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Der Schatz im Silbersee
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Der Schatz im Silbersee

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»Malt den Teufel nicht an die Wand! Derartige Wünsche sind gefährlich, da sie nur allzuleicht in Erfüllung gehen. Kommt mit hinab! Der Uncle wird erfreut, aber auch erstaunt darüber sein, daß der Häuptling sich in dieser Gegend befindet.«

»Wie nanntet Ihr den Roten?«

»In der Osagensprache Menaka schecha; d.h. die gute Sonne oder die große Sonne. Er ist ein sehr tapferer und erfahrener Krieger und dabei kein eigentlicher Feind der Weißen, obgleich die Osagen zu den Völkerschaften der noch ungezähmten Sioux gehören.«

Unten angekommen, fanden sie den Uncle in einer steifen, theatralischen Pose. Er hatte alles gehört und diese Haltung angenommen, um seinen roten Freund möglichst würdevoll zu begrüßen.

Nach kurzer Zeit begannen die Pferde zu schnauben, und gleich darauf sah man den Indianer kommen. Er befand sich in den besten Mannesjahren und trug die gewöhnliche indianische Lederkleidung, welche an einigen Stellen zerrissen und an andern mit frischem Blute befleckt war. Waffen hatte er keine. Auf jede seiner Wangen war eine Sonne tättowiert; an seinen beiden Handgelenken war die Haut aufgeschunden. Er mußte gebunden gewesen sein und die Fesseln gesprengt haben. Jedenfalls befand er sich auf der Flucht und wurde verfolgt.

Trotz der Gefahr, die dem Indianer drohte und ihm sehr nahe sein konnte, kam er sehr langsam herbei, reichte, ohne zunächst den Engländer zu beachten, den beiden Jägern die Rechte und sagte im ruhigsten Tone und sehr geläufigem Englisch: »Ich habe die Stimme und Gestalt meines Bruders und Freundes sogleich erkannt und freue mich, euch begrüßen zu können.«

»Wir freuen uns desgleichen; das wirst du uns glauben,« antwortete Humply.

Der lange Uncle hielt beide Hände ausgestreckt über den Kopf des Roten, als ob er ihn segnen wolle, und rief aus: »Sei gegrüßt im Erdenthale – viele, viele tausendmale – großer Häuptling, edler Schatz – nimm bei deinen Freunden Platz – und verzehr in aller Eile – diesen Rest der Reheskeule!«

Bei den letzten Worten deutete er in das Gras, wo das lag, was der Lord von der Keule übrig gelassen hatte, nämlich der Knochen mit einigen harten Fleischfasern, welche dem Messer nicht hatten weichen wollen.

»Still, Uncle.« gebot Humply, »es ist jetzt wahrhaftig keine Zeit für deine Gedichte. Siehst du denn nicht, in welchem Zustande sich der Häuptling befindet?«

»Gebunden, doch entkommen – hat er zu seinem Frommen – die Flucht hierher genommen,« antwortete der Gescholtene deklamierend.

Der Buckelige wendete sich von ihm ab, deutete auf den Lord und sagte zu dem Osagen: »Dieses Bleichgesicht ist ein Meister im Schießen und ein neuer Freund von uns. Ich empfehle ihn dir und deinem Stamme.«

Da gab der Rote dem Engländer nun auch die Hand und antwortete: »Ich bin der Freund eines jeden guten und ehrlichen Weißen; die Diebe, Mörder und Leichenschänder aber sollen vom Tomahawk gefressen werden!«

»Bist du so schlimmen Leuten begegnet?« erkundigte sich Humply.

»Ja. Meine Brüder mögen ihre Gewehre bereit halten, denn diejenigen, welche mir nachjagen, können jeden Augenblick hier sein, obgleich ich sie nicht gesehen habe. Sie werden zu Pferde sitzen und ich mußte gehen; aber die Füße der »guten Sonne« sind so schnell und ausdauernd wie die Läufe des Hirsches, den kein Roß erreicht. Ich bin viele Bögen und Kreise gegangen, auch habe ich mich oft rückwärts bewegt, mit den Fersen voran, um sie aufzuhalten und irre zu führen. Sie trachten nach meinem Leben.«

»Das sollen sie bleiben lassen! Sind ihrer viele?«

»Ich weiß es nicht, denn als sie meine Flucht entdecken mußten, war ich schon fort.«

»Wer ist es denn? Welche Weißen konnten es wagen, die »gute Sonne« gefangen zu nehmen, um sie zu töten?«

»Es sind viele, viele Menschen, mehrere hundert schlechte Leute, welche von den Bleichgesichtern Tramps genannt werden.«

»Tramps? Wie kommen diese hierher, und was wollen sie in dieser abgelegenen Gegend? An welchem Orte befinden sie sich?«

