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Aus Der Dunkelheit
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Aus Der Dunkelheit

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Aus Der Dunkelheit
Elizabeth Johns

Lt. John Holdsworth, ein verletzter Kriegsveteran von Waterloo, ist jetzt Verwalter eines großen Landgutes in Schottland. Catriona Craig, Lord Craigs Adoptivtochter, interessiert sich einzig und allein für den Anbau von Kräutern und dem Heilen von Kranken. Können diese ungleichen Freunde sich gegenseitig helfen? Kann er die Schatten seiner Vergangenheit überwinden und ihre Liebe akzeptieren?

Aus der Dunkelheit

Inhalt

Prolog (#u184946eb-ca35-5555-9904-2892f94a786f)

Kapitel Eins (#u6664b740-53e0-510d-814b-b7d1aa9f6d64)

Kapitel Zwei (#u0b4dbc4e-660a-59ef-8b3f-5954a741258f)

Kapitel Drei (#ub52257b8-b667-5f93-89df-b8255a03125d)

Kapitel Vier (#u6fb1b3cd-ff0b-5bba-a3be-35542a120db2)

Kapitel Fünf (#u4f3132f6-cbc1-5db2-a0f5-102e1f5fdaa5)

Kapitel Sechs (#u0b066bad-d6a2-5735-aafd-65caaafa7787)

Kapitel Sieben (#u51b441f3-131b-5bcf-b081-bb73fea3b78b)

Kapitel Acht (#uf0b67c17-a257-5af9-b471-bfb9c809e443)

Kapitel Neun (#u511672cc-6ea0-5f1f-9769-0b4bf135d432)

Kapitel Zehn (#u9f19d11c-3790-5b0d-aab2-bb331f13ae28)

Kapitel Elf (#u1978c651-0d51-58cb-8346-f21c194d44f4)

Kapitel Zwölf (#ua8b13cfc-9ad9-5f13-b975-02135aa0275e)

Epilog (#u515b0ded-c723-558e-8739-f40a7b4a0e8a)

Prolog

Juni 1819

Catriona Craig genoss ihre neu entdeckte Berufung, obwohl sie sich gewünscht hätte, ihre neue Mama hätte nicht so schreckliche Verbrennungen erleiden müssen. Es hatte ein schreckliches Feuer gegeben, und Lady Craig und mehrere der dort untergebrachten Waisen waren verbrannt. Ihr neuer Papa, Lord Craig, hatte Catriona und ihrer Schwester Maili erlaubt, ihm zu helfen, während er sich um die Verletzungen der Waisen kümmerte, und Catriona hatte ein besonderes Interesse daran entdeckt, etwas über Kräuter und ihre heilenden Eigenschaften zu lernen. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, nach den Kräutern zu suchen, die Lord Craig noch nicht angebaut hatte, und daraus Salben zuzubereiten. Einige der Rezepte hatte sie von Lady Easton, die in Amerika in gewissem Umfang Medizin studiert hatte.

Ein Rezept war ihr besonders aufgefallen, und sie dachte, dass Lady Craig es vielleicht ausprobieren wollte. Sie hatten ihre Verbrennungen bereits mit einer Salbe behandelt und sie waren etwas geheilt, aber Lady Eastons Notizen ließen diese andere Mischung wie ein Wundermittel klingen. Catriona hoffte, es würde die Porzellanhaut wiederherstellen, die jetzt voller Blasen und wund war.

Sie hatte überall nach den Zutaten gesucht und sogar Mrs. Ennis nach Glasgow geschickt für das, was sie nicht finden konnte. Dann, nach tagelangen Versuchen, hatte sie annähernd die angestrebte Mixtur zusammen. Sie ging zu Lady Craig und klopfte an ihre Zimmertür.

„Guten Tag, Lady Craig“, sagte Catriona und knickste.

„Guten Tag, Catriona“, flüsterte Lady Craig als Erwiderung. Sie saß am Schminktisch und bürstete ihre Haare. Von der Zofe fehlte jede Spur.

„Ich bin gekommen, um Ihre Wunden zu verbinden. Ich habe eine neue Salbe hergestellt, die ich gerne ausprobieren würde.“

Lady Craig sah sie skeptisch mit großen Augen an.

„Keine Sorge. Es ist nach einem Rezept von Lady Easton und Lord Craig hat gesagt, dass ich es versuchen darf. Ihre Notizen dazu klangen wie ein Wundermittel.“

Lady Craigs sah sie betrübt an.

