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Auf Seinen Knien
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Auf Seinen Knien

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Auf Seinen Knien
Shanae Johnson

Um seine geliebte Ranch für verwundete Kriegsveteranen zu retten, muss Dylan heiraten. Maggie braucht ein Zuhause für sich und ihre Hunde mit Handicap. Eine Vernunftehe könnte die Probleme von beiden lösen, aber gelingt es zwei verwundeten Seelen auch, an die Macht der wahren Liebe zu glauben?

Sie braucht einen Ort, an dem sie wohnen kann. Er muss seine Ranch retten. Gemeinsam können sie ein Zuhause finden.

Sergeant Dylan Banks hat im Krieg mehr als nur sein Bein verloren. Seine Verlobte und seine Familie haben sich ebenfalls von ihm abgewendet. Nun ist er entschlossen, einen sicheren Ort zu schaffen, an dem verwundete Soldaten wie er wieder heilen können. Doch ein verstecktes Baugesetz verlangt, dass alle Bewohner auf der Purple Heart Ranch verheiratet sind. Um seinen Traum zu retten, müssen Dylan und seine Kameraden vor den Altar treten - doch kann ein Mann mit so tiefen inneren und äußeren Verletzungen je wieder an Liebe glauben?

Maggie Shaw verliert am gleichen Tag ihre Stelle als Tierärztin und ihre Wohnung. Wer hätte auch gedacht, dass ihr eigensinniger Vermieter ihr kündigen würde, nur weil sie fünf Hunde statt dem erlaubten einen besitzt? Nun ist für sie und ihre Hunde, die allesamt ein Handicap haben, guter Rat teuer. Das Schicksal sorgt für eine Begegnung zwischen ihr und Dylan und für ein Angebot, das zu schön klingt, um wahr zu sein - aber kann ihr Herz eine Vernunftehe ohne Liebe ertragen?

Dylan sehnt sich nach Maggies heilenden Händen, doch er hält sie auf Distanz, weil er davon überzeugt ist, dass seine Wunden zu tief für ihre Liebe sind. Maggie blickt hinter Dylans alte Verletzungen, doch wenn es ihr nicht gelingt, sein Herz zu gewinnen, könnten sie alles verlieren: ihre geliebten Tiere, seine Ranch und einander.

Kann Liebe wirklich alle Wunden heilen? Finden Sie die Antwort in diesem unbeschwerten Roman über eine Vernunftehe, aus der echte Liebe entsteht. ”Auf seinen Knien” ist der erste Band einer Reihe über die arrangierten Ehen von Kriegsveteranen, welche durch die Macht der Liebe echte Heilung finden.

Auf seinen Knien

Copyright © 2018, Ines Johnson. All rights reserved.

Originally published by Ines Johnson, USA

Dieses Buch ist reine Fiktion. Alle in diesem Buch beschriebenen Personen, Orte und Handlungen sind frei erfunden oder werden fiktiv gebraucht.

Ohne die schriftliche Einwilligung der Autorin darf dieses Buch in keinerlei Form und auf keinem Weg weder ganz noch in Auszügen vervielfältigt oder übertragen werden. Ausgenommen sind autorisierte Händler.

© Copyright der deutschen Ausgabe 2021 by Ines Johnson

Übersetzung: Annerose Keller

Inhalt

Kapitel 1 (#u4bc31909-0424-59c6-80db-5ca6b391226a)

Kapitel 2 (#ua7dcc637-066e-51fb-9051-6b28665c22cb)

Kapitel 3 (#ub19079f6-6803-5b11-a7fc-471e0e09099e)

Kapitel 4 (#ud807342d-365a-555a-961e-5663e4d67cdd)

Kapitel 5 (#u56081a6a-eb79-5eee-8369-6ffd7540a906)

Kapitel 6 (#u6339eab0-ade7-567f-9438-0f9cfa499968)

Kapitel 7 (#u8ae37272-a774-51cb-9f6c-0b1f1659ff52)

Kapitel 8 (#u79a18391-8940-50a4-a24b-df4936b38455)

