich nicht. Er ist nach El Fascher, also nach Westen, während du nach Osten zu suchen mußt.«

»Er hat gelogen; er will gar nicht nach El Fascher. Sobald er aus dem Bereiche unserer Augen ist, wird er umkehren zu denen, welche ihn auf Kundschaft ausgesandt haben. Es ist also für uns nur nötig, uns von seiner Spur führen zu lassen, so finden wir, was wir suchen.«

»Wenn du dich nur nicht irrst, Effendi! Es ist doch immer die Möglichkeit vorhanden, daß das, was er gesagt hat, wahr ist.«

»Die Möglichkeit ist da, aber ich irre mich wohl nicht. Wie lange reitet man von El Feky Ibrahim bis El Fascher?«

»Ungefähr zwanzig Tage.«

»Kann man das ohne Wasserschlauch thun?«

»Nein.

»Also will er gar nicht hin, denn er hatte keinen! Ferner: wenn Asl wirklich eine Feindseligkeit gegen uns beabsichtigt und die dazu bestimmten Leute selbst befehligt, wird er wohl glauben, daß ich mich auf meinem Wege eines Führers oder wohl auch mehrerer bediene?«

»Jedenfalls, da du ein Fremder bist.«

»Diese Führer müssen aber auch Leute sein, welche nicht nur mit, sondern auch in der Gegend bekannt sind. Wenn er uns nur Kundschafter entgegenschickte, welche hier ebenso bekannt wären, so würden sie unbedingt von meinen Führern erkannt werden.«

»Das ist richtig.«

»Was folgt daraus? Was für Leute müssen seine Spione sein?«

»Solche, die hier niemand kennt, also Fremde.«

»Ein Fremder kann sich verirren; es kann ihm noch anderes zustoßen. Schickt man einen solchen Mann ohne Wasser eine weite Strecke voran?«

»Nein.«

»Der angebliche Dschelabi war Spion; er hatte kein Wasser und sich folglich nicht weit von seinen Kameraden entfernen können. Dieselben sind in der Nähe. Sie werden in einer Linie, welche die unserige gerade durchschneidet, Posten aufstellen. Und wenn ein solcher Posten uns kommen sieht, wird man schnell die andern zusammenholen und uns auf unserm Wege einen Hinterhalt legen. Zu diesen Posten hat der Dschelabi gehört. Man lauert uns auf; die Linie, welche quer über unsern Weg gebildet worden ist, befindet sich nicht weit von hier; der Dschelabi wird umkehren und dieselbe alarmieren; die Gegner erwarten uns an einem Orte, auf welchen unsere gerade Richtung stoßen muß; reiten wir geradeaus, so werden wir unbedingt auf sie treffen. Da wir wohl die Richtung, aber nicht die genaue Entfernung ihres Hinterhaltes von hier kennen, so müssen wir jeden Augenblick gewärtig sein, von ihnen angegriffen zu werden. Das hätte auf offener Fläche keine Gefahr für uns, denn wir würden die Annäherung der Feinde bemerken. Darum werden sie sich eine Stelle, vielleicht ein Gebüsch, einen Wald, eine Felsengegend suchen, wo wir ihnen, ohne sie vorher zu bemerken, in die Hände laufen. Nun fragt es sich, ob es im Laufe des heutigen Tagesrittes und in unserer Richtung einen solchen Ort giebt. Das mußt du als Führer wissen.«

»Ich kenne die Strecke ganz genau. Jetzt ist es Mittag. Wenn wir sofort aufbrechen, werden wir anderthalb Stunden vor Sonnenuntergang einen Cassiawald erreichen.«

»So gebe ich dir mein Wort, daß die Leute in dem Cassiawalde stecken werden.«

Er blickte mich erstaunt an, schüttelte den Kopf und meinte:

»Das behauptest du so gewiß!«

»Allerdings, und du wirst erfahren, daß ich mich nicht irre. Wir werden erst der Spur des falschen Dschelabi folgen, bis wir die Linie der Kundschafter oder Posten erreichen, und dann – —«

»Wie willst du erkennen, daß wir uns bei derselben befinden?« unterbrach er mich.

»Das werde ich dir zeigen. Dann aber schlagen wir ganz gegen ihre Erwartung einen Bogen und kommen aus einer ganz anderen Richtung an den Wald, um ihnen, während sie westlich nach uns ausschauen, von Osten her in den Rücken zu fallen. Vorher aber muß ich wenigstens oberflächlich orientiert sein. Wie groß ist dieser Cassiawald?«

»Er ist ebenso breit wie tief. Man hat über eine Stunde zu reiten, um hindurch zu kommen.«

»Sind die Bäume hoch?«