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Während sie mit Vincent zusammenarbeitete, lernte sie einige Wahrheiten über den besten Dieb ihrer Zeit… ihren Großvater. Er war bekannt unter dem Namen Chamäleon und hatte nie einen anderen Namen genannt. Er war außerdem so gut mit Täuschungen gewesen, dass er bei keinem einzigen Auftrag, für den er angeheuert worden war, versagt hatte… und bestimmt auch nicht in solchen, die er für sich selbst gemacht hatte.
Man hatte ihn als Meister der Tarnung beschrieben, und aufgrund der Tatsache, dass man ihn Chamäleon nannte, hatte sie sofort gewusst, dass es ihr Opa war, obwohl sie das nie jemandem verraten hatte, nicht einmal Vincent. Die Theorie, die die meisten Anhänger hatte, war, dass er ein Formwandler war, was ihrer Meinung nach der Wahrheit am nächsten kam, denn sie wussten natürlich nicht, dass Opa einen Tarnschild hatte.
Die Dämonenwelt versuchte immer noch, ihn zu finden, aber viele glaubten, dass er tot war. Nach seinem letzten Auftrag, bei dem er eine Seelenkugel von einem uralten Dämon stehlen hatte sollen, war er plötzlich verschwunden, und hatte die Kristallkugel mitgenommen. Niemand hatte ihn seither finden können… sie hatten gesucht, daran zweifelte Lacey nicht. Sie hatten keine Ahnung, dass die Seelenkugel in einem Tresor mitten in LA war, umgeben von einem Dämonenabwehrschild.
Deswegen hatte Lacey gewusst, dass es gefährlich gewesen wäre, mit irgendeinem ihrer Familienmitglieder Kontakt zu haben, weil sie Angst hatte, dass die Dämonen ihren Großvater finden könnten. Sie hatte ihn natürlich nicht angerufen. Er hätte nicht verstanden und wäre wahrscheinlich gekommen, um sie herauszuholen, wobei er zweifellos umgekommen wäre.
Über ein Jahr lang hatte sie geschwiegen, ihrer Familie keine Hinweise auf ihren Aufenthaltsort gegeben und war in der Zeit immer tiefer in den Diebesring gesogen worden. Sobald sie erkannte, dass sie nicht mehr ständig beobachtet wurde, hatte sie ihre Flucht geplant. Sie hatte Vincent sogar vorgewarnt, dass sie es tun würde, sobald sie eine Möglichkeit sah.
Er hatte sie an die Markierung erinnert, die Master auf ihrer Schulter angebracht hatte, aber sie hatte sich schon überlegt, was sie diesbezüglich unternehmen wollte. Sie hatte ihm versichert, dass sie gleich als erstes in einen bestimmten Tresor einbrechen würde, in dem ein Zauberspruchbuch lag, das ihr gegen die Dämonenmarkierung helfen würde… sie hatte ihm nur nicht erzählt, dass es der Tresor ihres Großvaters war. Vincent wusste nicht einmal, dass sie einen Großvater hatte.
Die beiden letzten Missionen, auf die sie geschickt worden waren, waren so gefährlich gewesen, dass sie beide Male beinahe gestorben wäre, und sie wäre nicht mehr am Leben, wenn Vincent nicht dagewesen wäre, um die Verletzungen abzufangen, die für sie bestimmt gewesen waren. Er hatte sich selbst geopfert, damit sie fliehen konnte. Beide Male war er brutal ermordet und seine Leiche entsorgt worden, doch als er wieder erwacht und sein Körper geheilt war, war er immer wieder zurückgekommen.
Als er endlich zugegeben hatte, dass es zu gefährlich für sie wurde, wenn sie bleiben sollte, hatte Vincent ihr angeboten, ihr zur Flucht zu verhelfen. Wie der Zufall es wollte, hatte ihr nächster Auftrag sie in genau dasselbe Museum geführt, in dem sie sich kennengelernt hatten. Sie sollten ein Gerät stehlen, das alle Dämonen in einem Umkreis von hundert Metern kampfunfähig machen sollte. Perfekt.