Kapitel 9 (#ud001153e-368e-5e9e-bdc2-46c50908b69a)

Kapitel 10 (#uce98b850-1689-55b1-8f30-b5d99f529479)

Kapitel 11 (#u42f3c0d1-04eb-5aa9-a5ae-b35b1ecc04b2)

Kapitel 12 (#ud259363c-7813-52a9-87c8-00a88046edff)

Kapitel 13 (#ube5071e3-103a-5ad6-ba66-a8ae6893ad80)

Kapitel 14 (#u4d08d547-50fc-5c7d-997c-c9c2693a9651)

Kapitel 15 (#u17276b17-3713-52d9-b2f8-f9ed524a9587)

Kapitel 16 (#ucbbd23c1-83e5-53a1-aef6-df8ced95c543)

Kapitel 17 (#u0a3c8d03-ae33-57f9-81d9-41798981106b)

Kapitel 18 (#u977bc1d2-31e7-5639-8265-6fe48b98af91)

Kapitel 19 (#udcc9ab69-228e-5661-9833-e32ed3afcbf9)

Kapitel 20 (#u5eefd607-8b21-5313-acb7-8ae2774f400f)

Kapitel 21 (#ud3505caa-74c1-532e-90e8-9d266edf3805)

Epilog (#uf20eac90-c24c-5ddb-940e-6f49bf5ab37f)

Kapitel Eins

Das Trommeln der Hufe auf der Erde erinnerte an das Dröhnen von Artilleriefeuer – ein Geräusch, das Dylan Banks nur zu gut kannte. Die vergangenen fünf Jahre hatte er in einem Kriegsgebiet verbracht. Während dieser Zeit hatte er oft einen stahlblauen Himmel, endlose Sandhügel oder weite Felder voller Blumen in zarten Pastelltönen gesehen. Was für ein grausamer Scherz. Krieg sollte nicht schön sein.

Hier war der Himmel ebenfalls blau. Und es war nicht nur das Geräusch der trabenden und galoppierenden Pferde, das Dylan an den Krieg erinnerte. Seine Männer waren auch hier. Zumindest diejenigen, die es lebend herausgeschafft hatten.

Wer überlebt hatte, hatte viel verloren. Familie, Freunde, einen Teil seines Körpers, einen Teil seiner Seele. Doch an diesem Ort, der Bellflower Ranch, konnten sie wieder gesund werden.

Als sich Dylan umblickte, fiel ihm das Wappen der Ranch ins Auge. Es war eine purpurne Blume mit runden Blütenblättern. Die Blume erinnerte deutlich an ein Herz. In Angedenken der Narben und Wunden, die jeder von ihnen mit nach Hause gebracht hatte, nannten die Veteranen die Ranch, die zu ihrem Zufluchtsort geworden war, nur noch die Purple Heart Ranch.

Dylan trieb sein Pferd und sich selbst zu einer schnelleren Gangart an. Die süße Frühlingsluft traf ihn im Gesicht. Er zwang seinen Körper zu mehr, als er seinen Ärzten zufolge eigentlich leisten konnte. Seine Hüften mussten die Bewegungen des Pferdes abfangen und steuern. Er spürte, wie die kräftigen Muskeln des Pferdes seine eigenen stimulierten und ihm die Kraft gaben, die er brauchte, um wieder gesund zu werden.

Als er im Militärkrankenhaus aufgewacht war und festgestellt hatte, dass er kein vollständiger Mensch mehr war, hatte er nicht geglaubt, dass Heilung überhaupt möglich war. Doch auf der Purple Heart Ranch bekam er wieder einen Teil von sich zurück – so wie alle anderen hier.

Die Ranch war zu einem Zufluchtsort für Verwundete geworden. Einem Ort, an dem sie sich nicht vor ihren Albträumen – ob im Schlaf oder im Wachzustand – verstecken mussten. Dylan war seit seiner Entlassung nicht mehr gut auf Gott zu sprechen gewesen. Doch als er zum ersten Mal den Fuß auf die Ranch gesetzt hatte und auf sein erstes Pferd gestiegen war, war ihm klargeworden, dass Gott ihm einen neuen Lebenssinn schenkte.

