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Durchs wilde Kurdistan
Durchs wilde Kurdistan
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Durchs wilde Kurdistan

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»Herr, wir sind sehr arme Pilger. So viel haben wir nicht bei uns!«

»Wie viel habt ihr?«

»Fünfhundert Piaster können wir dir vielleicht geben.«

»Fünfhundert? Kerl, ihr wollt uns betrügen!«

»Vielleicht bringen wir auch sechshundert zusammen.«

»Ihr gebt zwölftausend Piaster und keinen Para weniger. Das schwöre ich euch bei Mohammed. Und wollt ihr nicht, so lasse ich euch so lange prügeln, bis ihr sie gebt. Ihr habt gesagt, daß ihr Mittel besitzt, euer Geld unsichtbar zu machen; ihr habt also viel bei euch, und ich habe das Mittel, eure Piaster wieder sichtbar zu machen!«

Halef tat, als erschrecke er.

»Herr, tust du es wirklich nicht billiger?«

»Nein.«

»So müssen wir es dir geben!«

»Ihr Schurken, jetzt sehe ich, daß ihr viel Geld bei euch habt! Nun werdet ihr nicht für zwölftausend Piaster frei, sondern ihr müßt das geben, was ich zuerst verlangte, nämlich fünfzehntausend.«

»Verzeihe, Herr, das ist zu wenig!«

Der Hauptmann sah den kleinen Hadschi Halef ganz erstaunt an.

»Wie meinst du das, Kerl?«

»Ich meine, daß ein jeder von uns mehr wert ist, als fünfzehntausend Piaster. Erlaube, daß wir dir fünfzigtausend geben!«

»Mensch, bist du verrückt?«

»Oder hunderttausend!«

Der Bäckermeister-Jüs Baschi blies ganz ratlos die Backen auf, blickte dem Leutnant in das hagere Gesicht und fragte ihn:

»Leutnant, was sagst du?«

Dieser hatte den Mund offen und gestand freimütig:

»Nichts, ganz und gar nichts! «

»Ich auch nichts! Diese Menschen müssen ungeheuer reich sein!«

Dann wandte er sich wieder zu Halef:

»Wo habt ihr das Geld?«

»Mußt du es wissen?«

»Ja.«

»Wir haben einen bei uns, der für uns bezahlt. Du kannst ihn aber nicht sehen.«

»Allah beschütze uns! Du meinst den Teufel!«

»Soll er kommen?«

»Nein, nein, niemals! Ich bin kein Dschesidi, ich verstehe nicht, mit ihm zu reden! Ich würde tot sein vor Schreck!«

»Du wirst nicht erschrecken, denn dieser Scheïtan kommt in der Gestalt eines Menschen. Da ist er schon!«

Ich hatte mich hinter dem Baume erhoben, und mit zwei schnellen Schritten stand ich vor den beiden Offizieren. Sie fuhren entsetzt auseinander, der eine nach rechts und der andere nach links. Da ihnen aber meine Gestalt doch nicht ganz und gar schrecklich vorkommen mochte, so blieben sie stehen und starrten mich wortlos an.

»Jüs Baschi,« redete ich sie an, »ich habe alles gehört, was ihr heute abend gesprochen habt. Ihr sagtet, Scheik Adi sei ein böses Nest!«

Ein schwerer Atemzug erscholl als einzige Antwort.

»Ihr sagtet, Allah möge dort die Leute zerhacken und zerquetschen.«

»Oh, oh!« ertönte es.

»Ihr sagtet ferner, ihr wolltet die Bösewichter, die Buben, die Unreinen, die Unverschämten, die Hunde niederschießen und große Beute machen!«

Der Mülasim war halb tot vor Angst, und der Jüs Baschi konnte nichts als stöhnen.

»Ihr wolltet dann befördert werden und Tabak aus Schiras rauchen!«

»Er weiß alles!« brachte der dicke Hauptmann angstvoll hervor.

»Ja, ich weiß alles. Ich werde euch befördern. Weißt du, wohin?«

Er schüttelte den Kopf.

»Nach Scheik Adi, zu den Unreinen und Unverschämten, die ihr töten wolltet. Jetzt sage ich zu euch das, was ihr vorhin zu diesen beiden Männern sagtet: Ihr seid meine Gefangenen!«

Die Soldaten konnten sich den Vorgang nicht erklären; sie standen in einem dichten Knäuel beisammen. Der Wink, den ich bei meinen letzten Worten gab, genügte. Die Dschesidi brachen hervor und umringten sie. Nicht ein einziger dachte daran, Widerstand zu leisten. Alle waren ganz verblüfft. Die Offiziere aber ahnten nun doch den wahren Sachverhalt und griffen in den Gürtel.

»Halt, keine Gegenwehr!« ermahnte ich sie, indem ich den Revolver zog. »Wer zur Waffe greift, wird augenblicklich niedergeschossen!«

»Wer bist du?« fragte der Hauptmann.

Er schwitzte förmlich. Der brave Fallstaff dauerte mich einigermaßen, und die Don Quixote-Gestalt neben ihm gleichfalls. Um ihre Beförderung war es nun geschehen.

»Ich bin euer Freund und wünsche deshalb, daß ihr nicht von den Dschesidi niedergeschossen werdet. Gebt eure Waffen ab!«

»Aber wir brauchen sie doch!«

»Wozu?«

»Wir müssen damit die Geschütze verteidigen!«

Dieser beispiellosen Naivität war nicht zu widerstehen, ich mußte laut auflachen. Dann beruhigte ich sie:

»Seid ohne Sorgen; wir werden die Kanonen behüten!«

Es ward zwar noch einiges hin und her gesprochen, dann aber streckten sie doch die Waffen.

