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Der Gitano
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Der Gitano

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Der Gitano
Karl May

Karl May

DER GITANO

Ein Abenteuer unter den Carlisten von Karl May

Der Gitano

Als eine Probe der unter dem Titel »Aus der Mappe eines Vielgereisten« in unserem »deutschen Familienblatte« ver?ffentlichten Abenteuer und Characterschilderungen.

Es war am 29. Juli 1875. Zwei Tage vorher hatte Don Carlos bei Tolosa ?ber die Brigaden Dorregarray‘s gro?e Heerschau gehalten und demselben neue Pl?ne ?ber den fortzusetzenden Widerstand nach Navarra geschickt. Ich selbst war bei dieser Gelegenheit so gl?cklich gewesen, den jetzt so vielgenannten, um nicht zu sagen, ber?hmten Mann zu sehen, hatte auch um eine kurze Audienz gebeten, war aber abgewiesen und zu General Mondiri, welcher an Stelle Perula‘s commandirte, geschickt worden.

Das Saragossische Haus, welches ich vertrat, hatte vor l?ngerer Zeit mehrere bedeutende Lieferungen an die Carlisten effectuirt und trotz mehrmaliger Erinnerungen bis Dato noch kein Zahlung erhalten. De?halb war ich von dem Chef der Firma beauftragt worden, nach Tolosa zu gehen und wo m?glich mit dem Pr?tententen selbst zu sprechen. Leider kehrte ich unverrichteter Sache zur?ck und mu?te dabei noch Gott danken, mit heiler Haut davongekommen zu sein, da ich von verschiedenen Seiten nur zu deutlich den guten Willen erkannt hatte, dem unwillkommenen Mahner einen der nur zu wohl bekannten »Carlistenstreiche« zu spielen.

De?halb w?hlte ich nicht die gew?hnliche, ?ber Pamplona, Sanguesso und Egea nach Saragossa f?hrende Stra?e, auf welcher es von Bandiero‘s (Carlisten) wimmelte, sondern schlo? mich einer Mula (Maulthierkarawane) an, welche nach Alfaro ging und wollte von diesem Orte wo m?glich auf den Wellen des Ebro mein Ziel erreichen, um dann sp?ter ?ber Tortosa auf dem Seewege in meine Heimath zur?ckzukehren.

Der Mulero (F?hrer der Karawane) war ein Asturier von finsterem Aussehen. Er sprach wenig, fluchte aber desto mehr und hatte nach seiner Absicht auch gen?gende Ursache dazu. Schon seit langen Jahren hatte er mit den Contrabandisto‘s (Schleichh?ndlern) an der franz?sischen Grenze in Verbindung gestanden, von denen er in Ochagavia die Waarenballen in Empfang nahm, um sie ?ber Tafalla und Alfaro nach Soria zu bringen, von wo aus sie von einem Gesch?ftsfreunde nach Valladolid expedirt wurden. Bei seiner letzten Reise war er unter die Carlisten gerathen und hatte nicht nur seine Ladung, sondern auch die besten seiner Maulthiere eingeb??t, so da? er nur mit dem ingrimmigsten Hasse an die »Banditen des r?uberischen Don Habenichts« dachte.

Unterwegs hatten sich uns zwei Gitani (Zigeuner) zugesellt, welche fast meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Es waren ein noch junger Mann von ungef?hr sechsundzwanzig Jahren und ein M?dchen, welches acht Jahre weniger z?hlen mochte. Beide waren von au?erordentlicher Sch?nheit und zeigten jene stolze, imponirende Haltung, durch welche sich der Bewohner Neukastiliens so au?erordentlich empfiehlt. Ganz besonders fiel mir die achtungsvolle Sorglichkeit auf, welche der Gitano f?r seine Begleiterin zeigte und mit welcher er ihr den beschwerlichen Ritt auf dem steilen, holprigen Saumpfade zu erleichtern suchte. Wenn sein dunkles Auge forschend auf ihrem leichtgebr?unten Angesichte ruhte, so antwortete ihm jedesmal ein leises L?cheln, in welchem trotz seines beruhigenden Ausdruckes doch eine nur mit M?he unterdr?ckte Besorgni? nicht zu verkennen war, und wenn er mit ihr sprach, was immer nur halblaut geschah, soda? ich die Worte nicht verstehen konnte, so hatte der Ton seiner Stimme stets einen beruhigenden und beschwichtigenden Klang, und ich kam schlie?lich zu der Ueberzeugung, da? die beiden Leute sich unter dem Einflu?e irgend einer Gefahr befinden mu?ten.