„Bitte verzeihen Sie. Ich sollte so etwas nicht sagen. Sie sind immer noch sehr schön. Ich dachte nur, wie schön es für Sie wäre, wenn Sie keine Narben oder Schmerzen mehr hätten.“

Lady Craig hob die Hand und streichelte Catriona liebevoll über die Wange. Sie stand auf, ging hinüber zu der apfelgrünen Chaiselongue und deutete Catriona mit einer Geste an, sich zu ihr zu setzen, während sie nach dieser kurzen Anstrengung nach Luft rang. Sie streckte ihren verwundeten Arm zur Versorgung aus.

Lady Craig zuckte zusammen, als Catriona die Verbände entfernte. Es war schwer ein Stück zu finden, das nicht an der offenen Haut festklebte. Lord Craig hatte ihr gesagt, dass sie große Mengen der Salbe auftragen sollte, damit es nicht schmerzte. Nach dem furchtbaren Tag, an dem Lady Craigs Mutter bei ihrem Anblick vor Entsetzen aufgeschrien hatte, wollte sie die Wunden nicht länger ansehen. Sie hatte schlimm ausgesehen, das stimmte wohl, aber sie war immer noch eine der schönsten Menschen, die Catriona je gesehen hatte. Sie bewunderte Lady Craigs Mut so zu tun, als ob nichts an ihr verändert wäre.

Das Einzige, was Catriona seltsam erschien, war, dass Lady Craig zur Wundversorgung ihre Adoptivtochter Lord Craig vorzog Catriona machte das nichts aus. Sie fühlte sich geschmeichelt. Lady Craigs Zofe sah sie kaum an, daher hatte Catriona ihrer neuen Mutter beim Ankleiden geholfen und sie frisiert, wenn sie darum gebeten wurde. Maili liebte es, das lange, ebenholzfarbige Haar der Lady zu bürsten, bis es wie Seide glänzte. Seltsamerweise schien Lady Craig Mailis Überschwang nichts auszumachen.

Nachdem Catriona die Verbände entfernt hatte, nahm sie die Wasserschüssel und begann damit, die tote Haut mit einem Tuch abzuwaschen, wie man es ihr gezeigt hatte. Lady Craig zuckte einige Male zusammen, aber war so tapfer wie immer. Catriona wäre am liebsten vor Aufregung geplatzt, dass sie die neue Salbe ausprobieren durfte. Lady Craig hatte den Salbentopf hochgehoben und roch an der neuen Mischung.

„Was ist es?“, fragte sie mit ihrer heiseren Stimme.

„Überwiegend Honig, Wermut, Eibischwurzel, Gemeiner Beinwell, weiße Eichenborke, Lobelien und eine seltsame Pflanze, die Lord Craig im Gewächshaus züchtet. Man nennt sie Aloe Vera. Er sagt, dass ihm Lady Easton die Pflanze gab, die sie aus Amerika mitgebracht hat.“

Lady Craig zuckte die Achseln. Catriona trug eine dicke Lage Salbe auf und Lady Craig seufzte auf.

„Fühlt es sich gut an?“

Lady Craig nickte. „Es brennt nicht.“

Catriona freute sich. Die neue Salbe schien vielversprechend zu sein, aber würde sie dafür sorgen, dass die Lady Craigs Wunden nicht vernarbten?

Vorsichtig bedeckte sie die Brandwunden an Lady Craigs Hals und Wangen, dann legte sie neue Verbände an.

„Soll ich Ihnen beim Umziehen zum Abendessen helfen?“

Lady Craig schüttelte den Kopf und berührte ihren Arm.

„Danke.“

Catriona lächelte und machte sich auf den Weg in die Vorratskammer, um dort mehr Salbe anzumischen.

Als John an einem offenen Fenster seines Cottages vorbeiging und hinaussah, erkannte er eine der jungen Damen des Hauses, die den Weg entlang hüpfte und einen Korb trug. Er wusste nicht, wie alt sie war, aber sie ging noch zur Schule - vermutlich aber nicht mehr lange, so wie sie aussah. Ihre langen, kastanienbraunen Locken schwangen umher, als sie sang und dabei tanzte. Er sah sie etwas eifersüchtig an, da er dieses Gefühl nie wieder haben würde. Sie war ein hübsches Mädchen und auch das war etwas, was ihm verwehrt bleiben würde. So viele seiner Hoffnungen und Träume waren in diesem einen Augenblick in Waterloo für immer aus seiner Reichweite entschwunden.