Die Militärärzte hatten sein Leben gerettet, aber erst durch die Hippotherapie hatte er wirklich wieder angefangen zu leben. Erst das therapeutische Reiten, das oft bei Bewegungseinschränkungen eingesetzt wurde, hatte Dylan nach dem Krieg und seiner Verwundung wieder ins Leben zurückgeholt.

Er liebte das Reiten. Er liebte es, auf der Ranch zu leben. Er liebte es, dass er nicht mehr unter einem strahlend blauen Himmel nach Deckung suchen musste. Nach der Hölle, die er und die anderen Männer durchgemacht hatten, war die Purple Heart Ranch das, was für sie dem Himmel am nächsten kam.

Dylan zog an den Zügeln und das Pferd fiel in einen langsamen Trab. Sie kehrten auf den Reitplatz zurück, wo Dylan abstieg. Wo vorher ein stechender Schmerz gewesen war, spürte er nun ein deutliches Pochen, als er sein Bein über den Rücken des Pferdes schwang. Die Prothese ragte dabei steif in die Luft und die Muskeln in seinen Oberschenkeln und seinem Po fühlten sich wund an.

Mark, der Physiotherapeut, wartete. Er hütete sich, den stolzen Kämpfern seine Hilfe anzubieten. Aber er wusste auch, wann er ihren Stolz ignorieren und sie unterstützen musste.

Obwohl Dylan alles wehtat, brauchte er an diesem Tag keine Unterstützung. Vorsichtig ließ er sich auf den Boden hinab und nutzte dabei vor allem die Kraft seines Oberkörpers. Einen Moment lang stand er schwankend da, bis er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, dann nickte er Mark zu.

Der Therapeut schüttelte nur den Kopf. Er machte sich nicht die Mühe, Dylan zurechtzuweisen oder überhaupt einen Kommentar abzugeben. Das tat dafür ein anderer.

„Sie waren länger unterwegs als abgesprochen, Kamerad.“

Dylan starrte Dr. Patel von oben herab an. Doch obwohl Dylan den alten Herrn um fast einen halben Meter überragte, war Dr. Patel eine eindrucksvolle Erscheinung. Er lächelte, aber seine Augen blickten streng und durchdringend. Ihm entging nichts. Seine Stimme klang zwar tadelnd, aber mit dem leicht singenden Akzent seiner indischen Heimat auch väterlich.

„Ich schaffe das schon“, sagte Dylan, als er auf den Mann zuging. Er versuchte, sich sein Unbehagen nicht anmerken zu lassen, als seine Beinprothese ein wenig einknickte.

Doch Dylan wusste, dass er dem Psychotherapeuten nichts vormachen konnte, der ihn mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. „Nur weil Sie etwas tun können, heißt das noch lange nicht, dass Sie es auch tun sollten.“

Der ältere Mann macht einen Schritt auf ihn zu, doch genau wie Mark hütete Dr. Patel sich davor, seine Hilfe anzubieten, wenn es nicht unbedingt nötig war. Und Dylan achtete darauf, dass es nie nötig war. Er brauchte keine stützende Hand. Er musste nur sein Gewicht anders verlagern.

Wahrscheinlich hatte sich der Schaft seiner Prothese gelockert. Er blieb stehen und beugte sich nach vorn, um seinen Beinstumpf wieder in den Schaft zu drücken, bis er das verräterische Klicken hörte, als Schaft und Liner wieder ineinandergriffen.

„Mein alter Kumpel hier und ich kommen wunderbar miteinander aus“, sagte Dylan, als er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete. Die Beinprothese machte ihn zwei Zentimeter größer. Immerhin ein Vorteil.

„Ihr Körper ist fast gesund“, sagte Dr. Patel. „Allen Männern hier geht es körperlich recht gut. Aber auch Ihr Herz muss heilen. Und die inneren Wunden heilen durch Liebe.“

Dylan hatte diese Ansprache schon früher gehört. Er hatte der Therapie für seine Seele zugestimmt. Ihm war bewusst, dass er nach allem, was er durchgemacht hatte, jemanden brauchte, mit dem er über die Schrecken des Krieges reden konnte. Doch es gefiel ihm nicht, wenn der gute Doktor sein Herz ins Visier nahm.