Der Plan war, dass nur einer von ihnen beiden von diesem Auftrag zurückkehren sollte. Sie hofften, dass, wenn Vincent Master das Gerät übergeben würde, der Dämon sich auf das neue Spielzeug konzentrieren würde, was offensichtlich eine Waffe gegen seine Art war, und sie nicht gleich verfolgen würde, sodass sie genug Zeit hatte, um den Zauberspruch zu finden, der die Markierung, die Master ihr verpasst hatte, wirkungslos machte.
Sie hatten problemlos das Gerät gestohlen, das für sie aussah, wie ein zehnseitiger, metallener Zauberwürfel, der statt der Farben goldene Symbole zeigte. Während sie da waren, hatten sie die Wächter ausgeschaltet und ihre Waffen gestohlen. Vincent hatte sich umgedreht, ihr eine süße Abschiedsrede gehalten und ihr einen schnellen Kuss auf die Wange gegeben.
Das Problem wurde deutlich, als sie das Museum verließen, und Master mit einer Horde von Dämonen vor der Tür auf sie wartete. Master hatte gelacht und ihr erzählt, dass die Markierung, die er ihr verpasst hatte, ihn über ihren Plan informiert hatte… bis hin zu der Tatsache, dass sie die Enkelin von Chamäleon war und zu seinem Laden zurück wollte, wo ein ganzer Tresor voller Dinge war, die ihn interessierten… inklusive der Seelenkugel.
Master hatte Vincent zugenickt und ihm dafür gedankt, dass er sie abgelenkt und nicht über die wahre Macht der Markierung informiert hatte.
Sie hatte Vincent wütend angesehen und ihm das Gerät aus der Hand gerissen, während sie betete, dass sie wusste, was sie machte, hatte sie begonnen, die Teile schnell zu drehen. Sie hatte die Bilder des Würfels auswendig gelernt, ehe sie zum Museum gekommen war, um ihn zu stehlen, und nutzte nun diese Erinnerung, um die Symbole schnell zu verbinden.
Einer nach dem anderen sanken die Dämonen unter schrillen Schmerzensschreien zu Boden, aber nicht Master… nein, dieser Hurensohn schritt geradewegs auf sie zu, Wut glitzerte in seinen Augen.
Da bewegte sich Vincent. Sie hatte nicht bemerkt, dass er ein uraltes Schwert aus demselben Tresorraum entwendet hatte, in dem der Würfel gewesen war, aber plötzlich war es in seiner Hand, und er hielt es an den Hals des Dämons. Mit einer ebenso schnellen Bewegung senkte der Dämon seine Hand in Vincents Brust, sodass sie auf der anderen Seite wieder herauskam.
„Lauf“, knurrte Vincent, gerade bevor seine Augen sich schlossen und der Kopf des Dämons neben ihm zu Boden fiel.
Alle anderen Dämonen starrten sie von ihren unglücklichen Positionen aus wütend an, also hatte sie den Würfel auf den Boden gelegt und genau das gemacht, was Vincent ihr aufgetragen hatte… rennen, so schnell sie konnte.
Sie konnte nicht wissen, ob Master jemandem erzählt hatte, was er über sie wusste, konnte nur hoffen, dass dieser gierige Hurensohn ihre Geheimnisse nicht verraten hatte, weil er Angst hatte, dass ein anderer Dämon vor ihm zu der legendären Seelenkugel kommen könnte. Ihre Gedanken kehrten immer wieder zu Vincent zurück, sie fragte sich, ob es ihm gut ging, oder ob er dafür gefoltert wurde, dass er ihr zur Flucht verholfen hatte.
Sie konnten ihn nicht für immer töten, aber sie wusste mittlerweile, dass es viel schlimmere Dinge gab, als tot zu bleiben… immer und immer wieder brutal ermordet zu werden, war eines davon.