Er bemitleidete sich wieder selbst und hasste sich dafür. Er hatte Glück, dass er noch lebte und eine Stelle bekommen hatte, genau wie die drei anderen Soldaten, die zur Arbeit nach Castle Craig gekommen waren. Sie hatten sich im Veteranenheim auf Wyndham in Sussex erholt, als Lord Craig für die Arbeit auf seinem Gut einige Männer angefordert hatte.

Aber das Mädchen sollte hier nicht allein sein, dachte er, als er ihr dabei zusah, wie sie Blumen auf der Wiese hinter dem Haus pflückte. Als er und seine Kameraden im Schloss ankamen, herrschte dort ein vollständiges Chaos. Die neue Braut des Laird war in ihrer Hochzeitsnacht verbrannt, so wie viele Waisen, die auf dem Grundsitz gelebt hatten. Innerhalb von einer Stunde nach ihrer Ankunft hatte jemand einen Stein durch ein Fenster geworfen und Lady Craig bedroht. Warum also wanderte ihre Tochter allein umher? Er beschloss, sie besser gut im Auge zu behalten.

John schämte sich immer noch wegen seiner äußeren Erscheinung, obwohl er sein Bestes tat, um ein ausdrucksloses Gesicht aufzusetzen. Er merkte, wie die Leute ihn ansahen. Was ihm am meisten zusetzte, war ihr Mitleid. Vor seinem Unfall hatte er genauso reagiert, wenn er einen Krüppel gesehen hatte, von daher konnte er ihnen schlecht einen Vorwurf machen. Er hinkte aus seinem Cottage und den Weg zur Wiese hinunter zu dem Mädchen.

Miss Craig pfiff eine Melodie, während sie arbeitete. Es bereitete ihm Freude, ihr zuzusehen und seine Anwesenheit war ihr nicht bewusst, da sie sich hingekniet hatte, um ein Kraut näher zu überprüfen.

„Miss Craig?“

Sie drehte sich um und sah mit ihren großen, grauen Augen zu ihm hoch.

„Lieutenant Holdsworth?“, fragte sie. Sie stand auf und rieb ihre Hände in den Handschuhen aneinander.

„Ja, ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie sich an mich erinnern würden. Darf ich fragen, was Sie hier allein machen?“

„Ich suche nach Kräutern“, erklärte sie.

„Weiß irgendjemand, wo Sie sind?“

„Ich glaube nicht, dass das jemanden groß interessiert.“ Sie zuckte mit den Achseln.

Er starrte sie ausdruckslos an. Für was für einen Haushalt arbeitete er eigentlich? Er stammte nur vom Landadel ab, aber seine Schwester würde niemals ohne einen Stallburschen an ihrer Seite den Garten verlassen.

Sie schien seine Verwirrung zu bemerken. „Ich bin nicht wirklich die Tochter eines Barons, Lieutenant Holdsworth. Ich nehme an, dass mein Benehmen das bestätigt. Wissen Sie, mein Bruder, meine Schwester und ich, wir verloren vor einigen Jahren unsere Eltern und lebten danach in der Abtei von Alberfoyle, wo wir Dr. Craig trafen. Er hatte dort eine medizinische Praxis. Erst vor wenigen Wochen gab er uns seinen Namen und brachte uns hierher, um hier zu leben.“

Wirklich seltsam, dachte er.

„Ich hoffe, dass sich die Leute nicht darum kümmern, wenn ich allein draußen unterwegs bin. Wie langweilig würde das sonst werden!“

„Ich würde behaupten, sie werden sich sehr wohl kümmern, aber ich kann natürlich nicht für ihre Eltern sprechen. Ich nehme an, dass sie im Moment von allem etwas überwältigt sind.“

„Ja. Deshalb suche ich nach Andorn.“

„Kann ich Ihnen behilflich sein?“

„Oh, würden Sie das tun?“, fragte sie mit erfreutem Lächeln und er entspannte sich. Sie schien nicht im Geringsten von ihm abgestoßen zu sein, womit er eigentlich gerechnet hatte.

„Wenn Sie mir sagen, wonach ich suchen muss. Für mich sehen die Pflanzen alle gleich aus.“

„Viele sind es auch. Es ist schon faszinierend, wie einfache Pflanzen, wenn man sie richtig einsetzt, heilen können.“

Er wusste, dass die Ärzte in Wyndham derartige Dinge angewandt hatten, aber er hatte nie darüber nachgedacht, woher sie kamen.