„Vielleicht sollten Sie Ihre Familie einladen?“, schlug Dr. Patel vor.

Dylan schüttelte den Kopf. Er hatte kein Verlangen danach, seine Familie zu sehen. Und sie hatten deutlich gemacht, dass sie nun, da er nur noch ein halber Mann war, ganz gut ohne ihn zurechtkamen.

„Oder wie wäre es mit einem Date?“, fuhr Dr. Patel fort.

Keiner der Veteranen auf der Ranch hatte Dates. Außer Xavier Ramos vielleicht. Ramos hatte noch alle seine Gliedmaßen und sah immer noch gut aus. Die Frauen, mit denen er ausging, würden seine Verwundung nicht sehen, solange er seine Kleidung nicht auszog.

„Allerdings bin ich immer noch nicht davon überzeugt, dass man dafür wirklich Apps und Computer verwenden sollte“, sagte Dr. Patel. „In meinem Land haben wir uns darauf verlassen, dass unsere Eltern gute Lebenspartner für uns finden würden.“

Dylan hatte Mrs. Patel schon mehrere Male getroffen. Ihm wurde jedes Mal warm ums Herz, wenn er das Paar zusammen sah. Sie waren so rührend aufmerksam miteinander, lächelten einander heimlich zu und machten manchmal viel Wirbel um ganz kleine Dinge.

Dylan hatte immer gedacht, was für ein Glück er doch hatte. Doch die Frau, der er seinen Ring geschenkt hatte, hatte ihn ihm zurückgegeben, noch bevor er aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Seine Verwundung hatte ihn daran gehindert, ihr hinterherzulaufen. Sein Stolz hätte das ohnehin nicht zugelassen. Und seinem Herzen war es nicht wichtig genug gewesen.

„Ich suche gerade nicht nach Liebe“, sagte Dylan. Der Einfachheit halber ließ er die Worte „nie mehr“ weg.

Er würde nie wieder nach Liebe streben. Wenn ihn nicht einmal seine eigene Familie lieben konnte und seine Verlobte ihn verlassen hatte, nachdem sie gesehen hatte, was aus ihm geworden war, wie sollte dann jemals eine Fremde in der Lage sein, den Mann zu lieben, der er für den Rest seines Lebens sein würde?

„Das ist der Vorteil bei arrangierten Ehen“, sagte Dr. Patel. „Da findet man zuerst den Partner. Die Liebe kommt später.“

„Wollen wir mit der Sitzung anfangen?“, fragte Dylan und deutete auf den Weg zu Dr. Patels Büro, um ihn abzulenken. „Ich habe mehrere Albträume gehabt.“

Im Gegensatz zu einigen anderen Veteranen auf der Ranch hatte Dylan nie Albträume. Sein Schlaf war dunkel und traumlos.

Auch dieses Mal ließ sich Dr. Patel nicht täuschen, aber er folgte Dylan zu seinem Sprechzimmer. Dylan wusste, dass der alte Mann es gut meinte, aber das war eine Sache, auf die er sich nicht einlassen wollte. Er war in seinem Leben schon genug verletzt worden.

Kapitel Zwei

Maggie blickte auf das schlafende Tier auf ihrem Operationstisch. Das helle Licht des Operationssaals erleuchtete den Raum und warf keinerlei Schatten auf ihre Hände. Das Skalpell in ihrer Hand würde diesmal nicht das übliche Wunder bewirken können und sie hatte keinen Trumpf mehr im Ärmel. Der Hund würde seine beiden Hinterbeine verlieren.

Obwohl das Tier narkotisiert war, zitterte seine Unterlippe, als ahnte es, was mit ihm passieren würde. Es sah aus, als würde es trotz aller Umstände versuchen, nicht die Fassung zu verlieren. Wenn jemand das verstand, dann sie. Das Leben hatte dem kleinen Kerl offenbar gehörig zugesetzt und ihn dann sich selbst überlassen.