»Was werdet ihr mit uns tun?« fragte jetzt der besorgte Jüs Baschi.

»Das kommt ganz auf euer Verhalten an. Vielleicht werdet ihr getötet, vielleicht aber auch erlangt ihr Gnade, wenn ihr gehorsam seid.«

»Was sollen wir tun?«

»Zunächst meine Fragen der Wahrheit gemäß beantworten.«

»Frage!«

»Kommen noch mehr Truppen hinter euch?«

»Nein.«

»Ihr seid wirklich die einzigen hier?«

»Ja.«

»So ist der Miralai Omar Amed ein sehr unfähiger Mensch. In Scheik Adi halten mehrere tausend Bewaffnete, und hier schickt er dreißig Männer mit vier Kanonen gegen sie. Er mußte euch wenigstens einen Alai Emini mit zweihundert Mann Infanterie als Bedeckung mitgeben. Dieser Mann hat gemeint, die Dschesidi seien so leicht zu fangen und zu töten, wie die Fliegen. Welche Befehle hat er euch gegeben?«

»Wir sollen die Geschütze unbemerkt bis an das Wasser schaffen.«

»Und dann?«

»Und dann an demselben aufwärts gehen, bis eine halbe Stunde vor Scheik Adi.«

»Weiter!«

»Dort sollen wir warten, bis er uns einen Boten sendet. Darauf müssen wir bis zum Tale vorrücken und die Dschesidi mit Kugeln, Kartätschen und Granaten beschießen.«

»Das Vorrücken ist euch gestattet; ihr werdet sogar noch weiter kommen als nur bis zum Eingange des Tales. Das Schießen aber werden Andere übernehmen.«

Nun es einmal geschehen war, ergaben sich die Türken als echte Fatalisten ganz ruhig in ihr Schicksal. Sie mußten zusammentreten und wurden von den Dschesidi eskortiert. Die Geschützstücke waren auf die Maultiere geladen worden und folgten unter Bedeckung. Natürlich machten wir uns wieder beritten, als wir bei den Pferden ankamen.

Eine halbe Stunde vor dem Tale von Scheik Adi ließ ich die Kanonen unter dem Schutze von zwanzig Mann zurück. Es geschah dies um des Boten willen, welcher von dem Miralai erwartet wurde.

Gleich an dem Eingange zum Tale trafen wir auf eine bedeutende Menschenmenge. Das Gerücht von unserer kleinen Expedition hatte sich sehr bald unter den Pilgern verbreitet, und man hatte sich hier versammelt, um das Ergebnis so bald wie möglich zu vernehmen. Infolgedessen war auch jedwedes Schießen im Tale eingestellt worden, sodaß nun eine tiefe Stille herrschte. Man wollte die Schüsse hören, falls es zwischen uns und den Türken zu einem ernstlichen Kampfe kommen sollte.

Der erste, welcher mir entgegenkam, war Ali Bey.

»Endlich kommst du,« rief er sichtlich erleichtert; dann setzte er besorgt hinzu: »aber ohne Kanonen! Und auch Leute fehlen!«

»Es fehlt kein Mann, und auch kein einziger ist verwundet.«

»Wo sind sie?«

»Bei Halef und Selek draußen bei den Geschützen, die ich zurückgelassen habe.«

»Warum?«

»Dieser Jüs Baschi hat mir erzählt, daß der Miralai an die Stelle, wo die Kanonen stehen, einen Boten senden werde. Sie sollen dann vorrücken und Scheik Adi mit Vollkugeln, Kartätschen und Granaten beschießen. Hast du Leute, welche ein Geschütz zu bedienen verstehen?«

»Genug!«

»So sende sie hinaus. Sie mögen mit den Türken die Kleidung wechseln, den Boten gefangen nehmen und dann sofort einen Schuß lösen. Dies wird für uns das sicherste Zeichen sein, daß der Feind nahe ist, und diesen selbst wird es zu einem übereilten Angriff verleiten. Was tust du mit den Gefangenen?«

»Ich schicke sie fort und lasse sie bewachen.«

»Im Tale Idiz?«

»Nein. Diesen Ort darf keiner sehen, der nicht ein Dschesidi ist. Aber es gibt eine kleine Schlucht, in der es möglich ist, die Gefangenen durch nur wenige Leute fest zuhalten. Komm!«

In seinem Hause erwartete mich ein sehr reichliches Nachtessen, wobei mich seine Frau bediente. Er selbst war nicht zugegen, denn er mußte die Umkleidung der Gefangenen beaufsichtigen, welche dann abgeführt wurden. Diejenigen, welche die Uniformen der Türken erhielten, waren geschulte Kanoniere und rückten bald ab, um sich zu den Geschützen zu begeben.

Die Sterne begannen bereits zu erbleichen, als Ali Bey zu mir kam.

»Bist du bereit, aufzubrechen, Emir?«

»Wohin?«

»Nach dem Tale Idiz.«

»Erlaube, daß ich hier bleibe!«

»Du willst mitkämpfen?«

»Nein.«

»Dich uns nur anschließen, um zu sehen, ob wir tapfer sind?«

»Ich werde mich euch auch nicht anschließen, sondern hier in Scheik Adi bleiben.«

»Herr, was denkst du!«

»Ich denke, daß dies das Richtige sein wird.«

»Man wird dich töten!«

»Nein. Ich stehe unter dem Schutze des Großherrn und des Mutessarif.«

»Aber du bist unser Freund; du hast die Artilleristen gefangen genommen; das wird dir das Leben kosten!«