Sie schielte hinunter auf ihre Schulter, wusste, dass sie irgendwie den Zauberspruch bekommen musste, um die Wirkung der Markierung zu zerstören, damit Vincents Opfer nicht umsonst gewesen war. Sie ließ das heiße Wasser der Dusche ihre stillen Tränen wegwaschen, als sie ihre neuen Ziele formulierte.
Oben war Ren plötzlich stehengeblieben und schaute auf den Boden, hörte, wie das Wasser durch das Haus floss. Ein teuflisches Lächeln erhellte seine Züge, als ihm klar wurde, dass er genau über dem Badezimmer stand, in dem Lacey war. Sein Blick folgte dem Geräusch des Wassers hinüber zu der Wand, in der die Wasserleitungen verliefen.
Sie war mittlerweile lange genug in der Dusche, und er war bereit, seine Befragung fortzuführen.
Mit schnellen Schritten ging Ren zur Wand, legte seine Hand über die Leitung, die er brauchte, und konzentrierte sich mit geschlossenen Augen auf den Temperaturregler des Warmwasserboilers. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem zufriedenen Lächeln, als Frost unter seinen Fingern auf der Wand erschien. Der Schrei, der durch den Bombenkeller schallte, ließ alle außer Ren überrascht zusammenzucken.
In der dampfenden Dusche war das vorhin brennheiße Wasser plötzlich eiskalt geworden, sodass Lacey sich ruckartig von dem Wasserstrahl entfernte. Dabei rutschte sie in der Badewanne aus und fiel, wobei sie fast den Duschvorhang mitgenommen hätte.
„Lacey!“, rief Gypsy besorgt.
Lacey befreite sich von dem Duschvorhang und schob ihn zur Seite, froh, dass sie ihn nicht heruntergerissen hatte.
„Mir geht es gut“, rief Lacey und starrte wütend den Duschkopf an. „Du brauchst einen neuen Wasserboiler… das verdammte Ding hat gerade innerhalb einer Sekunde von heiß auf eiskalt umgestellt.“
Gypsy runzelte die Stirn auf der anderen Seite der Tür, fragte sich, was dazu geführt hatte, dass das Wasser so etwas machte. Sie hatte vorhin eine Stunde lang geduscht, ohne jedes Problem.
„Ich werde Ren bitten, es sich anzusehen“, rief Gypsy durch die geschlossene Tür. „Er hat eine besondere Beziehung zu Maschinen und kann sie dazu bringen, wieder zu funktionieren, wenn sie kaputt sind.“
Lacey drehte den Kopf und starrte mit großen Augen die Tür an, denn als sie Gypsys Erklärung hörte, wusste sie sofort, was geschehen war.
„Das bedeutet Krieg“, zischte sie leise, aber nachdem sie keine andere Wahl hatte, trat sie wieder unter die kalte Dusche, um den Rest des Shampoos aus ihrem Haar zu waschen.
Ren war oben, saß mit dem Rücken zur Wand und einem breiten Grinsen auf dem Gesicht am Boden. Wenig später hörte er Schritte auf der Treppe und machte sich nicht die Mühe, sein Grinsen zu verbergen, als er erkannte, dass es Nick war.
„Ich wusste es“, stellte Nick laut flüsternd fest. „Aber ich muss zugeben… der war ziemlich gut.“
Ren tätschelte die Wand hinter ihm. „Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.“
Nick fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Ich wäre vorsichtig in ihrer Nähe… Gypsy hat ihr gerade gesagt, dass du eine spezielle Beziehung zu Maschinen hast.“
Rens Grinsen wurde nur noch breiter. „Ach, wie schade.“
„Du vergnügst dich zu sehr“, warf ihm Nick vor.
„Natürlich“, bestätigte Ren. „Jetzt lass uns nach unten gehen und sehen, ob ich herausfinden kann, was da mit Gypsys Wasserboiler nicht stimmt.“
Nick grunzte, als er ein Lachen zurückhielt, und schüttelte den Kopf, während Ren wieder hinunter in den Bombenkeller spazierte. Er war überglücklich über die Tatsache, dass Rens gesamte Aufmerksamkeit sich nun auf Lacey zu konzentrieren schien.