Er hatte keine Hundemarke und kein Halsband. Irgendwann im Laufe des frühen Morgens hatte ihn jemand einfach auf der Schwelle der Tierarztpraxis abgesetzt. Als Maggie zur Arbeit gekommen war, hatte sie das blutende Tier auf den makellos sauberen Stufen gefunden. Der Hund hatte sie misstrauisch angeschaut. Er war zu erschöpft gewesen, um zu knurren. Resigniert hatte er die Augen geschlossen, während er darauf wartete, dass sie ihm etwas noch Schlimmeres antat, als ihm bisher geschehen war. Doch sie hatte ihn nur hochgehoben, in die Klinik hineingetragen und sich an die Arbeit gemacht.

Die Geschichte des Hundes hätte Maggies eigene Lebensgeschichte sein können. Obwohl sie nie körperlich geschlagen worden war, hatte sie mehr als genug seelische Schläge einstecken müssen. Als Grundschulkind war sie von ihren Eltern verlassen worden. Während sie in der Schule war. Sie hatten sie einfach dort gelassen und nie abgeholt.

Seitdem hatte sie in Pflegefamilien gelebt und auf die Rückkehr ihrer Eltern gewartet. Doch sie waren nie wieder zurückgekehrt.

Am Anfang hatte sie es als ihr Los hingenommen. Sie wusste, dass viele Tiere ihre Jungen früh sich selbst überließen. Doch dieser Gedanke hatte sie nicht lange überzeugen können, denn sie hatte weiterhin Eltern gesehen, die ihre Kinder von der Schule abgeholt, sie ins Auto gesetzt und mit nach Hause genommen hatten. Sie hatte zugeschaut, wie Geschwister und Kinder aus der gleichen Straße oder Kinder mit den gleichen Interessen Gruppen bildeten und zusammenhielten und sich gegen die wandten, welche allein waren.

Maggie war allein gewesen. Die anderen Kinder, die wie sie in Pflegefamilien lebten, hatten sie entweder nicht in ihre Gruppe aufgenommen oder waren adoptiert worden und nie wieder zurückgekehrt. Maggie hatte nie eine Herde gehabt; oder zumindest keine menschliche.

Kein Erwachsener war je für sie eingetreten. Man hatte sie einfach im System versauern lassen, da sich nie eine Familie gefunden hatte, die sie hatte adoptieren wollen. Sie war ein Pflegekind gewesen, ein anderes Wort für „willkommene Geldquelle“ oder „billige Arbeitskraft“, bis sie erwachsen geworden war und sich aus dem Teufelskreis befreien und auf eigenen Füßen hatte stehen können.

Doch dieser arme Hund hier vor ihr konnte aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr auf seinen eigenen vier Pfoten stehen. Er würde nie mehr rennen können. Niemand würde einen behinderten Hund haben wollen. Das arme Tier hatte nie jemanden gehabt, der sich für es eingesetzt hatte. Und nun würde es eingeschläfert werden.

Maggie legte das Skalpell zur Seite und nahm die Nadel mit der blauen Flüssigkeit zur Hand. Das Pentobarbital würde für das arme Tier eine Erlösung sein. Sie wusste das. Sie hatte unzählige andere Fälle gesehen, die mit einer Verletzung oder Krankheit begonnen hatten und hier auf diesem Tisch geendet waren, unter diesen Lampen, mitten in diesem Operationssaal, wo niemand mehr ein freundliches Wort oder eine zärtliche Streicheleinheit für sie übrig hatte.

„Beeil dich, Maggie. Ich habe eine Verabredung auf dem Golfplatz und muss um zwei am Abschlag sein.“

Dr. Arthur Cooper war der Eigentümer des Operationssaals, in dem Maggie gerade stand. Für ihn gab es in Fällen wie diesem ein festgelegtes Prozedere, und die Geschichte endete immer gleich.

„Jetzt setz dem Köter schon die Spritze, damit ich für heute zumachen kann.“ Während er das sagte, schaute er weder sie noch das Tier an, dessen Leben gleich zu Ende sein würde.