„Haben Sie das gehört?“ Sie hob ihre Hand, um darauf hinzuweisen, dass sie versuchte, etwas zu hören.

Er meinte, ein schwaches Wimmern zu vernehmen. Er nickte.

„Ich glaube, es kommt von den Büschen dort.“

Sie schlich leise in die Richtung, aus der das Geräusch kam, und er folgte ihr, so leise wie er nur konnte. Als sie zu dem Gestrüpp kamen, aus dem das Geräusch erklang, fanden sie einen kleinen, struppigen Hund, der dort verletzt lag und jaulte.

„Ach, du armer Schatz!“ Miss Craig kniete sich zu dem Welpen, der sich überraschenderweise von ihr trösten ließ.

„Ich wäre vorsichtig, Miss Craig. Wilde Hunde können Tollwut haben.“

„Aber er ist doch bestimmt nicht wild. Ich glaube, dass er bei dem Feuer verbrannt wurde“, sagte sie und zog ein wenig das Fell zur Seite, unter dem einige hässliche Wunden verborgen waren. Er konnte nicht hinsehen, aber sie störte sich nicht daran.

„Ich habe genau das, was du brauchst, bei mir zuhause“, erzählte sie dem Hund.

Sie drehte sich um und sah ihn an. Er hatte den Verdacht, dass er bereuen würde, was sie jetzt tun würde.

„Würden Sie so freundlich sein und den Andorn für mich tragen, damit ich sie in den Korb legen kann?“

„Miss Craig, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.“

„Ich kann sie nicht hierlassen, sonst wird sie sterben!“

Insgeheim dachte John, dass es das Beste wäre, wenn man den armen Hund von seinen Qualen erlösen würde, aber diese flehenden Augen ...

„Wie Sie wünschen.“ Er nahm die Kräuter in seine Hand und sie legte die Hündin in den Korb. Das Schloss war recht weit entfernt und sein Cottage war ganz in der Nähe. „Warum bringen wir sie nicht in mein Haus und Sie holen Ihre Medizin? Dann können Sie Lord Craig auch fragen, ob er sie hier oder dort haben möchte.“

Sie belohnte ihn mit einem Lächeln, das er nie vergessen würde.

Kapitel Eins

Drei Jahre später

John konnte das Schlachtfeld nicht überblicken. Die Luft war vom Rauch der Schüsse so dick geworden, dass es ihm schwerfiel, etwas zu sehen geschweige denn zu atmen. Ein heftiges Feuer wütete im Westen beim Château Hougoumont und verschlimmerte die Bedingungen nur noch. Er stand mit den Überresten seines Regiments im Karree und versuchte, wachsam zu bleiben, während er auf den nächsten Befehl oder die nächste Angriffswelle wartete. Er wusste nicht, wie lange das noch so weiter gehen konnte. Er kämpfte fast seit Mittag unter der brütenden Sonne, auf schlammigen Feldern, die jetzt mit den zerfetzten Körpern seiner Kameraden übersät waren. Nun stand die Sonne am Abendhimmel und er betete – nein, flehte – Gott um Gnade an. Genauso hatte er sich die Hölle immer vorgestellt. Eine Folter ohne Ende. Leiden. Hitze. Schwärmende Fliegen. Unstillbarer Durst. Erschöpfung. Elend. Tod.

Sie waren den ganzen Tag inmitten der heftigsten Kämpfe gewesen und hatten versucht, La Haye Sainte zu schützen – das Herz der alliierten Streitmacht. Die zahlreicheren französischen Geschütze hatten die Oberhand gewonnen und schlugen auf das alliierte Zentrum ein. Wellington befahl seiner gesamten Linie, sich hinter den Kamm des Plateaus zurückzuziehen, bevor er von rechts und links Einheiten herbeirief, um seine verwüstete Mitte wieder aufzubauen.

„Holdsworth!“

„Sir!“

„Ziehen Sie sich hundert Schritte zurück und setzen Sie Ihr Karree neu auf!“

„Ja, Sir.“

Er wiederholte den Befehl für seine Männer und sie gehorchten bereitwillig, in der Hoffnung, dass es Aufschub bedeutete.