Ren trat ins Wohnzimmer, gerade rechtzeitig, um zu hören, dass die Dusche abgedreht wurde. Er schielte hinüber zu Gypsy und sah, dass sie mit gerunzelter Stirn auf dem Sofa saß.
„Was ist los?“, fragte Ren mit unschuldigem Gesichtsausdruck.
„Mein Wasserboiler scheint plötzlich den Geist aufgegeben zu haben“, erklärte Gypsy und nickte Richtung Badezimmertür. „Lacey sagte, dass es einfach so eiskalt wurde“, erzählte sie und schnippte mit ihren Fingern.
„Das muss unangenehm gewesen sein“, sagte Ren, sodass Nick sich umdrehen musste, um zu verhindern, dass Gypsy sein breites Grinsen sah.
Lacey zitterte, als sie aus der Dusche kam, und trocknete sich schnell ab. Ein Handtuch fest um sich gewickelt, trat sie an den Spiegel über dem Waschbecken und erkannte, dass sie sich nicht nur besser fühlte, sondern auch besser aussah, jetzt wo sie die Schmutzschicht und die Kleidung, die ihr viel zu groß war, abgelegt hatte.
Sie nahm Gypsys Haarbürste und begann, ihr langes, dunkles Haar zu kämmen. Während sie noch mit ihrem Haar beschäftigt war, drehte sie sich um, um die Kartonschachtel zu öffnen… und lächelte, als sie all die Kleidungsstücke sah, die sie zurückgelassen hatte. Sie musste gegen den Drang ankämpfen, den gesamten Inhalt der Schachtel in die Luft zu werfen, damit sie sich am Boden darin wälzen konnte. Ihre Sachen… sie hatte sie vermisst.
Nach kurzem Suchen zog sie ein knallviolettes Kleid und ein Paar schwarzer Sandalen hervor und stellte sie auf die Kommode, während sie Unterwäsche hervorkramte. Nachdem sie sich wieder zum Spiegel umgedreht hatte, machte sie ihr Haar fertig und legte die Bürste zurück. Sie legte ihren Kopf zur Seite, betrachtete nachdenklich die kleine Sammlung von Kosmetika, die Gypsy hatte, und trug schnell ein paar auf, ehe sie ihr Haar föhnte.
Sie schielte wieder zurück zum Spiegel, aber atmete geräuschvoll ein, als sie dieselbe Markierung, die sie auf ihrer Schulter hatte, nun auf dem Glas gezeichnet sah und ein seidig schwarzes Gesicht sie statt ihres Spiegelbildes anstarrte. Ein lauter Schreckensschrei entkam ihr, als die zähe Dunkelheit plötzlich aus dem Spiegel heraus nach ihr griff.
Lacey stolperte rückwärts und wäre beinahe über die Schachtel am Boden gestolpert, weil sie so schnell versuchte, der Schwärze zu entkommen. Ihr Rücken traf die Badezimmerwand, als die überlangen Arme sich weiter nach ihr ausstreckten und die gespenstischen Lippen sich in einer Weise bewegten, sodass sie wusste, dass es ein Zauberspruch war, den sie sagten.
Sie erschrak noch einmal, als die Badezimmertür plötzlich aufgestoßen wurde und Ren in der Öffnung stand, Gypsy direkt hinter ihm. Lacey richtete mit großen Augen ihren Blick wieder auf den Spiegel und wollte vor Frust schreien, als sie sah, dass das dreidimensionale Bild des Dämons verschwunden war, und eine dünne Schicht aus Eiskristallen nun den Spiegel überzog.
Rens Atem gefror in seiner Brust, als er ihre Verwandlung sah, von einem schmutzigen Straßenjungen zu weicher, glatter Haut, sauberem, seidigen Haar und einem Körper, der ihn wünschen ließ, dass er die Seife gewesen wäre. Er hatte gewusst, dass sie schön war, aber er hatte sie wieder unterschätzt. Sein Blick richtete sich sofort auf das Handtuch, das halb offen hing und die Seite von Lacey zeigte, die ihm zugewandt war. Es bedeckte ihre Brust, aber der Ansatz des weichen Hügels war gerade noch erkennbar.