»Santa madre de d?o!« seufzte der Mulero; »das ist eine Hitze, wie ich sie zwischen diesen Felsen noch nie erlebt habe. Danken wir den Heiligen, da? wir sogleich an die Estanzia meines Freundes Diego Bonamaria kommen, wo wir uns in den Schatten niederstrecken und ausruhen k?nnen. Das ist auch ein Ort, wo die Carlistischen Teufels gehaust haben wie die Wilden. Das Haus angesteckt, die Bewohner umgebracht und Alles mitgenommen, was nicht nied— und nagelfest war. M?chten sie daf?r tausend Jahre l?nger im Fegefeuer brennen!«

Der Ritt ging noch um eine Ecke, und dann sah man die Estanzia vor sich liegen, oder vielmehr, fr?her h?tte man sie vor sich liegen sehen k?nnen; denn jetzt bemerkte man nur einen Tr?mmerhaufen, aus welchen die vier brandgeschw?rzten Umfassungsw?nde hervorragten.

»Da, seht hin, Sennor, und Ihr m??tet kein Mensch sein, wenn Eure Hand nicht unwillk?rlich nach dem Messer zuckte, um es dem ersten dieser Schurken, der uns begegnet, in die Rippen zu sto?en. Meine Seidenballen und Madrina‘s (Maulthiere) m?gen immer zum Teufel sein; ich werde diese Scharte doch in irgend einer Weise wieder auszuwetzen wissen; aber da? diese Barbaren meinen Freund Diego Bonamaria gemordet haben, das kann ich ihnen nie vergessen. Wenn ich nach Alfaro komme, werde ich ihm ein Dutzend Messen lesen lassen, und ich will nicht selig werden, wenn ich mit der Zeit nicht eben so viel gute Messerstiche an den rechten Mann bringe!«

Man stieg ab, ?berlie? die Thiere, nachdem sie abger?umt und an den Vorderf??en gefesselt waren, ihrem eigenen Instincte und suchte sich zwischen den eingefallenen Mauern einen k?hlen Winkel, um auszuruhen und ein kurzes Schl?fchen zu halten.

Wieder sorgte der Gitano mit der gr??ten Aufmerksamkeit f?r die Bequemlichkeit seiner Reisegef?hrtin. Sie dankte ihm mit einem warmen Blicke ihres gro?en, seelenvollen Auges, und bald breitete der erquickende Schlaf seine weichen Schwingen ?ber sie und den Maulthiertreiber.

Der Zigeuner schlief nicht. Vielmehr lehnte er sich in aufrecht sitzender Stellung, der man es anmerkte, da? er zu wachen gesonnen sei, an die Mauer, und auch meine Augen wollten sich nicht schlie?en, da ich immer und immer wieder den Blick auf die sch?ne Gruppe vor mir richten mu?te. Der Gitano Spaniens ist ein stolzer Gesell, mit dem sich sein vagabundirender Verwandter in Ungarn nicht messen kann; aber in der Haltung, den Z?gen, dem ganzen Wesen dieses jungen Mannes lag etwas so Distingirtes, so Achtunggebietendes, da? es mir schwer wurde, mir ihn als einen Angeh?rigen jenes Stammes zu denken, welcher zur ewigen Heimathlosigkeit verdammt zu sein scheint.