Das ohrenbetäubende Geräusch von Kanonenfeuer zerriss die Luft und eines der Pferde der Garde bäumte sich auf und fiel rückwärts auf ihn zu. Die Szene spielte sich wie in Zeitlupe vor ihm ab. Bevor er sich bewegen konnte, spürte er, wie das Gewicht des Pferdes seinen Körper zerschmetterte und ihm das Atmen unmöglich machte. Er drehte den Kopf und suchte nach einem Ausweg, nur um einen Kürassier über ihm stehen zu sehen, ein Bajonett auf seinen Hals gerichtet. Er nahm Blickkontakt mit dem Mann auf.

“S'il vous plaît. Rapide.“ Er bettelte, während er keuchend nach Luft schnappte und unter der Masse des Pferdes kämpfte.

Er schloss die Augen und wartete auf den tödlichen Schlag. Nichts passierte.

John schoss in seinem Bett hoch, triefend vor Schweiß und sein Puls raste wie wild. Es dauerte immer mehrere Minuten, bis er seine Sinne wiedererlangte und merkte, dass er das Grauen nur noch einmal durchlebte. Jede Nacht war es diese Erinnerung oder die letzten Momente, in denen er noch unversehrt war. Würde es jemals wieder für ihn eine durchgehende Nachtruhe geben, frei von diesen Albträumen und Erinnerungen? Würde er jemals ein paar Stunden Tiefschlaf abseits seiner Realität haben?

Er sah sich im Schlafzimmer seines Cottages um, während sich seine Augen an das schwindende Mondlicht gewöhnten, das durch das Fenster hereinfiel. Es war sicherlich mehr, als er jemals erwartet hätte, als er an jenem Tag in Waterloo auf dem Operationstisch gelegen hatte. Er war von dort zum Sterben in ein belgisches Krankenhaus gebracht und dort vergessen worden. Monate später hatte ihn Lord Fairmont nach England zurückgebracht, in ein Haus, das ein Gentleman gebaut hatte, in dem sich verwundete Soldaten erholen und wieder leben lernen konnten. John hätte sich geweigert zu gehen und wäre in Belgien geblieben, wäre Lord Fairmont nicht gewesen. Es war für John unmöglich gewesen, ihm zu sagen, dass er sich nicht vorstellen könnte, wie es sich anfühlte, wenn seiner Lordschaft selbst eine Hand und ein Auge fehlten.

John rollte sich herum und stemmte sich in eine sitzende Position hoch. Er streckte den Arm aus und tastete auf dem kleinen Nachttisch herum, bis er sein Holzbein fand und es mit einem Riemen befestigte, den er für seine Taille angefertigt hatte. Er konnte jetzt ohne lähmende Schmerzen ohne Krücken gehen, aber es gab Tage, an denen es mehr weh tat als an anderen. Er wünschte, er hätte etwas, das er als behelfsmäßige Hand nutzen konnte. Es war schwieriger, auf Unterarm und Hand zu verzichten als auf das Bein. Er glaubte nicht, dass er sich jemals daran gewöhnen und aufhören würde, nach Dingen zu greifen, nur um sich daran zu erinnern, dass er nichts mehr zum Greifen hatte.

Er konnte frisches Brot und Speck aus dem Schloss riechen, was sein Zeichen war, den Tag zu beginnen. Er kleidete sich mit Hilfe einiger Werkzeuge an, die Lord Craig für ihn entworfen hatte. Er hatte einen Stock mit fingerartigen Vorsprüngen angefertigt, der ihm dabei half, seine Strümpfe und Stiefel anzuziehen, so dass er nicht auf fremde Hilfe angewiesen war. Er hatte wirklich großes Glück mit seiner Anstellung, denn wie viele verwundete Soldaten konnten für einen wohlhabenden, als Arzt ausgebildeten Herrn arbeiten?

John begann seine Wanderung den Weg zum Haus hinauf, wo er jeden Morgen mit der Familie frühstückte. Lord und Lady Craig waren keine typischen Aristokraten. Es gab keine Anspruchsdenken, nur Einbeziehung. Tatsächlich hatten sie versucht, ihn davon zu überzeugen, zu ihnen ins Schloss zu ziehen, aber er genoss seine Unabhängigkeit, und sei es nur, um sich selbst zu beweisen, dass er dazu fähig war. Ihm war ein Cottage zugeteilt worden, das sehr nahe am Herrenhaus lag. Es war um einiges größer, als es einem Junggesellen zustehen sollte, aber Lord Craig meinte, es entspräche seiner Stellung. John vermutete, dass es ihm eher um die Strecke ging, die er zurücklegen musste, um zum Schloss zu gelangen, als um seine Herkunft oder seine Position im Haushalt.