Schnell zwang er sich dazu, seinen Blick abzuwenden, und folgte dem ihren zum Spiegel, dann runzelte er die Stirn, als er die dünne Eisschicht dort erkannte. Der Spiegel wählte genau diesen Augenblick, um durch die Kälte zu zerspringen, und das Knacken klang laut und unheilvoll in der plötzlichen Stille.
Laceys Augen weiteten sich, als sie den misstrauischen Blick auf Rens Gesicht sah und schnell suchte sie nach einer Möglichkeit, ihn von dem Spiegel abzulenken.
„Was, zur Hölle, bildest du dir ein, wenn du hier hereinplatzt, während ich hier bin, du Perversling?“, rief sie, und richtete sich auf, während sie versuchte, das Handtuch um ihren Körper zu schließen.
„Wir dachten, dass dir etwas zugestoßen ist“, bemerkte Gypsy von hinter ihm.
Lacey seufzte dramatisch. „Nun, wie du siehst, geht es mir gut. Ich dachte, dass ich etwas im Spiegel gesehen habe, das ist alles. Also, wenn ihr jetzt wieder geht…“ Sie warf die Tür genau vor Rens Nase ins Schloss. „Ich habe dir ja gesagt, dass du dich nicht zurückhalten können wirst“, neckte sie ihn durch die geschlossene Tür.
„Wenn du meinst“, entgegnete Ren scharf, seine Augenbrauen zusammengezogen. „Ich bin nicht derjenige, der beim Anblick meines Spiegelbildes vor Schreck schreit.“
„Ren“, begann Gypsy, aber biss sich dann schnell auf die Zunge, als sie den harten, entschlossenen Blick auf seinem Gesicht sah.
Lacey öffnete ihren Mund, um etwas zu erwidern, aber ihr fiel nichts mehr ein. Sie hatte ihm den Krieg erklärt, aber scheinbar konnte sie nicht mit ihm mithalten.
„Verdammt, er ist wirklich gut“, flüsterte sie, dann schielte sie nervös zurück zum Spiegel. Nachdem sie sich nicht mehr sicher fühlte, zog sie sich schnell an.
Ren grinste, als er ihr Kompliment hörte, aber es dauerte nicht lange, ehe seine Gedanken sich wieder auf den Spiegel und die merkwürdigen Eiskristalle stürzten. Er hatte das warme Wasser abgekühlt, aber das konnte den Spiegel nicht beeinflusst haben. Nein… ihr Schrei war ebenso echt gewesen, wie die Angst, die er auf ihrem Gesicht gesehen hatte, als er die Tür geöffnet hatte.
Nachdem er Ren mehr Zeit alleine mit Lacey gönnen wollte, um hoffentlich den Funken, von dem er sicher war, dass er da war, zu zünden, schaute Nick auf die Zeitanzeige seines Handys und dann hinüber zu Gypsy. „Bist du bereit? Es ist fast neun Uhr.“
Gypsys Augen leuchteten und sie lächelte ihn an, freute sich darauf, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Sie war mehr als nur neugierig zu sehen, wie es werden würde, wenn sie ihre nicht-menschlichen Kunden einzeln einladen musste, wenn sie auf die Barriere trafen. Es würde außerdem lustig werden, zu sehen, welche der Kunden, die sie schon seit Jahren kannte, plötzlich nicht mehr hereinkommen konnten… wodurch sie wissen würde, dass sie Paranormale waren. Wenn der heutige Tag schon sonst nichts bringen würde… dann zumindest einige neue Informationen.
„Nun, das wird bestimmt interessant werden. Ich bin froh, dass die normalen Menschen weiterhin ohne Einladung hereinkommen können, sonst würde ich den ganzen Tag an der Tür stehen müssen, wie die Leute im Wal-Mart, die jeden begrüßen. ‚Guten Morgen, kommen Sie doch herein‘.“ Sie kicherte, als sie ihre Hand vor sich einladend ausstreckte, sodass Nick grinste.