»In dem Winkel des Waldes, welchen ihr Osage-nook nennt, den aber wir die Ecke des Mordes heißen, weil unser berühmtester Häuptling mit seinen tapfersten Kriegern dort hinterlistig umgebracht worden ist. Alle Jahre, wenn der Mond sich dreizehnmal gefüllt hat, besuchen einige Abgesandte unsres Stammes diesen Ort, um an den Gräbern der gefallenen Helden den Tanz des Todes aufzuführen. So verließ auch ich in diesem Jahre mit zwölf Kriegern unsre Weidegründe, um mich nach dem Osage-nook zu begeben. Wir kamen vorgestern dort an, suchten die Gegend ab und überzeugten uns, daß kein feindliches Wesen vorhanden sei. Wir fühlten uns also sicher und schlugen unser Lager bei den Gräbern auf. Gestern jagten wir, um Fleisch zur Speise zu haben, und heute nahmen wir die Feier vor. Ich war so vorsichtig gewesen, zwei Wachen auszustellen, dennoch war es weißen Männern gelungen, sich unbemerkt in unsre Nähe zu schleichen. Sie hatten die Spuren gesehen, welche während der Jagd von unsern Füßen und den Hufen unsrer Pferde zurückgelassen worden waren, und fielen während des Tanzes so plötzlich über uns her, daß wir nur wenige Augenblicke zum Widerstande fanden. Sie waren mehrere hundert Köpfe stark; wir töteten einige von ihnen; sie erschossen acht von uns; ich wurde mit den übrigen vier überwältigt und gebunden. Man hielt Gericht über uns, und wir erfuhren, daß wir heute abend am Feuer gemartert und dann verbrannt werden sollten. Sie lagerten sich bei den Gräbern und trennten mich von meinen Kriegern, damit ich nicht mit denselben sprechen könne. Man band mich an einem Baume fest und stellte einen weißen Wächter zu mir; aber der Riemen, welcher mich hielt, war zu schwach; ich zerriß ihn. Zwar schnitt er mir, wie ihr sehen könnt, tief in das Fleisch, hoch kam ich los und benutzte den Augenblick, an welchem der Wächter einmal fortging, dazu, mich heimlich davon zu schleichen.«

»Und deine vier Gefährten?« fragte Bill.

»Sie sind natürlich noch dort. Oder meinst du, daß ich hätte nach ihnen forschen sollen?«

»Nein; du wärst dadurch nur von neuem in die Gefangenschaft geraten.«

»Mein Bruder sagt die Wahrheit. Ich hätte sie nicht retten können, sondern wäre mit ihnen umgekommen. Ich beschloß, nach Butlers Farm zu eilen, deren Besitzer mein Freund ist, und von dort her Hilfe zu holen.«

Humply-Bill schüttelte den Kopf und meinte: »Fast unmöglich! Vom Osage-nook bis zu Butlers Farm sind gute sechs Stunden zu reiten, mit einem schlechten Pferde bringt man noch viel länger zu. Wie kannst du da bis zum Abend, an welchem deine Gefährten sterben sollen, zurückgekehrt sein?«

»O, die Füße der guten Sonne sind ebenso schnell wie diejenigen eines Pferdes,« antwortete der Häuptling selbstbewußt. »Meine Flucht wird die Folge haben, daß man die Hinrichtung aufschiebt und sich zunächst alle Mühe gibt, mich wieder einzufangen. Die Hilfe würde also wohl zur rechten Zeit eintreffen.«

»Dieses Exempel kann stimmen und auch nicht. Gut, daß du uns getroffen hast, denn nun ist es nicht nötig, nach Butlers Farm zu laufen; wir werden mit dir gehen, um deine Gefährten zu befreien.«

»Will mein weißer Bruder dies wirklich thun?« fragte der Indianer in freudigem Tone.

»Natürlich! Was denn anders? Die Osagen sind ja unsre Freunde, während die Tramps die Gegner eines jeden ehrlichen Mannes sind.«

»Aber es sind ihrer so viele, so sehr viele, und wir hier haben zusammen nur acht Arme und Hände!«

»Pshaw, du kennst mich ja! Meinst du, daß ich die Absicht habe, mich offen mitten unter sie hineinzustürzen? Vier listige Köpfe können es schon wagen, sich an eine Horde Tramps zu schleichen, um einige Gefangene herauszuholen. Was sagst du dazu, alter Uncle?«

Der Steifnackige breitete beide Arme aus, schloß entzückt die Augen und rief: »Ich reite sofort mit Vergnügen – hin, wo die weißen Schufte liegen – und hole ohne Furcht und Graus – die roten Brüder alle ‚raus!«

»Schön! Und Ihr, Mylord?«

Der Engländer hatte sein Notizbuch herausgenommen, um den Namen des Häuptlings zu notieren; er schob es jetzt wieder in die Tasche und antwortete: »Natürlich reite ich mit; es ist ja ein Abenteuer!«

»Aber ein sehr gefährliches, Sir!«

»Desto besser! Da zahle ich zehn Dollar mehr, also sechzig. Aber wenn wir reiten wollen, so müssen wir ein Pferd für die »gute Sonne« besorgen!«

»Hm, ja!« antwortete der Buckelige, indem er ihn überrascht anblickte.