Da pl?tzlich richtete sich sein Kopf in die H?he, die stolzen Brauen zogen sich aufw?rts, und die Hand fuhr nach der Brust. Drau?en ert?nte das Getrappel von Pferden, und laute Stimmen wurden vernehmlich; Sporengeklirr und S?belgerassel n?herten sich unserem Zufluchtsorte, und bald stand eine Anzahl zwar buntgekleideter aber kriegerisch aussehender und gut bewaffneter Leute vor uns, welche uns mit neugierigen und mi?trauischen Blicken musterten.

»Hollah! Was treibt sich denn da f?r Gesindel herum?« fragte der Vorderste von ihnen. »Wi?t Ihr denn nicht, da? das Passiren von Schleich— und Nebenwegen h?chst verd?chtig ist?«

Der Mulero war erwacht und hatte sich erhoben, w?hrend die Gitani ebenso wie ich in ihrer ruhenden Lage verharrten.

»Da habt Ihr ein wahres Wort gesprochen,« antwortete er, indem sein sonnverbranntes Gesicht den Ausdruck offenen Hasses zeigte. »Diese Wege geht nur der ehrliche Maulthiertreiber; sie sind nur f?r ihn da, und wer au?er ihm sie benutzt, der hat gew?hnlich zehn Finger zu viel.«

»Sage noch ein solches Wort Mensch, und Du bist verloren!« herrschte der Andere ihn an. »Siehst Du denn nicht, da? wir Soldaten Seiner tapferen Majest?t, des K?nigs Carlos sind und das Recht haben, Dich sofort ?ber den Haufen zu schie?en?«

»Oho, wen nanntet Ihr als K?nig? Doch, das geht mich ja Nichts an; Euren edlen Ritter Don Quixote m?gt Ihr meinetwegen nennen, wie Ihr wollt. Wenn sich aber Gesindel hier herumtreibt, so werde ich, der weitbekannte Mulero Fernando Lunez, mit meiner ehrenwerthen Gesellschaft einen anderen Ort suchen, wo wir ruhen und der Gefahr, zu diesen Leuten gez?hlt zu werden, entgehen k?nnen. Geht uns also aus dem Wege und – «

»Halt,« fiel ihm der Carlist, denn ein solcher war es, in die Rede. »Du bleibst und gehst keinen Schritt von hier! Du hast den K?nig beschimpft und also ein todtesw?rdiges Verbrechen begangen. Don Enrico de Calanda y Munilla, welcher im Heere Sr. Majest?t des K?nigs Carlos die Stelle eine Colonels bekleidet und uns vorausgeschickt hat, um ihm hier einen Ruheplatz zu bereiten, wird in einer Viertelstunde hier sein und ?ber Dein Schicksal entscheiden. Du bist unser Gefangener!«

Ueber das Gesicht des Mulero glitt jenes stolze L?cheln, welches nur der Spanier in dieser mimischen Vollendung in der Gewalt hat. Seine Hand n?herte sich dem G?rtel, aus welchem der Griff des Dolches hervorragte, und mit einer geringsch?tzenden Drehung des Kopfes begann er:

»Die Sonne hat Euch den Verstand verbrannt! Wer ist denn Euer Don Enrico de Calando y Munilla eigentlich? Ich kenne ihn nicht. Jedenfalls auch einer von den Bandisto‘s welche die armen Muleros ?berfallen, um ihnen Sack und Pack abzunehmen. Macht Platz hier!«

»Keinen Schritt weiter!«

»Wahrt Euch! Wer mich anr?hrt, bekommt sechs Zoll kaltes Eisen in den Leib. Mein Eigenthum zwar habt Ihr mir schon geraubt; mich selbst aber bekommt Ihr nicht!«

Er zog den Dolch; aber in demselben Augenblicke krachte auch ein Schu?, welcher bestimmt war, ihn zu treffen. Doch hatte er sich blitzschnell zur Seite gewandt, und so flog die Kugel an ihm vorbei und in die Mauer. Im n?chsten Moment stak sein Dolch in der Brust Dessen, der auf ihn geschossen hatte, und es entspann sich ein Kampf, der, da die Zahl der Gegner zu gro? war, mit der Niederlage des Maulthiertreibers endete.


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