Gypsy schielte über ihre Schulter zu Ren: „Seid lieb zueinander.“ Sie lief schnell die Treppen hinauf, ehe Ren etwas sagen konnte, um sie aufzuhalten.
Nicks Lippen zuckten, aber er sagte auch nichts, denn Ren schien in Gedanken versunken zu sein. Seine Hände in den Hosentaschen folgte er Gypsy nach oben, damit er das Halloween-Schild aufhängen konnte, das er gemacht hatte. Die meisten würden denken, dass es nur eine Dekoration für das Fest war, aber auf dem Schild stand: ‚Alle Paranormalen brauchen eine Einladung, um eintreten zu können‘. Er wollte es an der Tür direkt auf Augenhöhe anbringen, damit man es nicht übersehen konnte.
Ren rieb sich sein Kinn, als er nachdenklich die Badezimmertür anstarrte. Er hatte recht gehabt, als er gedacht hatte, dass Lacey ein neutralisierendes Parfum getragen hatte, als sie gestern Nacht eingebrochen hatte. Jetzt, wo sie es alles abgewaschen hatte, konnte er sie riechen. Diese hilfreiche Macht lieh er wohl von der verliebten Miezekatze, die gerade hinter Gypsy her nach oben gerannt war.
Er konnte ihre Angst riechen und ihren rasenden Herzschlag hören, als sie sich schnell anzog. Sie hatte ihn wieder angelogen. Was auch immer sie in dem Spiegel gesehen hatte, machte ihr große Angst, und ihm war sehr wohl klar, dass er mit Fragen nicht mehr weiterkommen würde. Da entschied er, dass genug genug war.
Während er sein Handy aus seiner Hosentasche zog, wählte Ren mit seinen Gedanken Storms Nummer und wartete, dann lächelte er, als der Anruf mitten im ersten Klingeln beantwortet wurde.
„Ich werde sehen, ob ich Zachary für dich von seiner Frau losreißen kann“, sagte Storm und legte auf, bevor Ren auch nur ein Wort sagen konnte. Er war nicht einmal überrascht, als die beiden Männer plötzlich bei ihm in Gypsys Wohnzimmer erschienen.
„Was, zur Hölle, Storm?!“, beschwerte sich Zachary, während er sein nicht zugeknöpftes Hemd wieder in seine nicht zugeknöpfte Hose steckte. Er würde ein Wörtchen mit dem Zeitreisenden sprechen müssen, damit er nicht wieder einfach so in seinem Schlafzimmer erschien. Es war schon schlimm genug, dass Nachtfalke sich diesen kleinen Trick angewöhnt hatte. „Ich war gerade mit etwas sehr Wichtigem beschäftigt, wie du wohl sehen konntest!“
„Es wird nur eine Minute dauern“, sagte Ren und grinste gemein, denn er wusste genau, womit Zachary beschäftigt gewesen war. Er kannte Storms Humor gut genug, um zu wissen, wie der Zeitreisende die Sache sah… es kam immer aufs richtige Timing an.
Er nahm seine Sonnenbrille ab und steckte sie in seine Hemdtasche, wusste, dass er Lacey direkt in die Augen sehen musste, wenn er die Macht des Phönix‘ benutzte.
Kapitel 4
Lacey zog sich fertig an, wobei sie es vermied, in den Spiegel zu sehen, und jammerte leise vor sich hin. Wieso musste dieser Typ immer darauf bestehen, sie zu retten… es ging ihr gut, danke sehr. Klar hatte sie Momente, in denen sie sich zu Tode ängstigte, aber nichts, was sie nicht selbst im Griff hätte. Ihr Ärger verblasste schnell, als das Bewusstsein kam, dass die Dämonen sie gefunden hatten, und sie nicht lange genug am Leben sein würde, um es ihm zurückzuzahlen.
Sie verschloss die Schachtel mit den Kleidern wieder, ehe sie der Wand entlang zur Tür kroch, um nicht in den Spiegel sehen zu müssen.