»Aber woher würdet denn Ihr eins nehmen, he?«

»Natürlich von seinen Verfolgern, welche wahrscheinlich nahe genug hinter ihm sind.«

»Ganz richtig, ganz richtig! Ihr seid kein unebener Kerl, Sir, und ich denke, daß wir uns so leidlich zusammenarbeiten werden. Nur ist es dabei wünschenswert, daß unser roter Freund eine Waffe besitzt.«

»Ich trete ihm eins von meinen Gewehren ab. Hier ist‘s ja schon; den Gebrauch desselben werde ich ihm erklären. Und nun dürfen wir keine Zeit versäumen, sondern ich schlage vor, uns so aufzustellen, daß die Verfolger, wenn sie hier ankommen, von allen Seiten eingeschlossen sind.«

Der Ausdruck des Erstaunens auf dem Gesichte des Kleinen wurde immer intensiver. Er maß den Engländer mit einem fragenden Blicke und antwortete: »Ihr sprecht da grad wie ein alter, erfahrener Jäger, Sir! Wie meint Ihr denn eigentlich, daß wir das anzufangen hätten?«

»Sehr einfach. Einer bleibt hier auf dem Hügel, auf welchem wir beide jetzt waren. Er empfängt die Kerls genau so, wie ihr beide vorher mich empfangen habt. Die andern drei gehen einen Bogen, so daß ihre Spuren nicht zu sehen sind, und besteigen die drei benachbarten Höhen. Kommen dann die Kerls, so befinden sie sich zwischen den vier besetzten Hügeln, und wir haben sie fest, denn wir sind oben gedeckt und können sie nach Belieben wegputzen, während sie von uns nur den Rauch unsrer Schüsse bemerken.«

»Ihr redet wirklich wie ein Buch, Mylord! Sagt aufrichtig, befindet Ihr Euch wirklich jetzt zum erstenmal in der Prairie?«

»Allerdings. Aber ich habe mich vorher an andern Orten befunden, wo man nicht weniger vorsichtig sein muß als hier. Wir haben ja bereits davon gesprochen.«

»Well! Ich sehe, daß wir mit Euch nicht viel Ärger haben werden, und das ist mir lieb. Ich gestehe, daß ich ganz denselben Vorschlag machen wollte. Bist du einverstanden, alter Uncle?«

Der Steife machte eine theatralische Armbewegung und antwortete: »Jawohl, sie werden eingeschlossen – und miteinander totgeschossen!«

»Gut, so bleibe ich hier, um sie, sobald sie kommen, anzureden. Der Mylord geht nach rechts; du wendest dich links, und der Häuptling postiert sich auf den vorstehenden Hügel. Auf diese Weise bekommen wir sie zwischen uns, und ob wir sie töten oder nicht, das soll ganz darauf ankommen, wie sie sich verhalten.«

»Nicht töten!« meinte der Lord.

»Ganz recht, Sir! Auch ich bin dagegen, aber diese Schurken verdienen eigentlich keine Nachsicht, und wenn wir sie schonen, was thun wir dann mit ihnen? Können wir sie mit uns schleppen? Unmöglich! Und lassen wir ihnen die Freiheit, so verraten sie uns. Ich werde so laut mit ihnen reden, daß Ihr jedes Wort hört, dann wißt Ihr, was zu thun ist. Schieße ich einen über den Haufen, so ist das ein sicheres Zeichen, daß Ihr auf die andern schießen sollt. Entkommen darf keiner. Denkt daran, daß sie acht Osagen getötet haben, ohne von diesen vorher feindlich behandelt worden zu sein! Und nun vorwärts, Mesch‘schurs; ich denke, daß wir nicht länger zögern dürfen.«

Er stieg den nächsten Wellenberg empor und legte sich da, wo er vorher mit dem Engländer den Indianer beobachtet hatte, in das Gras. Die drei andern verschwanden zu beiden Seiten in den Wellenthälern. Die Pferde blieben da, wo sie gestanden hatten. Der Lord hatte sein Fernrohr mitgenommen.

Es verging wohl eine Viertelstunde, ohne daß die Annäherung eines menschlichen Wesens zu bemerken war. Der Wächter, welchem der Häuptling entkommen war, mußte sehr nachlässig gewesen sein und die Flucht desselben spät entdeckt haben. Dann war von dem Hügel, auf welchem sich der Engländer befand, der laute Ruf zu hören: »Aufgepaßt, sie kommen!«

»Still!« warnte der Buckelige etwas weniger laut.

»Pshaw! Sie können es nicht hören, sind fast noch eine Meile entfernt.«

»Wo?«

»Geradeaus nach Ost. Habe durch das Rohr zwei Kerls gesehen, welche auf einem Hügel standen und herwärts schauten, ob der Häuptling zu sehen sei. Haben jedenfalls die Pferde unten stehen gehabt.«


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