Ein Geräusch hinter der Tür ließ Dr. Cooper aufblicken. Er setzte sein interessiertes Gesicht auf, als eine der neueren Sprechstundenhilfen hereinkam. Natürlich lächelte er sie an. Er musste schließlich die Fassade aufrechterhalten, dass er ein anständiger Mensch war.

Einen Augenblick später verwandelte sich sein interessierter Ausdruck in ein erfreutes Lächeln, als ihm eine Kundin ihre alte, stinkende, an Arthritis leidende Katze präsentierte. Es war eine sehr gute Kundin. Sie kam zu jeder Untersuchung, die man ihr vorschlug, kaufte die teuersten Futtermarken, die er in diesem Monat besonders anpries und war immer bereit, sich die neusten Angebote der Tierversicherungen anzuschauen. Sobald die Dame und ihre Katze wieder gegangen waren, verschwand die Freundlichkeit von seinem Gesicht und wich einem angeekelten Ausdruck.

Maggie hasste den Mann. Wie konnte man nur mit Tieren arbeiten, ohne dass man sie überhaupt mochte? Für ihn waren sie nur so viel wert, wie sie ihm einbrachten. Maggie als Angestellte hingegen konnte sich den Luxus leisten, nicht so herzlos zu sein. Sie verdiente ohnehin nicht genug.

Eigentlich konnte sie sich überhaupt keinen Luxus leisten. Und sie konnte es sich ganz bestimmt nicht leisten, noch ein verletztes Tier aufzunehmen. Maggie schaute hinab auf den schlafenden Hund auf dem Tisch. Eine einzelne Träne rollte über ihre Wange. Und auf einmal wusste sie, was sie zu tun hatte.

Maggie schaute zu Dr. Cooper auf und setzte ein falsches Lächeln auf, das dem seinen Konkurrenz machte. „Wollen Sie nicht für heute Feierabend machen und gehen? Ich beende das hier und mache dann die Klinik für Sie zu.“

Dr. Cooper beäugte sie misstrauisch. Dann schaute er hinab auf den Hund. „Sie werden nicht wieder Probleme machen, oder? Sie haben mich schon einmal hintergangen. Wenn das noch einmal passiert, werden Sie entlassen.“

Das war das Problem mit Ärzten. Sie waren ziemlich kluge Menschen. Als Maggie das letzte Mal einen Hund hatte einschläfern sollen, hatte sie ihn aus der Hintertür der Klinik hinausgeschmuggelt. Er lag jetzt gemütlich in ihrer Wohnung. Vermutlich in ihrem Schrank auf einem Haufen Schuhe.

„Dieses Tier würde sowieso keine Lebensqualität mehr haben“, sagte Dr. Cooper gerade. „Es würde hunderte von Dollar pro Monat kosten, ihn zu versorgen.“

Ist ein Leben das nicht wert?, wollte sie fragen. Aber das tat sie nicht. Stattdessen sagte sie etwas, das ebenfalls stimmte. „Ja, ich verstehe. Ich habe meine Lektion gelernt. Ich brauche diese Arbeit, damit ich mich um die Tiere kümmern kann, die ich schon habe.“

Sie hatte vier Hunde, alle mit schweren Verletzungen oder Krankheiten, die sie mehr Geld kosteten als ihre Miete. Wenn sie die Stelle verlieren würde, hätte sie nicht mehr genug Geld, um alle zu versorgen oder ihre Wohnung zu bezahlen.

Maggie nahm die Spritze in die Hand und schnipste ein paar Mal mit dem Zeigefinger dagegen.

Dr. Cooper schaute auf die Uhr. Dann blickte er wieder zu ihr. Seine Golf-Verabredung gewann, wie sie es erwartet hatte. Er drehte sich in seinen teuren Schuhen aus Krokodilleder um und ging zur Tür hinaus.

Maggie atmete erleichtert auf und legte die Spritze wieder hin. Sie verband den Hund. Die Verletzung war schon länger her und hatte bereits begonnen zu heilen. Jetzt musste sie neben seinem Körper nur noch seine Seele gesundpflegen.