Rens Lächeln wurde richtiggehend teuflisch, als der Türgriff sich bewegte, und er sich direkt vor die Badezimmertür teleportierte. Er ließ sie keinen Schritt machen, ehe er schnell seinen Arm hob, und seine Handfläche auf ihre Stirn legte, während seine andere Hand sich um ihren Hinterkopf schloss, um sie festzuhalten.
Er beugte ihren Kopf zurück, sodass er mit seinen silbernen Augen genau in ihre schaute.
Lacey öffnete ihren Mund, um ihn anzuschreien, aber ihre Stimme versagte, als sie plötzlich dunkle Flammen in seinen schönen, quecksilbernen Augen sah. Im nächsten Augenblick sah sie vor ihrem inneren Auge das vergangene Jahr im Zeitraffer abspielen, so schnell, dass sie kaum mithalten konnte. Die Flut an Emotionen, die den Bildern folgte, überwältigte sie.
Erschrocken über das, was geschah, versuchte sie sich von Ren loszureißen, aber während ihr Kopf auf Hochtouren arbeitete, war ihr Körper wie gelähmt.
Ren hielt Lacey fest, als die vielen Erinnerungen in seinen Kopf flossen, sodass er alles sehen konnte, und sogar einige der Gefühle fühlen konnte, die sie damit verband. Nur mit größter Mühe konnte er verhindern, dass er vor Überforderung in die Knie ging. Er sah alles, von dem Moment an, als sie Vincent getroffen hatte, bis zu dem Bild von der Kreatur, die durch den Badezimmerspiegel nach ihr gegriffen hatte.
Er atmete schwer, als er die intimen Momente, die sie mit Vincent geteilt hatte, beobachtete und fühlte eine überwältigende Eifersucht und einen Hass auf den Mann, der sie in eine so gefährliche Situation gebracht hatte. Wie konnte er es wagen, sie so liebevoll zu berühren, nachdem er so mit ihrem Leben gespielt hatte?
Nachdem er genug gesehen hatte, ließ Ren sie mit einem Knurren los, das sofort von einem lauten Klatschen gefolgt wurde, das durch den stillen Raum hallte. Sein Kopf drehte sich ruckartig zur Seite, als ihre Handfläche seine Wange traf. Er wusste, dass er die Ohrfeige verdiente, aber auf gar keinen Fall würde er sich entschuldigen für das, was er getan hatte.
„Wie kannst du es wagen, mir das anzutun, du Arschloch?“, tobte Lacey. Als sie sah, dass die dunklen Flammen langsam aus seinen silbernen Augen verschwanden, wusste sie ohne Zweifel, dass er ihre Erinnerungen gemeinsam mit ihr gesehen hatte. „Wer, zur Hölle, meinst du, dass du bist, dass du meine privaten Gedanken sehen darfst?“
„Ja, das ist die Reaktion, die ich meistens auch bekomme“, brachte Zachary mit einem breiten Grinsen hervor.
Lacey schaute an Ren vorbei, um zu sehen, wer gesprochen hatte, aber konnte nur mehr einen kurzen Blick auf die beiden anderen Männer erhaschen, ehe sie sich in Luft auflösten.
„Wieso?“, fragte Lacey scharf, wobei sie nicht einmal auf die Tatsache einging, dass sie gerade gesehen hatte, dass sich jemand aus dem Raum teleportiert hatte, als wären sie auf ihr Raumschiff gebeamt worden. Das machte sie nicht halb so nervös, wie die Tatsache, dass der Mann vor ihr gerade ihre geheimsten Gedanken gestohlen hatte. „Und du wagst es, mich eine Diebin zu nennen?“
Ren sah mit stoischem Gesichtsausdruck auf sie hinunter. „Du hättest es mir sonst nicht erzählt, wie du dich vielleicht erinnerst… war ich so nett, und habe mehrmals höflich gefragt. Du hast mir keine Wahl gelassen, als einen mächtigen Freund zu bitten, mir zu helfen, die Antworten zu bekommen, die ich brauche. Und es ist nur gut, dass ich das getan habe, denn du sitzt ziemlich in der Patsche.“
„Meine Probleme gehören mir, und du hältst dich da gefälligst heraus“, entgegnete Lacey barsch.
Ren beugte sich zu ihr und grinste, als sie sich an den Türrahmen drückte, um so weit wie möglich von ihm weg zu kommen. „Nur zu deiner Information: nicht jeder hier ist böse und wir können dir vielleicht sogar aus der Patsche helfen.“ Er hob eine dunkle Augenbraue, ehe er seine Sonnenbrille wieder aufsetzte.
„Es tut mir leid, wenn ich im Moment ein paar Schwierigkeiten damit habe, Leuten zu vertrauen… besonders Dämonen“, sagte Lacey und wünschte sich, dass er seine Sonnenbrille wieder abnehmen würde. „Vielleicht kannst du verstehen wieso.“
„Ich erzähle dir eines meiner Geheimnisse, damit du dich besser fühlen kannst“, bot Ren leise an. „Ich bin ein Mensch, aber ich habe die Fähigkeit, die Mächte anderer Paranormaler zu… kopieren… wenn sie in der Reichweite meines Sukkubus sind.“
Lacey runzelte die Stirn. „Sukkubus? Ich dachte, ein Sukkubus ist immer weiblich… genau genommen weiß ich, dass sie weiblich sind. Wärst du dann nicht ein Inkubus?“
Ren schüttelte den Kopf. „Ich bin kein echter Sukkubus, wir haben es nur immer so genannt, weil ich scheinbar jede Macht aus der Luft aufsauge, wenn jemand in der Nähe ist, der irgendeine Macht hat. Es ist auch nicht so, dass ich das absichtlich tue… es passiert einfach, ob ich es will, oder nicht. Wenn mehr als ein Paranormaler in meiner Reichweite ist, dann habe ich mehr als nur eine Macht.“
„Also bist du ein Dieb“, bemerkte Lacey mit einem zufriedenen Lächeln.
Rens Lächeln war mindestens so breit wie ihres, als er ihre Vermutung korrigierte. „Ich kann ihnen ihre Mächte nicht wegnehmen, ich kann nur über dieselbe Macht verfügen, was recht praktisch ist, wenn ich gegen einen kämpfe.“
„Wenn du nicht weißt, was du wirklich bist, wie weißt du dann, dass du nicht ein Dämon bist, oder zumindest ein Halb-Dämon?“, fragte sie, nun neugierig.
„Weil Dämonenblut schwarz ist“, sagte Ren, der sich daran erinnerte, wie Vincent ihr Vertrauen gewonnen hatte. Er schielte hinüber zu dem scharfen Brieföffner, der auf Gypsys Schreibtisch lag. Schnell hob er ihn auf und zerschnitt damit seine Handfläche, sodass sie das rote Blut sehen konnte, das aus der Wunde hervortrat, ehe diese begann, zu heilen.
Laceys Bauchmuskeln verkrampften sich, als er leise über den selbst zugefügten Schmerz zischte. Sie schaute schnell hoch in sein Gesicht, als die Schuldgefühle dafür, dass er für sie leiden musste, um zu beweisen, dass er nicht log, über sie hereinschwappten. Irgendwie erinnerte er sie an Vincent… menschlich aber auch nicht.
„Wie du siehst… blute ich ganz normal und rot.“ Ren warf den Brieföffner zurück auf den Schreibtisch. „Ich bin völlig menschlich, solange ich nur von Menschen umgeben bin… aber zufällig gibt es hier in L.A. gerade einen Dämonenkrieg. Es wimmelt hier im Moment nur so vor Dämonen und Paranormalen. Ich kenne sogar ein paar Götter, die gerade in der Stadt sind. Meine Mächte verändern sich, je nachdem, wer gerade in meiner Reichweite ist.“
„Wieso erzählst du mir das?“, fragte Lacey, denn sie wusste, dass dies etwas war, das man besser geheim halten sollte… sie hätte es zumindest getan.